Kategorie: Asien

Der Angriff auf Rafah: der Funke, der den Nahen Osten in Brand setzen könnte

Netanjahu hebt seinen Krieg auf eine neue Ebene. Er ist auf einem Weg, auf dem er bleiben muss, wenn er im Amt bleiben will. Und doch droht sein Handeln den gesamten Nahen Osten zu destabilisieren. Die Gefahr eines allgemeinen Krieges wird immer realer. Alle Regimes in der Region sind von Revolutionen bedroht, da die Wut der Massen immer weiter ansteigt. Die nächste tragische Handlung, die massive Bombardierung und Bodeninvasion von Rafah, könnte sich als Wendepunkt erweisen.

Wafa, Wikimedia Commons


Netanjahu hat erklärt: „Wir werden es tun“, während die militärischen Operationen vorbereitet werden. Er fügte hinzu: „Diejenigen, die sagen, dass wir unter keinen Umständen in Rafah einmarschieren sollten, sagen im Grunde 'verliert den Krieg, lasst die Hamas dort'.“ Im Hinblick auf seine eigenen Interessen kann er es sich nicht leisten, in Gaza als Verlierer dazustehen.

Der Zeitpunkt dieser geplanten Invasion ist bedeutend. Die Verhandlungen über eine Art Waffenstillstand sind angeblich fortgeschritten, und Delegierte der Hamas sind heute auf dem Weg nach Kairo, um sich mit ägyptischen und katarischen Vermittlern zu treffen. Da Netanjahus politisches Leben auf dem Spiel steht (und angesichts der zahlreichen Korruptionsverfahren gegen ihn auch seine Freiheit), liegt es in seinem Interesse, jede friedliche Lösung abzutun. So viel zu den zionistischen Anschuldigungen, die Hamas sei allein dafür verantwortlich, dass der Krieg unnötig in die Länge gezogen werde, weil sie sich „weigert, sich zu ergeben“!

Rafah ist eine Stadt, in der normalerweise etwa 250’000 Menschen leben. Jetzt sind 1.5 Millionen Palästinenser dort zusammengepfercht und leben unter unerträglichen Bedingungen. Eine grosse Zahl kampiert in Zelten unter der ständigen Bedrohung, einem weiteren brutalen Angriff ausgesetzt zu sein. Viele dieser Menschen waren zunächst aus Gaza-Stadt und dann aus Khan Younis geflohen und stehen nun mit dem Rücken zur Wand an der ägyptischen Grenze.

Die in Rafah zusammengepferchten Massen haben buchstäblich keinen sicheren Ort, an den sie gehen könnten. Netanjahu, der seinen völligen Mangel an Menschlichkeit, seinen Zynismus und seinen abgrundtiefen Hass auf die Palästinenser offenbart, hat vorgeschlagen, dass sie wieder nach Norden gehen können: „Dort gibt es viele Gebiete“. Ja, viele zerbombte Gebiete, viele Trümmer. Die Palästinenser haben zwei Möglichkeiten: Entweder sie fliehen an die Strände oder sie versuchen, sich nach Norden durchzuschlagen.

Die Financial Times berichtete am Dienstag über die Familie von Thaer Mohamed, der bereits zuvor zusammen mit seiner Familie aus Khan Younis vertrieben worden war: „Wir versuchen, dem Tod zu entkommen, aber er ist überall um uns herum“ (unsere Übersetzung). Sarah Nayef brachte das Dilemma zum Ausdruck, in dem sich ihre Familie befindet: „Sie haben uns keinen Platz zur Flucht gelassen. In der Nacht, als sie die Geiseln retteten, regneten Raketen auf uns nieder, und ich dachte, wir würden getötet werden.“ Sie bereiten sich nun darauf vor, in ein Zelt in der Küstengegend umzuziehen.

