Kategorie: Deutschland |
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Sächsische Signale nach der Landtagswahl vom 31. August |
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Auch wenn am Wahlabend gleich mehrere Parteien ihr Abschneiden bei der sächsischen Landtagswahl als „Erfolg“ darzustellen versuchten, ging eigentlich nur die rechte Alternative für Deutschland (AfD) erfolgreich aus dem Urnengang hervor. |
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So tritt als Folge der Wahl die bundesweit letzte schwarz-gelbe Regierung ab. Die FDP flog mit 3,8 Prozent ganz aus dem Landtag. Noch vor drei Jahren regierte Schwarz-Gelb im Bund und in sieben von 16 Bundesländern. Die CDU kam auf 39,4 Prozent und damit ihr schlechtestes Ergebnis bei sächsischen Landtagswahlen seit 1990. Dass sich die SPD riesig über einen Anteil von ganzen 12,4 Prozent freute, spricht Bände darüber, wie bescheiden die Sozialdemokratie, geworden ist. Galt doch Sachsen einst als rote Hochburg mit einer starken und relativ linken Sozialdemokratie, die in den frühen in den 1920er Jahren zusammen mit den anderen Arbeiterparteien (USPD und KPD) mehrfach eine Landtagsmehrheit hatte. Auch wenn sich DIE LINKE als stärkste Oppositionspartei bestätigt sieht, sind ihre errungenen 18,9 Prozent gegenüber früheren Wahlen ein Rückschlag und kein Erfolg. Bei früheren Wahlen lag sie in Sachsen deutlich über 20 Prozent. Als SozialistInnen und Linke müssen können wir uns aber nicht mit einem derart schwachen Ergebnis abfinden oder dieses noch gar schönreden. Die Grünen sind trotz Verlusten wieder drin und konkurrieren jetzt bei der Regierungsbildung mit der SPD um die Gunst der CDU. Schon empfahlen die hessischen Grünen die Bildung einer schwarz-grünen Koalition nach hessischem Vorbild.
NPD raus - AfD drin Erfreulich aus der Sicht vieler engagierter Antifaschisten ist die Tatsache, dass die Neonazi-Partei NPD nach zehn Jahren nicht mehr im neuen sächsischen Landtag vertreten ist. Sie war 2004 mit knapp zehn Prozent spektakulär in das Landesparlament eingezogen; jetzt fehlten ihr 808 Stimmen für die magische Fünf-Prozent-Hürde. Während die NPD in einigen ländlichen Regionen noch Werte um zehn Prozent einfuhr, schnitt sie in Städten wie Dresden, Leipzig, Chemnitz und Zwickau unterdurchschnittlich ab. Ein Hinweis darauf, dass es auch in Sachsen keinen Siegeszug der Neofaschisten gibt und die NPD trotz der mit einer Landtagsfraktion verbundenen üppigen Finanzmittel nicht geschafft hat, sich flächendeckend stabil zu verankern. Allerdings könnte der Rauswurf der NPD aus dem Dresdener Landtag auch diejenigen Neonazis bestärken, die auf offenen Terror gegen Migranten und Linke setzen. In den letzten Tagen wurden aus Thüringen verstärkt Übergriffe gegen Migranten und Wahlkämpfer der Linken gemeldet, die vermutlich von Neonazis verübt wurden. Es wurden Radmuttern gelockert, Reifen zerstochen und linke Aktivisten an Infoständen ebenso angepöbelt und bedroht wie der aus Afrika stammende Vorsitzende des Erfurter Ausländerbeirats. Während für die NPD das parlamentarische „Aus“ besiegelt wurde, ist die rechte Alternative für Deutschland (AfD) mit 9,7% erstmals in ein Landesparlament gewählt worden. Sachsen war bereits bei der Bundestagswahl 2013 und bei der Europawahl im Mai eine AfD-Hochburg mit überdurschnittlichen Ergebnissen. Die AfD spricht ProtestwählerInnen aus dem Nichtwählerspektrum, aber auch ehemalige WählerInnen aus allen anderen Parteien an. Neben Teilen des rechtskonservativen Bürger- und Kleinbürgertums werden auch Teile der arbeitenden Bevölkerung angesprochen, die angesichts der anhaltenden europäischen Krisenpolitik soziale Abstiegsängste haben. Dass die Bäume der AfD aber auch nicht in den Himmel wachsen, erkennt man daran, dass sie im Vergleich zur Europawahl in Sachsen fast 5.000 WählerInnen verloren hat. Die sächsische AfD hat sich im Wahlkampf darauf orientiert, NichtwählerInnen sowie WählerInnen von CDU, FDP und FDP zu gewinnen. Dies hat sie mit der Orientierung auf Themen zugespitzt, die