Kategorie: Amerika

Midterms in den USA: Abstimmung über Trump und der sozialistische Weg vorwärts

Eine Rekordbeteiligung deutet auf eine ausgeprägte Polarisierung in der Gesellschaft hin, aber ohne eine Arbeiterpartei können diese Wahlen nur ein teilweises und verzerrtes Bild der Stimmung in der Gesellschaft vermitteln.



Die Zwischenwahlen (Midterms) von 2018 sind gekommen und gegangen und es gab keine großen Überraschungen. Sowohl Demokraten als auch Republikaner arbeiteten daran, Millionen zu mobilisieren und ließen sich das ca. 4 Milliarden Dollar kosten. Dies und die Polarisierung in der Gesellschaft führten zu einem enormen Anstieg bei der Wahlbeteiligung mit einer Rekordzahl von 113 Millionen Stimmen am Wahltag und über 30 Millionen, die vorzeitig abgegeben wurden, verglichen mit 83 Millionen im Jahr 2014. Zwischenwahlen haben in der Regel eine geringere Beteiligung als Präsidentschaftswahlen. Bei den Zwischenwahlen 2010 und 2014 lag die Wahlbeteiligung bei 41% bzw. 36,4%. Bei den Präsidentschaftswahlen 2016 lag die Wahlbeteiligung bei 55 %. In diesem Jahr haben 49% der Wahlberechtigten ihre Stimme abgegeben.

Während diese Zahlen auf eine ausgeprägte Polarisierung in der Gesellschaft hinweisen, bedeutet das Fehlen einer politischen Partei der Arbeiterklasse, dass diese Wahlen nur ein teilweises und verzerrtes Bild der Stimmung in der Gesellschaft vermitteln können. Die Demokraten ritten eine bescheidene Welle der Anti-Trump-Wut, um das Repräsentantenhaus zurückzuerobern, während Trumps rassistische Verunglimpfungen in den rückständigeren, ländlichen Gebieten des Landes den Republikanern halfen, ihre Kontrolle über den Senat zu vergrößern. Dennoch wurden in dieser Wahlbilanz wichtige Trends für die Stimmung im Land sichtbar, die den revolutionären MarxistInnen die Möglichkeit geben, sich weiterhin für einen grundlegenden politischen und wirtschaftlichen Wandel einzusetzen.
Zuerst einmal ist zu beachten, dass während der gesamten langwierigen und polarisierten Kampagne kein einziges Thema, das für die ArbeiterInnen von wirklicher Bedeutung ist, im Mittelpunkt stand. Wo war zum Beispiel die Debatte über die hohen Kosten für Wohnungen und die damit verbundene Zunahme der Obdachlosigkeit? Oder die Notwendigkeit höherer Löhne und die von Gewerkschaften am Arbeitsplatz? Was ist mit der Notwendigkeit einer kostenlosen Ausbildung und dem Schuldenerlass für StudentInnen? Und obwohl einige eine kostenlose allgemeine Gesundheitsversorgung forderten, legte niemand einen umfassenden Plan vor, um sie aus den Gewinnen der Pharma-, Krankenversicherungs- und anderen Großkonzernen im Medizinsektor oder ihrer Verstaatlichung unter der Kontrolle der ArbeiterInnen zu finanzieren. Auch die Bewegung zur Beendigung von Polizeimorden und Rassismus, die Notwendigkeit von großzügigem bezahltem Elternurlaub und Kinderbetreuung oder ein Plan für große Infrastrukturprojekte standen nicht auf der Tagesordnung.

Die bürgerlichen Medien und Politiker geben den Ton an und gestalten die Themen. Es liegt im Klasseninteresse der Kapitalisten beider Parteien, irrezuführen und Verwirrung zu stiften. Die Demokraten und Republikaner wollten keine wirklichen Probleme ansprechen, da dies die Krise des amerikanischen Kapitalismus aufdecken würde. Trump versuchte, Angst zu schüren und schuf Sündenböcke, um die Menschen von den wahren Ursachen ihrer wirtschaftlichen Probleme abzulenken. Und die Demokraten begrenzten im Allgemeinen ihre Kampagne auf "für oder gegen" Trump - als ob die einfache Kontrolle seiner Macht zu einem besseren Leben führen würde.

