Im dritten Quartal 2018 zeichnete sich ein Wachstumsrückgang der deutschen Wirtschaft von 0,2 Prozent ab. Sofort war in allen Zeitungen ein Streit entbrannt, ob nun eine Rezession in Deutschland ausbrechen würde. Die Rezession blieb zwar noch aus, dafür verlor der DAX im letzten Jahr aber 20 Prozentpunkte und auch hier wussten die Ökonomen und Wirtschaftsredakteure sich nicht recht zu helfen. Jede noch so kleine Erschütterung der Märkte bringt das Establishment zum Zittern und das nicht zu Unrecht. Die Krise des Kapitalismus, die 2008 ausbrach und unsägliches Leid, Entbehrungen und Existenzangst in großen Teilen der Arbeiterklasse weltweit gefordert hat, ist nicht gelöst. Sie bewegt sich dafür aber auf einen neuen Höhepunkt zu.
Wachstum flaut ab
Tatsächlich steuert das „blutarme“, aber allzu laut beschworene Wirtschaftswachstum - genau genommen der längste Aufschwung seit 1966 - auf ein Ende zu. Das Wachstum der deutschen Wirtschaft für 2018 betrug etwa 1,6 % und Prognosen für 2019 sind noch schlechter. Der Konjunkturabschwung betrifft die gesamte Weltwirtschaft und damit die Kauf- und Investitionsbereitschaft. Diese Investitionsbereitschaft war bereits über die letzten Jahre gering, obwohl Kapitalisten auf Bergen von Geld sitzen. Die billigen Kredite, die von den Zentralbanken vergeben werden, führten ebenso kaum zu Investitionen in die produktive Wirtschaft. Stattdessen werden diese an den Börsen verspekuliert, was zu erneuten Blasen geführt hat. Tatsächlich haben, wie das Handelsblatt am 13.05.2018 schreibt, „Staaten und der Privatsektor weltweit mehr Schulden angehäuft als vor der Finanzkrise. Laut dem Internationalen Währungsfonds (IWF) liegen sie bei gigantischen 164 Billionen Dollar, was 225 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung entspricht.“ Die weltweiten Gesamtschulden liegen momentan bei 217 Billionen Dollar oder 327% des BIP, das sind die höchsten in der Geschichte.
Diese Situation ist Ausdruck der globalen Überproduktionskrise des Kapitalismus - also der Unmöglichkeit für die Arbeiterklasse, allen durch sie produzierten Reichtum zurückzukaufen. Teilweise war es die beispiellose Kredit- und Schuldenausweitung, die es dem Kapitalismus ermöglichte, die Beschränkungen des Marktes und die Überproduktion zu überwinden. Andererseits gab es eine enorme Ausweitung des Welthandels und eine Verstärkung der internationalen Arbeitsteilung. Als die Banken 2008 am Rande eines Abgrunds standen, wurden sie durch die Intervention der Staaten gerettet, die ihnen Billionen öffentlicher Gelder zukommen ließen. Das Problem ist, dass der Staat über kein Geld verfügt, außer das, welches er den Steuerzahlern herauspressen kann. Die Arbeiterklasse, die Mittelschicht, die Arbeitslosen und die Infrastruktur leiden darunter. Jeder muss bezahlen, nur die Kapitalisten nicht, die auch in dieser Phase der „Austeritätspolitik“ immer noch reicher geworden sind.
Jetzt folgt das große Zittern vor einem erneuten Finanz-Crash. Zinsanhebungen sind bereits in den USA erfolgt und auch die EZB hat sie angekündigt. Die Folgen könnten Zahlungsausfälle für viele Unternehmen bedeuten - sogenannte Zombiefirmen, die unproduktiv, aber dank billigen Krediten weiterhin existent sind. Laut Manager Magazin vom 17.12.18 „starten bundesweit 305.000 Unternehmen mit finanziellen Problemen ins neue Jahr, die ein erhöhtes Insolvenzrisiko bedeuten. Besonders groß sei das Problem laut Mitteilung in Sachsen-Anhalt und Sachsen, wo jeweils fast 12 Prozent aller Betriebe als gefährdet eingestuft werden. In Bayern und Baden-Württemberg sind laut Bürgel-Studie nur 6,4 bis 7,0 Prozent der Unternehmen in finanzieller Schieflage.“ Das wiederum heißt potentiell Vernichtung von Arbeitsplätzen in ungewisser Höhe.
