Kategorie: Deutschland

Editorial Funke Nr. 111: Karl Marx - So aktuell wie nie

Die Angst vor Stress, Arbeitslosigkeit und Armut durch Digitalisierung und Industrie 4.0 erfasst mehr und mehr deutsche Arbeitnehmer. Aber nicht nur in den Gewerkschaften und in der Arbeiterbewegung löst dieses Thema Sorgen aus, sondern auch bei führenden Köpfen der herrschenden Klasse.


„Mark Carney (Chef der Bank of England) sagte, dass die zu erwartende Automatisierung von Millionen von Jobs, (...) dazu führen könnte, dass die Ideen des Marxismus neue Fans gewinnen würden“, wie die britische Zeitung Daily Telegraph ihren zweifelsohne schwer schockierten, wohlhabenden Lesern kürzlich mitteilte.

Und der Chef der Bank of England steht nicht alleine da. Der 200. Geburtstag von Karl Marx am 5. Mai wurde von sämtlichen Vertretern der Bourgeoisie genutzt, um ihm ihre Ehrerbietung zu zollen. Nicht zuletzt der Economist, die Zeitung des britischen Finanzkapitals, riet Politikern in Zeiten der kapitalistischen Krise mal wieder Marx zu lesen. Die kapitalistische Krise, die von den bürgerlichen Ökonomen weder vorhergesagt, noch verstanden wurde, hat zu einem gesteigerten Interesse an Marx‘ Ideen geführt.

Beim offiziellen Festakt in Trier machten die Führer der reformistischen Parteien SPD und LINKE das, was sie so gerne im Bezug auf Marx tun: Sie gestehen ihm einen gewissen Namen als Denker und Ökonom zu, werden aber nicht müde, an seine vermeintlichen Fehler zu erinnern und sich von ihm zu distanzieren. So sagte auch Dietmar Bartsch von der LINKEN, Marx habe die Rolle, die der Klassenkampf in der Erreichung des Sozialismus spiele, überschätzt. Im Klartext heißt das: „Liebe herrschende Klasse, habt keine Angst vor mir oder meiner Partei und lasst uns mitregieren.“

Schon 1917 schrieb Lenin „Mit der Lehre von Marx geschieht jetzt dasselbe, was in der Geschichte wiederholt mit den Lehren revolutionärer Denker und Führer der unterdrückten Klassen in ihrem Befreiungskampf geschah. Die großen Revolutionäre wurden zu Lebzeiten von den unterdrückenden Klassen ständig verfolgt, die ihrer Lehre mit wildestem Ingrimm und wütenstem Haß begegneten, mit zügellosen Lügen und Verleumdungen gegen sie zu Felde zogen. Nach ihrem Tode versucht man, sie in harmlose Götzen zu verwandeln, sie sozusagen heiligzusprechen, man gesteht ihrem Namen einen gewissen Ruhm zu zur „Tröstung“ und Betörung der unterdrückten Klassen, wobei man ihre revolutionäre Lehre des Inhalts beraubt, ihr die revolutionäre Spitze abbricht, sie vulgarisiert. Bei einer solchen „Bearbeitung“ des Marxismus findet sich jetzt die Bourgeoisie mit den Opportunisten innerhalb der Arbeiterbewegung zusammen.“

Wer A sagt, muss auch B sagen. Aus der präzisen Analyse der kapitalistischen Krise entwickelt Marx in logischer Folge ihre einzige mögliche Lösung: Die proletarische Revolution, die Abschaffung des Privateigentums an Produktionsmitteln und die sozialistische Gesellschaft. Das eine kann man nicht von dem anderen trennen.

Marx' Analyse der kapitalistischen Krise ist bis heute aktuell und relevanter denn je, das gestehen ihm auch viele Bürgerliche zu. Aber auch seine politischen Schlussfolgerungen entsprechen der Realität. In Folge der kapitalistischen Krise nimmt die soziale Ungerechtigkeit immer mehr zu. Und mit ihr eine Veränderung des Bewusstseins der arbeitenden Bevölkerung. Immer mehr Jugendliche und Arbeiter verstehen, dass es so nicht weiter geht. Es entstehen Bewegungen gegen die Kürzungspolitik der Kapitalisten, gegen steigende Mieten und staatliche Repression.

Fünfzig Jahre nach der gescheiterten Revolution in Frankreich, im Mai 1968, sind die französischen Bahnarbeiter im Streik und an den Hochschulen tobt die größte Studentenbewegung seit 50 Jahren. Auch in Deutschland regt sich wachsender Protest, etwa in Berlin gegen die immer größer werdende Wohnungsnot oder in Bayern gegen das antidemokratische PAG.

Als Marxistinnen und Marxisten verstehen wir, dass Kürzungspolitik und zunehmende staatliche Repression die logischen Folgen der kapitalistischen Krise sind. Eine Lösung kann es nur durch seinen Sturz geben. Karl Marx war nicht nur ein schlauer Ökonom der hier und da ein paar nette Theorien aufgestellt hat. So wenig die Bürgerlichen und die reformistischen Führer es wahr haben wollen, Karl Marx war vor allem Revolutionär. Vor 170 Jahren schrieben er und Friedrich Engels die Worte, die wir auch heute den Bürgerlichen und den Reformisten entgegen halten:

„Die Kommunisten verschmähen es, ihre Ansichten und Absichten zu verheimlichen. Sie erklären es offen, daß ihre Zwecke nur erreicht werden können durch den gewaltsamen Umsturz aller bisherigen Gesellschaftsordnung. Mögen die herrschenden Klassen vor einer kommunistischen Revolution zittern. Die Proletarier haben nichts in ihr zu verlieren als ihre Ketten. Sie haben eine Welt zu gewinnen.

Proletarier aller Länder, vereinigt euch!“

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Inhalt

Editorial
2 Karl Marx - So aktuell wie nie

Deutschland
3 Das Dach über dem Kopf wird zum Luxus
4 Aktiv gegen Leerstand – Spekulanten enteignen!
5 CSU rüstet den Überwachungsstaat auf

Kapital und Arbeit
6 Tarifflucht bei Real mit gelber Hilfe
7 Fünf Jahre Streik bei Amazon – langer Atem nötig

Die Linke
8 Das BGE als Wolf im Schafspelz

Theorie
10 Wenn Maschinen die Arbeit übernehmen
12 Philosophische Revolution und revolutionäre Philosophie

Geschichte
14 Kieler Matrosen starten Revolution

Person und Begriff
16 Albin Köbis und Max Reichpietsch
Was ist eigentlich Arbeit?

International
18 Aufbruch in Frankreich: Bahnstreik und Uniprotest
Dänemark: Der öffentliche Sektor wehrt sich
20 Israel und Palästina: Im Kapitalismus kann es keine Lösung geben!
22 Der paschtunische Aufschrei für Gerechtigkeit

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