Der tatsächliche Stand der Dinge

Auf- und Abschwünge sind ein ständiges Merkmal des Kapitalismus und seit 1974 haben die Abschwünge mehr dazu beigetragen, die Lebensqualität zu verschlechtern, als die Aufschwünge, sie zu erhöhen, da der Löwenanteil des durch die Arbeit geschaffenen Reichtums die reichsten ein Prozent bereichert hat. Die gegenwärtige Erholung - die zweitlängste in der Geschichte nach dem Zweiten Weltkrieg - dauerte bisher 9 Jahre und 5 Monate. Infolgedessen denken viele Menschen, dass die Dinge besser sind als 2008, auf dem Höhepunkt der letzten Krise, aber sie wissen auch, dass die Wirtschaft ihnen nicht den Lebensstandard bietet, den sie erwarten. Es besteht ein allgemeines Gefühl, dass das Leben für die ArbeiterInnen und insbesondere für die Jugendlichen ziemlich schwierig ist.

Die vom Weißen Haus veröffentlichten Beschäftigungszahlen verbergen die Tatsache, dass in den letzten zehn Jahren etwa 5-7 Millionen ArbeiterInnen aus der Erwerbsbevölkerung ausgeschieden sind, so dass die Erwerbsquote der USA auf einem traurigen 40-Jahres-Tiefstand liegt. Dies ist eine weitere Form der versteckten Arbeitslosigkeit. Bis zu diesem Sommer waren 22 Millionen Menschen unterbeschäftigt - entweder verdienen sie zu wenig, um über die Runden zu kommen oder sie haben einen Teilzeitjob. Fast die Hälfte der erwerbstätigen Bevölkerung, 60 Millionen ArbeiterInnen, verdienen 15 Dollar oder weniger, während über 40 Millionen ArbeiterInnen für weniger als 12 Dollar arbeiten.

Eine Abstimmung über Trump?

Trump wurde mit 46,1% der Stimmen gewählt. Seine Hauptbasis waren die rassistische Kleinbürger und ein kleiner Flügel der extremen Rechten in der herrschenden Klasse, obwohl die meisten von ihnen Hillary Clinton unterstützten. Er erhielt auch die Stimmen vieler weißer ArbeiterInnen, die ohne Klassenalternative gegen den Status quo protestieren wollten. 2018 hielten diese WählerInnen den Republikanern weitgehend die Treue gehalten, während alle anderen gegen sie stimmten. Es ist jedoch bedeutsam, dass die Demokraten einige verloren gegangene Gebiete in den wichtigsten Rostgürtelstaaten Michigan, Pennsylvania, Ohio und Wisconsin zurückgewonnen haben, was 2016 ausschlaggebend für die Wahl Trumps war. Zum Beispiel gewann der demokratische Senator Sherrod Brown in Ohio eine dritte Amtszeit, in einem Bundesstat, den Trump vor zwei Jahren haushoch gewonnen hatte. Und den ArbeiterInnen in Wisconsin gelang es schließlich, Gouverneur Scott Walker auszuschalten, obwohl wir hinzufügen sollten, dass das nicht dank der Demokraten geschah!

In den zwei Jahren, in denen Trump an der Macht ist, hat er sehr wenig Inhaltliches geleistet - solange man nicht Hetzreden und Tweets als solches betrachtet. Er konnte nicht einmal die Republikaner im Senat dazu bringen, die Abschaffung von Obamacare zu unterstützen. Das BIP ist gestiegen und es gab einen stetigen Anstieg der (meist Niedriglohn-)Arbeitsplätze, aber dies ist weitgehend auf die Folgen der bereits einsetzenden wirtschaftlichen Erholung vor seiner Wahl zurückzuführen - obwohl er dafür die volle Anerkennung beanspruchen und auf seine Steuersenkungen als Grund verweisen würde. Was "America First" betrifft, so führt die Handelspolitik von Trump tatsächlich zu wachsenden Widersprüchen, insbesondere für Soja- und Schweinebauern und Unternehmen, die Stahl und Aluminium kaufen. Und was ist mit seinem Versprechen auf massive Infrastrukturinvestitionen? Auch die sind auf der Strecke geblieben.
Nun da sie das Repräsentantenhaus kontrollieren, arbeiten die Demokraten daran, Trump mit ihren unzähligen Untersuchungen, Prozessen und Intrigen zu beschäftigen. Eine Sache, die wahrscheinlich von der Tagesordnung verschwindet, ist die Amtsenthebung - dieser Kampfschrei von so vielen Liberalen und sogar einigen auf der Linken, die glauben, dass dies das Allheilmittel gegen die systemische Krise ist. Nancy Pelosi, die nach acht Jahren Abwesenheit wieder Präsidentin des Hauses werden kann, hat erklärt, dass sie eine Amtsenthebung nicht unterstützen wird.

