Kategorie: Deutschland

Landtagsneuwahlen in Niedersachsen – CDU und FDP wittern Morgenluft

Als am 04. August 2017 die ehemalige Grünen-Abgeordnete im Niedersächsischen Landtag, Elke Twesten, ihren Übertritt in die CDU bekannt gab, bedeutete dies das vorzeitige Ende der knappen Regierungsmehrheit aus SPD und Grünen. Warum dieser Coup kurz vor Ende der Legislaturperiode?


Der CDU/FDP-Opposition war es über vier Jahre nicht gelungen, die Regierung unter Stephan Weil (SPD), die mit nur einer Stimme Mehrheit regierte, wirklich in Schwierigkeiten zu bringen, weil sie kaum mit alternativen Vorschlägen punkten konnte. In der Endphase der Legislaturperiode jedoch schoss die SPD ein Eigentor nach dem anderen und verlor bei den niedersächsischen WählerInnen an Ansehen. Hätte es Anfang 2016 Neuwahlen gegeben, wäre es für Stephan Weil und seine Regierung ein Leichtes gewesen, die Wahlen zu gewinnen. Das heißt natürlich nicht, dass die SPD-Grünen-Regierung eine Politik im Interesse der arbeitenden Menschen gemacht hätte. Aber nach außen schienen die Ministerinnen in Niedersachsen vieles besser zu machen als die CDU-FDP-Vorgänger-Regierung. Dies zumindest vermittelte die bürgerliche Presse den Niedersachsen. Unter Finanzminister Schneider wurden 2017 keine neuen Schulden gemacht. Landwirtschaftsminister Meyer legte sich mit der mächtigen Agrarlobby an und versuchte Einschnitte bei der Massentierhaltung durchzusetzen. Kultusministerin Heiligenstadt musste auf der Basis einer verfehlten Bildungspolitik der Vorgänger-Regierungen den Schulbetrieb im Land bewältigen, ohne auf ausreichend LehrerInnen zurückgreifen zu können. Wirtschaftsminister Lies schien erfolgreiche Infrastrukturpolitik zu betreiben und Ministerpräsident Weil entwickelte sich zu einem beliebten Landesvater.

Das alles änderte sich zu Beginn des Jahres 2017, als bekannt wurde, dass Staatssekretäre wiederholt gegen das Vergaberecht von 2015 verstoßen hatten. Staatsekretärin Daniela Behrens (SPD) vergab einen Auftrag in Höhe von 180.000 Euro an eine der SPD nahestehende Agentur, die eine Internet-Seite gestalten sollte. Stefan Wittke, der Pressesprecher von Wirtschaftsminister Lies, führte mit einem Radiosender Gespräche über einen Auftrag, der noch gar nicht vergeben worden war. Staatssekretär Rüter, Weils ehemaliger Wahlkampfmanager und Leiter der niedersächsischen Landesvertretung in Berlin, soll eine ihm bekannte Firma bei einem Ausschreibungsverfahren bevorzugt haben, obwohl diese sich nicht fristgerecht an der Ausschreibung beteiligt hatte. Alle drei wurden aus ihren Ämtern entlassen. Zusätzlich ist die Regierungssprecherin Anke Pörksen in die Kritik geraten, weil auch sie bei der Vergabe eines neuen Slogans für Niedersachsen an einen SPD-nahen Kommunikationsexperten gegen das Vergaberecht verstoßen hatte. Noch hält Weil an Frau Pörksen fest, aber der Druck von Seiten der Opposition und der Presse nimmt zu. Es scheint nur eine Frage der Zeit zu sein, wann sie ihren Sessel räumen muss.

Dieselgate und die Macht des VW-Konzerns

Auch das Verhalten von Weil und Lies, die beide im Aufsichtsrat des VW-Konzerns sitzen, bei der Aufdeckung des so genannten Dieselgate-Skandals war wenig rühmlich. Obwohl die beiden SPD-Politiker mit den Arbeitnehmervertretern eine Mehrheit im Aufsichtsrat haben, haben sie wenig dazu beigetragen, die Verantwortlichen für diesen Skandal zu finden und die Mitbestimmung und Rechte zu stärken, „damit die sozialökologische Erneuerung in der Autoindustrie gelingt und die Arbeitsplätze gesichert werden.“ (Pia Zimmermann, MdB, Die LINKE). Noch schlimmer wiegt die Tatsache, dass sich Weil eine Regierungserklärung zum Dieselgate in der VW-Zentrale in Wolfsburg korrigieren ließ. Im Zuge des Twesten-Wechsels kam heraus, dass derartige Absprachen zwischen dem Automobilkonzern und der Landesregierung auch schon bei den Vorgänger-Regierungen gang und gäbe waren. Das macht wieder einmal deutlich, dass die herrschende Politik stets die Politik der herrschenden Klasse ist und die wirtschaftlich Mächtigen den politisch Verantwortlichen vorschreiben, welche Politik sie zu betreiben haben.

