Kompromiss
Ihr Ziel war es mit den Faschisten ein Abkommen zu erlangen, das die Bildung einer rechten Regierung vorsah. Wenn es nach den Liberalen gegangen wäre, hätten sie all ihre Posten kampflos den Faschisten überlassen. Sie fürchteten die Massen mehr als die Machtübernahme durch Franco. Hier ging es um eine Klassenfrage. Ohne den Verrat der liberalen Bourgeoisie hätten die Faschisten keine einzige spanische Stadt einnehmen können. Ihr Aufstand wäre isoliert geblieben und gescheitert. Aber so sehr sich die Liberalen von einem faschistischen Spanien fürchten, Tausendmal mehr fürchteten sie die bewaffnete ArbeiterInnenklasse.
Die Regierung verhielt sich gegenüber dem Vormarsch der Armee völlig passiv. Die pathologische Angst der Liberalen vor einer bewaffneten ArbeiterInnenklasse zeigt sich anhand von Berichten aus dem ganzen Land. Das beste Beispiel liefert Valencia mehr als zwei Wochen nach dem Aufstand. Wir zitieren hier einen Bericht der “IPC”, einer offiziellen Publikation der Kommunistischen Partei. Am 5. August, titelt sie auf Seite 987 „Valencia“ und schreibt folgendes: “Seit 14 Tagen, seit dem 18. Juli, hielt das putschistische 18. Kavallerieregiment die Stadt in permanenter Unsicherheit. Die ArbeiterInnen von Valencia, die Hälfte von ihnen in der UGT, die andere Hälfte in der CNT organisiert, forderten seit Tagen die Volksbewaffnung. Dies um die Milizen und Berufssoldaten so zu bewaffnen, dass sie stark genug wären das faschistische Nest auszuheben. Die Regierungsmitglieder der Nationalen Republikanischen Union Valencias (eine gemäßigte republikanische Strömung unter Martinez Barrios) zögerten und weigerten sich schlussendlich dieser Forderung nachzugeben. Daraufhin riefen die ArbeiterInnen den Generalstreik aus, der nach zwei Tagen die Stadtregierung zum Einlenken zwang. Stadtregierung, und führende Militärs entschieden sich für einen offenen Angriff auf die Kavalleriekaserne … innerhalb von wenigen Minuten stellten die ArbeiterInnen mit LKWs Barrikaden auf … die antifaschistische Miliz, Soldaten und ArbeiterInnen verstärkten ihre Positionen und waren trotz der zögerlichen Haltung ihrer Führer zum Sturm bereit … Die ArbeiterInnen stürmten die Kaserne und nahmen sich die Waffen ohne jemanden zu fragen.“
Diese Schilderung spricht Bände über die Haltung der bürgerlichen “Volksfront”, der “Verbündeten“ der Kommunistischen Partei. Man muss das kaum zusätzlich kommentieren.
Als Antwort auf den Aufstand und die Konterrevolution der Faschisten folgte die Revolution der ArbeiterInnen. Die unvergesslichen ArbeiterInnen Barcelonas ergriffen als erste die Initiative.
Einem Aufruf der Matrosen folgend, die auf vielen Schiffen ihre faschistischen Offiziere über Bord geworfen hatten, formierten sich die ArbeiterInnen von Barcelona gegen die Armee.
Wir zitieren wieder den stalinistischen Korrespondenten der “IPC”, der im gleichen Artikel unter der Überschrift „Barcelona“ schreibt: “Die Ereignisse haben die reformistische Theorie, dass es den ArbeiterInnen in Städten mit modernen breiten Straßen unmöglich sei sich einer modern ausgerüsteten Armee zu widersetzen, vollständig widerlegt. Die Menschenmassen von Madrid, Barcelona und Dutzenden anderen Städten in Spanien haben nur mit wenigen Pistolen, Messern und ihren Fäusten bewaffnet die Armee kampfunfähig gemacht. … Barcelona … die Arbeiter erzählten uns wie sie das erste Maschinengewehr einnahmen: sie rannten über einen großen Platz, mit nur einer kleinen bewaffneten Kraft in der Mitte als Deckung, die ersten Reihen wurden tödlich getroffen oder verwundet, aber niemand zögerte, die Arbeiter rannten weiter nach vorne bis sie das Maschinengewehr einnahmen … als die modernen Artilleriebatterien in den Straßen auftauchten … nahmen Arbeiter leichte LKWs und fuhren überfallsartig aus den Seitengassen mit 120 km/h in die Flanken der Artillerie.“ “Madrid: Mit Ausnahme des fliegenden Corps rebellierte die gesamte Garnison, und es war die Masse der ArbeiterInnen, der JungsozialistInnen, KommunistInnen und Republikaner, die mit unglaublicher Geschwindigkeit und Bestimmtheit mobilisierten und die Hauptstützpunkte des faschistischen Aufstandes einnahmen.” Den Berichten bürgerlicher Korrespondenten zufolge waren die Courage und der Scharfsinn der ArbeiterInnen unübertrefflich. Sie marschierten gegen die Kasernen mit Stuhlbeinen, Tischmessern und wenigen Sportgewehren, die sie sich aus Sportgeschäften besorgten. Die Times vom 24. Juli 1936 berichtet aus Barcelona: „San Marti … Menschenmassen ziehen durch die Straßen … Sie tragen Armeekarabiner und Pistolen … Bewaffnete Frauen … in einigen Lastwagen … Wir haben alle Waffen der San Andreu Kaserne in Beschlag genommen.“
Ganze Bücher könnten mit Geschichten gefüllt werden, wie die unbewaffnete ArbeiterInnenklasse spontan, ohne Führung von ihren Parteioberen gegen die Gefahr des Faschismus in Aktion trat und diese in den meisten Städten und in zwei Dritteln Spaniens auch besiegen konnte. Wenn die Führung der Kommunistischen und Sozialistischen Partei im Süden Spaniens nicht so gezögert hätte, hätte es in ganz Spanien funktionieren können.
Nun aber war im sogenannten Republikanischen Spanien die Armee zerschlagen. Die Polizei war nicht mehr sichtbar, und es gab nur eine entscheidende bewaffnete Kraft – die ArbeiterInnenklasse.
In ihrer Analyse der kapitalistischen Gesellschaft erklärten Marx und Lenin, dass die Macht des Staates auf die bewaffneten Einheiten von Menschen samt ihren Anhängseln (z.B. Gerichten, Gefängnissen) reduziert werden kann. In diesem Sinne haben die ArbeiterInnen den kapitalistischen Staat zerschlagen. Sie hatten die Macht: die „Republikanische Regierung“ hing vollkommen in der Luft. Die meisten Fabrikbesitzer flohen und unterstützten Franco. Die ArbeiterInnen besetzten die Fabriken und nahmen die Produktion ohne Kapitalisten wieder auf.
Die ArbeiterInnen setzten damit instinktiv Schritte zur Veränderung der Gesellschaft im Sinne einer sozialen Revolution. Die Kapitalistenklasse unterstütze Franco. Azaña und Konsorten repräsentierten niemand. Die Führung des Proletariats weigerten sich jedoch dieser Initiative der Massen einen entsprechenden Ausdruck zu geben. Sie machten lieber eine Koalition mit dem Schatten der Bourgeoisie, wie es Trotzki formulierte. Er meinte damit, dass die Rechtsanwälte, Parlamentarier usw. der liberalen Parteien in dieser Situationen niemanden als sich selber repräsentierten.
Die Kapitalisten verstanden diese Situation sehr gut. Der bereits vorher zitierte Korrespondent der Times lässt in obigen Artikel auch einen bewaffneten Arbeiter zu Wort kommen: „Ein Mann sagte zu mir, dass viele Offiziere flüchteten und andere verhaftet wurden. Den Soldaten sagte man, dass sie gehen können, wohin es ihnen beliebe. Ist es nicht schön, dass die Arbeiter die Waffen und die Macht haben sollen.“ Dieser Arbeiter verstand zweifellos, wie auch die Masse der ArbeiterInnen, dass die Macht de facto in ihren Händen war. Es waren die FührerInnen ihrer eigenen Organisationen, die den Weg der sozialistischen Revolution versperrten, damit die Revolution verrieten und den Weg zu einer schrecklichen Niederlage ebneten.
