Kategorie: Antifaschismus |
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Zuwachs für flämische Rechtsextremisten... aber Antwerpen wählt gegen den Trend |
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Stimmengewinne für die rechtsnationalistische flämische Partei Vlaams Belang (VB) sind ein hervorstechendes Ergebnis der belgischen Kommunalwahlen. Die aus dem früheren Vlaams Blok hervorgegangene Partei errang im nördlichen Landesteil Flandern 20,8 Prozent der Stimmen und konnte ihre Position und Anzahl von Mandaten ausbauen. Dabei wurde der VB in sieben Kommunen stärkste Kraft und errang in einzelnen Gemeinden wie Merksen, Hoboken und Deurne sogar deutlich über 40 Prozent.
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Demgegenüber mussten die Liberalen, die Partei von Ministerpräsident Guy Verhofstadt, speziell in Flandern Rückschläge verkraften. Die Sozialisten, Verhofstadts Koalitionspartner, verloren vor allem aufgrund örtlicher Korruptionsskandale in Charleroi und Namur, traditionellen industriellen Hochburgen in der französischsprachigen Wallonie, Sitze und Stimmen, konnten aber in Brüssel und Gent zulegen. Anders als von den Medien und der Allgemeinheit erwartet, konnte sich die SP in der Hafenstadt Antwerpen fast verdoppeln und den bisher als stärkste Partei im Gemeinderat vertretenen VB auf Platz zwei verweisen. Zu Lasten der Liberalen und Grünen nahm ihr Anteil von 19,5 Prozent auf 35,3 zu. Der VB gewann auch hier zwar noch 0,5 Prozent hinzu, blieb aber mit 33,5% deutlich auf Platz zwei. Die SP hat künftig im Rathaus 22 Sitze, der VB 20 Sitze. Da das belgische Kommunalwahlrecht neben Listenstimmen auch Präferenzstimmen für einzelne Listenkandidaten vorsieht, lässt ein genauerer Blick auf Einzelergebnisse wichtige Schlussfolgerungen zu. SP-Spitzenkandidat und Oberbürgermeister Patrick Janssens (SP) konnte mit 71289 Vorzugsstimmen klar den rhetorisch gewandten VB-Chef Filip Dewinter schlagen, der als örtlicher Spitzenkandidat seiner Partei in Antwerpen 62642 persönliche Stimmen verbuchte. Durch gezielte Mobilisierung für Vorzugsstimmen wurden mehrere linkere Kandidaten und Bewerber mit Migrationshintergrund von hinteren Plätzen auf der Liste der Antwerpener SP so weit nach oben geschoben, dass sie den Einzug in das Stadtparlament schafften. So war der Arbeiter Frank Hosteaux, der für sein soziales Engagement für Mieter und Migranten bekannt ist und sich als unbequemer Kritiker mit der örtlichen Parteiführung der SP angelegt hatte, auf den aussichtslosen Platz 44 der SP-Liste gesetzt worden. Mit Hilfe einer linken Kampagne wurde er am Sonntag durch Vorzugsstimmen auf Rang 21 hoch katapultiert und damit in den Gemeinderat gewählt. Die linke Opposition in der Antwerpener SP, die sich Ende 2005 nach zwei landesweiten Generalstreiks gegen die Rentenpolitik der „eigenen“ Brüsseler Regierung als „SP.a Rood” neu gebildet hatte, sieht sich durch den Erfolg von Frank Hosteaux bestärkt. Sie fordert von der SP-Führung, dass sie den Rechtsextremen noch deutlicher mit einem eindeutig sozialistischen Profil entgegentritt, als es bisher unter Janssens und mit dessen relativ unpolitischem Persönlichkeitswahlkampf geschehen ist. Unsere belgische Schwesterzeitung Vonk hat sich aktiv am Aufbau von SP.a Rood beteiligt. Der 1979 gegründete Vlaams Blok unterhielt stets traditionell gute Kontakte zu den deutschen Republikanern, DVU und NPD sowie zur österreichischen FPÖ. Mit der Neugründung des Vlaams Belang 2004 wollten sich die Rechtsnationalisten vom rassistischen und faschistischen „Schmuddelimage“ befreien und ein respektableres, bürgerfreundlicheres Image zulegen. Sie benutzen intern aber nach wie vor die Parole „Eigen volk eerst“ („Das eigene Volk zuerst“). Der VB hält mit separatistischen und rassistischen Parolen seine Basis bei der Stange und strebt eine größere Autonomie bis hin zur staatlichen Unabhängigkeit Flanderns an. Zu seinen programmatischen Inhalten gehören „freie Marktwirtschaft“, Zuwanderungsstop, die Abschaffung von Anti-Diskriminierungs-Gesetzen, die Privatisierung des Rentensystems, gewerkschaftsfeindliche Gesetze und die Einführung einer Einheitssteuer.
Hans-Gerd Öfinger |