Es ist nicht richtig, dass Rassismus ein Problem von ungebildeten Menschen ist, wie uns Teile der Medien und social media glauben lassen. Um Rassismus in jeglicher Form zu bekämpfen, reicht eine oberflächliche Herangehensweise gewiss nicht aus.
Schauen wir uns an, welche rassistische Rhetorik z. B. aus der CDU/CSU in den letzten Wochen und Monaten zu hören ist, so wird offensichtlich, dass Rassismus kein Problem von nicht genug gebildeten Menschen ist. CSU-Chef Horst Seehofer beispielsweise wird nicht müde, eine rassistische Rhetorik zu gebrauchen, die CSU bleibe „kompromisslos“ wenn es darum gehe, den „massenhaften Asylmissbrauch“ durch „rigorose Maßnahmen zu stoppen“. Herr Seehofer war viele Jahre als Amtsinspektor im gehobenen Verwaltungsdienst tätig und absolvierte als Jahrgangsbester (!) die Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie. Da das Asylrecht Teil des Verwaltungsrechts ist, muss man davon ausgehen, dass Herr Seehofer ganz genau weiß, wovon er spricht. Ihm ist überaus bewusst, dass seine Worte reine Demagogie sind. Denn das Recht auf Asyl kann gar nicht missbraucht werden, anders als beispielsweise Sozialleistungen. Ein Asylantrag wird entweder anerkannt oder abgelehnt. Den „massenhaften Asylmissbrauch“ sieht Herr Seehofer allerdings darin, dass die Asylanerkennung von Menschen aus dem Westbalkan bei ca. 2% liegt, dies bedeutet, dass die Asylanträge der Masse, also 98 %, abgelehnt werden. Der „Asylmissbrauch“ liegt für Herrn Seehofer allein in der Asylantragstellung! Er verwehrt Menschen, von einem grundgesetzlichen Recht Gebrauch zu machen; er geht noch weiter, er kriminalisiert ganze Menschengruppen, bloß weil diese einen Asylantrag stellen!
Herr Seehofer weiß sicherlich auch, dass Frankreich etwa laut „Süddeutscher Zeitung“ Sinti und Roma als „gruppenspezifisch Verfolgte“ anerkennt – Deutschland nicht. Auch andere europäische Staaten nehmen sehr viele Flüchtlinge aus dieser Region auf. In Albanien, Mazedonien und im Kosovo herrscht wirtschaftliches Elend. Die Verhältnisse werden durchaus als Asylgrund anerkannt. Was Herr Seehofer tut, ist geistige Brandstiftung! Dies stellt in Deutschland jedoch keine Straftat dar, das bewusste Behaupten falscher Dinge auch nicht! Aber damit ist Herr Seehofer bei seinen Politikerkollegen in allerbester Gesellschaft: Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Stephan Mayer, sagt: „Die mangelhafte Abschiebung abgelehnter Asylbewerber ist eines der Hauptprobleme bei der Bewältigung der angespannten Asylsituation.“ Er hatte sich in einem Interview unter anderem dafür ausgesprochen, dass Asylbewerber, die keine Ausweispapiere vorweisen könnten oder ihren Namen „vergessen“ hätten, „sofort im Gefängnis untergebracht werden“.
Andreas Bausewein, Oberbürgermeister von Erfurt und Thüringens SPD-Chef, forderte gar in einem offenen Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel und Thüringens Ministerpräsidenten Bodo Ramelow die Aussetzung der Schulpflicht für Kinder von Asylbewerbern. „Die Zahl der schulpflichtigen Kinder ohne Aufenthaltsstatus ist sehr hoch. Die Kapazitäten der Schulen sind ausgereizt“, begründete er seine Forderung. Und unsere derzeit viel gefeierte Kanzlerin? „Wir können nicht alle aufnehmen“, sagte Frau Merkel vor wenigen Monaten erst einem weinenden 14-jährigen palästinensischen Mädchen. Unsere Kanzlerin ist jedoch nicht dumm, ganz und gar nicht. Sie weiß genau, dass von den über 50 Millionen Flüchtlingen weltweit (!!!) weniger als 15% in den reichen Industrieländern leben. Der Rest der Flüchtlinge, d.h. mehr als 85 %, lebt in anderen, so genannten „Entwicklungsländern“. Pakistan, Iran und der Libanon nehmen die meisten Flüchtlinge auf! Warum suggerieriert die deutsche Kanzlerin, dass die westlichen Länder und Deutschland im besonderen die Hauptlast der Flüchtlingsaufnahme trügen? Warum benutzt die deutsche Kanzlerin die selbe Rhetorik wie jene, die Flüchtlingsheime anzünden und Menschen angreifen?
Rassismus wird geschürt, und zwar ganz bewusst, denn dumm sind diese Menschen nicht! Aber warum? Wem nützt Rassismus? “Cui bono?”, wie die alten Römer zu sagen pflegten. Rassismus wird – gerade in Zeiten von Wirtschaftskrisen – als Waffe zur Entsolidarisierung eingesetzt. Die politische und wirtschaftliche Elite kann durch den geschürten Rassismus die der abhängig Beschäftigten und Masse der Bevölkerung spalten, um ihre Machtstrukturen aufrecht zu erhalten. So ist es auch zu erklären, dass Flüchtlinge nun auch von ganz anderer Seite scheinbar „solidarische“ Unterstützung bekommen – von Unternehmerverbänden, die immer auf der Suche nach billigen und gefügigen Arbeitskräften sind. So mischte sich Werner Stolz, Hauptgeschäftsführer des Interessenverbandes Deutscher Zeitarbeitsunternehmen (iGZ), in die Flüchtlingsdebatte ein und erklärte: „Die bisherige lange Zeitarbeitssperre ist nicht mehr zu rechtfertigen und realitätsfremd“. Was damit gemeint ist, dürfte offenkundig sein!
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