Die Wortführer der kapitalistischen Klasse hingegen hatten sehr wohl verstanden was auf der Tagesordnung stand. Sie gingen die Situation zwar mit einem den MarxistInnen entgegengesetzten Klasseninteresse aber zumindest genauso seriös an. Am 23. Juli 1936 kommentierte die Times nüchtern: „Das bewaffnete Proletariat hatte die Kontrolle über die Stadt (Barcelona, Anm.). Wer würde es entwaffnen? Was würde daraus folgen? Hat der Aufstand des Militärs und der bewaffneten Kräfte letzten Endes den Weg zur proletarischen Herrschaft in Katalonien freigemacht? Das waren die Fragen, die sich alle stellten, und im "Kriegs"-Ministerium der Regierung war es nur zu offensichtlich, dass diese Frage von höchster Bedeutung war.“
In einem anderen Bericht, der die damalige Stimmung gut zum Ausdruck bringt, berichtet die “Times” am 25. Juli: „Barcelona: revolutionäre Komitees von Anarchisten und Kommunisten haben in den Fabriken derart heftig interveniert, dass diese knapp vor der Besetzung zu stehen scheinen. … Das Büro- und Technische Personal arbeitet unter Aufsicht der Proletarier … Die katalanische Regierung hat ein Kommunique veröffentlicht, dass sie in alle Bankgeschäfte der Region intervenieren werde, eine lebenswichtige Maßnahme ohne die die sich entwickelnde sozialistische Revolution nicht voranschreiten könne.“ (Damit hielt sie die ArbeiterInnen davon ab selbst die Banken zu besetzen, eine lebensnotwenige Maßnahme ohne die die sich entwickelnde sozialistische Revolution nicht voranschreiten konnte. Marx unterstrich, dass einer der zentralen Gründe für die Niederlage der Pariser Kommune darin lag, dass sie nicht die Banken übernommen hatte. Einer der ersten Schritte der Bolschewiki nach der Oktoberrevolution hingegen war die Übernahme der Banken.)
Doppelmacht
“… Unser Journalist hat vom revolutionären Komitee in Puigcerda die Erlaubnis bekommen nach Barcelona zurückzukehren...”
Dieses Zitat ist ein Indiz für eine Situation, die MarxistInnen als Doppelmacht bezeichnen. Die Regierungen in Barcelona und Madrid hatten keine zuverlässigen bewaffneten Kräfte zur Verfügung. Sie hingen angesichts der bedrohlichen Lage völlig in der Luft. Die Armee existierte nur noch, weil sie von den Führungsspitzen der ArbeiterInnenparteien toleriert wurde. Zu diesem Zeitpunkt musste die Armee die sich ausbreitende ArbeiterInnenmacht tolerieren. Alle Parteiführungen leisteten einen Beitrag zu diesem offenen oder auf Grundlage mangelndem Verständnisses begangenen Verrates an den Interessen der ArbeiterInnenklasse: die SozialistInnen, die AnarchistInnen, die POUM und vor allem die größte konterrevolutionäre Kraft im Lager der Revolution, die Führung der KommunistInnen. Sie widersetzten sich allen Bemühungen der ArbeiterInnen und würgten die Revolution ab.
In einem Artikel im liberalen News Chronicle vom 21. Juli lesen wir: “Während meiner nächtlichen Reise mit dem Auto von Madrid nach Barcelona wurden wir alle paar Meilen entweder von Gendarmen oder von Posten von ArbeiterInnen oder Bauern gestoppt. “Sie (die Unterstützer der Volksfront, Anm.) schreiben den Zusammenbruch ihrer Bastionen in den südlichen Städten teilweise der Tatsache zu, dass etwa in Sevilla und Granada die lokalen Behörden sich weigerten die Instruktionen (?) der Zentralregierung, die Arbeiter zu bewaffnen, missachteten.” (Wie das weiter oben bereits angeführte Zitat von Casares Quiroga zeigt, hat es diese Anweisung der Zentralregierung nicht gegeben.) Der Korrespondent des Chronicle fährt fort: “Die katalonischen Gebiete an der Grenze zu Frankreich befinden sich in der Hand eines revolutionären Komitees, das einerseits aus AnarchistInnen und andererseits aus KommunistInnen zusammengesetzt ist. Die sowjetische Flagge (die rote Fahne, Anm. EG) weht über dem Rathaus von Puigcerda … Die Volksfront setzt sich teils aus Arbeitern, teils aus Bauern zusammen.”
Am 23. Juli schreibt der News Chronicle: “Die Besatzungen praktisch aller Kriegsschiffe haben selbst das Kommando übernommen.” Am selben Tag schreibt dieses Zentralorgan der liberalen Kapitalisten in Britannien, den Blutsbrüdern der bürgerlichen Republikanischen Partei in Spanien, furchtsam erregt: “Wie auch immer die Bedrohung durch den Kommunismus (der sozialistischen Revolution, Anm. EG) ausgesehen haben mag, die die faschistischen Generäle als Vorwand für ihren Aufstand gegen die Republik angeführt hatten, jetzt ist sie Realität.” (...) “Sozialistische und kommunistische Milizen und ihre Unterstützer in der Armee und in der Marine stellten das Rückgrat der Verteidigungsfront gegen den faschistischen Vormarsch. Sie kämpften für die Republik und die Volkfront, allerdings unter dem Symbol der roten Fahne. ” (...) “Die roten Fahnen wehen in Malaga neben den Bannern mit dem Slogan `Union Hermanos Proletarios`, der durch die proletarischen Aufstand in Asturien berühmt wurde. ” (...) “Falls die Generäle geschlagen werden, werden dann die Schiffsbesatzungen, die Blut gerochen haben, und die Truppen, die ihre Offiziere schlechtest behandelt haben, dafür zu haben sein sogar auf die republikanischen Offiziere niederzutreten; und die ArbeiterInnen in den Städten, können sie mit der bürgerlichen Republik, die sie praktisch allein verteidigen, wieder versöhnt werden?”
Verratene Revolution
Die selbe Ausgabe behandelt auch folgendes Thema: “Im nördlichen Katalonien haben seit gestern Kommunisten, Sozialisten und Anarchisten, ausgerüstet mit den Waffen einer besiegten putschistischen Einheit, die Kontrolle übernommen. In Puigcerda besetzte die Arbeiterarmee das Rathaus und übernahm die Kontrolle der Stadt.” am 24. Juli berichtet der Korrespondent: “Man redet mit diesen Mitgliedern der Arbeitermiliz, gestählte Arbeiter, fähige Handwerker, junge Lehrlinge ... Die Volksfront ist jetzt nur noch Geschichte.” “Man kann sich nur schwer vorstellen, dass die sozialistischen, kommunistischen und syndikalistischen Elemente, die die Hauptlast der Verteidigung der Republik im Süden tragen, weiter unter der Führung einer Handvoll bürgerlicher Republikaner agieren wollen.”
Diese “Handvoll bürgerlicher Republikaner” behielten aber die entscheidende Kontrolle aufgrund der Politik der Führungen von ausgenommen allen ArbeiterInnenorganisationen – AnarchistInnen, POUM, SozialistInnen und KommunistInnen. Auf die eine oder andere Art und Weise übten sie Verrat an der heroischen, spontanen Reaktion auf den faschistischen Aufstand. Sie verrieten die elementare Klassenbewegung der ArbeiterInnen, indem sie den verrotteten bürgerlichen Führern, die zu diesem Zeitpunkt nur noch sich selbst repräsentierten, weiter die Stange hielten.
Bei dieser schmutzigen Arbeit der “demokratischen” Konterevolution spielte die Führung der Kommunistischen Partei den Hauptrolle. Sie tat dies unter der direkten Anleitung Stalins. Zu dieser Zeit waren die Parteien der Kommunistischen Internationale nichts anderes mehr als Agenten der Außenpolitik der russischen Bürokratie. Moskau war angesichts der Möglichkeit einer erfolgreichen sozialistischen Revolution in Spanien in heller Panik. Die Bürokratie fürchtete, dass eine erfolgreiche sozialistische Revolution in irgendeinem westeuropäischen Land ihre Macht untergraben und sogar zu ihrem Sturz und damit zur Wiederherstellung der ArbeiterInnendemokratie in Russland führen könnte. Tatsächlich war es so, dass die Revolution in Spanien mehr als irgendein anderes Ereignis seit der Machtübernahme Stalins die russischen ArbeiterInnen wachrüttelte. Um ihre Macht, verkörpert in Stalin, aufrecht zu erhalten, musste die Bürokratie zum Mittel der Schauprozesse greifen. Praktisch alle FührerInnen der Revolution von 1917 und die alten Bolschewiki wie auch Hunderttausende Basismitglieder der Kommunistischen Partei der Sowjetunion wurden ermordet. Die Entwicklung der Spanischen Revolution war eine der wichtigsten Ursachen für diese Verbrechen. Der Sieg des Sozialismus in Spanien hätte der Sowjetbürokratie das Todesglöckchen geläutet.
