Kategorie: Kapital und Arbeit

Kampf der Drucker um die Verteidigung der 35-Stunden-Woche

Im Rahmen der aktuellen bundesweiten Streikwelle in Zeitungsdruckereien und Redaktionen war Hessen am Freitag ein Streikschwerpunkt. Hochburgen der ganztägigen Warnstreiks, die bei Redaktionsschluss andauerten, waren die Zeitungsdruckerei Dierichs in Kassel und die Produktionsstätten der Tageszeitungen Frankfurter Rundschau (FR), Frankfurter Allgemeine (FAZ) und Frankfurter Neue Presse (FNP) unweit des Frankfurter Rhein-Main-Flughafens. Im südlich der Mainmetropole gelegenen in Neu-Isenburg versammelten sich am Mittag Druckereiarbeiter, Verlagsangestellte und Redakteure der Frankfurter Rundschau zu einer Streikversammlung vor dem FR-Druckzentrum.



Sie sind in verschiedenen Tochterfirmen des Verlags beschäftigt und zogen im Warn- bzw. Solidaritätsstreik an einem Strang. So geht es in dieser Tarifrunde nicht nur um einen geforderten Einkommenszuwachs von 5,5 Prozent, sondern um die Abwehr massiver Verschlechterungen. Die Zeitungsverleger wollen nämlich Einkommensniveau und Arbeitsbedingungen der Redakteure massiv absenken, das Urlaubsgeld streichen und die Arbeitszeit verlängern. Zudem läuft bei der FR seit Wochen ein Konflikt um geplante Massenentlassungen in der Redaktion. Im Druckbereich geht es vor allem um die Verteidigung des Manteltarifvertrags (MTV), der die Arbeitsbedingungen umfassend regelt und u.a. die 35-Stunden-Woche enthält. Über einen Solidaritätsbesuch von Beschäftigten einer konzerneigenen Leiharbeitsfirma, die Streikbrucharbeiten verweigerten, freute sich der Betriebsratsvorsitzende Marcel Bathis besonders.

„Wir befinden uns auf historischem Boden“, erinnerte der frühere FR-Betriebsratsvorsitzende Viktor Kalla an den 13 Wochen dauernden, kräftezehrenden Druckerstreik im Frühjahr 1984, der den Einstieg in die Wochenarbeitszeitverkürzung brachte. Mitte der 1990er Jahre wurde die 35-Stunden-Woche in tarifgebundenen westdeutschen Druckereien und Metallbetrieben Wirklichkeit.

Auch wenn viele Akteure von 1984 wie Kalla inzwischen altersbedingt ausgeschieden sind, bescheinigte der Gewerkschafter, der die aktuelle Streikwelle aktiv begleitet, den Belegschaften ein „historisches Bewusstsein“. Sie verstünden, dass sie mit dem MTV viel zu verlieren und zu verteidigen hätten. Dazu zähle die 35-Stunden-Woche ebenso wie Besetzungsregelungen für die aufreibende Arbeit an Rotationsdruckmaschinen. Der alte Werbespruch „Noch nie war er so wertvoll wie heute“ habe für den MTV besondere Aktualität.

Die Streikbewegung vor genau 27 Jahren war von heftigen Auseinandersetzungen begleitet. So gab es etwa in Offenbach und Stuttgart Polizeieinsätze und Gewalt gegen Streikposten, als aufgehetzte (schein-)selbstständige Fahrer in Streikpostenketten rasten. Die FAZ-Chefs demonstrierten mit dem Einsatz eines gecharterten Hubschraubers zum Abtransport von Streikbruchprodukten aus dem Werksgelände ihre Macht.

Darüber hinaus schlug den Streikenden damals aber auch ein heftiger medialer und politischer Gegenwind entgegen, erinnerte ver.di-Sekretär Jörg Jungmann an millionenschwere Kampagnen der Unternehmerverbände und die Behauptung des damaligen Kanzlers Helmut Kohl (CDU), die 35-Stunden-Woche sei „dumm und töricht“. Zudem hätten sich damals mehrere DGB-Gewerkschaften wie die IG Chemie-Papier-Keramik (CPK) faktisch vom Einsatz der damaligen IG Druck und Papier und der IG Metall distanziert. „Der Kampf um die Arbeitszeitverkürzung ist ein Kampf um ein besseres Leben, mehr Zeit für die Familie und Teilhabe an Kultur und Bildung“, ist Jungmann überzeugt.
Die Verhandlungen für die Druckindustrie werden am kommenden Dienstag in Frankfurt am Main fortgesetzt.

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