Beide Ziele bergen die Gefahr, von israelischen Streitkräften beschossen zu werden. Bei Redaktionsschluss hat das israelische Militär IDF Hunderte von Palästinensern aus dem Nasser-Krankenhaus in Khan Younis zwangsevakuiert. Mindestens drei sind von israelischen Scharfschützen erschossen und 10 verletzt worden. Diejenigen, denen es gelingt, nach Norden zu kommen, müssen durch aktive Kriegsgebiete reisen und finden dort nur zerstörte Gebäude, keine Infrastruktur, kein Wasser oder Strom und die tägliche Gefahr, durch nicht explodierte Bomben und Minen getötet zu werden.

Dies ist ein humanitärer Alptraum in neuem Ausmass. UNRWA-Generalkommissar Philippe Lazzarini sagte am Sonntag: „Eine Militäroffensive inmitten dieser völlig ungeschützten, verletzlichen Menschen ist ein Rezept für eine Katastrophe. Ich bin fast wortlos.“

Während der Hauptvorstoss noch nicht einmal begonnen hat, wurden am frühen Montagmorgen in Rafah mindestens 67 Menschen bei israelischen Bombardierungen getötet. Nach den neuesten Zahlen wurden seit dem 7. Oktober mindestens 28’473 Palästinenser getötet und 68’146 verletzt. Es wird nun davon gesprochen, dass weitere Zehntausende getötet werden könnten, falls die IDF in Rafah einmarschieren.

Die IDF brüstet sich nun damit, zwei Geiseln gerettet zu haben, und Netanjahu wird dies nutzen, um die Menschen in Israel davon zu überzeugen, dass seine Strategie funktioniert. Wir können sicher sein, dass er nicht allzu viel Lärm um die Tatsache machen wird, dass weit mehr Geiseln bei der Bombardierung ums Leben gekommen sind.

Während der Rettungsaktion wurde Rafah mit immenser Feuerkraft angegriffen. Es gab entsetzliche Szenen, in denen einfache Zivilisten um ihr Leben rannten und verzweifelt Schutz vor den Bomben suchten. Jetzt leben sie in ständiger Angst, dass sich dies bald in grossem Stil in der ganzen Stadt wiederholen wird.

Imperialistische Nerven liegen blank

Die Aussicht auf noch schrecklichere Szenen auf noch höherem Niveau, die von Millionen von einfachen, arbeitenden Menschen im gesamten Nahen Osten und von Milliarden weltweit beobachtet werden, lässt die Nerven der westlichen Imperialisten flattern.

Dies hat jedoch nichts mit humanitären Bedenken zu tun. Sie haben zugesehen und zugelassen, dass in den letzten vier Monaten fast 30’000 Palästinenser durch das israelische Militär starben, indem sie sich weigerten, auch nur zu einem Waffenstillstand aufzurufen, während sie die israelische Regierung sogar mit Waffen und Nachschub versorgten.

Dieselben Damen und Herren sahen auch zu, als im jüngsten Jemen-Krieg fast 400’000 Menschen starben, davon über 150’000 bei Bombenangriffen und weitere schätzungsweise 227’000 aufgrund von Hungersnot und fehlender medizinischer Versorgung. Diese Verwüstungen wurden dem jemenitischen Volk von Saudi-Arabien zugefügt, das vom westlichen Imperialismus bewaffnet und unterstützt wird, wie es auch in Israel der Fall ist.

Nein, ihre Sorge gilt nicht dem Leben der Palästinenser. Ihre Sorge gilt der weiteren Destabilisierung der Region, einschliesslich der realen Gefahr des Zusammenbruchs einiger der benachbarten Regimes.

Dies mag erklären, warum westliche Fernsehsender wie die BBC auf die Tatsache aufmerksam geworden sind, dass den Menschen in Gaza schreckliches Leid zugefügt wurde. Sie haben jetzt einen Dokumentarfilm über den ersten Monat des Krieges veröffentlicht, in dem Szenen beschrieben werden, wie Krankenwagen von den IDF angegriffen werden, wenn sie unterwegs sind, um Verletzte zu retten.

