Kategorie: Kapital und Arbeit

Autogrill-Streik beendet Ausstand der Niedriglöhner - Nach der Tarifrunde ist vor der Tarifrunde

Fünf Monate lang hatten die in der Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten (NGG) organisierten Beschäftigten an Autobahnraststätten in Bayern und Thüringen den Betreiberkonzern Autogrill bestreikt. Sie forderten einen Tarifvertrag für die bisher tarifvertragsfreie Zone.


 

Anfang September 2014 kam der Durchbruch, als die Autogrill-Geschäftsleitung bei Gesprächen mit Gewerkschaftsvertretern in Erfurt ihren Beitritt in den Bundesverband der Systemgastronomie (BdS) und die Übernahme der zwischen BdS und NGG abgeschlossenen Tarifverträge erklärte.

Damit hat die NGG mit der Kraft ihrer Mitglieder in einem überaus zähen und kräftezehrenden Streik erreicht, dass endlich auch für die rund 1.300 Autogrill-Beschäftigten künftig tarifvertragliche Normen bestehen.

 

Autogrill Deutschland ist nicht irgendeine Klitsche, sondern ein weltumspannender Gastronomie- und Einzelhandelskonzern mit Sitz im italienischen Mailand, der sich mehrheitlich im Besitz der Unternehmerfamilie Benetton befindet. Er betreibt 1200 Niederlassungen in 43 Ländern mit rund 75.000 Beschäftigten. Über 90 Prozent des Jahresumsatzes von mehr als zwei Milliarden Euro werden an Autobahnen, Flughäfen und Bahnhöfen erwirtschaftet.

 

Das bundesdeutsche Autogrill-Management hatte sich bis zuletzt gegen jegliche Tarifbindung gesträubt und auf Nervenkrieg, Aushungern, Ermattung und  Demoraliserung der bislang relativ streikunerfahrenen Beschäftigten spekuliert. Es hatte weder Kosten noch Mühen gescheut, um Regionalmanager und andere Streikbrecher in den bestreikten Betrieben einzusetzen und den Betrieb wenigstens notdürftig aufrecht zu erhalten. Dennoch erlitt der Konzern streikbedingt riesige Umsatzeinbußen, weil viele Autofahrer aus Solidarität an den bestreikten Betrieben nicht tankten, speisten oder einkauften. “Mit diesem Geld hätte man schon längst einen ordentlichen Tarifvertrag abschließen können” so der Gesamtbetriebsratsvorsitzende und NGG-Kollege Veit Otto (Eisenach): “Aber es ging denen ums Prinzip und die Verhinderung eines Tarifvertrags.”

 

Im monatelangen Arbeitskampf legten die vielfach schlecht bezahlten Servicekräfte eine hohe Motivation und ein ungebrochenes Durchhaltevermögen an den Tag und sahen ihre Chance zum Aufbegehren gegen Hungerlöhne, gegen schlechte Arbeitsbedingungen und für ein besseres Betriebsklima. “Der Willkür des Arbeitgebers ein Ende zu setzen, war nur möglich durch den mutigen Arbeitskampf und das Durchhaltevermögen”, so Walter Linner von der NGG Bayern. Solidaritätsbesuche von Anwohnern, Gewerkschaftern und politischen Akteuren, lokale Aktionstage, ein Treffen aller Streikenden in Nürnberg und Solidaritätserklärungen aus aller Welt brachten Rückendeckung.

 

Mit dem Einstieg von Autogrill in die Tarifbindung sind für die Servicekräfte an den Tankstellen, Restaurants, Bistros und Kiosken des Autogrill-Konzerns nun endlich auch Zuschläge für Überstunden, Nacht- und Feiertagsarbeit sowie Weihnachts- und Urlaubsgeld gesichert. Unter dem Druck des Arbeitskampfes hatte die Autogrill-Geschäftsführung schon vor Wochen etwa am Rasthof Eisenach die bislang deutlich niedrigeren Stundenlöhne auf 8,50 Euro angehoben. Dahinter kann sie faktisch nicht mehr zurück. Da für die unteren Einkommensgruppen im BdS-Lohntarif vor allem im Tarifgebiet Ost die Stundensätze noch darunter liegen, dürfte hier für die NGG das nächste “Schlachtfeld” liegen. Sie strebt hier eine deutliche Tariferhöhung an und hat deshalb die Tarifverträge mit dem BdS fristgemäß gekündigt. Somit könnte der Arbeitskampf bald weiter gehen.

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