Was mag nun Frau Twesten dazu getrieben haben, kurz vor Ende der Legislaturperiode die Partei zu wechseln? Es scheinen keine politischen Gründe gewesen zu sein, da die Grünen bundesweit für Regierungskoalitionen mit der CDU offen sind und ihre Politik sich in wesentlichen Bereichen nicht von der der CDU oder der FDP unterscheidet. Hier scheinen eher persönliche Gründe eine Rolle zu spielen. Frau Twesten war in ihrem Wahlkreis nicht wieder zur Direktkandidatin für die Landtagswahlen gewählt worden und auch nicht zur Frauenbeauftragten in Bremen ernannt worden. Nach den Wahlen wäre sie ohne Mandat gewesen und hätte in ihren früheren Beruf beim Zoll zurückkehren müssen. Die CDU könnte ihr wahrscheinlich eine sichere Kandidatur bei den Europawahlen oder einen Staatssekretärsposten im Falle eines Wahlsiegs in Aussicht gestellt haben. Darüber kann man nur spekulieren. Nur sollte sich die Überläuferin dabei nicht so sicher sein, denn die CDU-Basis wird nicht begeistert sein, wenn eine „Fremde“ sich um politische Ämter bewirbt und dabei vielleicht AktivistInnen aus den eigenen Reihen auf der Strecke bleiben. Noch immer gilt der Spruch: „Man liebt den Verrat, aber nicht den Verräter.“

Die CDU wird jetzt mit dem ehemaligen Offizier der Panzertruppe Bernd Althusmann als Ministerpräsidentenkandidat antreten. Althusmann, der momentan nicht Mitglied des Landtags ist, ist ein reaktionärer Politiker, der schon als Kultusminister in der früheren Regierung von David McAllister (CDU) gezeigt hat, wofür er steht: „Verbot der Bildung von Gesamtschulen, Privatisierung von Krankenhäusern, Förderung der Atom-Lobby und eine uneingeschränkte kapitalhörige Wirtschaftspolitik…“, so Hans-Henning Adler, Spitzenkandidat der LINKEN in Niedersachsen.

DIE LINKE

Die LINKE, die 2013 den Wiedereinzug in den Landtag deutlich verpasste, wird jetzt alles daran setzen, am 15. Oktober die Fünf-Prozuent-Hürde zu überspringen. Dabei spielt auch das Abschneiden der Partei bei den Bundestagswahlen eine große Rolle. Mit einem guten Bundestagsergebnis könnte es der LINKEN in Niedersachsen auch drei Wochen später gelingen, in den Landtag einzuziehen. Hans-Henning Adler erklärte dazu: „Aber die LINKE ist nicht Mehrheitsbeschaffer für eine gescheiterte Politik von SPD und Grünen. Arbeitszeitverlängerungen für Lehrer, Unterrichtsausfall an Grundschulen, eine Günstlingswirtschaft bei der Vergabe von Aufträgen, eine Verfilzung mit VW, die Zweifel aufkommen lässt, wer die Richtlinien der Politik bestimmt, zeigen deutlich, dass sich Einiges grundlegend ändern muss, bevor DIE LINKEN bereit ist Regierungsmitverantwortung zu übernehmen. Niedersachsen braucht einen Politikwechsel und eine neue politische Kultur. Das Land muss raus aus dem Sumpf. Nur einem echten Neubeginn würden wir uns nicht verschließen.“

Der Wunsch nach einer „Regierungsmitverantwortung“ sollte allerdings Wunschdenken bleiben, da von der SPD und den Grünen kein Neubeginn und eine neue politische Kultur zu erwarten sind, sondern nur ein kritikloses „Weiter so“. Die Funktionäre der LINKEN, die gerne einen Platz auf einem Regierungssessel einnehmen würden,  sollten nach Mecklenburg-Vorpommern, Berlin, Brandenburg oder Berlin schauen und sehen, welche negativen Auswirkungen eine Regierungsbeteiligung für die Partei haben wird. Reale Veränderungen finden nicht in den Parlamenten statt, sondern auf der Straße.

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