Kategorie: Amerika

Wahl in Venezuela: Eine ernste Warnung an die Revolution

Das Ergebnis der Wahl für die Nationalversammlung in Venezuela wurde von den bürgerlichen internationalen Medien begrüßt. Der rechte Flügel hätte die Wahl gewonnen und die PSUV geschlagen. Doch der ohrenbetäubende Lärm der internationalen Medien ist verfrüht.
Die wilde internationale Kampagne besagt, Chávez hätte die Wahl verloren. Dies spiegelt die Wünsche des Bürgertums in Venezuela und weltweit wider, die die Revolution in Venezuela gerne ein für allemal beenden würden. Mit dem wirklichen Stand der Dinge hat dies jedoch nichts zu tun.



Zwischen dem Wunsch und seiner Erfüllung liegt oft eine Kluft, wie jedermann weiß. Weder haben sich die Bestrebungen der konterrevolutionären Opposition erfüllt noch sind sie durch ein Wahlergebnis ihrem Ziel näher gekommen. Dank der Durchführung der Revolution und der Führer der Revolution ist ihnen dies nicht gelungen.

Wahlen werfen nur ein Blitzlicht auf die öffentliche Meinung zu einem bestimmten Zeitpunkt. Die Wahlergebnisse erzählen uns eine Menge über den psychologischen Zustand der verschiedenen Klassen in Venezuela und sie bringen zweifellos gesellschaftliche Tendenzen ans Tageslicht. Die Wahlen bedeuten eine Warnung, die von all jenen ernst genommen werden muss, die ein wirkliches Interesse an der Revolution haben. Aber die Wahlen entscheiden an und für sich nichts.

Der rechte Flügel jubelt

Der rechte Flügel begann sofort wie ein betrunkener Hahn zu krähen. Maria Corina Machado, die als Abgeordnete für das Bundesland Miranda gewählt wurde, erklärte: „Es ist hier sehr klar, Venezuela sagt nein zum Kuba-Sozialismus, Venezuela sagt ja zum Weg des demokratischen Aufbaus und nun haben wir die Legitimation der Staatsbürger, wir sind die Vertreter des Volkes.“

Am Tag nach der Wahl erklärte die MUD ihren Sieg, hauptsächlich basierend auf ihrer Behauptung, sie hätten die Mehrheit der absoluten Stimmen gewonnen. Aber das war ein Bluff. Die wahre Situation ist viel komplizierter, trotzdem gibt es keinen Zweifel - die Revolution ist jetzt in ernster Gefahr.

Anmerkung der Redaktion. Das offizielle Endergebnis der Sitzverteilung in der Nationalversammlung lautet: 96 Sitze für die PSUV 64 für die MUD und 2 Sitze für die PPT.

Sozialistische Kandidaten gewannen in Aragua, Barinas, Bolivar, Carabobo, Cojedes, Delta Amacuro, Distrito Capital, Falcon, Guarico, Merida, Monagas, Lara, Portuguesa, Trujillo, Vargas Yaracuy und es gab ein Patt in Miranda und Sucre. Aber der rechte Flügel gewann wichtige Bundesstaaten wie Zulia und Tachira.

Chaderon bemerkte, dass die Opposition gegenüber der Wahl von 2000 an Boden verloren hätte. Er sagt, die Opposition hat eine „Medienfarce“ veranstaltet, indem sie die Sonntagsergebnisse (16.09.2010) nur mit den Ergebnissen von 2005 verglich. Das waren die Wahlen, die die Opposition boykottiert hatte. So kommt man eben zu dem Ergebnis, die Opposition hätte ihre Präsenz in der Wahl zur Nationalversammlung drastisch erhöht.

Das ist richtig, aber es ist auch richtig, dass die totale Anzahl der Stimmen nicht ein eindeutiges Ergebnis liefert. Die Menschen können nämlich für einen bestimmten Kandidaten stimmen, genauso wie sie für einen Listenvorschlag einer Partei stimmen können. Einige Parlamentsmitglieder sind durch das erste System gewählt worden und andere durch das letztere. Dennoch ist klar, dass die Opposition Stimmengewinne verzeichnen konnte, während die PSUV einen umso schärferen Stimmenverlust hinnehmen musste.

Die Stärke des Feindes unterschätzen und die eigenen Kräfte überschätzen ist ein sehr gefährlicher Fehler in der Politik wie auch im Krieg. Die Revolution braucht keine verträumten Illusionen, sondern die Wahrheit. Anm.: Das Endergebnis der absoluten Stimmen lautet: PSUV und Verbündete 5.451.422 (48,20%); rechte Opposition 5.334.309 (47,17%).