MarxistInnen verstehen, dass die Anklage nichts anderes ist als eine weitere Ablenkung von den wirklichen Problemen. Trump ist unfähig zu regieren, weil das System, das er verteidigt und repräsentiert, untauglich ist - nicht wegen dieser oder jener juristischen Formalität oder des Fehlverhaltens des Präsidenten. US-ArbeiterInnen können nicht auf die kapitalistische Demokratische Partei hoffen, um Trump loszuwerden - der ohnehin nur durch den ebenso reaktionären Mike Pence ersetzt werden würde. Die vor uns liegende Aufgabe besteht nicht nur darin Trump, sondern auch das verfaulte System des Kapitalismus selbst loszuwerden.
In den nächsten zwei Jahren wird es zu einer weiteren Schwächung von Trump kommen und wir können erwarten, dass er erneut Sündenböcke findet, um abzulenken. All dies wird Trumps Wiederwahl im Jahr 2020 komplizierter machen, obwohl nichts garantiert ist, da die Demokraten Experten darin sind, den sicher geglaubten Sieg aus der Hand zu geben. Aber der wahre Elefant im Raum ist die kommende Wirtschaftskrise, die alle sorgfältig erstellten Pläne durcheinanderbringen und neue Parameter für den wirtschaftlichen, sozialen und politischen Kampf setzen wird.

Kleinere Gewinne

In einem Zweiparteiensystem glaubten diejenigen, die sich Trump widersetzen wollten, dass sie den Demokraten ihre Stimme geben mussten und es gab einen deutlichen Schwenk in ihre Richtung. Das Wählen des kleineren Übels wurde 2016 ernsthaft untergraben und kann nicht ewig andauern. Aber die Wahrheit ist konkret und bis etwas kommt, das die derzeitigen Parteien ersetzt, wird es ein kontinuierliches und widersprüchliches Hin und Her zwischen ihnen geben.

Die Demokraten gewannen insgesamt 230 von 435 Sitzen im Repräsentantenhaus und erhielten die Kontrolle über dieses Parlament. Sogar wo sie verloren haben, gab es große Gewinne für die Demokraten. In Kentucky gewann der Republikaner Andy Barr 2016 mit 22 Prozentpunkten. Diesmal gewann er mit nur drei Prozentpunkten - ein Plus von 19% gegen Trump. In Texas, wo Beto O'Rourke "unabhängig von Konzerngeldern" und für die Einführung einer allgemeinen Krankenversicherung kämpfte, gab es im Vergleich zur Präsidentschaftswahl 2016 ein Plus von sechs Prozent und im Vergleich zu seiner letzten Wahl 2012 ein Plus von 13 Prozent gegenüber Ted Cruz.

Die Demokraten gewannen auch die Gouverneursposten in 23 der 36 Staaten, in denen dieses Amt zur Wahl stand, einschließlich Kansas, Illinois und dem oben erwähnten Wisconsin, und kamen auch in anderen Staaten nahe an die Republikaner heran.
Im Staat New York haben die Demokraten jetzt die Kontrolle über beide Häuser der staatlichen Legislative und besetzen alle wichtigen Positionen im Bundesstaat. Die Demokraten haben jetzt keine Ausreden mehr, die Verabschiedung von großen Reformen, wie die der landesweiten Gesundheitsversorgung und der kostenlosen Bildung von der Kindertagesstätte bis zur Oberschule zu verhindern - oder dafür, dass sie das reaktionäre Taylor-Gesetz (ein Gesetz im Bundesstaat New York, dass den Bediensteten im öffentlichen Dienst das Streikrecht nimmt) nicht aufheben.