Eine der wichtigsten Stützen für die deutsche Wirtschaftskraft ist der Export von kapitalintensiven Produkten wie Autos, Lkws, Maschinen und Elektronik. Fast sieben Millionen Arbeitsplätze hängen am Export. So leidet beispielsweise die für die deutsche Wirtschaft bedeutende Autoindustrie bereits unter dem Handelskonflikt zwischen USA und China und potentiell auch unter einem eigenen Konflikt mit den USA. Die Trump-Regierung droht gegenüber der EU Zölle in Höhe von 20 bis 25 Prozent auf importierte Autos zu erheben, was die Gewinne weiter schmälern würde. Nicht nur das - protektionistische Maßnahmen exportieren letzten Endes die Arbeitslosigkeit. Wenn die Nachfrage sinkt, werden auch hier Arbeitsplätze vernichtet. Nicht ohne Grund sang das Handelsblatt am 04.10.2018 ein Loblied auf Zeitarbeitsverhältnisse und drohte an, dass beim „Jobabbau im nächsten Abschwung“ dann die „Stammbelegschaften“ dran seien. Bereits jetzt sollen allein hierzulande zehntausende Arbeitsplätze zerstört werden: Siemens 2900, Opel 3700, VW 7.000, Deutsche Bank 6000, usw.
Krise der EU
Die EU ist der wichtigste Absatzmarkt für Exportgüter der deutschen Wirtschaft und die wichtigste Institution zur politischen Machtdurchsetzung des deutschen Kapitals und seines Nationalstaats in Europa und der Welt. Die Folgen der Brexit sind sowohl für Großbritannien wie auch für die EU unabsehbar. Ein weiterer Konfliktherd in der EU ist Italien. Wenn die Schuldenblase platzt, droht nicht nur ein wirtschaftlicher Niedergang Italiens, sondern die Desintegration der EU. Dann ist da noch Frankreich, wo die Massenbewegung der Gelbwesten der herrschenden Klasse ordentlich. In Ungarn kämpfen Arbeiterinnen und Arbeiter gegen drakonische Angriffe auf die Arbeitsverhältnisse. All das sorgt für Instabilität und Auseinanderdriften der EU. Sicher ist nur, dass die Weltkrise des Kapitalismus nur noch mehr an Fahrt gewinnen wird.
Die Schere geht immer weiter auf
Insgesamt sind die Gewinne der DAX-Konzerne 2018 im Vergleich zum Vorjahr von 71 auf 69 Milliarden Euro gesunken. Das heißt nicht, dass es den Managern und Aktionären deshalb schlechter gehen würde. Die geplanten Gewinnausschüttungen an die DAX-Aktionäre belaufen sich auf einen neuen Rekordwert von 38 Milliarden Euro. Und auch in den Führungsetagen geht es heiß her. „Die Chefs der 80 größten börsennotierten Unternehmen in Deutschland kamen 2016 - aktuellere Zahlen gibt es nicht - im Mittel (Median) auf ein Einkommen von 3,18 Millionen Euro. Daraus ergibt sich ein Stundenlohn von 828 Euro. Um auf das durchschnittliche Jahresbruttoeinkommen in Höhe von 33.396 Euro zu kommen, wie es die Statistik für Deutschland ausweist, muss der Vorstandsvorsitzende eines Dax- oder MDax-Unternehmens also 40 Stunden und 20 Minuten arbeiten“, schreibt die Welt am 5. Januar 2019.