Zudem verfolgte die Bürokratie, ganz im Gegensatz zur Politik Lenins, keine revolutionäre Diplomatie, sondern rein nationalistische Überlegungen. Sie versuchte die ganze Zeit über der herrschenden Klasse Britanniens und Frankreichs schöne Augen zu machen, um sie für ein Bündnis gegen Deutschland zu gewinnen. Sie wollte keinesfalls einem revolutionären Feuersturm Vorschub leisten, der Frankreich unmittelbar erschüttert und damit das gesamte weltweite politische und soziale Gleichgewicht zerstört hätte.
In Spanien hat die Kommunistische Partei das Tempo für den Verrat an der Revolution und damit für die schreckliche Niederlage der ArbeiterInnenklasse bestimmt. Aber die Kommunistische Partei war nicht das entscheidendste Element. Die AnarchistInnen mit der CNT und die Sozialistische Partei mit der UGT stellten die weit mächtigeren Organisationen.
Die AnarchistInnen verrieten im Zuge der Spanischen Revolution all ihre Prinzipien. Sie gaben den Grundsatz keine Regierung zu unterstützen auf und traten in eine bürgerliche Regierung ein, und dies zu einem Zeitpunkt als es aufgrund der Verschiebung der Klassenkräfte gar keine gesellschaftliche Grundlage mehr für eine solche Regierung gab.
Der rechte Flügel der SozialistInnen rund um Prieto stand offen für die Zusammenarbeit mit der republikanischen Bourgeoisie. In jenem Moment aber verfügte diese Position wenig Gewicht an der Basis der Partei. Wenn Caballero und der linke Flügel standhaft gegen einen solchen Kurs aufgetreten wären, so wie Lenin und Trotzki 1917, hätte sich die Situation grundlegend geändert. Die Situation war objektiv weit besser als nach der Februarrevolution 1917 in Russland. Die ArbeiterInnen waren praktisch die einzige bewaffnete Kraft. Sie bemühten sich die Industrie unter ihre Kontrolle zu bekommen, wie die Bauern mit aller Kraft daran gingen das Land zu besetzen. Die ArbeiterInnen strebten instinktiv in Richtung einer sozialistischen Revolution.
Hätten Caballero und die linken SozialistInnen in den Fabriken und Stadtvierteln ArbeiterInnenräte organisiert und die Bildung einer ArbeiterInnenregierung propagiert, wenn sie die Zusammenarbeit mit den noch wenigen verbliebenen VertreterInnen der kapitalistischen Klasse und der republikanischen Partei (kapitalistische Politiker, die zumindest nicht mehr in direkter Art und Weise die Interessen ihrer Klasse widerspiegelten) aufgekündigt hätten, dann wäre der Bildung einer ArbeiterInnenregierung und damit einem Sieg der ArbeiterInnenklasse, die einen sozialistischen Kampf gegen Franco führte, nichts mehr im Wege gestanden.
Die POUM schloss sich den AnarchistInnen an und übernahm in Katalonien Regierungsfunktionen. Damit haben sie aber ihr grauenvolles Schicksal in den Händen der StalinistInnen besiegelt.
Caballero kapitulierte jedoch vor dem Druck der StalinistInnen, anstatt den Kampf um die Macht zu organisieren. In Wirklichkeit ging es vielmehr um die Frage die diskreditierten Repräsentanten der RepublikanerInnen, die nur noch für sich selbst standen, einfach zur Seite zu schieben, indem man die ArbeiterInnen zur Bildung von Räten, der Machtbasis der Diktatur des Proletariats, aufruft. Den StalinistInnen wäre es unmöglich gewesen diesem Schritt Widerstand entgegenzusetzen. Wären sie offen gegen diese Strategie vorgegangen, wäre die große Mehrheit ihrer UnterstützerInnen abgesprungen. Die AnarchistInnen wären gezwungen gewesen diese Strategie mitzutragen. Die POUM (eine zentristische Partei, die zwischen Reformismus und Marxismus stand) hätte die LinkssozialistInnen unterstützt, und der Prieto-Flügel der Sozialistischen Partei wäre isoliert und dadurch vollkommen handlungsunfähig geworden. Eine ArbeiterInnenregierung hätte einen revolutionär-sozialistischen Krieg gegen Franco zu führen begonnen und die internationale ArbeiterInnenklasse zu ihrer Unterstützung aufgerufen. Caballero und die linken SozialistInnen haben die vorhandenen Möglichkeiten und Gefahren nicht in aller Konsequenz erfasst. Sie ebneten damit gezwungenermaßen den Weg zur Zerschlagung der Revolution und zum Sieg Francos.
Der Daily Worker vom 27. Juli 1936 zitierte eine Rede des britischen KP-Generalsekretärs Harry Pollitt: “Im Lichte der aktuellen Ereignisse müssen wir die Entscheidung, alle der Volksfront feindlich gesinnten Offiziere nicht aus der Armee zu entfernen, als großen Fehler sehen.” “... das Ziel (der Konterrevolution) war es eindeutig das Spanien des Volkes zu zerstören und die Interessen der Gutsbesitzer, der Feudalfamilien, der großen Kapitalisten und Monarchisten zu retten und jedes weitere Fortkommen der Arbeiter zu verhindern.” “... Die Unterstützung der Arbeiter der Welt für das spanische Volk bedeutet den Sieg .”
Die Aufforderung an die RepublikanerInnen, das Bollwerk der bürgerlichen Herrschaft, die Wächterin über die Produktionsverhältnisse – die Armee - zu säubern, musste ungehört verhallen; und diese falsche Strategie wird just zu dem Zeitpunkt lanciert, als das Proletariat sich spontan bewegt. Mit dieser Forderung wird das Proletariat nur eingelullt und politisch entwaffnet. Genauso wie die utopischen Sozialisten von der Bourgeoisie verlangten, ihr Eigentum dem Proletariat freiwillig zu schenken, wird hier die herrschende Klasse gebeten, den Machtapparat ihrer Herrschaft – die Staatsmaschinerie - freiwillig aufzugeben.
Die Aktionen der Faschisten waren von den Interessen der Gutsbesitzer, Feudalfamilien und großen Kapitalisten geleitet, so Pollitt. Dies wurde von den Führungen der Kommunistischen Parteien immer und immer wieder auf der ganzen Welt verlautbart. Diese Kräfte zu stürzen, das war genau die Aufgabe der sozialistischen Revolution. Die Politik zum „Schutz des Eigentums“ und zur Aufrechterhaltung der „Ordnung“, bedeutete jedoch gerade die Hintermänner der faschistischen Konterrevolution zu verteidigen. Die ständig wiederholten antikapitalistischen Aussagen der KP-FührerInnen standen im hoffnungslosen Gegensatz zu ihrer Politik. Sie haben die ArbeiterInnen verraten.
ArbeiterInnenmilizen
Am 27. Juli 1936 schrieb Frank Pitcairn, der Korrespondent des Daily Worker in Barcelona: “… unter den Forderungen zahlreicher Organisationen findet sich jedoch u.a. die Forderung nach der unmittelbaren Nationalisierung der Handelsmarine und die Übergabe der Schlüsselbetriebe an die Gewerkschaften…” (...) “… Die bewaffneten Arbeitermilizen werden als ständige Verteidigungsgruppen bestehen bleiben, sie übernehmen die meisten Aufgaben der Armee.” (...) Und wieder am 29. Juli: “… Überall sah ich die besonnene Überzeugung und den raschen Fortschritt, wie die Arbeiter ihre Kontrolle über die Maßnahmen zur Verteidigung gegenüber dem Faschismus entwickeln.” (...) “… In Tarrega zum Beispiel erzählte mir der Vorsitzende des lokalen Komitees: ‘Die Vergesellschaftung aller essenziellen Güter wurde am Mittwoch etabliert. Getreide, Oliven, Wein und alle anderen wichtigen landwirtschaftlichen Produkte der Gegend sind nun über die Kooperative Eigentum der ArbeiterInnen. Die diesjährige Ernte wird allein den armen Bauern gehören. Es stellte sich als notwendig heraus als ersten Schritt die Landbesitzerkooperative, in der sowohl arme als reiche Bauern organisiert waren, und dadurch natürlich von den letzteren dominiert wurde, zu reorganisieren. Nun werden die Großgrundbesitzer abgelehnt … die Kooperative ist in der Hand der armen Bauern und kontrolliert die gesamte Ernte.`” (...) “Diese Kooperativen agieren unter der Oberaufsicht des Verteidigungskomitees, in der neben der Arbeiterallianz auch die kleinen bürgerlichen Parteien repräsentiert sind.” (...) “Wir arbeiten nun nicht mehr für die Reichen, sondern für uns selber und die ArbeiterInnen in Barcelona und den anderen Städten Kataloniens.” (...) “In Barcelona gibt es eine strikte Preiskontrollen und harte Strafen gegen Wucherei.” (...) “Die AnarchistInnen haben Anordnungen an die Einheiten zur Bekämpfung von Plünderungen herausgegeben.”