In der BBC-Nachrichtensendung, die am Dienstag ausgestrahlt wurde, wurde natürlich ein offizieller Kommentar der IDF hinzugefügt, dass sie nicht auf medizinisches Personal zielen! Die BBC muss der israelischen Regierung und den IDF immer erlauben, ihre Ansichten zu äussern und Nachrichtenberichte, die ihrem Image schaden könnten, zu „korrigieren“.

Den Palästinensern und allen, die sich mit ihnen solidarisieren, werden solche Rechte nicht zugestanden. Im Gegenteil, jedes Mal, wenn die Zahl der täglichen Todesfälle bekannt gegeben wird, sehen sich die Medien gezwungen, den Zusatz „nach Angaben des von der Hamas geführten Gesundheitsministeriums“ hinzuzufügen, als ob sie damit andeuten wollten, dass die Zahlen übertrieben sein könnten. Dies geschieht zweifellos, um die israelischen Botschaften vor Ort zu besänftigen, die immer bereit sind, sich auf jede Äusserung zu stürzen, die ihrer Meinung nach als „antisemitisch“ ausgelegt werden kann.

Nichtsdestotrotz ist die Tatsache, dass die Medien mehr über das Leiden der Zivilbevölkerung berichten und zumindest einen Teil des brutalen Verhaltens der IDF während des Krieges aufdecken, ein Hinweis darauf, dass sie versuchen, Druck auf die Netanjahu-Regierung auszuüben, damit diese einen vorübergehenden Waffenstillstand akzeptiert. Das Problem ist, dass Netanjahu seine eigenen Absichten hat.

Die zionistischen Medien in Israel unterdrücken jegliche Berichterstattung über die tatsächlichen Auswirkungen der israelischen Bombardierung des Gazastreifens. Sie konzentrieren die Aufmerksamkeit der einfachen Israelis darauf, die gesamte palästinensische Bevölkerung als eine Bedrohung für ihre Sicherheit zu sehen. Ein Teil ihres Ziels besteht darin, die Palästinenser zu entmenschlichen – der erste Schritt, um den Boden dafür zu bereiten, sie wie Tiere abzuschlachten.

Die tragische Ironie ist, dass diese Art der Entmenschlichung und des Abschlachtens genau das ist, was Millionen von Juden unter den Nazis erleiden mussten. Hitler bezeichnete die jüdische Präsenz in Deutschland als „Rassentuberkulose des Volkes“, d. h. als eine Krankheit, die ausgerottet werden müsse. Die Nazi-Propaganda stellte die Juden als „untermenschliche“ Kreaturen dar.

Die Stimmung in Israel

Die Financial Times veröffentlichte kürzlich einen Artikel mit dem Titel „War on Hamas unites Israelis in quest for 'total victory'„ (12. Februar 2024). Darin wird, dass „das unermessliche Leid in Gaza in den israelischen Medien kaum thematisiert wurde und die nationale Debatte stattdessen vom Trauma eines Tages verzehrt wird – ein Tag, den israelische Beamte als den tödlichsten für Juden seit dem Holocaust bezeichnen.“ (Unsere Übersetzung.)

Unter den einfachen jüdischen Menschen herrscht eine echte Angst, dass ein weiterer Holocaust möglich sein könnte. Schliesslich ist das, was unvorstellbar schien, unter dem Naziregime tatsächlich passiert. Netanjahu hat ein Interesse daran, diese Stimmung aufrechtzuerhalten. In der Tat werden Araber von den Zionisten als moderne Nazis dargestellt, die die Juden vernichten wollen. Es ist diese Angstmacherei, die es Netanjahu ermöglicht, politisch zu überleben, auch wenn alle Umfragen zeigen, dass er jede Wahl massiv verlieren würde, sollte sie bald anstehen.

