Kategorie: Asien

Erdoğan braucht den Bürgerkrieg. Wir wollen die Revolution!

Im letzten Jahr haben die Menschen im Südosten der Türkei miterlebt, wie ihre Stadtviertel und ganze Städte zerstört wurden. Tausende Unschuldige wurden eingesperrt und hunderte wurden in diesem einseitigen Bürgerkrieg ermordet.


Zuerst die harten Fakten: Seit Juli wurden in sieben kurdischen Provinzen wiederholt sich permanent verlängernde Ausgangssperren verhängt. Diese dauerten bisher zusammen 256 Tage. Der einseitige Bürgerkrieg forderte bislang das Leben von mindestens 157 ZivilistInnen und 195 KämpferInnen. (Stand 09.01.2016)

Während der Terror des Staates fast täglich zunimmt, intensivieren die revolutionären und demokratischen Kräfte Kurdistans und der Türkei ihre Bemühungen, den Kampf auszuweiten. Insbesondere die Jugend hat den Willen zum Sieg. Dabei gilt es die neuen Erfahrungen in politische Perspektiven und revolutionäre Maßnahmen zu gießen.

Staatlicher Terror

In den letzten Wochen nimmt der staatliche Terror in den kurdisch bewohnten Gebieten der Südosttürkei ungeahnte Ausmaße an. Panzer fahren durch die Straßen, zusammen mit tausenden Soldaten, Spezialeinheiten und Banden, die wahllos auf ZivilistInnen in belagerten Gegenden schießen. Die Städte Cizre und Silopi, wie auch das aufständische Viertel Sur in Diyarbakir wurden unter Dauerbeschuss genommen. Die Menschen - Männer und Frauen, Alte und Kinder - werden dabei wahllos ermordet.

In der letzten Periode standen diese Städte an der Spitze der demokratischen Bewegungen in den kurdischen Gebieten, indem sie „autonome Zonen“ als Widerstand gegen die undemokratische Regierung errichtet haben – d.h. demokratische Strukturen, die die Menschen vor Ort in Entscheidungsprozesse mit einschließen. Dies scheint vor allem das Werk der revolutionären Jugend zu sein. Die YDG-H, die die Rolle der Jugendorganisation der PKK einnimmt, führt diesen Kampf mit massiver Unterstützung der Gesamtbevölkerung, und organisiert dabei auch große Teile der kämpferischen Jugend.

Neben der Verteidigung der Städte und einzelnen Stadtvierteln nehmen die durch die YDG-H gegründeten YPS (Zivile Verteidigungseinheiten) inzwischen auch staatliche Aufgaben wahr, wie zum Beispiel die Kriminalitätsbekämpfung und Schlichtung von Dingen wie Familienstreitigkeiten.

Die Linke - Erdogans größtes Hindernis

In letzter Zeit sind die kurdische Linke und die demokratische Bewegung in der Türkei zum größten Hindernis für Erdoğans Pläne geworden. Die HDP schaffte es, mit ihrem radikalen Programm am wachsenden Klassenkampf und der Unzufriedenheit unter türkischen Jugendlichen und ArbeiterInnen anzudocken. Damit durchkreuzte sie Erdoğans Plan, die Verfassung zu ändern, um die Macht in seinen Händen zu konzentrieren. Sein Versuch, anti-kurdische Ressentiments zu wecken, ist ein Versuch, die türkische und kurdische Arbeiterklasse zu spalten, um den wachsenden Widerstand gegen sein Regime zu schwächen.

Denn gleichzeitig mit der Offensive in Kurdistan zeigt das türkische Kapital auch andernorts sein reaktionäres Profil. Der neue Mindestlohn von 1.300 türkische Lira (TL, ca. 420€; 110TL werden vom Staat übernommen) kann nicht über die sich verschlechternde Lage der Arbeiterklasse hinwegtäuschen. Die Produktion wächst nicht mehr, TouristInnen bleiben zusehends aus und der Staat investiert kaum noch in neue Infrastrukturprojekte. Ganze Industrien (Bergbau) machen langsam dicht, die Arbeitslosigkeit steigt, der Anteil illegal (und damit zu Dumpinglöhnen) beschäftigter Flüchtlinge steigt dramatisch. Bezeichnend ist die Zahl der tödlichen Arbeitsunfälle, die laut offiziellen Angaben 2015 die Marke 1700 überschritten hat. Sogar Fälle von Kinderarbeit häufen sich in letzter Zeit! Das System Erdoğan ist der politische Ausdruck des verotteten türkischen Kapitalismus, der der Arbeiterklasse nichts und den KurdInnen und anderen Minderheiten noch weniger zu bieten hat!