Diese Zitate aus den Anfangstagen der Spanischen Revolution zeichnen ein eindeutiges Bild. Die ArbeiterInnen wollten die Revolution, und die Bauernschaft in Katalonien und Aragon folgte diesem Vorbild, besetzte die Ländereien und ging damit weiter als die Bauern zu Beginn der russischen Revolution – in Spanien kollektivierten sie sogar das Land.
Harry Pollitt schreibt im “Daily Worker” vom 29. Juli aus Paris: “Die Faschisten haben ihre Vorbereitungen gut erledigt. Als das Signal zur Revolte gegeben wurde, weigerte sich in Katalonien nur ein einziges Regiment.” (...) “Aber die Initiative und der Mut der Massen wurde schnell schlagend. Alle Waffen, die ihnen zugänglich waren, wurden requiriert, binnen 36 Stunden hatten die ArbeiterInnen den faschistischen Aufstand in und um Barcelona niedergeschlagen.” (...) “Die Arbeitermiliz stürmte die Kasernen, schnappte sich Gewehre und Artillerie, improvisierte einfache Panzerwagen, übernahm die Radiostationen und schaffte es so schnell aus der Defensive heraus in die Offensive über zu gehen.” (...) “Soldaten in den rebellierenden Regimenter begannen zu den Arbeitermilizen überzulaufen. Jene, die dabei erwischt wurden, wurden in den Kasernen interniert. Arbeiterdelegationen wurden entsandt, um sich mit den Soldaten zu verbrüdern und um ihnen zu erklären für welch schmutzige Arbeit ihre Offiziere sie benutzen wollten.”
Die Trennungslinien zwischen den Klassen waren in jenen Tagen klar gezogen. Alles was noch fehlte war, dass die ArbeiterInnen mit Hilfe einer marxistischen Führung ihren eigenen Staat errichteten, die Diktatur des Proletariats, und einen revolutionären Krieg gegen Franco begannen. Allein, die KP stellte sich aus Gehorsam zu den Diktaten ihrer stalinistischen Herren in Moskau dieser Entwicklung bewusst in den Weg. Der “Daily Worker” vom 27. Juli schrieb: “Jeder kann jetzt sehen, dass die Faschisten in Spanien ihre Militärrevolte nicht organisierten, weil die Regierung zu ‘revolutionär’ war, sondern weil diese glaubte (wie auch die FührerInnen der ArbeiterInnenbewegung, Anm.), dass sie ‘den Staat an seine demokratische Bestimmung anpassen könne’.” (...) “Wenn die Regierung Spaniens die faschistischen Offiziere aus der Armee und Polizei suspendiert hätte, wenn sie Arbeitermilizen zur Verteidigung der Regierung und zur Durchsetzung von Regierungsbeschlüssen geschaffen hätte, dann hätte es keine faschistische Militärrevolte gegeben und das Leben von Hundertausenden wäre gerettet worden. Aber die Menschen Spaniens haben ihre Lektion gelernt wenn auch die britischen Labour-Führer zu blind sind die Bedeutung des heroischen Kampfes in Spanien zu verstehen.”
Der Blinde führt den Blinden! Daher verweigerten die StalinistInnen sich auch der Aufgabe die Probleme von einem Klassenstandpunkt aus zu entwickeln. Sie zogen es vor die bürgerlich-republikanischen Maßnahmen der Casares Quirogas, der Azaña s und Companys als “Fehler” anstatt als von Klasseninteressen und -ideologie motivierte Handlungen zu sehen. Dabei haben sie jede marxistische Methode über Bord geworfen. Marx, Lenin und Trotzki haben permanent darauf hingewiesen, dass auf jede abstrakte Rhetorik zu verzichten sei und unbarmherzig die Schwächen der bürgerlichen DemokratInnen entblößt werden müssen.
Zu einem Zeitpunkt, als sich die Macht in den Händen der ArbeiterInnenklasse befand, übergab die Führung der Sozialistischen und Kommunistischen Partei die Macht wieder an die Repräsentanten der republikanischen Bourgeoisie, während die Bourgeoisie selbst überwiegend ins Lager Francos geschwenkt war – darin lag die Tragödie der spanischen Revolution.
Wenn das damals in Spanien keine soziale Revolution war, wie sollte eine solche dann aussehen? Die wenigen Rechtsanwälte, Ärzte und Parlamentarier auf der Seite der Republik waren eine kleine Minderheit – die frühen Siege über die Faschisten wurden von den ArbeiterInnen, die für ihre eigenen Ziele kämpften, geschlagen.
Die Kommunistische Partei in Spanien stellte die Speerspitze im Kampf um die demokratische Konterrevolution im republikanischen Lager dar. Hinter ihr reihten sich die anarchistischen und sozialistischen FührerInnen ein. Die Führung der SP hatte keine eigenen politischen Perspektiven ausgearbeitet und begab sich in das Schlepptau der KP, der rechte Flügel folgte der KP aus ganzem Herzen, der linke Flügel um Caballero protestierend.
Keine andere sich als marxistisch verstehende Partei stand so weit links wie die POUM. Sie folgte in Katalonien den AnarchistInnen in die Regierung nach und bereitete so ihre Zerstörung vor. Die POUM hatte sich innerhalb von sechs Wochen explosionsartig von 1000-1500 auf 30.000 Mitglieder entwickelt, andere Berichte sprechen sogar von 60.000 Mitgliedern. In Relation zu der Bevölkerung waren sie somit sogar stärker als die Bolschewiki in der ersten Phase der russischen Revolution. Zudem war die Situation in Spanien deutlich revolutionärer.
Die ArbeiterInnenmilizen blieben als ArbeiterInnenarmeen erhalten. Aber die KP hatte ihre Befehle aus Moskau zu befolgen. Am 5. August 1936, knapp über zwei Wochen nach der versuchten Konterrevolution und der darauf folgenden Bewegung, veröffentlichte sie folgende Stellungnahme, die in der traditionsreichen liberalen Tageszeitung “Manchester Guardian” vom 6. August abgedruckt wurde: “Das Kontrollkomitee der Kommunistischen Partei Spaniens … Das spanische Volk zielt in ihrem Kampf gegen die Rebellion nicht auf die Etablierung der Diktatur des Proletariats, SONDERN KENNT NUR EIN ZIEL: Die Verteidigung der republikanischen Ordnung und die gleichzeitige Respektierung des Eigentums. “... Diese Arbeit geschieht in Kooperation mit solch konservativen Parteien wie der Baskischen Nationalpartei, deren Mitglieder katholisch sind. Diese Tatsache straft die Behauptung von General Franco bezüglich der ‘marxistischen Gefahr in Spanien’ Lügen und beweist die auf ausnahmslos alle ordnungsliebenden Menschen erlassene Pflicht, mit den Verteidigern der Ordnung in Spanien zu kooperieren.” Welch inspirierender und die Moral stärkender Aufruf an die spanischen Massen: Sie dürfen keine Aktionen gegen das Eigentum der millionenschweren Großgrundbesitzer und Industriellen, die die Bewegung der Faschisten und den Aufstand der Armeegeneräle angeregt und finanziert haben, unternehmen. Diese politische Position überholte sogar die Position der linken RepublikanerInnen von rechts. José Giral, der Ministerpräsident in Madrid, manövrierte unter dem Druck der ArbeiterInnen voller Angst, dass sie die Banken besetzen würden. Dies berichtet der Daily Worker vom 8. August ohne jeden Kommentar: “Die Maßnahmen zur Kontrolle der Industrie und Banken erklärend, sagte Señor Giral: ‘Es ist notwendig die ökonomische Basis des Faschismus zu unterminieren. Die Großbanken und die großen Industriebetriebe sind die Zahlmeister des Faschismus, die stellen die Mittel, mit denen es den faschistischen Generälen möglich war die kriminelle Attacke auf unser Volk durchzuführen, zur Verfügung. Daher ist nun die schärfste Kontrolle notwendig.’”
Welch vernichtendes Argument für die Enteignung der Großgrundbesitzer, Banker und Kapitalisten! Was wurde mit der ‘Kontrolle’ erreicht? Diese war gerade gut genug, um die Basis des Kapitalismus zu erhalten, bis bessere Zeiten anbrachen oder der Sieg Francos nicht mehr aufzuhalten war. Dafür haben die ArbeiterInnen mit Sicherheit nicht ihr Blut so selbstlos und heroisch vergossen.
Schauen wir uns ein paar zufällig ausgewählte Berichte über die Maßnahmen der ArbeiterInnen an, wie sie im liberalen “Guardian” berichtet wurden. Am 23 .Juli berichtet der Guardian aus Madrid: “Ein Komitee syndikalistischer Organisationen hat heute die Kontrolle des Eisenbahnbetriebs in Madrid übernommen, es entließ die Direktoren, Sub-Direktoren und sonstige Offizielle der Eisenbahngesellschaft Nord und ersetze sie durch bewiesene Republikaner.”
