Kategorie: Wirtschaft

Pest oder Cholera? Bürgerliche Wirtschaftspolitik in der Krise

Der Boom der letzten Jahre unterschied sich für die Masse der Lohnabhängigen kaum von einer Rezession. Die Angriffe der Bürgerlichen auf unseren Lebens- standard gehen ungebremst weiter. Der Aufschwung der Weltwirtschaft in jüngster Zeit fand nicht nur auf dem Rücken der Arbeiterklasse statt, er steht auch auf tönernen Füßen. Das weltweite Wachstum der letzten Jahre basierte hauptsächlich auf dem privaten Konsum in den USA sowie auf den hohen Wachstumsraten asiatischer Länder, allen voran China und Indien.




Der private Konsum in den USA wird wiederum durch Hypotheken getragen, die Private auf ihre Häuser aufgenommen haben. Der rapide Verfall der Immobilienpreise führt dazu, dass Menschen ihre Kredite nicht mehr zurückzahlen können und bringt gleichermaßen die internationale Bankenlandschaft als auch den privaten Konsum in den USA in Turbulenzen.

Der vergangene Boom fußte auf der größten Spekulationsblase der Geschichte, unter anderem auf dem Immobilienmarkt, ein Zeichen für seine Instabilität. Laut der britischen Finanzzeitung „The Economist“ befindet sich Japan bereits in der Rezession, eben so die USA. Die internationale Bankenkrise ist noch nicht ausgestanden. Wir dürfen dabei nicht vergessen, dass der Export in den US-Markt die Triebfeder der gesamten Weltwirtschaft, einschließlich der chinesischen Wirtschaft ist.

Inflation und Ölpreise

Hohe Ölpreise und Inflation sind zurzeit für alle spürbar. Sie hängen mit Spekulation und der planlosen Produktion für den Markt zusammen. Im Falle des Öls sind die Gründe unter anderem in der politischen Instabilität in vielen Exportländern, Börsenspekulation sowie der steigenden Nachfrage zu suchen.
Die gleichzeitige Verteuerung der Milchprodukte ist aber wahrscheinlich noch nicht das Ende der schlechten Nachrichten. Denn seit die Immobilienblase geplatzt ist, sind viele Spekulanten in den Lebensmittelmarkt abgewandert. Verschärft wird die Situation dadurch, dass dieser weltweit durch eine handvoll Konzerne kontrolliert wird. Ein besonders gutes Beispiel sind die jüngsten Preiserhöhungen für Getreide auf dem Weltmarkt. Oft werden die Lager absichtlich klein gehalten, um hohe Preise zu erzielen. So erreichten zum Beispiel die Preise für Weizen und Reis Ende Dezember auf der Chicagoer Börse Rekordhöhen. Was wir heute überall sehen ist Stagflation: Ein Phänomen, das die Krise der 1970er Jahre charakterisierte und sich durch eine Kombination aus Rezessionsgefahr und Inflation auszeichnet. Die Wirtschaftspolitik wird mit einem Dilemma konfrontiert: Soll man die Preiserhöhungen durch höhere Zinsen bekämpfen und damit eine Rezession riskieren? Oder soll durch Zinssenkungen die Rezession abgewehrt werden und dadurch eine Preisexplosion riskieren?

Rationale Irrationalität

Darüber, dass das hohe Ausmaß an Spekulation ein schlechtes Zeichen ist, sind sich viele einig. Die Ursache dafür liegt darin, dass seit der industrielle Profitkrise der 1970er Jahre der Finanzmarkt ein neues Ausmaß an Dominanz über das Industriekapital gewonnen hat.

Kurzfristige Profite haben das Primat gegenüber industrieller Expansion, sie werden weniger als in der Vergangenheit für Neuinvestitionen verwendet, sondern fließen in Spekulationsblasen. Die Spekulationsblasen hängen aber eng mit der Realwirtschaft zusammen. Fließen am Ende des industriellen Zyklus weniger Profite vom Realsektor in die Blasen, wird Geld aus den Finanzanlagen für den Ersatz der industriellen Anlagen benötigt, können Spekulationsblasen platzen und die gesamte Volkswirtschaft ins Trudeln bringen. Die beispiellose Expansion des Kredits im vergangenen Boom hat auch mit der Krise des industriellen Kapitals zu tun. Durch die niedrige Nachfrage an industriellem Kredit gerät das Überangebot an Krediten im Boom auf die Schiefe Bahn des Kreditschwindels. In den USA wurden sogar Kredite an Leute ohne Einkommen und Vermögen vergeben, so genannte Subprime-Kredite, die sehr treffend als Ninja (No income, no assets) Bonds bekannt sind. Um aber die Welt zu beruhigen, ließen sich die Bankiers die „securisation“ einfallen, das bedeutet, dass schlechte und gute Kredite in ein Bündel zusammen geschnürt werden und in dieser Form an andere Banken weiter verkauft. Das hat die Folge, dass man nicht weiß, wie viele faule Kredite tatsächlich im Umlauf sind. Dabei hofft natürlich jede Bank, die Konkurrenz werde den „schwarzen Peter“ ziehen. Am Ende des industriellen Zyklus, wenn frisches Geld benötigt wird, wird das Ende des Finanzzyklus eingeleitet, aus der Kreditklemme wird eine Kreditschwemme.

