Kategorie: Antifaschismus |
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Aufstieg der AfD: Mit Klassenkampf in die Gegenoffensive! |
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Die AfD ist im Höhenflug. In kürzester Zeit erzielt sie einen Erfolg nach dem anderen: erster AfD-Landrat in Thüringen; erster AfD-Bürgermeister in Sachsen-Anhalt; bei Umfragen zur Bundestagswahl Spitzenwerte von bis zu 23 %; und in fast allen ostdeutschen Bundesländern wäre sie bei den Landtagswahlen nach aktuellen Umfragen stärkste Kraft. Wie können wir sie aufhalten? |
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Die kürzlichen Erfolge der AfD stellen eines der Top-Themen in der deutschen Politik und Gesellschaft dar. Zwar hat der scheinbar unaufhaltsame Siegeszug dieser Partei mit der Oberbürgermeisterwahl in Nordhausen (Thüringen) vorerst einen Dämpfer erhalten, wo sich ein breites Bündnis rund um den parteilosen Kai Buchmann gegen den AfD-Kandidaten Jörg Prophet durchsetzen konnte. Allerdings ist das dortige Wahlergebnis alles andere als eindeutig mit 54,9 % zu 45,1 % – und die allgemeine Situation, die der AfD überhaupt erst zu einem derartigen Aufschwung verhilft, ist keinesfalls gelöst. Für viele bedeutet das Angst um die Zukunft: Werden die Rechten an die Macht kommen? Was kann man dagegen tun? Liegt das Problem in der DDR-Vergangenheit?Um die Welt gezielt verändern zu können, muss man sie verstehen. Dementsprechend ist es für eine wirksame Strategie gegen die AfD notwendig, überhaupt erst einmal die Ursachen ihrer neu-gewonnenen Stärke zu kennen. Vertreter des bürgerlichen Spektrums haben hier allerdings nicht viel zu bieten. Ein Beispiel stellt hier der ehemalige Bundespräsident Joachim Gauck dar. Dieser gab im Juli bei Markus Lanz zum Besten, dass es in erster Linie psychologische Eigenschaften wären, die den „Ossi“ vom „Wessi“ unterscheiden und ersteren dementsprechend für rechtsradikale, autoritäre Ideologien anfälliger machen würden. Grund hierfür wäre die DDR-Vergangenheit Ostdeutschlands, in der die Ostdeutschen lange Zeit keine politische Mitbestimmung hatten. Ausgehend von diesem Erklärungsversuch ist es den Ossis in den vergangenen 33 Jahren tragischerweise nicht gelungen, sich auf die Demokratie einzulassen und sich von autoritären Denkmustern zu verabschieden. Mit dieser Herangehensweise macht man es sich allerdings zu einfach. Erst einmal lässt man damit völlig außer Acht, dass der Osten und der Westen Deutschlands nicht nur hinsichtlich ihrer Geschichte Unterschiede aufweisen. Vielmehr spielt allerdings eine Rolle, dass der Osten nach wie vor gegenüber dem Westen in elementaren Bereichen des gesellschaftlichen Lebens – dem Wohlstand, der Lebenserwartung, Zukunftsaussichten etc. – benachteiligt ist. Dies hängt nicht zuletzt auch damit zusammen, dass nach der Wende ein beispielloser wirtschaftlicher und infrastruktureller Kahlschlag durchgeführt worden ist, der heute schlicht unter dem Begriff „Treuhand“ bekannt ist. Abgesehen davon, dass Gaucks Erklärung aufgrund ihrer Einseitigkeit schon rein theoretisch schwach ist, stößt sie auch in der Praxis an ihre Grenzen. Beispielsweise wird Italien seit dem vergangenen Oktober von der rechtsradikalen Giorgia Meloni regiert, und das ganz ohne DDR-Vergangenheit! Auch ein Blick auf die Thüringer Landtagswahl 2019 widerlegt diese Theorie. Gerade die Altersgruppen, die besonders lange in der DDR gelebt hatten, haben am seltensten für die AfD gestimmt. Bei den über 70-Jährigen waren es sogar lediglich 13 %, während das Gesamtergebnis bei 23 % lag. Andersherum konnte die Linkspartei bei besagten Altersgruppen besonders stark punkten. Allein mit der DDR-Sozialisation die Stärke der AfD im Osten erklären zu wollen, ist also ein hoffnungsloses Unterfangen. Ausgehend von den oben genannten Daten zur Thüringer Landtagswahl lässt sich auch sofort eine weitere, insbesondere im linksliberalen