Falscher Optimismus

Offiziell gewann die PSUV die Mehrheit der Sitze in 16 von 23 Bundesstaaten. Siege in den ländlichen Bundesstaaten Apure, Barinas, Guarico, Cojedes, Lara, Portugesa, Vargas und Yaracuy; große Siege in den industriellen Bundesstaaten Bolivar und Carobobo. Die PSUV gewann sieben Sitze im Bezirk Caracas-Stadt, die MUD dagegen nur drei.

Im Staat Miranda, in dem die Hauptstadt Caracas liegt, gewannen PSUV und MUD je drei Sitze, die MUD schlug dort die PSUV nur mit 741 Stimmen bei einem Gesamtergebnis von 968.947 Stimmen. PSUV und MUD bekamen je 3 Sitze im Bundesstaat Sucre. Im dünnbesiedelten Staat Amazonas gewann die PSUV einen Sitz, während die PPT 2 bekam und die MUD keinen. Dennoch gewann die Opposition die Grenzstaaten Tachira und Zulia, wie auch die Staaten Anzoátegui und Nueva Esparta.

Die Führer der PSUV versuchen das Wahlergebnis als Sieg zu präsentieren. Wie Vizepräsident Elías Jaua sagte: „Die Revolution kann auf einer komfortablen Mehrheit im Parlament bauen. Nur wenige Regierungen auf unserem Kontinent können auf solch einer komfortablen Mehrheit nur für eine Partei bauen.(...). Die Opposition hat keine Möglichkeit, mit ihrer geringen Anzahl von Abgeordneten, bereits verabschiedete Gesetze rückgängig zu machen oder durch einen Mechanismus wie ein Amtsenthebungsverfahren gegen den Präsidenten, die öffentliche Macht außer Kraft zu setzen.“

Der Chef der Wahlkampagne der PSUV, Arístububolo Istúriz, brachte seine Enttäuschung über das verfehlte Ziel, die 110 Sitze im Parlament zu gewinnen zum Ausdruck. Trotzdem solle dies nicht dazu führen, dass vom „wirklich entscheidenden Sieg“ abgelenkt wird, den die PSUV errungen hat. Dieser Sieg „bestätigt uns als wichtigste politische Kraft in unserem Land.“

„Wir erreichten unser Ziel in unserem Sinne, Präsident Hugo Chávez und die Politik des revolutionären Regierens zu verteidigen. Und wir haben genug Kräfte gewonnen, um den strukturellen Wandel in dieser Ära voranzutreiben, den Aufbau des Sozialismus“, sagte Istúriz.

Aber die Fakten unterstützen diese optimistische Interpretation nicht. Wenn wir die Ergebnisse mit denen der Regionalwahlen von 2009 vergleichen, wird der Unterschied sehr schnell deutlich. Damals bekam die PSUV 6.310.432 Stimmen und die rechten Parteien 5.190.839. Die Alarmlampe blinkt rot und es wäre absolut verantwortungslos, wenn man dies abstreiten würde.

Während der 2000-2005 Legislaturperiode haben die Pro-Chávez-Parteien zwischen 82 und 92 Sitze zu jeder Zeit gehabt, während die Opposition zwischen 73 und 82 hatte, bei einer Gesamtzahl von 165 Sitzen. Aber dies war zu einer Zeit als die Massen erregt waren. Die Abwehr des konterrevolutionären Putsches von 2002 und der daran anschließende Sieg über die Erdölsabotage sowie die Niederlage des Abwahlreferendums wurden von den revolutionären Menschen erreicht – dies muss gesagt werden: Dies wurde von den Arbeitern und Bauern durchgesetzt.

Seit dieser Zeit hat sich der revolutionäre Enthusiasmus aber zurück entwickelt. Es gibt eine Unzufriedenheit und eine Desillusionierung bei den Massen. Die Ergebnisse sprechen für sich: Während die Stimmen für die Rechten um 2,28% stiegen, vielen die Stimmen für Linken steil nach unten um 14,44%. Dies bedeutet: Die Opposition hat die Wahl nicht gewonnen - die Chávistas haben sie verloren.

Die wichtige Bedeutung der Führung

Was ist das Wichtigste in der gegenwärtigen Situation? Das wichtigste ist sich klar zu machen, dass der Abstand zwischen den Kräften der Revolution und der Konterrevolution kleiner geworden ist, nicht zuletzt ausgedrückt durch das Wahlergebnis. Es gibt eine deutlich zunehmende Polarisierung zwischen den Klassen in Venezuela.