Auf der anderen Seite ist bereits jetzt die Schere zwischen Arm und Reich in Deutschland wieder so groß wie 1913. Die unteren 40 Prozent der Lohnabhängigen haben real weniger als vor 20 Jahren im Geldbeutel. Der Flächentarifvertrag zwischen Gewerkschaften und Unternehmerverbänden wird im System der hochgepriesenen Sozialpartnerschaft kontinuierlich untergraben, so dass nur mehr 47 Prozent der Beschäftigten an einen Branchentarifvertrag gebunden sind. Der Anteil der tarifgebundenen Betriebe beträgt nur noch 25 Prozent.
Von den 44 Millionen erwerbstätigen Menschen in Deutschland arbeiten 32 Millionen an sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen, von denen jedoch Vollzeitstellen nur 22,8 Millionen ausmachen. Insgesamt gibt es in Deutschland 21,7 Millionen atypisch Beschäftigte. 2016 waren 8,55 Millionen sozialversichert in Teilzeit beschäftigt. Sie erhalten dabei durchschnittlich drei Euro weniger je Stunde als Vollzeitbeschäftigte. Weitere 7,4 Millionen arbeiten in Minijobs, also Beschäftigungen mit einem maximalen Lohn von 450 Euro. Für 4,7 Millionen ist dies die einzige Einkommensquelle, der andere Teil arbeitet zusätzlich zum Hauptberuf in einem Minijob. Weitere 2,6 Millionen Menschen arbeiten in befristeten Beschäftigungsverhältnissen. 44 Prozent aller Neueinstellungen sind nur noch befristete Verträge und 60 Prozent der befristet Beschäftigten sind unter 35. Außerdem arbeiten über eine Million in Leiharbeit. Insgesamt verdient ein Viertel aller abhängig Beschäftigten unter der Niedriglohnschwelle, also weniger als 10,50 Euro pro Stunde. Im Jahr 2017 wurden insgesamt 2,127 Milliarden Überstunden geleistet - so viele wie seit 2007 nicht und elf Prozent mehr als 2016. Rund eine Milliarde Stunden ist unbezahlt geblieben. Die Arbeitslosenzahl von 2,2 Millionen Menschen ist geschönt. Dazu kommt knapp eine Million nicht registrierter Erwerbsloser. Nicht eingerechnet sind zudem alle, die unfreiwillig Teilzeit arbeiten und keinen Vollzeitjob finden.
Das ist der Inhalt des so gern verkündeten Wirtschaftsaufschwungs: Unterbeschäftigung und Existenzangst für die Massen auf der einen Seite und gesteigerte Ausbeutung und dramatisch steigender Leistungsdruck auf der anderen. Die nächste Krise wird das nur verschärfen.
Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung empfiehlt weitere Angriffe auf die Arbeiterklasse: die Anhebung und „Dynamisierung“ des Rentenalters, die umfassende Privatisierung des Gesundheitssektors und der Sozialversicherungen - der Rente im Speziellen, Steuersenkungen für Reiche und Konzern. Die Regierungen werden diese Angriffe durchsetzen müssen, wenn sie in der globalen Konkurrenz nicht untergehen wollen. Agenda 2010, Hartz-Reformen und Riester-Privatrente waren Maßnahmen, um den „Wirtschaftsstandort Deutschland“ im Interesse des Kapitals zu stärken. Ein enormer Niedriglohnsektor entstand. Aber da nun in allen anderen Nationalstaaten der EU und weltweit Austeritätsmaßnahmen mit demselben Ziel durchgeführt wurden und werden, kann sich die Elite in Deutschland nicht darauf ausruhen. Die herrschende Klasse bereitet die Angriffe bereits politisch vor. Spätestens mit der nächsten Rezession werden solche Angriffe kommen. Nicht ohne Grund wünschte sich das Kapital Friedrich Merz, den Aufsichtsratsvorsitzenden von BlackRock, als CDU-Vorsitzenden.