Dann ein Bericht aus Barcelona vom 27. August 1936: “Ein Regierungserlass von diesem Wochenende setzt eine 40-Stunden Woche und eine 15prozentige Erhöhung für IndustriearbeiterInnen, die weniger als 600 Peseten im Monat verdienen, in Kraft. Die PSCU (Vereinigte Sozialistische und Kommunistische Partei Kataloniens) und die AnarchistInnen verlangten eine 36-Stunden Woche. Eine 25prozentige Mietreduktion. Zahlung für Streiktage. Entschädigung für Arbeitslose. Produktionskontrolle durch die ArbeiterInnen. Eine Säuberung der verschiedenen Armeesektionen. Die Beibehaltung der Volksmilizen. Ein gemeinsames Verfahren für die Führer des aktuellen Aufstandes vor dem Kriegsgericht.”
Dies wurde – in Worten – vom katalanischen Präsidenten Companys, der für eine Zeit verzweifelt und machtlos manövrierte, in der Hoffnung, dass die Situation sich verbessern würde, akzeptiert.
In derselben Ausgabe berichten Ausländer, die aus Barcelona geflüchtet waren, “dass der Streik ein Gegenschlag der ArbeiterInnen gegen die Faschisten war. ... Am nächsten Tag gab es keine Bedienung mehr im Hotel und nur wenig zu essen.”
Im Guardian vom 29. Juli 1936 findet sich ein Interview mit einem französischen Garagenbesitzer in Barcelona, der nach Toulouse geflüchtet war: “Niemand in Barcelona hält sich noch an die Regierung, oder besser gesagt, was von der Regierung noch übrig ist. Die Macht ist an Arbeitergruppen übergegangen, die sich oft ihren politischen und sozialen Leidenschaften hingeben. Die Menschen gehorchen den FührerInnen dieser zahlreichen Gruppen, von denen viele AnarchistInnen und KommunistInnen sind. Das Gemeindeamt von Port Bou ist wohl das einzige, das noch normal unter der Kontrolle der Guardia Civil funktioniert. Überall sonst wurden in anderen Gebäuden lokale Komitees gegründet und die Gemeindeämter aufgelassen. Auf dem Land arbeiten die Bauern weiter auf den Feldern, und sie werden für ihr Geflügel, ihre Rinder und andere Nahrungsmittel mit Schuldscheinen bezahlt. Die meisten dieser Schuldscheine werden von der Kommunistischen Partei oder der Vereinigten Trotzkistischen Arbeiterpartei (damit ist die POUM gemeint, die Ex-Trotzkisten und nationalistische Katalanen, die sich von der KP spalteten, vereinte, Anm. EG) ... Die Banken sind offen und nehmen Schecks an, zahlen sie jedoch nicht aus.”
Und dann wieder am 3. und 4. August aus Barcelona: “Die öffentlichen Dienstleistungen arbeiten effizient unter der Leitung von Syndikalisten, die nun das gesamte Transportwesen einschließlich der katalanischen Eisenbahnen und einige wichtige Industriebetriebe kontrollieren.”
Und wieder am 4. August 1936: “Alle öffentlichen Dienstleistungen wie Wasser, Gas, Elektrizität, Straßenbahnen und Eisenbahnen werden nun von den ArbeiterInnen betrieben. Die ehemaligen Manager und technischen Experten werden, wenn notwendig, jedoch konsultiert. Doch während die Löhne der Arbeiter um 30% erhöht wurden, sind die Gehälter des technischen Personals strikt auf 1500 Peseten monatlich begrenzt worden.”
Zeitweise kann die Essenz eines Ereignisses anhand von unbedeutenden Dingen, die symptomatisch für tieferliegende Ereignisse sind, abgelesen werden. Während das ZK der spanischen KP sinnloses Zeug über die Verteidigung von Demokratie und Eigentum von sich gibt, lesen wir zeitgleich im Daily Worker vom 7. August: “In den Städten, die von regierungstreuen Truppen gehalten werden, werden die Straßennamen geändert. Namenschilder, die in irgendeinem Zusammenhang zur kapitalistischen Ordnung stehen, werden entfernt. Ersetzt werden sie durch Bezeichnungen wie ‘Karl Marx’, ‘Proletariat’ oder ‘Freiheit’”.
Dieser aus der stalinistischen Presse selbst entnommene Bericht zeigt die wirklichen Wünsche und Hoffnungen der bewaffneten ArbeiterInnenklasse zu jener Zeit. Sie versuchten ihre revolutionäre Politik den eigenen FührerInnen aufzuzwingen. Diese waren jedoch zu blind und zu feig oder wie im Falle der KP und der rechten SP zu skeptisch, zynisch und verräterisch, als dass sie die reale Situation erkennen hätten können. In der selben Ausgabe berichtet der Reporter des Daily Worker aus Madrid: “Die Flugzeugfabrik in Cuatro Vientos arbeitet direkt unter Kontrolle eines Arbeiterkomitees, das sich aus Arbeitern aller Abteilungen zusammensetzt. Auch alle Bankoperationen sind unter die strikte Kontrolle von Komitees, die sich aus Vertretern der Angestellten zusammensetzen, und garantieren damit, dass wohlhabende Faschisten irgendwelche Aktionen, die der republikanischen Sache schädlich sind, nicht durchführen können.”
Diese wenigen Zitate und das Material, das auf den vorderen Seiten zitiert wurde, geben uns ein blasses Spiegelbild der Pracht der proletarischen Revolution - nennen wir sie beim richtigen Namen: von der sich in Spanien entwickelnden sozialistischen Revolution. Die ArbeiterInnen haben versucht den Kapitalismus zu stürzen, im Kleinen in der Praxis und indem sie die Machtfrage im Staat stellten. Die Führungen ihrer Organisationen, und durch diese die Organisationen selbst, haben diesen Weg jedoch blockiert. Es gab keine Partei bzw. Strömung, die den Standpunkt der Bolschewiki in Russland oder jenen Rosa Luxemburgs und Karl Liebknechts in Deutschland einnehmen hätte können. Die Bolschewiki wurden von einer kleinen Minderheit zur Mehrheit der russischen Revolution und führten so die ArbeiterInnen zum Sieg. In Spanien gab es trotz einer außergewöhnlich guten objektiven Situation, einer besseren Situation als in Russland vor dem Oktober 1917, keine Partei oder Führung, die fähig gewesen wäre, die Situation realistisch einzuschätzen, die notwendigen Schlussfolgerungen zu ziehen und die ArbeiterInnen entschlossen auf dem Weg zur Macht zu führen. Alles was in jener Situation notwendig gewesen wäre, war den ArbeiterInnen die tatsächlichen Klassenkräfte in der Gesellschaft zu erklären und in der Praxis zu zeigen wie ihre traditionellen FührerInnen und Organisationen der Klasse im Weg standen.
Die Macht lag nun in den Händen der ArbeiterInnen, aber sie war nicht zentralisiert oder organisiert. Komitees, Juntas oder Sowjets, der Name ist unbedeutend, hätten in allen Fabriken und Stadtvierteln organisiert werden müssen, gewählt von den ArbeiterInnen, Hausfrauen und allen Sektoren der ArbeiterInnenklasse bzw. von den Bauern und klarerweise den AktivistInnen in den Milizen. Diese Komitees hätten dann über Delegierte auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene miteinander vernetzt werden müssen. Damit wäre der Rahmen für ein neues Regime geschaffen worden. Die ohnmächtige bürgerliche Regierung hätte zur Seite geschoben und die Diktatur des Proletariats errichtet werden können.
Isolierte Revolutionäre
Das Handeln der ArbeiterInnenklasse hätte in der Gesellschaft einen überwältigenden Zuspruch erhalten. Außerhalb Spaniens erarbeiteten Trotzki und seine GenossInnen auf täglicher Basis korrekte Analysen über den Prozess in Spanien. Allerdings hatte die trotzkistische Bewegung zu jener Zeit weder die Autorität noch die Organisation, um die Ereignisse direkt beeinflussen zu können. Unter den AktivistInnen aus den Reihen der SP, der KP, der POUM oder der AnarchistInnen hatte kaum jemand Zugang zu den Publikationen der TrotzkistInnen. Darin lag auch ein wesentlicher Grund für die Tragödie der Spanischen Revolution.
