Kategorie: 1918

Vom Weltkrieg zur Revolution

Am 4. August 1914 stimmte die komplette SPD-Reichstagsfraktion den kaiserlichen Kriegskrediten zu. Somit war der Verrat der SPD-Führung offenkundig und die Spaltung der deutschen Arbeiterbewegung vorprogrammiert. Zuvor war die Aussicht auf einen Krieg zwischen den imperialistischen Großmächten bereits sichtbar gewesen.


Die deutsche Sozialdemokratie

Auf den Kongressen der Sozialistischen Internationale in den Jahren zuvor hatte man sich geschworen, dass man im Falle eines Krieges standhaft bleiben und den Kapitalismus stürzen würde. Parolen aus dieser Zeit waren: Diesem System keinen Mann und keinen Groschen! Auch gab es im Sommer 1914 zahlreiche Streiks und Proteste von Seiten der Sozialdemokratie gegen den kommenden Krieg. Doch im selben Jahr fielen alle sozialistischen Parteien Europas um und unterstützten die Kriegspolitik ihres eigenen Landes, mit Ausnahme der serbischen Sozialdemokratie und der Bolschewiki in Russland. Lenin selber konnte die Haltung der deutschen Sozialdemokratie zuerst nicht glauben und hielt die Ausgabe des Vorwärts, aus der er davon erfuhr, für eine Fälschung. Ursprünglich wollten einige Abgeordnete der SPD-Reichstagsfraktion gegen die Kriegskredite stimmen. Jedoch stimmten diese aus Loyalität zur Partei für die Kredite, unter anderem auch Karl Liebknecht, der Sohn des sozialdemokratischen Gründervaters Wilhelm Liebknecht und Gründer der sozialistischen Arbeiterjugendbewegung. Jedoch bereute er seine Tat und schwor sich, so etwas nie wieder zu tun.

Daraufhin begann er im ganzen Land herumzureisen und nach Oppositionellen innerhalb der Sozialdemokratie zu suchen. Dies brachte ihm Ärger mit vielen rechten Sozialdemokraten ein. Im Dezember 1914 stimmte Karl Liebkecht als einziges Mitglied gegen die Kriegskredite. Andere Abgeordnete, die ursprünglich auch mit Nein stimmen wollten, stimmten wieder aus Loyalität zur Partei dafür. Doch es kam immer mehr zur Spaltung innerhalb der SPD-Reichstagsfraktion, und so entwickelte sich schon bald die Front der Kriegsgegner. Im Dezember 1915 gab es schon 20 Abgeordnete, die offen mit Nein gegen die Kriegskredite stimmten.

Viele Kriegsbegeisterte hatten anfangs gedacht, sie würden diesen im Dezember 1914 gewinnen. Doch der Krieg entwickelte sich immer mehr zu einem Stellungskrieg, und die allgemeine Unzufriedenheit nahm zu. Im Januar 1916 organisierte sich ein Teil der radikalen linken Opposition im Spartakusbund. In der Zeit des Kriegsrechts kamen Oppositionelle wie Karl Liebknecht, Rosa Luxemburg und andere Anhänger des Spartakusbundes in „Schutzhaft“, was der rechten SPD-Führung gerade Recht war, da man ihre innerparteilichen Gegner beseitigte. Doch die Kluft innerhalb der Reichstagsfraktion ging immer weiter auseinander. So wurden im März 1916 die linken Zentristen aus der Fraktion ausgeschlossen. Auch wurden von der Führung weitere Säuberungen durchgeführt und die Parteipresse zensiert. Als Reaktion auf diese Säuberungswellen bildete sich eine Sozialdemokratische Arbeitsgemeinschaft mit 18 Reichstagsabgeordneten, deren führender Kopf Hugo Haase war.