2001 ist es der US-Wirtschaftspolitik gelungen, geplatzte Blasen, wie die Dotcom-Blase, durch massive staatliche Eingriffe, Zinssenkungen und Budgetdefizitpolitik wieder aufzubauen, oder neue zu bilden, doch sind die Möglichkeiten Unmengen an Geld in die Wirtschaft zu pumpen heute nicht mehr gleich vorhanden. In Japan hat der Zusammenbruch der Immobilienkrise das Land in eine zehnjährige Krise gestürzt. Alle staatlichen Eingriffe, negative Zinssätze und die größte keynesianische Schuldenpolitik der Weltgeschichte haben nichts geholfen, um das Land auf einen Wachstumspfad zurückzuführen.

Ist Keynesianismus eine Alternative?

Für große Teile der Arbeiterbewegung ist das Wort Keynesianismus mit steigendem Lebensstandard und dem Ausbau des Sozialstaates verbunden.
Keynes’ Ziel war es, Krisen wie 1929 zu verhindern und den Kapitalismus vor Revolutionen zu retten, indem man ihn stabil macht. Seine Idee war in erster Linie, die Unternehmer zum Investieren zu bewegen. Ein Ansteigen des Massenkonsums sah er höchstens als Folge davon. Um den Kapitalisten möglichst profitable Bedingungen zu schaffen, sollten die Löhne im Vergleich zu den Gewinnen möglichst niedrig gehalten werden. Als ein gutes Mittel dazu betrachtete er die Inflation, da er sicher war, dass direkte Lohnkürzungen größeren Widerstand hervorrufen würden. Außerdem sollten die Investitionen durch staatliche Aufträge und vom Staat bereitgestellte Infrastruktur erhöht werden. Ein Hauptinstrument staatlicher Nachfrage war und ist immer die Rüstungsindustrie.
Ein weiteres Kennzeichen keynesianischer Politik ist es, die Zinssätze auch in Rezessionsphasen niedrig zu halten, um das Investieren schmackhafter zu machen. Keynesianische Politik konnte bis Ende der 1970er Jahre kurzzeitig immer wieder Investitionen ankurbeln, die Profitraten aber wurden durch Überinvestitionen und hohe Steuern nur weiter gesenkt. Mäßige Investitionsraten in Kombination mit expansiver Geldpolitik führten schließlich zu Stagflation, was den so genannten Neoliberalismus auf den Plan rief.

Kein Paradigma funktioniert im Reinen, auch wurden sie so gut wie immer gemischt angewandt. Kapitalismus braucht eine Mischung aus keynesianischer und neoliberaler Politik, da Keynesianismus auf Dauer die Profitraten zu sehr reduziert, während umgekehrt ein ganz freies Wirken des Marktes im Sinne der Neoliberalen verhängnisvoll wäre.

Wir können davon ausgehen, dass, wie bereits in Japan in den 1990er Jahren und in den USA 2001, auch heute bei der Krisenbekämpfung zu keynesianischen Maßnahmen Zuflucht genommen wird. In Großbritannien wurde mit Northern Rock bereits eine große Bank verstaatlicht. An der explodierenden Inflation und der unhaltbar hohen Staatsverschuldung aller großen Industrienationen ist ersichtlich, dass Staatsinterventionismus bereits jetzt an seine Grenzen stößt. In der USA kommt noch hinzu, dass die Zinssenkungen zu einem Verfall des Dollars führt, der alle anderen Staaten herausfordert. Abwertungsspirale, Stagflation und Schuldenexplosion sind die unangenehmen Begleiterscheinungen keynesianischer Krisenbewältigungsmechanismen.

Ein wirklicher Sozialstaat

Die sozialen Folgen der Krise werden dramatisch sein. Der Kapitalismus hat bereits in den letzten Booms den Profit aus den Menschen gepresst als wären sie Zitronen. Eine Wirtschaftskrise zwingt aber das Kapital bei Strafe seines Untergangs zu noch mehr Aggressivität und Unerbitterlichkeit.

Die Organisationen der Arbeiterbewegung haben die ureigenste Aufgabe, den Lebensstandard der Menschen abzusichern und die elementare Sicherheit ihrer Existenz zu verteidigen. Diese Aufgaben können jedoch in Krisenzeiten innerhalb des Kapitalismus gar nicht mehr gelöst werden. Die Gewerkschaften können nur dann den Lebensstandard, die Arbeitsplätze und die Existenz der ArbeiterInnen absichern, wenn sie mit der Logik des Kapitals brechen, sich gegen die Angriffe in harten Auseinandersetzungen verteidigen und auf einen sozialistischen Bruch mit dem kapitalistischen Produktionsverhältnissen hinarbeiten.

Unternehmen, die Kapital abziehen, Arbeitsplätze gefährden und die Ausbeutung steigern wollen, um die Krise auf Kosten der LohnarbeiterInnen abwälzen, müssen unter Arbeiterkontrolle verstaatlicht werden.

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