Lager beliebte, Herangehensweise entlarven. Diese zielt darauf ab, anhand von Identitätskategorien einen Schuldigen zu finden: in diesem Fall die älteren Generationen. Dieser Ansatz scheitert hier, wie bereits erläutert, allerdings komplett. Sind die Ostdeutschen alle Nazis?Eine weitere große Argumentation hinsichtlich des AfD-Aufstiegs ist die, dass im Osten einfach tatsächlich enorm viele Nazis leben, sodass es nicht weiter verwunderlich ist, dass diese jetzt AfD wählen. Hier stößt man gleich auf mehrere Probleme. Die große Preisfrage ist nämlich: Wo, im Detail, sollen die jetzt alle herkommen? Argumentiert man, dass diese schon immer da gewesen wären, Ostdeutschland also nicht entnazifiziert geworden wäre, stellen sich gleich zwei weitere Fragen. Erstens, wieso haben besagte Nazis bis vor wenigen Jahren alle möglichen Parteien wie beispielsweise die Linkspartei gewählt? Ist es nicht eher unüblich für Faschisten, eine Partei, welche sich auf den Sozialismus beruft, zu wählen? Zweitens, wenn die DDR einen derartig schlechten Job bei der Entnazifizierung gemacht haben soll, wieso sieht es dann in Westdeutschland aktuell noch nicht so schlimm aus? Schließlich war die „Entnazifizierung“ dort sowohl für sich alleinstehend als auch im Vergleich mit der DDR bestenfalls ein schlechter Witz. Beispielsweise wurden die Bundeswehr sowie der Verfassungsschutz von „ehemaligen“ Nazis aufgebaut und mit der FDP existierte eine Partei, die sich explizit als Sammelbecken für Alt-Nazis verstand. Wenn es nun nicht die Alt-Nazis sind (was, wie bereits dargelegt, empirisch absolut nicht der Fall ist), die die aktuelle Situation zu verantworten haben, müssten es folglich neue Nazis sein. Mit dieser Behauptung erklärt man aber nichts, sondern stiftet nur noch mehr Verwirrung. Schließlich werden Menschen nicht einfach so zu Neo-Nazis. Die Ursache dafür, dass das vermeintlich im Osten plötzlich der Fall ist, bleibt aber ungeklärt. Das Problem heißt Kapitalismus!Würde man nach den hier beispielhaft gezeigten Erklärungsversuchen gehen, müsste man schnell zu dem Schluss kommen, dass wir dem Aufstieg der AfD mehr oder weniger hilflos ausgeliefert wären. Dem ist aber ganz und gar nicht so. In einer Studie, die das Else-Frenkel-Brunswik-Institut der Universität Leipzig im Juni zum Thema des Rechtsextremismus in Ostdeutschland veröffentlichte, heißt es: „Liegen ähnliche sozio-ökonomische Konstellationen in Westdeutschland vor, lassen sich entsprechende autoritäre Dynamiken auch in Westdeutschland beobachten.“ Das weist in die absolut richtige Richtung: Die sozio-ökonomischen Umstände spielen eine Hauptrolle für den Aufstieg der AfD. Diese wiederum werden in erster Linie vom Wirtschaftssystem und dessen aktuellen Zustand bestimmt. Besagtes Wirtschaftssystem ist der Kapitalismus, der sich derzeit in einer tiefen Krise befindet. Gestiegene Preise, insbesondere bei den Gütern des täglichen Bedarfs, die die offizielle Inflationsrate deutlich übertreffen; Angst um den (oftmals schlechtbezahlten) Arbeitsplatz; Sparmaßnahmen des Staats in allen relevanten Bereichen und damit verbundener Verfall der Infrastruktur etc.: All das und noch mehr sorgt dafür, dass immer mehr Schichten der Bevölkerung mit dem Status quo brechen und nach einem Ausweg suchen. Die Linkspartei ist dabei kein Anlaufpunkt. Sie gilt nicht mehr als Systemopposition, sondern als Teil des Establishments. Die LINKE sitzt selbst in mehreren Landesregierungen. Systemkritik äußert die Partei nur noch sehr halbherzig und handzahm – sofern sie es überhaupt tut. Die selbsternannte „Alternative für Deutschland“ war abgesehen von der kommunalen Ebene bisher noch nicht in Regierungsverantwortung und konnte sich dadurch auch nicht entblößen. Stattdessen glänzt sie mit vermeintlicher Fundamentalopposition und inszeniert sich als Partei des kleinen Mannes. Daher blicken viele derer, die mit der jetzigen Situation unzufrieden sind, auf die AfD. Dass die AfD gerade in Ostdeutschland so gut punkten kann, hängt einerseits damit zusammen, dass dort von vornherein ein schlechterer Lebensstandard existiert. Das ist zu großen Teilen auf die Wiedervereinigung und insbesondere die Treuhand zurückzuführen, was bei vielen nach wie vor Grund für Frust ist. Das nutzt die AfD mit Wahlkampfsprüchen wie etwa „Vollende die Wende!