Trotz der Verabschiedung reaktionärer Maßnahmen, die höchstwahrscheinlich zu einer Einschränkung von Abtreibungsmöglichkeiten in Alabama und West Virginia führen werden, gibt das Wahlverhalten in mehreren Fällen Aufschluss über das Grollen unter der Oberfläche. Beispielsweise gab es eine Zustimmung für die vorgeschlagenen Mindestlohnerhöhungen in Arkansas (11 $) und Missouri (12 $). Anfang dieses Jahres wurde die so genannte Right-to-Work-Gesetzgebung (Gesetz zur Beschränkung der Macht von Gewerkschaften) in Missouri in einem Referendum mit 68% der Stimmen abgelehnt. Diese Stimmen, in den Gebieten, die von den Republikanern mit großer Mehrheit dominiert werden, zeigen, dass die ArbeiterInnen konkret für ihre eigenen Interessen stimmen, wenn sie die Möglichkeit dazu haben. Es zeigt auch, dass eine zukünftige Massenarbeiterpartei in der Lage sein wird, Unterstützung auf Klassenbasis zu gewinnen, sogar von denen, die sich heute als Republikaner betrachten.

2018 war auch ein erfolgreiches Jahr für weibliche Kandidatinnen.  Frauen mit Hochschulabschluss bevorzugten die Demokraten, verglichen mit 2012, um 18% mehr. Es wird erwartet, dass mindestens 96 Frauen Sitze im Repräsentantenhaus gewinnen. Zum ersten Mal wurden auch zwei muslimische Frauen und eine Frau mit indianischen Wurzeln gewählt. All dies stellt eine instinktive Ablehnung von Trumps ekelhaftem Sexismus dar und kommt nach dem Aufstieg der #MeToo-Bewegung.

Aber wir müssen auch fragen, welche Politik die meisten dieser Kandidatinnen verteidigen werden. Die Erfahrung zeigt, dass eine kapitalistische Partei die Probleme der Arbeiterklasse nicht lösen kann. Frauen in der Arbeiterklasse kennen die in der Arbeiterklasse existierenden Probleme und brauchen KandidatInnen und Lösungen für die Arbeiterklasse. Da weder die Demokraten noch die Republikaner diese zu liefern in der Lage sind, können wir sicher sein, dass Arbeiterinnen an der Spitze einer zukünftigen sozialistischen Massenpartei stehen werden.

Jeder hat eine Stimme?

Die meisten Leute werden überrascht sein, wenn sie erfahren, dass, obgleich 45 Million Leute bei den Senatswahlen für die Demokraten stimmten, und die Republikaner gerade einmal 33 Million Stimmen erhielten - die Republikaner tatsächlich Sitze dazu gewannen! Wie ist das möglich?
Die Wahlen in den USA werden durch die Struktur ihrer "Demokratie" verzerrt. Eine Person, eine Stimme sollte ein Grundprinzip der bürgerlichen Demokratie sein, aber der amerikanische Kapitalismus hält sich nicht an dieses Prinzip. Die US-Verfassung von 1787 wurde von einer Handvoll weißer, männlicher Grundbesitzer nach über zwanzig Jahren ratifiziert - niemand sonst durfte darüber abstimmen - und selbst dann wurde sie nur knapp angenommen. Das US-Repräsentantenhaus ist die repräsentativere Gesetzgebungsinstitution, aber die Gründer schufen den Senat sowie zwei weitere Regierungsinstitutionen mit der Befugnis, das Haus in seinen Bahnen einzuschränken - nur für den Fall, dass normale Menschen jemals die Kontrolle darüber erlangten.

Darüber hinaus haben vom Senat bis zum "Wahlmännergremium" dünn besiedelte Staaten einen erheblichen Vorteil gegenüber ihren städtischen Kollegen, weil jeder Staat automatisch zwei Senatoren und mindestens einen Kongressabgeordneten erhält, was ihnen mindestens drei Mandate einbringt, unabhängig davon, wie viele Menschen dort leben. Zum Beispiel leben in Wyoming 580.000 Menschen, der Staat hat zwei Senatoren und eine Kongressabgeordnete. Das bedeutet, dass er pro 193.333 Menschen eine Stimme erhält. Aber der Staat New York mit seinen 19,85 Millionen Einwohnern hat 27 Kongressabgeordnete und zwei Senatoren, bekommt aber nur einen pro 684.482 Einwohner.