Erdoğans Absicht ist es, die kurdische Bewegung, die auch die wichtigste Kraft im Kampf gegen seine dschihadistischen Marionetten im Norden Syriens ist, zu zerschlagen. Er hat sich dafür die Städte Cizre und Silopi sowie Sur ausgesucht, weil hier der Prozess der Radikalisierung des Klassenkampfes in Kurdistan am weitesten fortgeschritten ist. Indem er den Widerstand in Blut ertränkt, beabsichtigt er die gesamte Bewegung in der Türkei und der gesamten Region zu schwächen, bevor er sie gesamthaft zerstören will.

Um diese Strategie zu durchkreuzen, ist der Aufruf der DBP, der stärksten Teilkraft der HDP, in der ganzen Südosttürkei einen „ununterbrochenen Massenwiderstand“ zu leisten, extrem wichtig, um die Isolation der zwei Städte zu verhindern. Die HDP und ihre ParlamentarierInnen unterstützen den Widerstand und fordern die politische Selbstverwaltung auf lokaler Ebene. Dabei stellen sie klar, dass sie nicht auf eine Rückbesinnung Erdogans warten, sondern diese Selbstverwaltung in der Praxis durchsetzen wollen. Nun droht der Partei das Verbot und ihren Vertretern und Anhängern eine Verhaftungswelle.

Schädlich dagegen sind Terroranschläge wie der der sogenannten „Freiheitsfalken Kurdistans” auf einen Istanbuler Flughafen. So etwas hilft nur Erdoğan dabei, die türkischen ArbeiterInnen von ihren kurdischen Brüdern und Schwestern abzuspalten und so seine Ziele zu erreichen!

Der Aufruf zum Widerstand muss von einer leidenschaftlichen Kampagne aller revolutionären Kräfte in der gesamten Türkei begleitet werden. Es gilt die Jugend und die Arbeiterklasse der gesamten Türkei im Kampf gegen dieses reaktionäre System zu vereinen.
So nötig Erdoğan den Missbrauch des Islam und die Wiederverwertung des verrotteten Osmanentums hat, dieser Krieg folgt keiner abstrakten politischen Idee. Nicht um das Sultanat und die Scharia geht es ihm, sondern darum, die Unterdrückten zu spalten. Jeder Mord an den kurdischen ZivilistInnen soll den Graben noch vertiefen. Doch nur die Einheit der ArbeiterInnen und aller unterdrückten Schichten und Nationen kann den Widerstand zur Revolution werden lassen!

Wir halten auch fest, dass dieser Angriff genau zu dem Zeitpunkt stattfindet, an dem die EU die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei wiedereröffnet hat. Damit ist über die „demokratische Gesinnung“ von Merkel und den anderen EU-PolitikerInnen alles gesagt. Schweigend stimmen sie Erdoğans Kriegsverbrechen zu, um ihre eigenen Interessen und jene des europäischen Kapitalismus voranzubringen.

Die Internationale Marxistische Tendenz (IMT, www.marxist.com) unterstützt den Massenwiderstand der KurdInnen der Türkei gegen den barbarischen Krieg des Erdoğan-Regimes bedingungslos. Wir rufen unsere UnterstützerInnen dazu auf, diese Frage in ihren Organisationen, Gewerkschaften, Schulen und Arbeitsplätzen zu thematisieren und Resolutionen in Unterstützung des kurdischen Kampfes einzubringen sowie Proteste und Demonstrationen zu organisieren und daran teilzunehmen.

  • Nieder mit Erdoğans Krieg gegen die KurdInnen!
  • Nieder mit der Regierung der Mörder und Diebe!
  • Nieder mit Rassismus und Nationalismus!
  • Ein Angriff auf einen ist ein Angriff auf alle – ArbeiterInnen aller Länder, vereinigt euch!
  • Für ein sozialistisches Kurdistan in einer sozialistischen Föderation der Türkei, Kurdistans und des gesamten Nahen Ostens!

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