Die Ereignisse während des Bürgerkriegs können hier nur kurz skizziert werden. Hinweisen möchten wir jedoch auf das Buch "Revolution und Konterrevolution in Spanien" aus der Feder von Felix Morrow. Es ist ein faktenreiches Dokument von unschätzbarem Wert. Wir empfehlen dieses Buch allen GenossInnen, die sich mit der Geschichte und den Ereignissen des Bürgerkrieges näher befassen wollen. Premierminister Jose Giral und sein Kabinett, das sich ausschließlich aus linken RepublikanerInnen zusammensetzte, entsprachen immer weniger den wahren gesellschaftlichen Kräfteverhältnissen. Folglich trat er am 14. September zurück und übergab die Macht an Caballero, der eine Regierung bestehend aus SozialistInnen, KommunistInnen sowie linken und sogar rechten RepublikanerInnen bildete. Anstatt den bürgerlichen Staat zu demontieren, arbeiteten Caballero und die linken SozialistInnen mit den StalinistInnen daran, ihn mit den "richtigen" parlamentarischen Reformen zu stützen. Die neue Regierung repräsentierte dabei weder die ausschlaggebenden Sektoren des Bürgertums und noch weniger den Großteil des Proletariats. Diese Regierung hing von Anfang an in der Luft und besaß noch nicht einmal die Basis eines normalen bürgerlichen Staates: die Kontrolle über die Streitkräfte. Die militanten ArbeiterInnen standen unter der Kontrolle der Gewerkschaften und linken Parteien und erwarteten sich von diesen eine Perspektive.
Statt die ArbeiterInnen in ihrem Kampf um die Macht zu ermutigen, versprach Caballero eine bessere Welt… nach dem Krieg! In der "Cortes" kündigte er folgendes an: "Wichtig ist es festzustellen, dass nach unserem Sieg die Struktur des Landes eine andere sein wird und dass der erste Artikel der Verfassung, demzufolge Spanien die Republik der schuftenden Massen ist, endlich verwirklicht werden kann." (S. 1260, IPC, 19. September 1936) Dabei ist es doch gerade das gesamte Wesen eines Bürgerkrieges, dass die Massen nicht noch länger warten können! Nur wenn die gesellschaftliche Umwälzung sofort realisiert wird, werden die ArbeiterInnen und vor allem die Kleinbauern davon spürbar profitieren. Vor allem die Kleinbauern wurden so oft hintergangen, dass sie gegenüber Versprechungen skeptisch und gleichgültig geworden sind. Speziell derartige Erklärungen, die in sehr wagen und unbestimmten Phrasen verpackt sind, besitzen keine Anziehungskraft, am aller wenigsten für das Kleinbauerntum.
In einer Situation, in der Wörter durch Gewehrkugeln unterstrichen werden, verlangen sie nach Taten, Worte allein reichen da nicht mehr. Lenin hat einst erklärt, dass ein Gramm Erfahrung den zehnfachen Wert eines Gramms Theorie besitzt. Das trifft ganz besonders auf Versprechen zu. Die Massen sind nur dann bereit große Opfer zu bringen, wenn sie im Gegenzug ein entsprechendes, die blutigen Strapazen rechtfertigendes Ziel für realistisch halten. Nicht aber für eine "Republik", die der faschistischen Konterrevolution den Weg geebnet hat. Die Lobeshymnen von Caballero auf die "Republik" konnten die Bauern nicht überzeugen. Sie verlangten nach einer Antwort auf die "Landfrage". Das ist ihre Realität. Als die Rebellenarmee mit Lautsprechern die Schützengräben beschallte, um Francos wehrpflichtige Bauern zum Überlaufen zur Republik zu motivieren, lautete deren Antwort: "Was hat die Republik je für uns getan?" Für sie handelte es sich dabei nur um einen Kampf zwischen Generälen. Sie wollten nicht kämpfen, konnten aber auch keinen großen Unterschied zwischen den beiden Seiten sehen. Warum sollten sie durch das Überlaufen ihr eigenes Leben oder Vergeltungsmaßnahmen gegen ihre Familie riskieren? Folglich kämpften sie für ihre eigene Versklavung bzw. die Versklavung aller ArbeiterInnen und Bauern ganz Spaniens.
Nur um sicherzustellen, dass es zu keinen echten sozialen Veränderungen kommen würde, schrieb Jose Diaz, der Generalsekretär der "Kommunistischen" Partei folgendes zu dieser Frage: "Mit der Absicht, die internationale Meinung (wessen Meinung? Jene der KapitalistInnen, Anm. EG) gegen uns aufzubringen, haben die Feinde der Regierung behauptet, es handle sich um eine sozialistisch-kommunistische Regierung. In Wirklichkeit ist sie nicht mehr oder weniger die Fortsetzung der republikanischen und demokratischen Ministerien." Das ist absolut richtig. Und wir haben gesehen, wofür diese Regierung gestanden war! Auf der Suche nach dieser mythischen Kreatur namens "revolutionäre Bourgeoisie" schreibt unser kommunistischer Parteischreiber weiter: "Der beachtliche Wahlerfolg der Partei von Martinez Barrios (im Februar 1936) kann nicht anders als durch die antifaschistische Empfindung eines Teils der Bourgeoisie (nach dem faschistischen Juli-Aufstand) erklärt werden ... Jose Giral, Francisco Barnes, Casares Quiroga (seine wahres Gesicht hat er ausreichend mit seiner Drohung gezeigt, jeden erschießen zu lassen, der die ArbeiterInnen bewaffnet), Enrico Kames und Manuel Blasque Garon - Industrielle und Landbesitzer, die einen Teil der Regierung von Jose Giral bilden." In Wirklichkeit repräsentierten diese Personen nicht ihre Klasse sondern nur sich selbst als Individuen. Ihre Aufgabe bestand darin im republikanischen Lager verzweifelt gegen die sozialistische Revolution zu manövrieren. Ganz abgesehen davon, dass die liberale Regierung unmittelbar nach Beginn des faschistischen Aufstands einen Kompromiss mit Franco und dessen Verbrecherbande schließen wollten. Der Artikel fährt unbewusst humorvoll fort: "Wären die Ereignisse anders verlaufen, wäre es durchaus möglich gewesen, dass diese Herrn einen Kompromiss mit der Reaktion gesucht hätten." Und weiter: "Es besteht kein Zweifel daran, dass die überwältigende Mehrheit der Bourgeoisie mit den Aufständischen sympathisierte und diese unterstützte. Allerdings gibt es verschiedene Fraktionen innerhalb der Bourgeoisie, vor allem bei den nationalen Minderheiten. Diese Gruppen dürfen nicht aus dem antifaschistischen Lager ausgeschlossen werden… Eine breite soziale Basis ist im Moment eines solch scharfen Klassenkampfes einer jener Faktoren, die den Erfolg der Revolution garantieren… die antifaschistische spanische Volksfront, eine pazifistische Form der Vereinigung verschiedener Klassen im Antlitz der faschistischen Gefahr… zur selben Zeit die Einzigartigkeit der spanischen Volksfront… die relativ geringe Geschwindigkeit, mit der die bäuerlichen Massen in den bewaffneten Kampf gezogen werden…"
Die Unterstützung durch die letzten Überbleibsel der Bourgeoisie war - wie sich das herausstellte - mehr eine Schwächung sicher aber keine Stärkung im Kampf gegen Franco. Die Enteignung des Großgrundbesitzes und des Kapitals hätte das Lager der ArbeiterInnen um vieles mehr gestärkt. Aber in der Realität versuchten die StalinistInnen verzweifelt und unter den Anweisungen Moskaus das bürgerlich-republikanische Regime wiederherzustellen. Weil sie für "Recht", "Ordnung" und die "Verteidigung des Privateigentums" eintraten, wurden sie in Katalonien und Spanien zur Partei der städtischen Mittelklasse und der reichen Bauern auf dem Land. Zu dieser Zeit bestand ihre Mitgliedschaft zu zwei Dritteln aus Meistern, kleinen Kaufläuten, reichen Bauern, führenden TechnikerInnen etc. Nur ein Drittel der Mitglieder waren ArbeiterInnen - großteils aus den rückschrittlicheren Teilen der ArbeiterInnenklasse.
Proletarische oder bürgerliche Armee?
