Kategorie: Antifaschismus

Die Nazis - weder "Arbeiterpartei" noch "sozialistisch"

Der bevorstehende 60. Jahrestag der Befreiung vom Hitlerfaschismus im Mai 1945 ist in aller Munde. Viele Bürgerliche erhalten bis zum heutigen Tage die Legende aufrecht, das ganze Volk - und damit auch die Arbeiterklasse - habe nach "dem Führer" gerufen und ab 1933 von seiner Politik profitiert. 

 


Mit solchen Legenden läßt sich trefflich von der eigenen Verantwortung für die Machtübertragung an die Nazis ablenken. In Wirklichkeit war die soziale Basis der Nazis in der Arbeiterklasse am kleinsten und kamen die ersten Leidtragenden und Todesopfer des Hitler-Faschismus aus den Reihen der Arbeiterbewegung.

Die meisten Arbeiter blieben standhaft

Bei den vier Reichstagswahlen zwischen 1928 und 1932 blieb der Block der beiden großen Arbeiterparteien (SPD und KPD) mit jeweils zwischen 12 und über 13 Millionen Stimmen relativ konstant. Der Aufstieg der Nazi-Partei NSDAP ab 1930 ging vor allem zu Lasten bürgerlicher rechter Parteien. Dementsprechend kam die Massenbasis der Nazis vor allem aus dem Kleinbürgertum, das durch die Weltwirtschaftskrise ruiniert wurde bzw. sich bedroht fühlte und einen "radikalen" Ausweg suchte. Selbst bei den (nicht mehr freien) "Terrorwahlen" im März 1933, als die Nazis die Staatsmacht schon inne hatten und die Arbeiterparteien rigoros verfolgt wurden, erreichten SPD und KPD zusammen immer noch 12 Millionen Stimmen. Trotz einer beispiellosen, von reichen Geldgebern aus Großkapital und Banken finanzierten, Materialschlacht und Medienmanipulation (der Reichstagsbrand diente als Vorwand) kamen die Nazis damals nur auf 43,9 Prozent der Stimmen und verfehlten damit ihr Ziel einer absoluten Mehrheit. Die "legale" Festigung der Diktatur gelang nur durch die Mitwirkung des Reichspräsidenten Paul von Hindenburg und der bürgerlichen Parteien, deren Reichstagsabgeordnete, darunter auch der spätere Bundespräsident Theodor Heuß von der FDP, am 24. März 1933 geschlossen dem Ermächtigungsgesetz zustimmten. Somit erhielt Hitlers Regierung nahezu unbeschränkte Vollmachten. Dagegen stimmte im Reichstag nur die SPD-Fraktion (die 91 Mandate der KPD waren bereits annulliert).
Die Zerschlagung der Arbeiterparteien und der freien Gewerkschaften kam in erster Linie den Unternehmern zu Gute, die nun ungehindert schalten und walten konnten. Nach der Machtübertragung an die Nazi-Regierung sanken die Reallöhne und der Anteil der Löhne und Gehälter am gesamten Volkseinkommen kontinuierlich.

Lohn- und Gehaltssumme in % des Volkseinkommens:

1932: 64%
1933: 63%
1934: 63%
1935: 61%
1936: 59%
1937: 58%
1938: 57%

Die durchschnittlichen Stundenlöhne erreichten in den 30er Jahren nie wieder den Stand von vor der Weltwirtschaftskrise 1929. Die Wochenlöhne stiegen vor allem durch die längere Arbeitszeit und Überstunden. Viele Unternehmer verlängerten die Wochenarbeitszeit auf bis zu 60 Stunden. Arbeitsunfälle und Berufserkrankungen nahmen stetig zu. Staatliche Sozialausgaben sanken. Gleichzeitig stiegen die Profite von Industrie und Handel überdurchschnittlich an.

Angezeigte Arbeitsunfälle und Berufserkrankungen 1933-1939:

1933: 929.592
1934: 1.173.594
1935: 1.354.315
1936: 1.527.344
1937: 1.799.512
1938: 2.006.574
1939: 2.253.749

Spontane Streik- und Protestbewegungen von Arbeitern im Ruhrgebiet und bei Opel in Rüsselsheim 1935 waren ein Versuch des Widerstands gegen die verschärfte betriebliche Ausbeutung. Sie wurden von den Nazi-Behörden gnadenlos niedergeschlagen.
Auch wenn mit der sich festigenden Diktatur selbst ehemalige Mitglieder von SPD und KPD ihren Frieden mit den Nazis machten und Aufnahme in die NSDAP beantragten, so blieb die Arbeiterklasse insgesamt als einzige gesellschaftliche Klasse in der Mitgliedschaft der Nazi-Partei stark unterrepräsentiert. Während von je 100 Beamten (einschließlich Lehrern) 21 das braune Parteibuch hatten und von 100 Selbstständigen 15, so waren es nur 5% aller Arbeiter.
Obwohl maßgebliche Vertreter der Großindustrie und Banken erst ab 1930 bis 1932 dazu neigten, dem berufslosen "Emporkömmling" Adolf Hitler und seiner bewaffneten Massenbewegung Geld zu spenden und die Staatsmacht zu übertragen, waren bürgerliche Kreise bereits ab 1930 in der Reichstagsfraktion der NSDAP tonangebend.

