Kategorie: Deutschland

Protestwelle gegen geplantes „Kinderförderungsgesetz“ in Hessen

„Kinderförderung: ja! KiföG: so nicht!“. Unter diesem Motto haben am Dienstag, 9. April 2013, über 5000 ErzieherInnen und Eltern aus ganz Hessen mit tatkräftiger Unterstützung der Gewerkschaften ver.di und GEW bei strömendem Regen in der Landeshauptstadt Wiesbaden gegen das geplante Kinderförderungsgesetz (KiföG) demonstriert.


 

Das KiföG soll die Förderung von Kindertagesstätten neu ordnen und hat dabei angeblich auch das Wohl der Kinder im Auge.

 

Im Gesetzentwurf der hessischen Landesregierung aus CDU und FDP ist jedoch vorgesehen, dass

  • Öffnungszeiten nur noch bis zu 42,5 Std. finanziert werden, statt bisher 49 Std.
  • die Gruppengröße im Kindergarten von 21 auf 25 Kinder, im Krippenbereich von 10 auf 16 Kinder erhöht wird, und das bei geringerem Personalschlüssel, gleicher Raumgröße und gleichem Materialumfang
  • 20% des Personals zukünftig fachfremd besetzt werden können
  • die Dokumentationspflicht zwar bestehen bleibt, aber Zeiten für Vorbereitung, Elterngespräche, Besprechungen, Fortbildungen und Reflexion nicht eingerechnet (also bezahlt) werden
  • auf die Situation und Bedürfnisse der Integrationskinder, die heute schon kritisch zu betrachten ist, nicht mehr eingegangen wird.
  •  

Schon jetzt ist die Situation in den Kindertagesstätten schwierig. Die räumlichen Begebenheiten entsprechen vielfach nicht den Bedürfnissen der Kinder und ErzieherInnen, Kleingruppenarbeit und Förderung Einzelner sind aufgrund räumlicher Enge und geringem Personalschlüssel jetzt schon kaum möglich. Im Krippenbereich sind die Bereiche adäquate Pflege, Füttern, individuelles Schlafen und auch noch Förderung der Kleinkinder kaum zu bewältigen.Dokumentationen und Förderpläne für die Kinder zu erstellen ist heute bereits schwierig, dies und Elterngespräche werden oft nur durch persönliches Engagement und Motivation der Mitarbeiter möglich gemacht.Auch die Öffnungszeiten stellen schon jetzt manche Eltern vor das Problem, dass diese nur schwierig mit den Arbeitszeiten (und Pendelzeiten) in Einklang zu bringen sind, so dass ein Elternteil – meistens die Frauen – nur Teilzeit arbeiten kann. Diese Situation wird durch das KiföG weiter verschärft. Längere Öffnungszeiten müssen durch die Eltern finanziert werden, doch das ist nicht allen möglich oder würde weitere finanzielle Einbußen bedeuten. Und erst kürzlich wurden die Kitagebühren in Wiesbaden drastisch erhöht.Schon bisher gab es in den Kitas oft Personalnotstände, bedingt durch Krankheit, Überbelastung, fehlende Anerkennung des Berufs mit hieraus folgendem Fachkräftemangel und auch eine bildungspolitische Fehlplanung, da ein Ausbau der Betreuungsangebote auch mehr Fachkräfte erfordert.Die ErzieherInnen und Eltern fordern daher die Rücknahme des Gesetzentwurfes und statt dessen:

 

  • Anpassung der Gruppengröße an das Alter der Kinder, die soziale Lage der Kita und die räumlichen Gegebenheiten
  • Rücksichtnahme auf die individuellen Bedürfnisse der Kinder, auch der Integrationskinder
  • mindestens 30% Verfügungszeit, um Professionalität und Umsetzung des Bildungsplan zu ermöglichen
  • 2 Fachkräfte pro Kindergartengruppe und 2,5 pro Krippengruppe
  • volle Berechnung und Finanzierung der Öffnungszeit
  • volle Bezuschussung von Eltern mit Bedarf
  • Festverträge für ErzieherInnen, um Sicherheit und Kontinuität zu gewährleisten
  • Anerkennung und finanzielle Angleichung des Berufes als professionelles wissenschaftsfundiertes Handlungsfeld
  • professionell ausgebildete Fachkräfte, mit der Möglichkeit sich weiterzubilden.

 

Fünf Monate vor der hessischen Landtagswahl hatte die CDU-FDP-Landesregierung ihr Gesetzesvorhaben völlig falsch eingeschätzt und eine Protestwelle ausgelöst. Diese Bewegung ist auch ein Hinweis darauf, dass in Hessen eine Wechselstimmung besteht und die Tage der CDU-FDP-Landesregierung wohl gezählt sind.Der wochenlange heftige Widerstand gegen den Gesetzentwurf ist in vielen lokalen Protesten und Demonstrationen sichtbar geworden.  Dies hat bereits zu ersten Zugeständnissen der Landesregierung geführt. Wenige Stunden vor der Demo ließ sie ihre Absicht mitteilen, auf den Einsatz von fachfremdem Personal zu verzichten, die Größe von Krippengruppen bei zwölf Kindern zu deckeln und nicht wie geplant 16 Kinder zuzulassen. Die jetzt angekündigte Gesetzeskosmetik soll Ruhe an der Protestfront bewirken. Aber am Grundproblem ändert sich nichts. Solange das vorliegende Gesetz nicht vom Tisch ist, muss der Protest weiter gehen.

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