Die Stimmung innerhalb Israels ist also ganz anders als in den anderen Ländern. In den umliegenden arabischen Ländern wird das tägliche Blutvergiessen jeden Tag im Fernsehen übertragen. Al Jazeera hat vor Ort über all das Leid der Menschen in Gaza berichtet. Die weit verbreitete Wut und der Abscheu und natürliche Instinkt der Solidarität mit den Palästinensern ist die logische Folge davon.

Dies sind zwei sehr unterschiedliche Welten. In der Zwischenüberschrift des Artikels der Financial Times heisst es: „Umfragen deuten darauf hin, dass die Mehrheit der Bevölkerung [in Israel] den Kampf gegen die [Hamas-]Kämpfer und die Rückgabe der Geiseln unterstützt.“ Im selben Artikel wird Tamar Hermann, eine leitende Wissenschaftlerin am Israel Democracy Institute, zitiert: „Sicherlich ... ist der Löwenanteil der israelisch-jüdischen Öffentlichkeit nicht für einen Abzug aus Gaza. Der Krieg wird in Israel als ein Krieg wahrgenommen, bei dem man keine Wahl hat.“ Und weit davon entfernt, eine Deeskalation anzustreben, weist der Artikel auf folgendes hin: „anstatt den Krieg in Gaza zu beenden, glauben viele Israelis, dass der Staat an einer anderen Front eskalieren sollte: an der Nordgrenze zum Libanon“.

Die Logik dahinter ist, dass sie befürchten, dass die Hisbollah eines Tages einen viel grösseren Angriff starten könnte als den der Hamas. Die Stimmung ist daher so, dass man „die Sache zu Ende bringen“ will. Israel und die Hisbollah haben sich bereits seit dem 7. Oktober einen Schusswechsel geliefert. Während die meisten Raketen der Hisbollah vom israelischen Abwehrsystem Iron Dome abgefangen werden, wurden heute bei einem Angriff auf Safed im Norden Israels mehrere Soldaten getötet und verwundet. Die Israelis schlugen sofort mit Luftangriffen im Südlibanon zurück. Die Gefahr eines ausgewachsenen Konflikts ist angesichts der Eskalation dieser Zusammenstösse vorhanden.

Während sich die westlichen bürgerlichen Medien über die Verwendung des Begriffs „Völkermord“ empören, verkünden viele Rechte in Israel, dass dies genau ihr Ziel ist. Ein kurzer Blick auf die Kommentare in den sozialen Medien oder die Reaktionen auf Zeitungsartikel offenbart eine sehr dunkle Seite der israelischen Gesellschaft.

Wir müssen verstehen, dass sich die israelische Gesellschaft in den letzten Jahrzehnten immer weiter nach rechts bewegt hat. Was als „links“ wahrgenommen wurde, geriet in den Augen der einfachen jüdischen Menschen in Israel in Missgunst. Dies steht im Einklang mit der allgemeinen Diskreditierung der so genannten „Linken“ weltweit, wo die Arbeiterparteien, die sozialistischen Parteien und die Sozialdemokratie im Allgemeinen an der Zerstörung der sozialen Reformen beteiligt waren, die sie selbst in der Vergangenheit auf dem Höhepunkt des Nachkriegsbooms ins Leben gerufen hatten. Das hat dazu geführt, dass sie heute in den Augen vieler Proletarier nicht mehr von den konservativen Parteien zu unterscheiden sind.

Die Zeiten, in denen Mapai (die sich später auflöste und Teil der Israelischen Arbeiterpartei wurde) Sozialreformen durchführte, zu denen auch der fast kostenlose Zugang zu Wohnbeihilfen sowie zu Gesundheits- und Sozialdiensten für jüdische Israelis gehörte, sind längst vorbei. In den ersten Jahrzehnten seines Bestehens befand sich ein Grossteil der israelischen Wirtschaft entweder in Staatsbesitz oder wurde mit staatlicher Hilfe betrieben. Die Tatsache, dass die „Gewerkschaft“ Histadrut lange Zeit der grösste Arbeitgeber nach dem Staat war, spiegelt dies wider.