Anti-Kriegs-Opposition bildet sich

Schon kurz vor dem Krieg hatte die Gewerkschaftsbürokratie angefangen, mit den Arbeitgeberverbänden eine Art Burgfrieden abzuschließen und zum Beispiel während des Krieges auf Arbeitskämpfe zu verzichten, worauf Streiks illegal wurden. Doch der Winter 1916/17 war besonders hart und ging als der Kohlrübenwinter in die Geschichte ein, da sich viele aufgrund der Nahrungsknappheit von Kohlrüben ernährten. Dies radikalisierte die arbeitende Bevölkerung so, dass es trotz des Verbots zu immer mehr Streiks gegen den Krieg kam. Auch waren eine galoppierende Inflation und der sinkende Lebensstandard Anlässe für die Streikbewegung.

Auch politisierten sich in dieser Zeit viele Frauen, die in die Betriebe rekrutiert wurden, da sich viele arbeitende Männer an der Front befanden. Im August 1914 gab es keine Streiks, im Herbst 1914 bereits 24, 1915 waren es 141 mit 12000 Beteiligten und 1916 schon 240 Streiks mit rund 124000 Beteiligten. Hoffnung weckte auch im Jahr 1917 die Revolution in Russland, die viele Menschen weltweit begeisterte und hin zum Sozialismus politisierte. Im April 1917 kam es, kurz nach der Februarrevolution in Russland, zum Gründungskongress der Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (USPD), deren Vorsitzende Hugo Haase und Georg Ledebour wurden. Die USPD wurde zu einem Sammelbecken von revolutionären Marxisten, Zentristen und Reformisten, die gegen den Krieg waren und aus der SPD ausgeschlossen worden waren. Ganze SPD-Ortsverbände und Presseorgane wechselten zur USPD. Auch der Spartakusbund, der zwar Kritik am Zentrismus und Reformismus übte, begann eine Art Entrismusarbeit in der USPD zu betreiben. Links von der alten SPD existierte von nun an mit der USPD eine zweite sozialdemokratische Partei in Deutschland.

Revolution!

Mit der Russischen Oktoberrevolution und dem Kriegseintritt der USA kam es im Jahr 1917 zu entscheidenden Wendungen im Ersten Weltkrieg. Eine drohende Niederlage des deutschen Imperialismus begann sich abzuzeichnen. Es kam zu einer revolutionären Stimmung in der breiten Masse der Bevölkerung. Im Jahr 1917 hatte sich die Anzahl der Streiks von 240 aus dem Jahr 1916 auf 560 mit 650000 Beteiligten massiv gesteigert. 1918 waren es 770 Streiks mit über einer Million beteiligten Arbeitern. Allein im Januar streikten 400000 der insgesamt 650000 Berliner Industriearbeiter. Das Echo der Forderung einer Beendigung des Krieges hallte durch das gesamte Deutsche Reich. Anfang 1918 rief der Spartakusbund zur Bildung von Räten als Organe der Massendemokratie auf. Innerhalb der Armee und in Betrieben bildete sich eine Vielzahl von Arbeiter- und Soldatenräten. Die herrschende Klasse erkannte, dass der Krieg nicht mehr zu gewinnen und eine Revolution unaufhaltsam war. Am 3.10.1918 wurde Prinz Max von Baden zum neuen Reichskanzler ernannt und bildete eine Regierung mit Ministern der SPD, des katholischen Zentrums und der liberalen Fortschrittspartei. 5000 schlossen sich am 26. Oktober einer Demonstration der USPD in Berlin an und forderten einen Sturz der Regierung.

Am 28.10. wurde aus der alten Monarchie zunächst eine parlamentarische Monarchie. Am 30. Oktober kam es zu einer Meuterei der Matrosen vor Kiel gegen den noch andauernden Krieg. Am 3. November folgten die Aufstände der Kieler Matrosen, welche der Funke der Revolution waren. Sie breitete sich wie ein Lauffeuer über Deutschland aus, und viele schlossen sich den Arbeiter- und Soldatenräten an. Am 9. November erreichte die Revolution schließlich auch Berlin. Kaiser Wilhelm II. musste abdanken und floh darauf ins Exil. Ein Sieg der Revolution in Deutschland und eine Machteroberung durch die Arbeiter- und Soldatenräte schien vorerst unvermeidbar.

 

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