Und wenn nun Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) laut verkündet, dass die „fetten Jahre“ vorbei seien, nachdem er einen Überschuss von zehn Milliarden Euro im Bundeshaushalt vorlegte, stellt sich die Frage: für wen? Betrachtet man sich die Infrastruktur in Deutschland, so stellt man fest, dass diese in einer enormen Krise steckt. Bahn, Post, Bildungseinrichtungen, Kinderbetreuung, Pflegeeinrichtungen, Krankenhäuser, Wohnraum… alle das hat in den letzten Jahrzehnten unter Privatisierungen und Sparmaßnahmen gelitten. Leittragende ist die Arbeiterklasse, die sich private Klinken, Kinderbetreuung und andere Dienste nicht leisten kann oder dafür andere Entbehrungen in Kauf nehmen muss. Auf der anderen Seite haben sich die Kapitalisten die Taschen noch weiter gestopft, in dem sie über cum-cum, cum-ex und cum-fake Geschäfte zig Milliarden aus der Staatskasse geplündert haben. Also nochmal: wessen fette Jahre sind vorbei?
Politische Krise
Die Folge dieser wirtschaftlichen Krise und der permanenten Angriffe durch die Herrschenden sind die soziale und politische Krise, die im Grunde alle Nationalstaaten erfasst hat. Auch Deutschland ist kein Hort der Stabilität mehr, wie es einst gepriesen wurde. 2018 kam die politische Krise der herrschenden Klasse offen zum Ausdruck und die GroKo verliert fast täglich an Rückhalt. Die Gesellschaft polarisiert sich. Der Machtkampf in der CDU schwelt auch nach dem knappen Sieg von AKK über Merz weiter, die SPD zahlt die Rechnung für die Agenda 2010, Hartz-Reformen und Riester-Rente. Ob die Koalition noch die volle Legislaturperiode bis Herbst 2021 überdauert, ist fraglich. Die EU-Wahlen Ende Mai und Landtagswahlen in Bremen, Sachsen, Brandenburg und Thüringen werden ungeschönt zeigen, wie die Stimmung in der Gesellschaft ist. Verluste für die GroKo-Parteien könnten ein neues Erdbeben auslösen.
Was wir heute erleben, ist die Polarisierung der Gesellschaft. Die Eliten rücken nach rechts, während die Arbeiterklasse objektiv auf einen großen Sprung zu antikapitalistischen Kämpfen vorbereitet wird. Die Arbeiterklasse sucht nach politischen Lösungen, in dem sie alle möglichen politischen Formationen austestet. Das traditionelle Wahlverhalten ist ausgehöhlt. Aufrüstung von Militär und Polizei, rassistische Demagogie, Zerstörung der Infrastruktur und Bildungseinrichtungen, Abbau des Sozialstaates, Wohnungsnot, sinkender Lebensstandard, Betriebsabwicklungen, Jobverlust und Verschlechterung der Arbeitsverhältnisse prägen den Alltag. Fast täglich finden Demonstrationen statt und regelmäßig sind zehntausende daran beteiligt. Einen vorläufigen Höhepunkt bildet die „UNTEILBAR“-Demonstration vom 13. Oktober in Berlin mit bis zu 240.000 Demonstrierenden. Außerdem haben während der Tarifrunden vor allem von IG-Metall und ver.di hunderttausende gestreikt. In Kliniken, bei Amazon, Ryanair, Real und anderswo regt sich Widerstand.
Die Eliten rücken deshalb nach rechts, weil sie zum Erhalt ihres Systems zunehmend autoritäre Maßnahmen ergreifen müssen. Damit untergraben sie gleichzeitig selbst ihr politisches System. Am 28.11.2018 veröffentlichte das Handelsblatt einen Artikel unter der Überschrift „Die Mittelschicht muss sich ab 2020 auf schwere Zeiten einstellen“. Der Autor erklärt, dass sobald „die Mittelschicht - das Fundament demokratischer Gesellschaften - erodiert, ist davon auszugehen, dass die politischen und ökonomischen Rahmenbedingungen vielerorts deutlich instabiler werden.“ Das bedeutet, dass die Überproduktionskrise sich verschärft und revolutionäre Bewegungen auf die Tagesordnung kommen. Auf diese bereitet sich die herrschende Klasse bereits mir neuen Polizeigesetzen, Aufrüstung von Polizei und Bundeswehr vor. In der zugespitzten Krise werden sie, wenn nötig, auch die demokratische Hülle fallen lassen.