Alle staatlichen Ressourcen wurden später privatisiert. Sowohl unter der Labour- als auch unter der Likud-Regierung wurde der alte israelische Wohlfahrtsstaat schrittweise abgebaut, und es kam zu einem massiven Transfer von Mitteln aus dem öffentlichen Sektor an einige der reichsten Investoren des Landes. Nach den Wahlen von 1984 trat die Arbeiterpartei sogar in eine Regierung der nationalen Einheit mit Likud ein, was ihre Popularität bei ihrer traditionellen Wählerschaft weiter schwinden liess.

So entstand ein Szenario, in dem sich ein bedeutender Teil der Bevölkerung, insbesondere die ärmsten Schichten, von den traditionellen Politikern im Stich gelassen fühlte. Auf diesem Terrain kam es zunächst zu einer Hinwendung zu Likud, und dann gelang es den rechtsextremen Elementen, ihren Einfluss auf einen Teil der Gesellschaft zu festigen.

Es mag zwar Differenzen über soziale Reformen gegeben haben, aber in der Palästina-Frage gab es keine wesentlichen Unterschiede. Führungspersönlichkeiten wie David Ben-Gurion, Golda Meir, Shimon Peres, Itzhak Rabin usw. waren für die Verankerung der Unterdrückung der Palästinenser im Fundament des israelischen Staates genauso verantwortlich wie die zionistische "Rechte", wenn nicht sogar noch mehr.

In diesem Prozess wurde die zionistische „Linke“ durch die Zeit des Niedergangs des globalen Kapitalismus und die Dynamik der Besatzung einfach verdrängt. Netanjahu gewann an Bedeutung, indem er sich als effektiver erwies – in der Kriegstreiberei, in seinem „Auge um Auge, Zahn für Zahn“-Ansatz zur Besatzung und in der Unterstützung der Kolonisierung und der Siedlerbewegung. Der letzte Beweis für die Ohnmacht der zionistischen „Liberalen“ wurde während der monatelangen Anti-Netanjahu-Proteste geliefert, die das Ausmass ihrer Blindheit gegenüber der Unterdrückung der Palästinenser offenbarten.

Der gleiche Prozess, der zum Aufstieg von Trump, Bolsonaro, Boris Johnson und Le Pen geführt hat, hat auch Netanjahu hervorgebracht und gestärkt. Die Besonderheit Israels ist die tiefe Kluft zwischen Juden und Palästinensern, die Verweigerung einer Heimat für das eine Volk gegenüber dem anderen, was dieses Phänomen bis ins Unermessliche verschärft hat.

In der sich verschärfenden inneren Krise Israels mit scharfen politischen Spaltungen innerhalb der zionistischen Führungsschicht sieht sich Netanjahu mehr und mehr den rechtsextremen Parteien gegenüber in der Pflicht.

Pläne zur Wiederbesiedlung des Gazastreifens

Das erklärt auch, warum man in Israel jetzt davon spricht, das 2005 aufgegebene Siedlungsprogramm in Gaza wieder aufzunehmen. Es wird als die einzige Möglichkeit dargestellt, die „Sicherheit“ zu gewährleisten.

Ein Artikel auf der Website New Arab, „In Israel, the resettlement of Gaza is no longer a fringe idea“, erklärt: „In Ermangelung eines offiziellen Nachkriegsplans übernehmen extremistische Ideen, die einst den Rändern der Gesellschaft vorbehalten waren, die politische Führung in Israel.“ (Unsere Übersetzung.)

