Prostitution und „Rape Culture“

Prostitution wird oftmals als individuelles Phänomen betrachtet und diskutiert. Befürworter der Prostitution stellen sie als individuellen Befreiungsakt dar, während Gegner darauf hinweisen, welche negativen Folgen es für Prostituierte selbst gibt. Wir wollen Prostitution als gesellschaftliches Phänomen betrachten und analysieren die Auswirkungen von Prostitution und ihre Wechselwirkung mit „Rape Culture“.


Während rot-lackierte Liberale Prostitution als unbewusste Helfer von Frauenunterdrückung und Sexismus schön reden, zeigen empirische Studien, welche verheerende Auswirkungen Prostitution auf die Gesellschaft hat. Dabei verstärkt Prostitution eine bereits bestehende „Rape Culture“ gegenüber allen Frauen. Diese besteht darin, dass sexuelle Übergriffe auf Frauen verharmlost werden und ihnen oftmals auch eine Teil- oder Gesamtschuld zugeschrieben wird, wenn sie Opfer von sexueller Gewalt werden.

Um zu verstehen wie sich Prostitution auf diese „Rape Culture“ auswirkt, sie verfestigt und verstärkt, genügt ein Blick auf verschiedene Studien. Zum Beispiel aus dem „Journal of Interpersonal Violence“ aus dem Jahr 2015, welche die Unterschiede zwischen Freiern und Nicht-Freiern beleuchtet. Ebenso beziehen wir uns auf eine Studie eines Forscherteams aus dem Jahr 2011.

Die Ergebnisse dieser Studien sind eindeutig: So neigen Freier im Vergleich zu Nicht-Freiern zu einer deutlich erhöhten „Hostile Masculinity“. Diese bezeichnet ein Verhaltensmuster, das durch frauenfeindlichen Ansichten, einem Wunsch nach Kontrolle und Dominanz über Frauen und dem Glauben an Vergewaltigungsmythen (z.B. Frauen wollen Opfer sein) einhergeht. Doch nicht genug: nicht nur von ihrer psychologischen Disposition, sondern auch real geben Freier an, dass sie eher zu gewaltvollem sexuellen Verhalten neigen. Sie geben im Vergleich zu Nicht-Freiern häufiger an, dass sie eine Frau vergewaltigen würden, wenn dies straflos und unentdeckt bleiben würde.

Darüber hinaus sind diese Männer zu weniger bis keiner Empathie gegenüber den Gefühlen der Prostituierten fähig. So ließ man Prostituierte, Freier und Nicht-Freier Frage zu den Gefühlen von Prostituierten befragen und verglich die Ergebnisse. Freier konnten die Emotionen von Prostituierten signifikant schlechter interpretieren oder sich in diese hinein versetzen.

Auch entmenschlichen Freier die betroffenen Frauen und erachten sie als von Grund auf verschieden zu anderen Menschen. Deutlich wird das mit folgenden Worten. „Sie ist nur ein biologisches Ding, das sich für ihre Dienste auflädt“. Hier zeigt sich deutlich, dass Freier Prostituierte als Objekte wahrnehmen. Dies zeigt sich auch in beiden Studien über die gesamte Gruppe im Unterschied zu Nicht-Freiern. Dadurch dass Frauen entmenschlicht werden, rechtfertigen Freier für sich die Tatsache, dass viele Prostituierte sich unter der Gewalt von Zuhältern befinden oder Opfer von Menschenhandel sind. Es kommt hierbei also zu einer Verharmlosung von Gewalt an Frauen und Menschenhandel an sich, der eng verwoben mit Prostitution ist. Einer der Freier war sogar mit Zuhältern befreundet und half diesen Prostituierte zu „rekrutieren“. Die Zuhälter baten ihn, „einen gewissen Typ von Mädchen in einem psychiatrischen Krankenhaus zu finden“. Der Freier berichtet aber auch von Zuhältern, die „Kids von Bushaltestellen" aussuchen. „Ich habe Mädchen getroffen die in etwa 15 oder 16 Jahre alt waren“.

Doch diese Missachtung von Frauen beschränkt sich bei Sex-Käufern nicht auf Prostituierte. Bereits während der Interviews wurden Freier signifikant übergriffiger gegenüber weiblichen Interviewerinnen und stellten ihnen Fragen wie: „Wo wohnst du?“, „Machen dich diese Fragen geil?“. Auch wurden sie mit Prostituierten verglichen, die die Freier kennen. Eine Interviewerin berichtet: „Er verglich mich damit, wie er möchte, dass eine Prostituierte aussieht.“ In Summe fühlten sich in circa 10% der Interviews mit Freiern die Interviewerinnen unwohl und belästigt.

