Kategorie: Antifaschismus |
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Nazi-Aufmarsch in Friedrichshafen - Antifa lässt sich nicht verbieten! |
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Am 18. August fand in Friedrichshafen ein Nazi-Aufmarsch statt. Zur antifaschistischen Gegendemo mobilisierten auch die GenossInnen der österreichischen Sozialistischen Jugend (SJ) Vorarlberg. Hier ein Bericht von der Demo. Anlass des Aufmarsches war der 20. Todestag des Nationalsozialisten Rudolf Hess, der am 17. August 1987 im Kriegsverbrechergefängnis Spandau starb. Hess war seinerzeit Reichsminister und Stellvertreter Hitlers in der NSDAP und somit aktiv organisatorisch am Holocaust involviert. Grund genug für die „Jungen Nationaldemokraten“ (JN) – der Jugendorganisation der NPD – in ganz Deutschland Aufmärsche anzumelden, welche auch fast überall verboten wurden – fast überall. |
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„Aktiv ignorieren“ sagt Büchelmeier und meint damit die süddeutsche Neonazi-Szene, die sich am 18. August ein weiteres mal in Friedrichshafen versammelte. So marschierten ca. 200 Neonazis vom Bahnhof durch Friedrichshafen und blieben dabei aber nicht allein. Begleitet wurden sie laut Medien von 1.000 Polizisten, behelmt und gut eingepackt, zu Pferd und zu Motorrad, mit Kamera und Schlagstock, mit Wasserwerfer und Räumfahrzeug, als good cop und bad cop, wie einige GegendemonstrantInnen schmerzhaft erfahren mussten. Denn diese waren mit ungefähr 300 Leuten vertreten und versuchten entschlossen, die Nazis auf ihrer Route zu stoppen. Die Polizei zeigte allerdings wenig Verständnis dafür und so entwickelte sich ein Katz-und-Maus-Spiel durch die engen Gassen von Friedrichshafen. Zwischen Auflösen von Sitzblockaden und dem aggressiven Auftreten der berittenen Polizei blieb dann doch noch Zeit, elf AntifaschistInnen festzunehmen. Dabei spielte das unorganisierte, eher chaotische Auftreten der GegendemonstrantInnen zweierlei Rolle. Einerseits konnten Verhaftungen und Jagdszenen nicht verhindert werden, da die Demonstration ohne Transparente der Polizei schutzlos ausgeliefert war. Andererseits konnte den Nazis an verschiedenen Stellen auf ihrer Route entgegen getreten werden und die Demo war im Großteil der Stadt sicht- und hörbar. Das martialische, eskalierende Auftreten der Polizei führte wohl auch zu Frust bei einigen DemonstrantInnen, welche diesen auf die Schaufenster einer Bank übertrugen. Der Neonaziaufmarsch, der wieder am Bahnhof endete, wurde dort zum krönenden Abschluss noch mit einem Stein- und Flaschenhagel bedacht, bevor sich Spezialeinheiten und berittene PolizistInnen ein letztes Mal gebührend von der antifaschistischen Demonstration mit Schlagstöcken verabschiedeten. Alles in allem war es doch ein gelungener Tag mit starker antifaschistischer Beteiligung aus der Schweiz und aus Vorarlberg, obwohl eine größere Beteiligung Aufgabe zukünftiger Mobilisierungen sein wird. Nicht, dass eine Demonstration von rund 200 Alt- und Jungnazis unter dem provokativen Motto „Gegen Faschismus und Intoleranz! Meinungsfreiheit für alle!“ nicht genug Brisanz bieten würde, diese marschierten noch dazu zum vierten Mal innerhalb von nur 2 Jahren in Friedrichshafen auf. Das dürfte auch den sonst so zurückhaltenden Vorarlberger Medien aufgefallen sein, die sich in der Vergangenheit um rechtsextreme Umtriebe im eigenen Land eher in Schweigen hüllten. Das ORF-Nachrichtenmagazin „Vorarlberg heute“ stellte die Frage: „Wird Friedrichshafen zum Neonazi-Zentrum?“. Pikantes Detail dieser Sendung war, dass die Sicherheitsdirektion vertreten durch Hans-Peter Ludescher wortwörtlich verlauten ließ, dass „die Vorarlberger Skinheadszene nur wenig Kontakte zu den politisch organisierten Rechtsextremen in Friedrichshafen habe.“ und weiter, „dass sich keine bekannten Gesichter aus der heimischen Szene blicken ließen“. Was für ein beruhigendes Gefühl, dass unsere Neonazis keine Verbindungen zum bösen Neonazi-Zentrum Friedrichshafen haben. Man erinnere sich in diesem Zusammenhang auf das ewige Kleinreden der heimischen Naziszene durch die Sicherheitsdirektion während dutzender rechtsextremer Vorfälle in den letzten Jahren – angefangen von großen Konzerten bis hin zu Gewaltakten und Waffenbesitz. Auf indymedia Deutschland wird der 18. August in Friedrichshafen korrekt zusammengefasst. Dort heißt es: „a) Die Stadt versuchte, den Aufmarsch zu verheimlichen, um ihn störungsfrei zu halten. b) Nach Bekanntwerden wurde die Demo-Route geheim gehalten, um sie störungsfrei zu halten. c) Ein Verbot des Nazimarsches wurde niemals auch nur versucht. d) Der Oberbürgermeister betont wieder seine Strategie des Wegsehens; Aufrufe zu Gegendemonstrationen durften nicht veröffentlicht werden, weder von Parteien und Gewerkschaften, noch von der Presse. Alle kuschten vor dem Bürgermeister. e) Die angemeldete Gegendemonstration von der Antifa wird - obwohl weit von den Nazis entfernt - kurzfristig verboten. f) Antifaschistische Proteste an der Nazi-Route werden von der Polizei gewaltsam weggeschubst.“ 300 AntifaschistInnen haben in Friedrichshafen gezeigt, dass es keine Lösung sein kann, „aktiv wegzuschauen“, wie es der SPD-Bürgermeister vorschlägt, denn das hieße nur, Nazis zu tolerieren und sie ihre Ideen verbreiten zu lassen. Antifaschismus kann aber nur bedeuten, überall dort aufzutreten, wo faschistisches Gedankengut verbreitet wird. Abschließend kommen wir aber doch zumindest auf einen grünen Zweig mit der Polizei, deren Direktor Karl-Heinz Wolfsturm nach der Demonstration gegenüber Medien feststellte: „Wir haben es irgendwo satt in Friedrichshafen.“ - WIR AUCH |
Wenn man den Namen der Stadt Friedrichshafen in Wikipedia eingibt, erfährt man nicht nur, dass die 60.000 Einwohner zählende Bodenseegemeinde nach dem ersten württembergischen König Friedrich I. benannt wurde oder während des Nationalsozialismus als Erholungsort vieler ArbeiterInnen diente, sondern dass der amtierende sozialdemokratische Bürgermeister Josef Büchelmeier heißt.