Von den 107 gewählten Reichstagsabgeordneten der NSDAP waren:

  • 33 Großgrundbesitzer, Fabrikanten und Kaufleute
  • 31 höhere und mittlere Beamte
  • 19 Rechtsanwälte, Ärzte und Freiberufler
  • 9 pensionierte Offiziere
  • 8 Angestellte und 7 Arbeiter.

Eliten als Förderer und Nutznießer der Nazis

Als Ende 1933 die Nazis alles gleichgeschaltet hatten und in erneuten "Reichstagswahlen" alle Sitze errangen, las sich die Liste der in das Scheinparlament "Gewählten" wie ein "Who is Who" der deutschen "Eliten". Neben namhaften Aristokraten (Kaiser-Sohn und Hohenzollern-Prinz August Wilhelm, Reichskanzler-Enkel Graf von Bismarck-Schönhausen, Karl Eduard Herzog von Sachsen-Coburg u.v.m.) gaben ranghohe kaiserliche Weltkriegsveteranen und Großindustrielle wie Fritz Thyssen oder Albert Vögler von den Vereinigten Stahlwerken und der Deutsche Bank-Generaldirektor Emil von Strauß den Ton an. Lediglich eine Handvoll ehemaliger, zu Nazi-Bürokraten beförderter "Arbeiter" gehörte diesem 661 Mitglieder starken "Parlament" an. Dass die Arbeiterschaft gegenüber dem Faschismus weitgehend immun war, zeigten die noch im März und April 1933 - trotz faschistischen Terrors - durchgeführten Betriebsrätewahlen in landesweit fast 1400 Betrieben. Hierbei errangen die Nazi-Betriebszellen (NSBO) einen Stimmenanteil von lediglich 11,7 Prozent, während die Listen des SPD-orientierten ADGB auf 73,4 Prozent kamen, die Christlichen Gewerkschaften auf 7,6 und die kommunistische RGO auf 4,9%.
Wie viel (stiller) Widerstandswille noch jahrelang in der deutschen Arbeiterklasse herrschte, zeigt ein Blick auf die von den Nazis nach der Zerschlagung freier Gewerkschaften veranstalteten betrieblichen "Vertrauensrätewahlen" 1934 und 1935. Am 20. Januar 1934 sollten die Arbeitnehmer über die von den Nazis von oben her eingesetzten betrieblichen "Vertrauensräte" abstimmen. Dabei gaben im Reichsdurchschnitt mehr als drei Viertel aller Arbeitnehmer entweder Nein-Stimmen ab oder enthielten sich der Stimme. Die Nazi-Führung verzichtete darauf hin auf eine Bekanntgabe dieses Ergebnisses. Noch 1935 folgten in einer Reihe von Betrieben 40, 50 und mehr Prozent der Belegschaft einem illegal verbreiteten Aufruf und strichen die komplette (NSBO-)Liste durch. Bei der Frankfurter Straßenbahn waren es 75%, bei Hapag 59%, Aschinger in Berlin 60%, Standard Oil 54%, um nur einige Beispiele zu nennen.

Widerstand begann nicht erst 1944

In der bürgerlichen Öffentlichkeit, den Medien und insbesondere auch in der Filmindustrie macht sich die Erinnerung an den aktiven Widerstand gegen das Naziregime vor allem an Personen wie Oskar Schindler, Sophie Scholl, den "Männern des 20. Juli 1944" oder einzelnen Kirchenleuten fest. Der Arbeiterwiderstand bleibt hier unterbelichtet. Bis zum Kriegsausbruch wurde in Deutschland eine Viertelmillion Menschen wegen oppositioneller Aktivitäten verurteilt. 90 Prozent davon entstammten der Arbeiterschaft. Doch während in den Anfangsjahren der Diktatur viele der späteren Verschwörer des 20. Juli 1944 wie Goerdeler, von Hassell, Graf von der Schulenburg und Graf Stauffenberg noch begeisterte Nazis waren und steile Karrieren machten, saßen Angehörige linker Organisationen und Gewerkschafter wie auch andere konsequente Hitlergegner der ersten Stunde schon 1933 und 1934 im Zuchthaus oder KZ. Viele von ihnen wurden von den Henkern und Schärgen, Schlägern und Sadisten des Regimes bereits 1933 verschleppt, interniert, misshandelt und getötet.

(Quelle: Faschismus, Elefanten Press, Berlin)

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