Der erste, und vielleicht der wichtigste Effekt der Wahl ist der psychologische. Napoleon bemerkte einst, dass die Moral im Krieg ein entscheidender Faktor ist. Die Konterrevolutionäre werden ermutigt sein, mit ihrer Offensive fortzufahren. Im Gegensatz dazu werden viele Aktivisten der Bolivarischen Bewegung entmutigt und unzufrieden sein. Dies ist eine wesentliche Tatsache!

Eine Armee, die eine Niederlage erlitten hat, muss Vertrauen in seine Führer haben. Die Soldaten müssen das Gefühl haben, dass die Generäle wissen, was sie tun und dass sie fähig sind, sich von der Niederlage zu erholen, um weiter zu gehen.

Während eines Krieges ist in Zeiten des Rückzugs die Bedeutung von guten Generälen hundertmal wichtiger als in Zeiten des Vormarsches. Mit guten Generälen kann eine Armee einen geordneten Rückzug organisieren und die Armee in guter Ordnung zusammenhalten, mit einem Minimum an Verlusten. Schlechte Generäle hingegen verwandeln einen Rückzug in ein Desaster.

Die Rolle der reformistischen Bürokratie ist in dieser Situation durch und durch negativ. Sie wird die falschen Schlüsse ziehen. Sie wird sagen: „Schaut, die Wahl zeigt uns, dass wir nicht die Unterstützung der Menschen haben. Wir müssen Zugeständnisse an die Opposition machen und mit ihr Vereinbarungen treffen, Dinge rückgängig machen.“ Dies ist der schlechteste Ratschlag, den man machen kann. Für jeden Schritt, den die Revolution zurückweicht, wird die Opposition zehn Schritte mehr fordern.

Die Reformisten werden argumentieren, die Wahlen bedeuten, dass wir die Politik der Klassenversöhnung übernehmen müssen. Aber dies ist genau die Politik, die die Revolution untergraben und die proletarische Basis befremdet hat. Dies zeigte sich besonders gravierend bei den Ergebnissen des Staates Anzoátegui, wo der deutliche Sieg der Konterrevolutionären durch die Unzufriedenheit erzeugt wurde, die durch das skandalöse Verhalten des Gouverneurs Tarek William Saab und der rechtslastigen Chávista-Bürokratie resultierte. Diese hatten die Bosse von Mitsubishi, Vivex und Macusa unterstützt, gegen die Betriebsbesetzungen vorzugehen. Dieses Verhalten befremdete jene Arbeiter, die vorher für die Chávistas gestimmt hatten.

Der einzige Weg nach vorne für die PSUV ist, sich auf ihre wirkliche Basis zu stützen: Auf die revolutionären Arbeiter und Bauern. Diese schauen auf die PSUV, ob sie ihre Versprechen einhält. Die PSUV muss entschieden mit der Bourgeoisie und ihren Agenten brechen. Die reformistische Bürokratie ist die fünfte Kolonne des Bürgertums innerhalb der Revolution.

Die Bedrohung durch die Konterrevolution

Trotz des Wahlrückschlags kann die Revolution noch immer auf viel Unterstützung zurückgreifen. In den letzten Jahren haben Umfragen konstant gezeigt, dass die PSUV immer noch die Unterstützung von 35 Prozent der Bevölkerung genießt, während die Unterstützung für die Oppositionsparteien viel schwächer ist. Dennoch ist ein großer Teil der Bevölkerung unentschlossen. Dies zeigt sich durch eine größer werdende Ernüchterung, während des Fortgangs der Revolution. Um ihre Zukunft zu sichern muss die Revolution einen Weg finden, die Schichten zu motivieren und zu begeistern. Dies kann nur durch entschlossenes Handeln geschehen..

Die Zustimmungsrate für Prädident Chávez ist immer noch groß. Sie liegt ungefähr zwischen 55% und 60%. Dies zeigt, dass die Revolution immer noch große Reserven an Unterstützung in der Bevölkerung besitzt. Das Problem ist, dass Chávez von allen Seiten von Bürokraten und Karrieristen umgeben ist. Diese sehen die Revolution nicht als Möglichkeit, die Gesellschaft zu verändern, sondern als Mittel für ihren persönlichen Vorteil und Bereicherung.

Die PSUV hat die Mehrheit in der Nationalversammlung und wird in der Lage sein, Gesetzte auf den Weg zu bringen und die meisten anderen Aufgaben der Gesetzgebung zu erfüllen. Dennoch hat die PSUV die Zweidrittel-Mehrheit verloren. Dies bedeutet, dass die Opposition die Kraft haben wird, gute Gesetze zu blockieren. Sie hat die Möglichkeit, Gesetzte einzubringen, die den Präsidenten in seiner Macht einschränken. Außerdem könnte sie der PSUV einige Verabredungen aufzwingen. Der rechte Flügel, der sich in der Parlamentsfraktion der PSUV in der Minderheit befindet, hat eine größere Möglichkeit bekommen, den revolutionären Prozess in Venezuela zu stören und den Maßnahmen der Chávez-Regierung Hindernisse in den Weg zu stellen.