Es ist noch schräger, wenn es um den Senat geht. Wyoming, North Dakota und Montana haben eine Gesamtbevölkerung von weniger als 2,4 Millionen, erhalten aber sechs Stimmen im Senat. Missouri hat eine Bevölkerung von sechs Millionen Menschen und nur zwei Stimmen. Kalifornien hat eine Bevölkerung von fast 40 Millionen Menschen - mehr als ganz Kanada - und doch stellt es auch nur zwei Senatoren. Washington, DC, eine Stadt mit mehr als 700.000 Einwohnern, hat keine Senatoren oder ein stimmberechtigtes Kongressmitglied.
Darüber hinaus werden Millionen von Straftätern von der Stimmabgabe ausgeschlossen und es gibt kontinuierliche Bemühungen, arme ArbeiterInnen von der Stimmabgabe abzuhalten oder abzubringen, insbesondere Native Americans, Schwarze und Latinos.

Eine verpasste Möglichkeit für die Linke

Der Aufstieg des "sozialistischen" Labels war eine wichtige Entwicklung bei diesen Wahlen. Als Ergebnis von Sanders' rasantem Wahlerfolg im Jahre 2016 steht der Sozialismus heute im Mittelpunkt der amerikanischen Politik und viele KandidatInnen bezeichnen sich offen als SozialistInnen Es gibt jedoch diesen Sozialismus und jenen Sozialismus. Und es ist nicht so, dass die Demokraten nach links gegangen sind, sondern ein Großteil der Linken zu den Demokraten, die nur zu gerne diese Kandidaten aufnehmen und aufstellen, wie gut sie auch sein mögen.

Drei DSA-Mitglieder, die sich als SozialistInnen bezeichnen, kandidierten für den Kongress als Demokraten, wobei zwei von ihnen gewählt wurden: Rashida Tlaib in Michigan und Alexandra Ocasio Cortez in New York (die jüngste Frau, die je in dieses Haus gewählt wurde). In Maine wurde der unabhängige Senator Angus King, der mit den Demokraten zusammenarbeitet, wiedergewählt., aber der demokratische Kandidat war Zak Ringelstein, ein DSA-Kandidat, der mehr als 10% der Wählerstimmen erhielt. Julia Salazar, ein weiteres DSA-Mitglied, wurde als eine der demokratischen SenatorInnen im Bundesstaat New York gewählt.

All dies zeigt, dass die Menschen nach links schauen und offen sind für sozialistische Ideen. Jedoch meinen wir, dass es ein Fehler dieser KandidatInnen war für die Demokraten zu kandidieren. Es war auch ein Fehler, ein reformistisches Programm zu verfolgen, das nur einen freundlicheren, sanfteren Kapitalismus anstrebt - in einer Zeit, in der die Krise es dem System unmöglich macht, etwas Substanzielles zu liefern. Wenn man "Sozialismus" mit gebrochenen Versprechungen und einer Fortsetzung des Status quo assoziiert, könnte sich das aktuelle Wiederaufleben des Interesses an diesen Ideen in sein Gegenteil verkehren.

Deshalb meinen wir, dass die Zwischenwahlen 2018 eine weitere verpasste Gelegenheit für die Arbeiterklasse und die Linke waren. In dieser Phase des Klassenkampfes denken wir, dass Wahlkämpfe als Gelegenheit genutzt werden sollten, das Bewusstsein der ArbeiterInnen zu schärfen, ihnen zu helfen, sich zu organisieren, das System bloßzustellen und vor allem auf die Notwendigkeit einer sozialistischen Massenpartei und einer Arbeiterregierung hinzuweisen. Jüngste Umfragen haben gezeigt, dass 62% der Amerikaner eine "dritte Partei" wollen, und dieser Anteil steigt auf 71%, wenn es um Angehörige der Millennium-Generation geht. Laut CNN sagten fast vier von zehn Wählern, ihre Stimme sei ein Zeichen der Opposition gegen Trump. Dieses ist eine unglaubliche Statistik, da sie bedeutet, dass ungefähr vier von fünf, welche die Demokraten wählten, nicht "für" sie sondern "gegen" Trump ihre Stimme abgaben.

