Kategorie: Jugend

Düsseldorf: Landesweiter Studierendenprotest

"Wer jetzt nicht handelt, wird verkauft" Unter diesem Motto fand am Samstag, 8. Juni 2002, in Düsseldorf einer landesweite Demonstration von ca. 20.000 (Polizei) und 40.000 (Veranstalter) Studierenden gegen die geplante Einführung von Studiengebühren in NRW statt. Aufgerufen hatten verschiedene Asten, LandesschülerInnenvertretung, Teile von GEW, ver.di und verschiedene Einzelpersonen. Zentrale Forderungen waren: Studiengebühren verhindern, Studentenwerke und öffentliche Schulbildung erhalten und weiterentwickeln. Nordrhein-Westfalen ist - angeblich - pleite und die Studierenden sollen das Land retten, und zwar durch Zahlung von Studiengebühren. Das plant jedenfalls die rot/grüne Landesregierung. Die Bundes - SPD hat sich vor noch nicht allzu langer Zeit gegen Studiengebühren ausgesprochen.


Während Rot/Grün in NRW einerseits den finanziellen Kollaps an die Wand malt, ist sie andererseits bereit, ein unsinniges Prestigeobjekt wie den Metrorapid mit Milliarden-Euro zu finanzieren, damit man ca. 2-3 Minuten schneller von Dortmund nach Düsseldorf kommt. Ähnlich verhält es sich mit der Olympiabewerbung. Auch hier sollen - trotz nicht vorhandener Gelder - Unsummen ausgegeben werden, während an anderen Stellen ohne Rücksicht gespart wird, so z.B. im Bildungs- und Gesundheitswesen, im sozialen Bereich und im öffentlichen Dienst.

Zum Dank dürfen Studierende überfüllte Vorlesungen mit Uralt-Lehrmitteln besuchen. Studiengänge werden gestrichen. Oder man hofft auf Hochschul-Sponsoring der freien Wirtschaft. Dies hat aber zur Folge, daß nicht mehr im Interesse der Allgemeinheit, sondern des Kapitals ausgebildet wird. Wer studieren möchte, muß dann noch Geld mitbringen: Studieren wird wieder zu einem Luxusgut für Privilegierte. Schon jetzt müssen rund 75% der Studierenden neben dem Studium jobben, um finanziell über die Runden zu kommen. Neben der geplanten Einführung von Studiengebühren fallen ohnehin enorme Kosten für Fachbücher undLehrmaterialien, außerdem für Miete und Lebensunterhalt, an.

Die Studierenden wehren sich zu Recht dagegen, daß sie mit der geplanten Einführung der Studiengebühren u.a. die Steuergeschenke an Konzerne wie z.B. Telekom, Bayer und RWE mitfinanzieren sollen. Die Gebühren - sofern sie eingeführt werden - kommen noch nicht einmal den Universitäten zugute, sondern dienen zum Stopfen von Haushaltslücken. Das Haushaltsloch von NRW beträgt z.Zt. 1,4 Milliarden. Clement und "Genossen" erhoffen sich auf diese Weise 90 Millionen € an Einnahmen: 50 Euro pro Semester. Senioren sind mit 650 Euro und Langzeitstudierende mit 500 Euro dabei. Ferner sollen sich Zweitstudiengänge verteuern und zusätzliche Gebührenmodelle, wie Studien- und Bildungskonten, werden entwickelt.

Des weiteren sollen die Mittel für Studentenwerke drastisch gekürzt werden. Es ist mit Recht zu befürchten, daß die Mensa-Essen und Wohnheimplätze über erhöhte Sozialbeiträge oder drastische Preiserhöhungen finanziert werden müssen. Ferner fordern die Studierenden den Erhalt und die Weiterentwicklung der öffentlichen Schulbildung. Auch hier besteht die große Gefahr, daß mehr und mehr im Interesse der Wirtschaft und weniger zu Demokratiefähigkeit, Mündigkeit oder sozialer Verantwortung unterrichtet wird. Diese Bildungsziele stehen dem Interesse des Kapitals natürlich entgegen.

In Düsseldorf haben die Studierenden auch schon in den letzten Tagen mit Aktionen auf sich aufmerksam gemacht. So trafen sich am 5. Juni ca. 60 Studierende, die zum dortigen Sozialamt pilgerten. Man wollte schon mal Anträge auf Sozialhilfe stellen, weil die prekäre finanzielle Situation der Studierenden nach der Einführung von Semestergebühren noch schlimmer würde. Über 500 Leute statteten dem Landtag einen Besuch ab. Viele Dozenten veranstalteten öffentliche Lesungen, so z.B. im Kassenraum einer Bank!

Die landesweite Demonstration der StudentInnen war ein voller Erfolg und gleichzeitig auch eine Warnung an die Landesregierung. Sollte sie an ihrem unsozialen Kurs festhalten, sind weitere Aktionen geplant. Schließlich sind im September Bundestagswahlen.

Während der Demonstration wurden 1.000 Flugblätter von "Der Funke" mit der Überschrift "Bildung statt Metrorapid" verteilt. Wichtig ist jetzt, daß die Studierendenproteste nicht isoliert stattfinden, sondern daß man den Schulterschluß mit denen sucht, die von Privatisierung, Stellenkürzungen, Sozialabbau und anderen Angriffen betroffen sind, und eine Abwehrfront aufbaut. Vielleicht könnte sich daraus eine neue außerparlamentarische Opposition entwickeln. Wie steht es doch so treffend in unserem Flugblatt:

"Solidarität ist eine Waffe, die die Mächtigen fürchten!"

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