Der Artikel berichtet über eine kürzlich in Jerusalem organisierte Konferenz, bei der die Umsiedlung des Gazastreifens gefordert wurde. Das war keine Veranstaltung von Randgruppen. Anscheinend waren Tausende anwesend. Nicht weniger als 12 Minister der Likud-Partei sowie 15 Mitglieder der Regierungskoalition waren anwesend. Der israelische Minister für nationale Sicherheit, Itamar Ben Gvir, war anwesend und sagte in seiner Rede: „Wenn wir keinen weiteren 7. Oktober wollen, müssen wir nach Hause zurückkehren und [Gaza] kontrollieren. Wir müssen einen legalen Weg finden, damit [Palästinenser] freiwillig auszuwandern.“ Der fanatische, rechtsextreme Finanzminister Smotrich war ebenfalls anwesend und fügte hinzu: „Ohne Siedlungen [in Gaza] gibt es keine Sicherheit.“

Diese Menschen sind davon überzeugt, dass Gaza ihnen gehört. Auf die gleiche Weise glauben sie, dass das Westjordanland Teil ihres „gelobten Landes“ ist, und sie planen, mit dem Gazastreifen das zu tun, was sie mit dem Westjordanland getan haben: Soldaten und Siedler reinschicken und die Palästinenser allmählich vertreiben. Die Mehrheit der Israelis unterstützt diese Position nicht, aber sie gewinnt an Zustimmung. In dem Artikel heisst es: „Eine kürzlich durchgeführte Umfrage des israelischen Senders Channel 12 ergab, dass 4 von 10 Israelis die Wiederbelebung der Siedlungen in Gaza unterstützen.“

Das ist die Stimmung, die auf dem rechten Flügel vorherrscht. Netanjahu ist auf diese Leute angewiesen, und deshalb muss er sie bei Laune halten. Der Angriff auf Rafah, der gerade vorbereitet wird, ist Teil dieser Politik.

Und das bringt uns heute zurück nach Rafah. Fast drei Viertel der Palästinenser in Gaza sind dort versammelt. Ein Teil von Netanjahus Überlegungen besteht eindeutig darin, einen bedeutenden Teil dieser Bevölkerung aus dem Gazastreifen zu vertreiben. Der einzige Ort, an den sie gehen könnten, wäre Ägypten. Die Netanjahu-Regierung hofft, das Gleiche zu erreichen wie 1967, als über 400’000 Menschen aus dem Westjordanland und von den Golanhöhen vertrieben wurden, was den Boden für das Siedlungsprogramm bereitete.

Dies würde eine allmähliche, langfristige Neuordnung der ethnischen Zusammensetzung des Gazastreifens bedeuten. Einige würden vertrieben werden, während die Zahl der Siedler systematisch zunehmen würde. Dies entspricht genau den langfristigen Zielen, die das zionistische Projekt seit seinen Anfängen verfolgt.

Auf dem Weg zu einer breiteren Eskalation

Dieser Plan ist ein wichtiger Faktor, der die derzeitige Situation immer mehr in Richtung einer grösseren Eskalation treibt. Die Lage ist so angespannt, dass sogar das ägyptische Regime von Al-Sisi damit droht, dass das 1979 zwischen Israel und Ägypten unterzeichnete Friedensabkommen in Gefahr sein könnte, sollte Israel eine humanitäre Katastrophe in Rafah provozieren.

Das Al-Sisi-Regime ist kein Freund des ägyptischen Volkes und auch nicht der Palästinenser. Dennoch spürt selbst dieses reaktionäre Regime den Druck, der sich in den Tiefen der ägyptischen Gesellschaft aufbaut. Eine neue arabische Revolution im Stil von 2011 wird vorbereitet, und die Notlage der Palästinenser könnte sich als der Funke erweisen, der das Fass zum überlaufen bringt.

Das erklärt die kämpferische Rhetorik von Al-Sisi. Er hat noch nie etwas für die Palästinenser getan. Vielmehr hat er Israel dabei geholfen, die Bewohner des Gazastreifens jahrelang in einem Freiluftgefängnis gefangen zu halten. Selbst jetzt dient das ägyptische Militär als Israels Grenzschutz und sperrt die Palästinenser in den Gazastreifen ein, wobei nur eine winzige Handvoll gegen Bestechungsgelder von bis zu 10’000 Dollar den Grenzübergang Rafah passieren kann.