Hierin offenbart sich ein weiterer zentraler Widerspruch der kapitalistischen Produktionsweise, der zwangsläufig zur Krise führt: die gesellschaftliche Produktion aller Waren und Dienstleistungen und die private Aneignung der Profite durch die Produktionsmittelbesitzer - sprich Kapitalisten. Außerdem offenbart dies die tatsächliche Aufgabe des Nationalstaates, nämlich die Durchsetzung der Interessen des Kapitals gegen jeden sozialen Widerstand.
Vorläufige Nutznießer der politischen Krise sind Grüne und AfD. Diesen oberflächlichen Höhenflug der Grünen hat nicht nur der Umstand gebracht, dass der trockene und heiße Rekordsommer, Dieselskandal und der Kampf gegen die Braunkohle am Hambacher Forst die Umweltfrage wieder auf die Tagesordnung setzen. Sie profitieren auch von der Schwäche und Krise der SPD und vom Chaos in der CDU/CSU. Vor allem aber waren sie die Hauptnutznießerin der Bewegung gegen den Rechtsruck des Establishments. Sie profilierten sich als „Gegenpol zur AfD“ (Jürgen Trittin) und werden als „weltoffen“ und „liberal“ wahrgenommen, obwohl sie seit den Anfängen in den 1980ern nach rechts gerückt sind und die Agenda 2010 mit durchgesetzt haben.
Die AfD hat sich vorerst in Wahlumfragen bei über 10% stabilisiert. Sie benennt manchmal reale Probleme in der Gesellschaft, lenkt aber den Unmut auf rassistische Bahnen und spaltet damit die Arbeiterklasse. Ihre Wählerbasis ist vielschichtig und hat unterschiedliche Klasseninteressen. Zum einen sind es kleinbürgerliche Schichten, die im Konkurrenzkampf mit dem Großkapital den Ruin fürchten. Auf der anderen Seite bestimmte Schichten der Arbeiterklasse, die den Abstieg fürchten oder bereits erlebt haben. Eine Minderheit der Arbeiterklasse greift aus Verzweiflung zu einer ohnmächtigen Geste und wählt aus Protest, nicht aus Überzeugung, die AfD. Ein erfolgreicher Kampf gegen die AfD kann aber nicht mit moralischer Entrüstung und abstrakten Protesten á la „FCK AFD“ gewonnen werden, sondern nur als revolutionärer und Klassenkampf gegen den Kapitalismus. Die AfD ist ein Krisensymptom. Symptome kann man nur bekämpfen, wenn man die Ursache an der Wurzel herausreißt.
Folgen für die Organisationen der Arbeiterklasse
Die DGB-Gewerkschaften feierten Ende letzten Jahres gemeinsam mit Unternehmerverbänden das Stinnes-Legien-Abkommen vom November 1918. Ein Abkommen zwischen den Gewerkschaften und Unternehmerverbänden, das ein Wegbereiter der „Sozialpartnerschaft“ war. Damit einher ging die blutige Niederschlagung der revolutionären Kämpfe der Deutschen Revolution - angeführt von der SPD-Spitze und umgesetzt durch Militär und Freikorps. Nun feiern sie diese „Sozialpartnerschaft“, während diese im Alltag ständig untergraben wird. Wirkliche, nachhaltige Verbesserungen können sie den Unternehmen nicht mehr abgewinnen. Die Kapitalisten und ihre Regierungen untergraben die Sozialpartnerschaft immer weiter. Wie in Österreich werden sie diese aufkündigen und zum Angriffe blasen.