Als "Verteidiger der revolutionären Bourgeoisie" versuchten die StalinistInnen den vorrevolutionären Zustand wiederherzustellen. Dies setzte eine - blutige und widerwärtige - Konterrevolution im republikanischen Lager voraus. Bereits im Oktober 1936 setzten sie sich gegen Caballero durch und begannen damit, die Milizen in eine "reguläre Armee" umzubauen. Es ist klar, dass in einem Bürgerkrieg ein zentrales Kommando notwendig ist. Aber die zentrale Fragen in Bezug auf die Armee in der heutigen Gesellschaft lauten: In wessen Interesse ist sie organisiert? Welche Klassenbasis besitzt sie? Worin besteht ihre Motivation? Aus welcher Klasse stammen die Generäle und Offiziere? Welche Klasseninteressen verteidigt die Armee? Mythische Appelle an die antifaschistische Einheit können die Klassenfrage nicht überdecken, solange die Klassengesellschaft bestehen bleibt. Trotzki und die Bolschewiki bauten die Rote Armee auch aus dem Nichts auf. Aber das war die Armee der ArbeiterInnenmacht. Sie setzten Zehntausende zaristische Offiziere ein. Doch diese standen unter der Kontrolle der ArbeiterInnenkommissare, die dem ArbeiterInnenstaat und den Idealen der sozialistischen Revolution loyal gegenüber standen.
Wird eine zentralisierte Armee aufgebaut, kann diese entweder das Werkzeug eines proletarischen oder eines bürgerlichen Staates sein. Sie kann aber keine gegenüber den Klassen neutrale Armee sein. Folglich halfen Caballero und die anderen Führer der Linken bei der Organisierung einer kapitalistischen Armee, weil sie zu viel Angst davor hatten oder unfähig dazu waren, die sozialistische Revolution zu vollenden. Das wiederum hatte verheerende Auswirkungen auf den Bürgerkrieg.
Wie wir bereits gezeigt haben, lief die große Mehrheit der Offiziere und Generäle zum Faschismus über. Dieser Prozess war in Spanien sogar viel augenscheinlicher als in Russland. In einem ausschließlich militärischen Kampf waren sie klar im Vorteil. Aber Krieg, und das gilt für den Bürgerkrieg in einem noch viel größeren Ausmaß, ist nichts anderes als die Fortsetzung der Politik mit den Mitteln der Gewalt. Im Krieg, so sagte Napoleon, wiegt die Moral mehr als alles andere.
Indem man eine Armee aufbaute, die nicht auf dem Modell der Roten Armee von 1918-20 basierte, sondern eine kapitalistische Armee schuf, wurde die gesamte Basis des Klassenkampfes unterminiert. In Barcelona und Madrid werkten die StalinistInnen systematisch am Wiederaufbau des bürgerlichen Staates. Der erste großen Erfolge wurden allesamt mit den Methoden der sozialen Revolution erkämpft. Im ersten Ansturm eroberten die Milizen Aragon. In Katalonien und Aragon wurde das Land beschlagnahmt. Als Konsequenz von jahrelanger anarchistischer Propaganda wurde das Land von den Kleinbauern selbst kollektiviert. Dieser Prozess war in Spanien fortgeschrittener als in den frühen Tagen der russischen Revolution. Die Miliz stand bereits vor Huesca, Teruel und Saragossa.
Aber aus Angst vor der sozialen Revolution im Zuge eines Sieges an dieser Front blockierte die Zentralregierung die Lieferung von Waffen und Nachschub. Caballero ließ sich mit der Drohung von der KP erpressen, dass die Sowjetunion die Versorgung mit Waffen einstellen würde. Davon wäre vor allem die Madrider Front betroffen gewesen, wo die KP eine wichtige Rolle spielte.
Die Hoffnungen der ArbeiterInnen gerieten in der Folge immer mehr in Konflikt mit der Politik der graduellen Rückkehr zur bürgerlichen "Normalität". Dies entlud sich in einer offenen Krise, die unter dem Namen "Maitage von 1937" in die Geschichte eingehen sollte.
In allen Revolutionen kam es noch zu Bewegungen, weil sich die ArbeiterInnen betrogen fühlten. Die Junitage in Paris im Jahre 1848, die Julitage 1917 in Russland und die deutschen Jännertage 1919 - die Massen spüren, dass ihnen die Macht aus den Händen gleitet. In einer elementaren Bewegung erheben sie sich krampfhaft aus Protest gegen den "Ausverkauf" an die Bourgeoisie.
Die Macht in den Händen der ArbeiterInnen
Der unmittelbare Anlass für den Aufstand der ArbeiterInnen in Barcelona und im Rest von Katalonien war der Versuch der StalinistInnen, für die katalanische Regierung die Kontrolle über die Telefonzentrale zu erlangen. Diese stand seit dem ersten Tag unter der Kontrolle der ArbeiterInnen der CNT und stellte ein Element der ArbeiterInnenkontrolle dar.
Die StalinistInnen in der Generalitat, der autonomen katalanischen Regierung, entsandten mehrere Panzer und Truppen zur Telefonzentrale, um sie unter ihre Kontrolle zu bekommen. Die ArbeiterInnen antworteten mit einem Generalstreik. In Barcelona und anderen katalanischen Städten wurden Barrikaden errichtet. Die Regierung war machtlos. Der Versuch, die Garde von Valencia sowie die internationalen Brigaden gegen die Streikenden einzusetzen, scheiterte, weil sich diese weigerten gegen ArbeiterInnen vorzugehen.
Einmal mehr lag die Macht in den Händen der ArbeiterInnenklasse! Weder in Barcelona noch sonst wo gab es Truppen, auf die sich die Regierung verlassen hätte können.
Nun kamen die CNT und die POUM dem bürgerlichen Staat zu Hilfe. Diese "MarxistInnen" argumentierten damit, dass es unmöglich sei, einen Bürgerkrieg im Bürgerkrieg zu beginnen und schickten die ArbeiterInnen wieder zurück zur Arbeit. In einem Übereinkommen zwischen Regierung und ArbeiterInnen würde man den Konflikt schon beilegen können. Für vier Tage hatten die ArbeiterInnen die Straßen kontrolliert. Hätte die POUM zur Machtübernahme aufgerufen, hätte niemand die ArbeiterInnen davon abhalten können. Die AnarchistInnen und die POUM redeten den ArbeiterInnen ein, "zur Arbeit zurück" zu gehen. Die Krise war beigelegt! Eine weitere Chance war vertan.
Hätte die POUM die Macht übernommen, hätte man der Regierung in Madrid eine Einheitsfront gegen Franco anbieten können. Die Regierung hatte keine Truppen, auf die sie sich verlassen konnte. Sehr schnell hätten sich die Massen in Madrid, Valencia und an der Front unter dem Banner des Sozialismus in Barcelona vereinigt. Die Macht der Regierung in Madrid wäre in sich zusammengefallen. Die POUM verpasste es zu handeln. Sie trat gemeinsam mit den AnarchistInnen in die bürgerliche Regierung Kataloniens ein und hoffte auf ein Wunder. In Worten traten sie gegen die Klassenkollaboration ein, in der Praxis kollaborierten sie mit dem Schatten der Bourgeoisie. Innerhalb von sechs Wochen erhielten sie den Lohn für ihre Feigheit und ihre fehlenden Perspektiven. In einer Revolution lernen die Massen in der Regel sehr schnell, aber diese "Führer" lernten überhaupt nichts. Die StalinistInnen nutzten die Gelegenheit, dass die Massen in die Passivität und Verzweiflung gedrängt worden waren. Unter dem Vorwand, dass die POUM in eine Verschwörung mit Franco verwickelt sei, wurde sie verboten. Nin und andere FührerInnen wurden von GPU-Agenten in Spanien ermordet. Die Partei wurde zerstört.
Caballero stimmte der Unterdrückung der POUM nicht zu. Folglich wurde er entfernt. Die KP heckte mit Prieto, anderen rechten SozialistInnen und den bürgerlichen RepublikanerInnen einen Umsturz im Kabinett aus. Caballero wurde durch Negrín ersetzt, der in den Händen der StalinistInnen biegsamer war. La Passionaria lobte dies als die "Regierung des Sieges"! Es gab auch so manchen militärischen Sieg, allerdings zu wenige. Indem man den Kampf rein auf eine militärische Frage reduzierte, war die Niederlage bereits besiegelt. Auf die bürgerlichen Offiziere, die eine militärische Ausbildung besaßen, war kein Verlass.
Nach der Auflösung der Milizen wurden Malaga und das Baskenland von einem Teil des Stabes verraten und den Faschisten überlassen. Ein Krieg kann allerdings niemals durch bloß militärische Mittel gewonnen werden. Die allgemeine Ausrede der ReformistInnen und StalinistInnen, sofern sie sich überhaupt mit diesem Thema beschäftigen, lautet, dass die Niederlage Folge der ausländischen Intervention und des Einsatzes der marokkanischen Einheiten auf Seiten Francos gewesen sei!
Hitler und Mussolini hatten 100.000 italienische und 20-60.000 deutsche Soldaten entsandt. Zehntausende marokkanische Soldaten kämpften in den Reihen von Francos Armee. Aber auch gegen die russische Revolution hatten ausländische Truppen, insgesamt 21 Armeen, interveniert. Gegen Russland wurde eine Blockade verhängt. In den ersten Tagen des Bürgerkrieges befand sich nur eine einzige Provinz in den Händen der Bolschewiki. Der Rest des Landes stand unter der Kontrolle der Weißen Armee und den Interventionsarmeen.