Wir müssen uns jedoch darüber im Klaren sein, dass, egal wie sehr die ArbeiterInnen ihre eigene Partei "wollen", dies ein Wunschdenken bleibt, solange diese nicht aufgebaut wird. Der erste Schritt zum tatsächlichen Aufbau einer solchen Partei besteht darin, eine Perspektive dafür zu haben. Die Perspektive der Internationalen Marxistischen Tendenz (IMT) ist, dass die historische Sackgasse des kapitalistischen Systems - mit der Instabilität und den Angriffen auf die ArbeiterInnen, die diese mit sich bringen wird - den Weg für eine Intensivierung des Klassenkampfes bereitet. Nur eine Arbeiterregierung mit sozialistischer Politik kann Trump und den Kapitalismus wirklich schlagen.
Bernie Sanders hätte mit seiner Massenbasis von Anhängern, Mitarbeitern und Wählern eine sozialistische Partei der Arbeiterklasse aufbauen können. Aber seine Kapitulation vor den Demokraten und seine Top-Down-Kontrolle über die Organisation "Our Revolution" haben diese Gelegenheit ausgelassen. Seitdem, und besonders nach Trumps Wahl, sind viele Menschen, die für eine linke Politik gewonnen werden konnten, den Democratic Socialists of America (DSA) beigetreten, die von 6.000 auf 50.000 Mitglieder angestiegen sind. Die DSA sind keine Massenpartei, aber die größte sozialistische Organisation des Landes. Sie sind in der einzigartigen Lage, ihr wachsendes Profil zu nutzen, um eine mutige sozialistische Politik und die Notwendigkeit eines Bruchs mit den Demokraten in den Vordergrund zu schieben - ein wesentlicher erster Schritt im Kampf für den Sozialismus.

Wenn die DSA beispielsweise fünf oder zehn Kandidaten für den Kongress aufgestellt hätten, entweder auf einer sozialistischen Plattform oder als Unabhängige, die auf einem sozialistischen Programm arbeiten und den Aufbau einer sozialistischen Partei der Massenarbeiterschaft fordern, hätten sie noch mehr Interesse für sozialistische Ideen wecken können. Die DSA hätten eine landesweite Kampagne mobilisieren können, bei der Mitglieder und Unterstützer überall mithelfen und sich möglicherweise Kandidaten in ihren lokalen Gebieten einschreiben. Angesichts der Stimmung in der Wählerschaft hätten diese Kandidatinnen gut abgeschnitten und vielleicht sogar einen Sitz gewonnen. Und selbst wenn sie diesmal alle eine Niederlage erlitten hätten, so hätte es doch zu Hunderttausenden neuer DSA-Mitglieder und einer Erfahrung führen können, auf der man in den kommenden Jahren aufbauen könnte.

Stattdessen unterstützten Bernie Sanders und die meisten in den DSA grundsätzlich die Demokraten. Wo DSA Kandidaten wie Alexandria Ocasio-Cortez und Rashida Tlaib kandidierten, taten sie dies als Demokraten in einem für die Demokraten akzeptablen Programm. Anstatt die Wahl zu nutzen, um das politische Bewusstsein zu schärfen, säen sie Illusionen und haben keine Möglichkeit, ihre gewählten Mitglieder zur Rechenschaft zu ziehen. Ihre KandidatInnen werden unter einem enormen Druck der demokratischen Führung geraten, um sich anzupassen. Sie werden auch in jegliche reaktionäre Politik der Demokratischen Partei einbezogen. Dies führt nur zu politischer Verwirrung, anstatt die Klasseninteressen der Demokraten und die Notwendigkeit einer ArbeiterInnenalternative zu klären.
Was die Arbeiterführer betrifft, so spielten sie bei dieser Wahl ihre übliche bedauernswerte Rolle. Wie die Demokraten scheinen sie zu hoffen, dass, wenn sie ihre Köpfe lange genug unten halten, die demographischen Veränderungen ausreichen werden, um die Republikaner auszuschalten und so die Herrschaft der "arbeiterfreundlichen" Demokraten zu garantieren. Es ist egal, dass diese Partei nie die Interessen der ArbeiterInnen im Hinterkopf hatte! Und obwohl der Gewerkschaftsverband AFL-CIO meistens die Demokraten unterstützte, hat er in einigen Regionen, wie in Pennsylvanias 1. Kongressbezirk, den Republikaner Brian Fitzpatrick unterstützt und ihm zur Wiederwahl verholfen. Die klassenkollaborative Einstellung der Arbeiterführer ist eine Sackgasse und wird sich nur ändern, wenn eine ernsthafte linke Opposition in den Gewerkschaften aufgebaut wird.