“ geschickt aus. Andererseits ist die Region aufgrund des wirtschaftlichen Kahlschlags nach der Wende deutlich anfälliger für die Auswirkungen der Krise. Das zeigte sich in den letzten Jahren, in denen beispielsweise in Thüringen immer mehr Autozulieferer die ohnehin schon begrenzten Chancen des Durchschnittsarbeiters auf ein gutes Gehalt zerstörten; z.B. durch Standortschließungen und Arbeitsplatzabbau. Dass dies häufig damit erklärt wird, dass man auf den weniger personalintensiven Bau von E-Autos umsteigen und dementsprechend weniger Mitarbeiter brauchen würde, spielt der AfD zusätzlich in die Karten. So kann sie nämlich die sowieso existierenden Zukunftsängste und den Frust der Arbeiter in einen Kulturkampf gegen den Umwelt- und Klimaschutz kanalisieren und sich selbst als die Lösung für das Problem inszenieren. Durch die Sparmaßnahmen der Regierung, die durch die kapitalistische Krise für sie notwendig werden, werden Frust und Perspektivlosigkeit noch weiter angeheizt. Beispielsweise werden immer mehr Krankenhäuser entweder verkleinert oder sogar komplett geschlossen. Das zeigt sich etwa in Sonneberg, wo die Geburtshilfe-Station vor Kurzem geschlossen werden musste. Der dortige Chefarzt der Gynäkologie brachte die Situation so auf den Punkt: „Im Landkreis wird nicht mehr geboren, sondern nur noch gestorben.“ Als offizieller Grund wird in diesem Fall zwar der Mangel an und der Misserfolg beim Einstellen von neuem Personal angegeben, allerdings ist klar, dass der Gesundheitssektor extrem unterfinanziert ist und sich das auch auf Lohn und Arbeitsbedingungen der dort Beschäftigten auswirkt. Dass man dann niemanden mehr findet, der diesen Job machen will, ist wenig verwunderlich. Die Krise des Kapitalismus hinterlässt aber nicht nur in Ostdeutschland ihre Spuren. Auch in Westdeutschland wird die Arbeiterklasse von ihren Auswirkungen geplagt. Dementsprechend erzielt die AfD auch dort in den Wahlumfragen große Fortschritte. In Baden-Württemberg würde sie aktuell sogar auf 20 % kommen! Zwar ist die AfD in relativen Zahlen im Osten stärker als im Westen, allerdings würde sie in absoluten Zahlen im Westen deutlich mehr Rückhalt bekommen. Polarisierung statt Rechtsruck!Auch wenn es sich so anfühlt, als ob wir aktuell einen völligen Rechtsruck durchleben würden, ist das nicht der Fall. Wie bereits beschrieben besteht in breiten Teilen der Bevölkerung der Wille, einen Ausweg aus der derzeitigen Situation zu finden. Das resultiert in einer Polarisierung – die Mitte zerbröselt und das System wird bewusst sowie unbewusst hinterfragt. Diese Polarisierung kann sich aufgrund des Fehlens einer relevanten linken Partei, die glaubhaft gegen den Status quo kämpft und dafür eine Lösung anzubieten hat, sowie aufgrund der bremsenden Rolle der sozialpartnerschaftlichen Gewerkschaftsführung nicht sichtbar nach links ausdrücken. So entsteht insbesondere auf parlamentarischer Ebene die Illusion eines Rechtsrucks. Dass es sich aber um eine Polarisierung handelt, wird an verschiedenen Punkten deutlich. Als Erstes ist das rasant ansteigende Interesse an kommunistischen Ideen insbesondere in der Jugend und bei den jungen Erwachsenen zu nennen. Das ist in unserer täglichen Aufbauarbeit zu sehen. Das wird außerdem z.B. im Vereinigten Königreich deutlich, wo laut einer aktuellen Umfrage in der Altersgruppe der 18- bis 29-Jährigen 4,5 Millionen Menschen der Aussage zustimmen, dass der Kommunismus das beste Wirtschaftssystem sei. Auch die Wahlerfolge der KPÖ in Österreich untermauern die These der