Die Bolschewiki siegten nicht dank militärischer Überlegenheit sondern weil sie den Bürgerkrieg als sozialen Kampf führten. Alles Land den Bauern, Freiheit für die unterdrückten Nationalitäten, die Fabriken den ArbeiterInnen und proletarischer Internationalismus waren die Methoden der Bolschewiki. Folglich meuterte jede Armee, die gegen die Bolschewiki, die russischen ArbeiterInnen und Bauern eingesetzt werden sollte und musste zurückgezogen werden. Im Hinterland der imperialistischen Armeen sabotierten ArbeiterInnen und Bauern den Kampf. Sie versorgten die Rote Armee mit unschätzbaren Informationen über deren Feinde und organisierten einen Guerillakrieg. Angesichts der fehlenden Unterstützung in der Bevölkerung sank auch die Moral der Truppen der Weißen Armee. Zehntausende liefen zur Roten Armee über. Die russischen ArbeiterInnen gingen siegreich aus dem Bürgerkrieg hervor.
In China führten Mao Tse-Tung und die KP einen halbrevolutionären Krieg, womit der Grundstein für ihren Sieg gelegt wurde. Zu Beginn des Bürgerkriegs war die Armee von Tschiang Kai-Shek numerisch und technisch stark überlegen. Vom US-Imperialismus wurde sie mit den modernsten Panzern, Flugzeugen und Waffen ausgerüstet. Der größte Teil Chinas stand unter ihrer Kontrolle. Aber durch die Verteilung des Landes an die Soldaten von Tschiangs Armee liefen Hunderttausende Soldaten und teilweise ganze Divisionen zur Roten Armee über. Die Methoden eines sozialen, halbrevolutionären Krieges stärkten die Moral der Truppen, vom Bauernoffizier bis zum kleinsten Soldaten. Dies resultierte auch in einem militärischen Sieg.
Im spanischen Bürgerkrieg fehlte dieses Element weitgehend. Die großartige Initiative der ArbeiterInnen legte die Basis für schillernde Siege der unbewaffneten ArbeiterInnenklasse in zwei Dritteln Spaniens. Die Flotte sowie Teile der Luftwaffe und der Artillerie liefen zu den ArbeiterInnen über. Aber die Revolution wurde nicht zu Ende gebracht. Zentimeter für Zentimeter wurden die ArbeiterInnen in der Folge zurückgedrängt. Die demokratische Konterrevolution im Hinterland schwächte den Kampf an der Front. In Katalonien und Aragon rissen sich die Grundbesitzer das Land wieder unter den Nagel. Die Fabrikanten holen sich der Reihe nach die Fabriken zurück. Der bürgerliche Staat und das bürgerliche Heer werden wiederhergestellt. Die Macht liegt in den Händen des "demokratischen Kapitalismus".
Was sind die Folgen? Die Marokkaner bildeten das Rückgrat von Francos Truppen. Warum kämpften sie für ihre eigene Versklavung und jene ihrer spanischen Brüder und Schwestern, der ArbeiterInnen und Bauern? Abd El Krim, der den Kampf für die marokkanische Unabhängigkeit von Spanien und Frankreich anführte, lebte im Exil. Er bot der republikanischen Regierung an, nach Spanien zu kommen und die Marokkaner dazu zu motivieren, auf der Seite der Republik zu kämpfen. Alles was er im Gegenzug verlangte war ein Autonomierecht für Marokko. Diese Maßnahme wäre jedoch von den "Demokratien" Großbritannien und Frankreich mit ihren Imperien in Afrika als Affront gewertet worden. Und hat die Volksfront außerdem nicht versprochen, sämtliches spanisches Land zu behalten? Weil man den Krieg nicht mit revolutionären Mitteln führte, lehnte die Republik das Angebot ab. Während des gesamten Bürgerkriegs stellten die Marokkaner die leidenschaftlichsten und besten Truppen Francos. Als Gipfel der Ironie sei nicht unerwähnt, dass Franco aus Angst vor den Konsequenzen eines Kolonialkrieges für sein Regime Marokko nicht nur einen Autonomiestatus sondern gleich die Unabhängigkeit gewährte. Selbst in ihrem Todeskampf war die Volksfrontregierung dazu nicht bereit gewesen!
Es stimmt, dass Mussolini und Hitler Franco massiv unterstützt hatten. Aber diese Soldaten waren italienische und deutsche Bauern und Arbeiter. Man hätte sie mit einem internationalistischen Appell nach dem Vorbild der Bolschewiki in Russland erreichen können. Trotz allem waren die ausländischen Truppen und die marokkanischen Einheiten nur Hilfstruppen. Francos Armee stützte sich auf spanische Soldaten, vor allem auf Bauern, die sich in seine Armee einschreiben ließen. Sie hätten nur dadurch gewonnen werden können, wenn man sie von den fundamentalen sozialen Unterschieden zwischen den beiden Armeen überzeugt hätte. Alles Land den Bauern, den ArbeiterInnen die Fabriken, Freiheit für die unterdrückten Nationalitäten in Spanien und Afrika - das wäre das einzige Programm für einen Sieg gewesen. Das Programm, mit dem man die Macht an die Grundherren und Fabrikbesitzer zurückgab, konnte keine Auswirkung auf die Soldaten in Francos Armee haben. So konnte Franco seine militärische Überlegenheit voll ausspielen. Die Volksfrontregierung in Frankreich und das "demokratische" Großbritannien schickten dem "republikanischen" Spanien keine Waffen. Mit dem scheinheiligen Argument, sich nicht einmischen zu wollen. Auch das stalinistische Russland spielte bei dieser Farce mit. Waffen wurden erst wieder geschickt, nachdem wertvolle Monate verloren gegangen waren; und das geschah auch nur unter der Bedingung, dass die soziale Revolution gestoppt wird.
Das Verhalten der ArbeiterInnenparteien in der Revolution und im Bürgerkrieg führte direkt in die Niederlage. Aber nehmen wir kurz einmal an, dass durch irgendein Wunder wenn schon nicht der soziale so doch der militärische Sieg errungen werden hätte können. Die Was dann? Die Macht wäre wieder in den Händen des Kapitals und des Großgrundbesitzes gelegen. Die Überbleibsel der alten Offizierskaste und der Mittelklasse hätten in der wiederaufgebauten bürgerlichen Armee wieder das Sagen gehabt. Das Land war während des Bürgerkriegs in Schutt und Asche gelegt worden. Die ArbeiterInnen wären nach der Unterdrückung ihrer Bewegung demoralisiert gewesen. Die Generäle hätten das volle Kommando über die erneuerte Armee und könnten alles entscheiden. Gegen Ende des Kampfes war es offensichtlich, dass der Sieg in weite Ferne gerückt war. Das unkontrollierbare Armeekommando dieser neu aufpolierten Armee hatte die Macht an sich gerissen, um einen Kompromiss mit Franco (!), General Casado und Generals Miaja auszuhandeln. Das KP-Mitglied Miaja errichtete eine Militärdiktatur! Als Belohnung dafür, in der Revolution die kämpfende Vorhut der demokratischen Konterrevolution gewesen zu sein, wird die "Kommunistische" Partei verboten und in den Untergrund gezwungen. Auf beiden Seiten der Frontlinie standen plötzlich Diktaturen! Sogar wenn das "demokratische" Spanien den Bürgerkrieg gewonnen hätte, hätte es einen militärischen Polizeistaat gegeben.
Nach drei Jahrzehnten der Diktatur bewegt sich Spanien nun erneut auf eine Revolution zu. Die KP-Führer haben nichts gelernt und spielen dieselbe verheerende Rolle wie damals.
Die Aufgabe der spanischen JungsozialistInnen besteht darin, die Lehren des Bürgerkriegs in der ArbeiterInnenklasse und natürlich an der Basis der KP zu diskutieren. Die Perspektiven sind international und auch in Spanien sehr günstig. Der Anarchismus ist sehr schwach. Die SP und die KP stellen die einzig wahren Kräfte innerhalb der ArbeiterInnenklasse dar. Die Basis der KP würde auf eine mutige marxistische Führung der SP und der SJ sehr positiv reagieren. Ein Sieg der sozialistischen Revolution in Spanien würde die gesamte internationale Lage verändern. Der einzige Weg zum Erfolg der spanischen ArbeiterInnen führt über die Lehren der Revolution von 1931-37. Ohne ein Verständnis dieser Periode wären sie dazu verdammt, ähnliche Fehler zu begehen und dasselbe Schicksal wie ihre Eltern und Großeltern erleiden zu müssen.
Teil I
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