Man könnte nun vermuten, dass Prostitution schlicht Männer anzieht, die zu Gewalt neigen und sich dadurch diese Unterschiede zwischen Freiern und anderen Männern ergeben. Doch ein Drittel der Freier berichteten, dass sich ihr Sexualverhalten durch Prostitution änderte: „Über die Zeit hinweg wollte ich dreckigere Dinge, wollte sie schlechter behandeln, wie sie herumzuwerfen. Es fiel mir leichter sie schlecht zu behandeln.“ Auch andere Männer beschrieben wie sie süchtig wurden und eine immer höhere Dosis im Austeilen einer schlechten Behandlung brauchten, um noch einen Kick zu bekommen. Freier äußerten selbst, dass sich nicht nur ihr Verhalten gegenüber Prostituierten veränderte, sondern auch gegenüber anderen Frauen. Ein Freier äußerte selbst: „Es (Prostitution) beeinflusst die Art und Weise, wie du das andere Geschlecht siehst, graduell über die Zeit geht es von der reinen Erfahrung in deine Persönlichkeit über. Wenn ein Mann oft bei Prostituierten war, wird er denken, dass jede Frau, mit der er Kontakt hat, wie eine Prostituierte ist.“ Wenn nun Freier Prostituierte entmenschlichen und über die Zeit hinweg jede Frau wie eine Prostituierte behandeln, führt dies dazu, dass sie Frauen an sich entmenschlichen und wie Objekte betrachten und auch so behandeln. Ein anderer Freier beschreibt: „Zum Beispiel, wenn eine Frau Oral- oder Analsex nicht mag, dann findest du das akzeptabel, so eine Einstellung zu haben, aber mit einer Prostituierten bekommst du es. Und dann denkst du, du solltest es bekommen, egal was ist.“ Und weiter: „Wo Prostitution ist, generalisieren Männer von einer kleinen Gruppe: Wenn man Sex von Frauen kaufen kann, dann kann ich Sex von allen Frauen kaufen. Wenn sie Geld nicht akzeptieren, dann werd ich meinen Sex mit ihnen so oder so haben.“ Das Zurichten von Prostituierten zu Waren führt auch in letzter Instanz dazu, dass Frauen generell entmenschlicht, verwertet und schließlich vergewaltigt werden.

Wir sehen also wie Prostitution eine Kultur der Vergewaltigung erzeugt. Nicht nur, dass sich unter den Freiern besonders gewalttätige und sexistische Männer befinden, auch erzeugt Prostitution diese Kultur der Vergewaltigung mit. Sie wirkt sich nicht nur verheerend auf Prostituierte aus, sondern auch auf alle Frauen einer Gesellschaft. Unter allen Befragten Männern der Studie waren unter den Tätern von Gewalt gegen Frauen hundert Prozent Freier. Das heißt nicht, dass Männer, die keine Freier sind keine Gewalt gegen Frauen begehen, aber es ist ein weiteres bedrückendes Beispiel dafür, wie eng Prostitution, Sexismus und Gewalt gegen Frauen untrennbar verwoben sind. Prostitution ist ein Produkt des Patriarchats und des Sexismus und so erzeugt es auch heute noch Sexismus mit.

Als Marxistinnen und Marxisten nehmen wir diese zusätzliche Unterdrückung, die vor allem auf Frauen lastet, nicht hin. Wir setzen unseren energischen Kampf diesen Umständen, aber auch der Prostitution entgegen, weil für uns der Kampf gegen Sexismus auch der Kampf gegen Prostitution sein muss. Dies ist keine moralische, sondern eine politische Frage. Wir sehen uns in der Tradition des Marx’schen „(…) kategorischen Imperativ, alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist.“ Wir wollen eine Gesellschaft, die frei ist von der Barbarei der Prostitution und des Sexismus und den Folgen wie Menschenhandel und sexueller Gewalt.

Uns ist jedoch bewusst, dass wir uns, um dieses Ziel zu erreichen, nicht gegen die Unterdrücktesten der Unterdrückten - die Prostituierten - richten können. Deswegen sprechen wir uns gegen eine Illegalisierung dieser Unterdrückten aus. Wir bekämpfen Zustände in denen es „üblich“ und „normal“ ist Freier zu sein. Eine Kultur, die gerade in Deutschland tausende junge Männer verroht, die Gesellschaft weiter barbarisiert und Frauen zur Ware macht. In diesem Sinne gilt unser Kampf dem Sexismus und dem Kapitalismus, der diese Umstände erzeugt. In diesem Sinne und in keinem anderem bekämpfen wir die Institution der Prostitution.

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