Die Opposition wird versuchen ihre Position auszunutzen, indem sie versucht die Regierung zu lähmen. Sie wird versuchen, die fortschrittlichen Gesetzte zu sabotieren. Aber ihr wirkliches Ziel ist es, die Revolution umzustürzen und die Macht an sich zu reißen. Um dies zu tun, wird sie die Nationalversammlung dazu benutzen, die Masse der wütenden Kleinbürger auf der Straße zu mobilisieren, um eine Stimmung von Chaos und Unordnung zu erzeugen. Es ist notwendig, dieser Bedrohung ins Auge zu sehen.

Die Nachrichtenagentur Aporrea lag richtig als sie am 27.9.2010 schrieb: „Die PSUV gewann die einfache Mehrheit in der Nationalversammlung, aber die Bourgeoisie hat an Boden gewonnen und die Bedrohung wächst.“ Der Artikel sagt korrekterweise, was das Wahlergebnis zeigt: „Die Masse der Menschen bevorzugt den anti-kapitalistischen und sozialistischen Weg. Aber was ins Auge sticht, ist ein Element der Verletzlichkeit, seitdem die PSUV und ihre Verbündeten nicht mehr die Zweidrittel-Mehrheit erreichten konnte, um wirklich eine qualifizierte Mehrheit zu haben.“ Und Aporrea schließt: „Mehr denn je brauchen wir ein Durchstarten und mehr Revolution!“

Die Wahlergebnisse zeigen den Fortschritt der konterrevolutionären Kräfte, aber diese sind noch sehr weit davon entfernt, ihr wirkliches Ziel zu erreichen. Um Erfolg zu haben, müssen sie dem Präsidenten und der Revolution entgegentreten. Der große Zusammenstoß wird dann kommen, wenn die Amtsdauer des Präsidenten 2012 zu Ende geht. Es ist möglich, dass die Kraftprobe auch früher kommen kann, wenn die Opposition ein Amtsenthebungsverfahren des Präsidenten anstrengen wird. Die einzige Möglichkeit, um dies zu verhindern, ist, den revolutionären Prozess zu beschleunigen. Die Enteignung der Großgrundbesitzer muss weitergehen, ebenso wie die Enteignung der Banken und Schlüsselindustrien.

„Aber wir haben keine wirksame Mehrheit in der Nationalversammlung um dies zu tun!“
Dieses Argument der Reformisten ist von vorne bis hinten falsch. Jeder weiß, dass die fundamentalen Probleme der Gesellschaft nicht im Parlament, von Gesetzten oder Regierungszusammensetzungen gelöst werden. Sie werden nur durch den Klassenkampf gelöst.

Wenn man die Wahl betrachtet, mag die kleinbürgerliche Masse eine ernsthafte Kraft darstellen. Aber wenn diese auf der Straße der Stärke der Arbeiter, Kleinbauern und revolutionären Jugend begegnet, dann wird ihre angebliche Kraft austrocknen wie ein Tropfen auf dem heißen Stein. Wenn die Revolution ihren Namen wert ist, wird sie sich dem parlamentarischen Tanz mit der Konterrevolution verweigern. Sie wird stattdessen die Kräfte mobilisieren auf die es wirklich ankommt: Nicht in den Debattier-Zirkeln, sondern auf der Straße, in den Fabriken und in den Kasernen.

In einer Pressekonferenz am 27.09.10 sagte Chávez: Die nächste Phase seiner Regierung wird „die Beschleunigung der Programme der neuen historischen, politischen, sozialen und technologischen Projekte“ beinhalten. Das geht in die richtige Richtung, aber es müssen Taten folgen. Der Präsident schloss: „Wir müssen die Anstrengungen der Revolution fortsetzten!“. Dies, und nicht die feigen Ratschläge der Reformisten, ist der einzige Weg nach vorne.

Vor uns liegen zwei Möglichkeiten: Entweder der großartigste Sieg oder die fürchterlichste Niederlage. Wenn wir den Sieg sichern wollen, müssen wir uns an den berühmten Ausspruch des großen französischen Dichters Danton halten: De l´audace! De l´audace! Et encore de l´audace! - „Kühnheit! Kühnheit und noch mehr Kühnheit!“

28.9.2010

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