Was tun?

Lenin erklärte, dass es ohne Theorie keine revolutionäre Bewegung gibt. Es scheint, als ob die gesamte Linke - nicht nur in den USA, sondern auf der ganzen Welt - demoralisiert und pessimistisch ist. Auf der anderen Seite ist die Internationale Marxistische Tendenz äußerst optimistisch! Warum diese Diskrepanz? Weil wir das, was Lenin gesagt hat, ernst nehmen. Wir wissen, dass wir, wenn wir es ernst meinen in der Auseinandersetzung mit dem Kapitalismus, einen wissenschaftlichen Ansatz verfolgen müssen. Andernfalls landen wir da, wo es unser Klassenfeind sich wünscht, dass wir nämlich wie die Reformisten denken. Egal wie gut deren Absichten auch sein mögen, sie folgen am Ende dem Kurs der herrschenden Klasse und kommen zu der Auffassung, dass der Kapitalismus allmächtig ist und ewig bestehen wird und dass wir ihn am besten durch Reformen verändern können.

Aber mit einem wissenschaftlichen Ansatz sehen wir die Größe und das Potenzial der Arbeiterklasse - und die wachsende Schwäche und Spaltung der Kapitalisten. Wir wissen, dass die ArbeiterInnen schließlich gezwungen sein werden, gegen das System anzukämpfen, unabhängig davon, ob sie eine revolutionäre Führung haben oder nicht. Aber wenn sie kämpfen und gewinnen wollen, müssen sie diese Führung aufbauen und diese Führung muss sich von der Theorie leiten lassen - den konzentrierten Lehren aus den bisherigen Erfahrungen und Kämpfen der Arbeiterklasse. Deshalb müssen wir diese Führungsrolle jetzt weiter ausbauen. Wenn es uns gelingt, heute an Qualität zu gewinnen, werden wir in der Hitze zukünftiger Ereignisse viel mehr Quantität entwickeln.

Der Marxismus ist noch eine kleine Kraft, aber wir haben in der letzten Zeit viel gewonnen. Mit klaren Vorstellungen über die Notwendigkeit von Klassenunabhängigkeit und einer sozialistischen Revolution sind wir zuversichtlich, dass wir in den kommenden Jahren noch weitere Fortschritte machen können. Die objektiven Bedingungen für unser Wachstum sind sehr günstig, denn weder die Kapitalisten noch die Reformisten werden in der Lage sein, die Widersprüche des Systems zu lösen. Weil wir gegen den Trend des geringeren Übels gekämpft haben, konnten wir uns von denen auf der Linken unterscheiden, die vor diesem Druck kapituliert haben.
Für viele ArbeiterInnen ist die Frage, wer oder was das "größere" oder "kleinere" Übel ist, überhaupt nicht klar - und das verständlicherweise. Anstatt sich auf die Klassenzusammenarbeit mit der Demokratischen Partei zu stürzen, vertraut die IMT der Arbeiterklasse. Was das wackelnde Zweiparteiensystem zerschmettern wird, ist nicht das lauwarme „Alles-außer-Trump"-Programm der Demokraten, sondern der Tsunami des Klassenkampfes, der am Horizont zu sehen ist. Es ist unmöglich, genau vorherzusagen, wann er kommen wird; aber wenn es soweit ist, brauchen die SozialistInnen alle Kräfte an Deck und einen klaren Plan, um all diese Energie in revolutionäre Veränderungen zu lenken. Wenn ihr mit dieser Analyse einverstanden seid, laden wir euch ein, mit der Internationalen Marxistischen Tendenz zusammenzuarbeiten und dort Mitglied zu werden.

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