sowohl konservative als auch rechtsextreme Wählerschichten ansprechen sollte. Teilweise waren Wahlparolen von AfD und NPD inhaltsgleich, etwa wenn es um das Thema Zuwanderung und Kriminalität ging. Aber auch in Sachen Familien-, Umwelt- und Sozialpolitik vertritt die AfD reaktionäre und menschenfeindliche Ansichten, die sich z.B. gegen Ausländer, Arme und Homosexuelle richten. Die AfD ist keine ausschließlich rechtsextreme Partei, sondern sie ist geprägt von Marktradikalen, Nationalkonservativen und Rechtspopulisten. Das Forsa-Institut vergleicht die AfD mit den Republikanern in den 1990er Jahren, denen es damals allerdings trotz einzelner spektakulärer Wahlerfolge damals nicht gelang, das konservativ-bürgerliche Lager mit dem rechtspopulistischen Flügel langfristig zu vereinen. So profitierte damals vom Niedergang der Republikaner auch die NPD, die aber für den „bürgerlichen“ Teil des Republikaner-Lagers unwählbar war. In diese Lücke stößt nun die AfD, die sich Hoffnung macht, nun auch nach den Landtagswahlen in Brandenburg und Thüringen am 14. September in weitere Landtage einzuziehen. Ein hervorstechendes Merkmal der sächsischen Wahl ist die extrem niedrige Wahlbeteiligung. Nur 49,2 Prozent, also nicht einmal die Hälfte der Wahlberechtigten, gingen überhaupt wählen. Es ist ein Ausdruck von Unzufriedenheit und Desorientierung zugleich. Gemessen an der Zahl aller Wahlberechtigten war die „Partei der Nichtwähler“ mit 51% mit Abstand die stärkste Kraft, gefolgt von CDU (19%), LINKE (9%), SPD (6%), AfD (5%), Grünen (3%), NPD (2%) und FDP (2%). Nun könnte sich eine mögliche CDU-SPD-Koalition in Sachsen auf lediglich ein Viertel aller Wahlberechtigten berufen. Mit Ferienende und schlechtem Wetter alleine lässt sch dieses sächsische Rekordtief nicht erklären. Es ist auch ein Ausdruck der Krise der kapitalistischen Gesellschaft und des schwindenden Vertrauens der arbeitenden Bevölkerung in die staatlichen Institutionen und die sie tragenden Parteien. Nur einmal – 2006 in Sachsen-Anhalt – hatte die Beteiligung bei einer bundesdeutschen Landtagswahl noch deutlicher unter 50 Prozent gelegen. Damals eilten lediglich 44,4 Prozent der Wahlberechtigten an die Urnen. In der CDU hat – wenig überraschend – eine Diskusson über mögliche Koalitionen mit der AfD eingesetzt. Nachdem die Zukunft der FDP als klasssischer Partner und Mehrheitsbeschaffer der CDU unsicherer denn je ist, liegt dieser Reflex durchaus nahe. Wie stabil die AfD tatsächlich sein wird und ob sie längerfristig an die Stelle der FDP treten kann, muss sich zeigen. Sie ist nicht die erste „rechtspopulistische“ Partei, die kurz und „kometenhaft“ empor kam und einige Jahre später wieder in der Bedeutungslosigkeit versank. Seit den 1980er Jahren erlebten wir einen Aufstieg und Niedergang bei Republikanern, DVU, Schill-Partei, Statt-Partei und NPD sowie ähnliche Erscheinungen auch in den Niederlanden. In früheren Jahrzehnten waren Wahlen von relativer Stabilität und Loyalität einer starken Stammwählerschaft geprägt. Diese Zeiten sind Geschichte. Vor uns liegen krisengeschüttelte Jahre, die auch vermeintlich stabile und wohlhabene Regionen erfassen und Millionen abhängig Beschäftigte das herrschende System und seine Repräsentanten in Frage stellen lassen. Interessant ist in diesem Zusammenhang eine Infratest-dimap-Umfrage im Auftrag der Tagesschau. Dabei lautete die Fragestellung: „Profitieren sie persönlich vom wirtschaftlichen Wachstum?“ Nur unter den CDU-Wählern bejahte eine Mehrheit diese Frage. Bei der Wählerschaft von SPD und Grünen antwortete bereits eine Mehrheit von 54 bzw. 59 Prozent mit Nein. Bei den LINKE- und AfD-Wählern verneinten knapp drei Viertel diese Frage und machten damit klar, dass sie vom viel gepriesenen Aufschwung nichts abbekommen. Es liegt an der LINKEN, mit einer klaren antikapitalistischen und sozialistischen Programmatik eine Alternative zum zwangsläufig ungerechten und krisenhaften real existierenden Kapitalismus aufzuzeigen und somit auch den rechten Rattenfängern den Boden entziehen. |