Polarisierung aus internationaler Perspektive. Zweitens zeigen die Bewegungen der vergangenen Jahre – Fridays For Future, Deutsche Wohnen und Co. Enteignen, verschiedene antifaschistische Mobilisierungen etc. –, dass eine starke Politisierung nach links stattfindet. Ein Blick auf die USA ist hierbei sehr spannend, da man diesem Land wohl kaum einen Linksruck unterstellen würde. Gerade in linken Kreisen wird stattdessen sogar von einer Entwicklung hin zum Faschismus gesprochen. Schaut man hier auf die Massenbewegungen, zeichnet sich aber ein sehr eindeutiges Bild ab, insbesondere im Fall von Black Lives Matter. Im Kontext dessen demonstrierten nämlich 10 % der Gesamtbevölkerung der USA gegen Rassismus und Polizeigewalt. Angetrieben wurde dies unter anderem dadurch, dass sich die Lebensbedingungen in der Vergangenheit massiv verschlechtert haben und dies weiterhin tun. In einer Umfrage der „Newsweek“ hielten 54 % der Befragten das Niederbrennen der Polizeiwache in Minneapolis für richtig. Angesichts der recht niedrigen Wahlbeteiligung in den USA (bei der Präsidentschaftswahl 2020 waren es 66,3 %) war die Zustimmung hierfür fast höher als für die Demokraten und Republikaner zusammengenommen! Während Black Lives Matter den US-Präsidenten Donald Trump in einen Schutzbunker zwang, war der Höhepunkt rechter Mobilisierungen in diesem Zeitraum der Sturm auf das Kapitol am 06. Januar 2021. Nicht mehr als wenige Tausend Trump-Anhänger versammelten sich gegen das Wahlergebnis der Präsidentschaftswahl 2020. Im Vergleich zu den Millionen, die nach der Ermordung George Floyds im ganzen Land auf die Straße gingen, ist das nichts. Sieht so ein Rechtsruck aus? Drittens erleben wir das Wiedererwachen der Arbeiterbewegung. Dieses wird noch weitgehend von den Gewerkschaftsführungen abgebremst. Allerdings zeigen uns die immer kämpferischer geführten Streiks wie etwa der Megastreik vom März dieses Jahres oder der Streik der Hamburger Hafenarbeiter vom vergangenen Jahr sowie der massive Zustrom neuer Mitglieder in die Gewerkschaft ver.di, dass sich hier etwas tut. Angesichts der Krise des Kapitalismus und der Perspektive, dass diese sich langfristig verschärfen wird, stehen wir hier bloß am Anfang. Die Arbeiterklasse wird sich zunehmend immer heftiger gegen die Angriffe der Kapitalisten zur Wehr setzen müssen. Dabei wird sie ihre Erfahrungen machen, Schlussfolgerungen ziehen und sich zwangsläufig mit ihrem neugewonnenen Klassenbewusstsein politisch nach links bewegen. Eins ist nämlich klar: Auch wenn sich die AfD mit ihrer Demagogie als Vertretung der Arbeiter inszeniert, wird sie im Ernstfall keine Sekunde zögern und sich offen gegen die Arbeiterklasse wenden. Wie können wir gegen die AfD kämpfen?Mit dem Wissen, dass wir uns in einer Polarisierung und nicht in einem Rechtsruck befinden, sind wir in der Lage, eine erfolgreiche Strategie gegen den Aufstieg der AfD zu entwickeln. Unter der Annahme, es würde sich um einen Rechtsruck handeln, sehen wir genau die falsche Herangehensweise vonseiten der Linkspartei: Nach dem Motto „Alle Demokraten müssen gegen die AfD zusammenhalten!“ werden breite Bündnisse mit anderen politischen Gruppen und Parteien bis hin zu FDP und CDU eingegangen. Im Kern ist das nichts anderes als die alte stalinistische Volksfronttaktik, die beispielsweise in der Spanischen Revolution der 1930er Jahre zu einer kompletten Niederlage geführt hat. Auf diese Art und Weise verliert die Linkspartei jeden verbliebenen Anspruch, eine glaubwürdige Opposition gegen das System darstellen zu wollen, und ebnet so nur den Weg für weitere Niederlagen. Auch wenn bei der Oberbürgermeisterwahl in Nordhausen diese Taktik tatsächlich für einen knappen Sieg gereicht hat, wird sie weder das zugrundeliegende Problem lösen noch bei kommenden Wahlen eine Garantie gegen einen AfD-Sieg geben können. Vielmehr kann sich die AfD dadurch umso besser als die einzige wahre Opposition