Das Festhalten an der „Sozialpartnerschaft“ durch die Gewerkschaftsspitzen verwirrt die Arbeiterklasse in ihren Kämpfen, lähmt und bereitet sie nicht auf die kommenden Angriffe vor. Sobald sich die herrschende Klasse der SPD entledigt hat, wird sie dazu übergehen, die sozialdemokratischen Gewerkschafter zurückzudrängen. Das wird ein zentraler Punkt der nächsten Regierung sein. Gerade die ehrenamtlichen Aktivisten und kämpferischen Betriebsräte müssen die Gewerkschaftsbasis mobilisieren und die Gewerkschaftsführung unter Druck setzen oder diese gar austauschen. Die Gewerkschaften müssen wieder Klassenkampforganisationen werden und sich wirklich im Interesse der Lohnabhängigen für echte Verbesserungen einsetzen. Andernfalls werden sie weiter schrumpfen.
Die SPD, die 1998 noch 40,9 Prozent und 1972 sogar 45,8 Prozent errang, ist mittlerweile in Umfragen bei 15 Prozent angekommen. Die Führung hat nichts aus der Krise gelernt. Das zeigen allein schon der Verbleib in der GroKo und jetzt das Vorpreschen von Olaf Scholz, der sich als Kanzlerkandidat ins Gespräch bringt. Außerdem gerät die SPD nun zusehends in finanzielle Not. Immerhin hat sie einen bürokratischen Apparat, der noch aus Zeiten stammt, als sie 30 bis 40 Prozent der Wählerstimmen gewinnen konnte. Die Apparate kämpfen ums Überleben. Die Partei ist bereits jetzt von Kapitalspenden abhängig und wird dies noch mehr sein. Innerparteilich ist keine wirkliche, schlagkräftige Opposition zu erkennen und damit ist die Wahrscheinlichkeit sehr groß, dass die SPD weiter in die Bedeutungslosigkeit abrutscht. Die kleinen „Reförmchen“, die sie jetzt der Arbeiterklasse präsentiert, können den Schaden durch die gravierenden Konterreformen seit 20 Jahren nicht aufwiegen.
Die LINKE hat im letzten Jahr aber ebenfalls sehr deutlich gezeigt, dass sie keine konsequente und überzeugende Antwort auf die Krise bereithält. Einerseits hätte sich die Führung die Partei beinahe in der Migrationsfrage gespalten, andererseits ist sie nach wie vor ganz erpicht auf eine „rot-rot-grüne“ Regierung. Dieses Streben nach Regierungsbeteiligung auf Bundesebene ist aber der falsche Weg. Über Parlamente können wir die Machtverhältnisse nicht ändern. Die Konterreformen sind nicht einfach das Ergebnis schlechter oder böswilliger Politiker, sondern werden vom ökonomischen Zustand des Systems diktiert. Das zeigt die Erfahrung mit Tsipras und Syriza in Griechenland. Die Gelbwesten in Frankreich machen vor, dass Zugeständnisse nur erkämpft werden können, wenn Massenkämpfe auf der Straße und in den Fabriken organisiert werden. Die Demonstrationen und Streiks im letzten Jahr in Deutschland zeigen, dass auch hier ein gigantisches Potential vorliegt. DIE LINKE muss es sich zur Aufgabe machen, solche Massenproteste und Massenstreiks zu organisieren, zu bündeln und anzuführen. Nur mit dieser materiellen Macht lassen sich echte Verbesserungen erkämpfen und nur so kann man den Rechten den Boden unter den Füßen entziehen.
Damit diese Verbesserungen aber von Dauer sein können, müssen wir den Kapitalismus stürzen. Also die Banken und Schlüsselindustrien vergesellschaften und unter demokratische Arbeiterkontrolle und Verwaltung stellen. Vor 100 Jahren errichtete die Arbeiterklasse in der Deutschen Revolution Räte - ihre Organisationen der Interessendurchsetzung - und forderte die Sozialisierung der Industrie. Damals wurde dies von der SPD-Führung verhindert. Heute müssen wir den Grundstein legen für eine wirklich revolutionäre Partei, die dem Sozialismus zum Sieg verhilft. Dafür sind wir im Funke und der International Marxist Tendency (IMT) organisiert.
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