Al-Sisi muss sich jedoch gegen Netanjahus Plan, auf Rafah vorzurücken, aussprechen. Der Ansturm auf die Menschen, die sich jetzt in der Stadt versammelt haben, würde Hunderttausende vertreiben und die Wahrscheinlichkeit, dass sie auf die Sinai-Halbinsel jenseits der Grenze strömen, enorm erhöhen.

Hinzu kommt, dass Al-Sisi davon ausgeht, dass die Umsiedlung von mindestens mehreren Hunderttausend Menschen aus dem Gazastreifen in Flüchtlingslager auf der Sinai-Halbinsel zu einem starken Destabilisierungsfaktor in den künftigen Beziehungen zu Israel werden und sogar den Ausbruch künftiger Kriege zwischen den beiden Ländern riskieren würde. Er geht davon aus, dass solche Flüchtlingslager – nach der beispiellosen Zahl der in diesem Krieg getöteten Palästinenser – Brutstätten für die Radikalisierung einer neuen Generation palästinensischer Jugendlicher wären, die entschlossen ist, für die Wiedererlangung ihres Heimatlandes zu kämpfen, ähnlich wie in den 1970er Jahren im Libanon.

Die israelische Regierung setzt auf eine weitere Zusammenarbeit mit Ägypten. Es ist jedoch nicht sicher, dass Al-Sisi in der Lage sein wird, diese Zusammenarbeit zu gewährleisten. Das liegt nicht daran, dass ihm die Palästinenser am Herzen liegen, sondern daran, dass die ägyptischen Massen sehen müssen, dass er Israel die Stirn bietet, während die Palästinenser jenseits der Grenze massakriert werden.

Das erklärt auch, warum Ägypten Druck auf die Hamas-Führer ausübt, damit sie einer Art Vereinbarung zustimmen, die zu einem Waffenstillstand führen kann. Sie müssen dringend das Feuer löschen. Das Problem ist, dass die Pläne der Zionisten für den Gazastreifen sehr wenig Spielraum für solche Manöver lassen.

Und wenn die Flammen in Gaza nicht gelöscht werden, könnten sie sich von einem Regime zum nächsten in einer Welle von Massenaufständen ausbreiten, die viele der reaktionären Despoten in der Region zu Fall bringen könnten. Auch der jordanische König, der auf einem ebenso explosiven Pulverfass sitzt, zeigt sich besorgt.

Die globale Krise des Kapitalismus hat in der gesamten Region soziale und wirtschaftliche Bedingungen geschaffen, die den Boden für ein solches Szenario bereiten.

Das ist der Albtraum, auf den die Imperialisten starren, und sie haben keine wirkliche, dauerhafte Lösung. Der Grund dafür ist, dass sie selbst das Hauptproblem sind. Sie haben diesen Schlamassel verursacht, und die einzige wirkliche Lösung besteht darin, sie alle zu stürzen.

Das Beste, was wir als Kommunisten auf der ganzen Welt für das palästinensische Volk tun können, ist, in unseren eigenen Ländern gegen unsere eigenen herrschenden Klassen zu kämpfen. Das kann nur durch revolutionären Klassenkampf erreicht werden, der, um erfolgreich zu sein, eine revolutionäre kommunistische Führung benötigt.

Wir alle sind angewidert und wütend über die Szenen, die wir in und um Rafah beobachten, zusätzlich zu all dem Gemetzel in Gaza-Stadt, Khan Younis und anderen Städten und Dörfern. Aber Wut ist nicht genug. Organisiert euch und schliesst euch den Kommunisten im Kampf an, um diesen Albtraum zu beenden.

 

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