gegen den „Altparteienblock“ und ihr System darstellen. Was es braucht, ist eine linke Kraft von relevanter Größe, die mutig vorangeht und eine echte Perspektive aufzeigt. Diese Rolle müsste die Linkspartei spielen, tut sie aber nicht. Dass man dadurch die Massen begeistern kann, zeigten beispielsweise die Bewegungen um Bernie Sanders in den USA, Jeremy Corbyn im Vereinigten Königreich sowie Syriza in Griechenland. Auch wenn sie aufgrund ihres Reformismus sie ihre Versprechen letztlich nicht erfüllen konnten. Trotzdem ist eins klar geworden: Unter der Oberfläche brodelt es. Sobald es eine Möglichkeit gibt, die angestaute Wut zu kanalisieren und nach außen zu tragen, wird genau das passieren. Bisher fehlt in Deutschland noch der Zündfunke, der den Weg dafür freimacht, dass sich die Polarisierung in ihrem vollen Ausmaß auch nach links auszudrücken kann. So lange wird es weiterhin auf den ersten Blick so aussehen, als ob wir uns in einem Rechtsruck befinden würden. Unter der Oberfläche spitzen sich die Widersprüche allerdings immer weiter zu und der Klassenkampf nimmt an Intensität zu. Früher oder später wird es zwangsläufig zu einer Explosion kommen, die die Illusion des Rechtsrucks hinwegfegen wird. Was ist die Perspektive für die Zukunft?Nächstes Jahr sind in den Bundesländern Brandenburg, Sachsen und Thüringen Landtagswahlen. Viele erfüllt bereits der Gedanke daran mit Angst, schließlich liegt die AfD in allen diesen Bundesländern in den aktuellen Umfragen bei über 30 %. Teils wird sogar das Schreckgespenst eines kommenden Faschismus an die Wand gemalt. Aktuell sieht es tatsächlich danach aus, dass die AfD bei den kommenden Wahlen in Ostdeutschland klare Siege einfahren wird. Allerdings stünde selbst durch eine Regierungsverantwortung der AfD der Faschismus nicht auf der Tagesordnung. Ein Blick nach Italien zeigt: Nachdem dort Giorgia Meloni mit ihrer Partei Fratelli d’Italia an die Macht kam, fürchtete man ebenfalls die Rückkehr des Faschismus. Das ist aber absolut nicht eingetreten und würde es auch in Deutschland nicht, weil dem Faschismus heute die soziale Basis fehlt. Darüber hinaus wäre mit einer heftigen Reaktion zu rechnen. Als 2020 Thomas Kemmerich (FDP) kurzzeitiger Ministerpräsident Thüringens mithilfe der Stimmen der AfD wurde, brach noch am gleichen Tag eine kräftige Gegenbewegung aus. Innerhalb kürzester Zeit wurden in vielen Orten Thüringens und darüber hinaus auch in anderen Teilen der Bundesrepublik Demonstrationen organisiert. Nach nur vier Tagen musste Kemmerich seinen Rücktritt verkünden. Sollte die AfD tatsächlich stärkste Partei werden und vielleicht sogar in eine Regierung kommen, wäre der Protest dagegen noch deutlich stärker. Einerseits ist es ein Unterschied, ob ein FDP-Ministerpräsident mithilfe von Stimmen der AfD an die Macht kommt oder ob letztere dies selbst als größte Regierungspartei tut. Andererseits hat die Krise des Kapitalismus die Polarisierung in den letzten Jahren verschärft. Gerade bei der Jugend und den jungen Erwachsenen haben die ungelöste ökologische Krise, der desaströse Umgang mit der Pandemie, die Inflation usw. zu einer starken Radikalisierung nach links geführt. Nur die Wenigsten glauben noch, eines Tages einen besseren Lebensstandard als die eigenen Eltern erreichen zu können. All das würde sich dann auf der Straße entladen. Das allein wird aber nicht reichen, um die Gefahr durch die Rechten zu beseitigen. Es sind der Kapitalismus und dessen tagtägliche Auswirkungen auf das Leben der Menschen, die die Basis für ihren Erfolg darstellen. Wir müssen uns nicht nur dessen Symptomen entgegenstellen, sondern den Faschisten und rechten Rattenfängern den kompletten Nährboden entziehen. Das geht nur mit dem Sturz des Kapitalismus und der Errichtung einer demokratischen Planwirtschaft im Sozialismus, in der für die Bedürfnisse aller gesorgt ist.
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