Kategorie: Deutschland

Wahlen in Hessen und Bayern: Reformismus in der Krise

Am 8. Oktober waren in Bayern und Hessen Landtagswahlen. Die Ergebnisse werfen ein deutliches Licht auf die wachsende Krise des politischen Systems in Deutschland.

der funke



Wahl in Hessen

Als Sieger aus dem Urnengang in Hessen geht die CDU von Ministerpräsident Boris Rhein hervor. Sie konnte sich mit einem Zugewinn von 7,6 Prozentpunkten auf 34,6 % steigern. In den Umfragen zeichnete sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen SPD, Grünen und AfD ab. Letztere wurde mit einem Ergebnis von 18,4 % schließlich zweitstärkste Kraft. Dies ist das beste Ergebnis der Partei bei einer Landtagswahl in Westdeutschland. Besonders abgestraft wurde die SPD in ihrem ehemaligen Stammland Hessen. Mit der amtierenden Bundesinnenministerin Nancy Faeser unterschritt sie ihren Negativrekord von 2018 und landete bei rund 15 %. Die Grünen verloren 5 Prozentpunkte und landeten bei 14,8 %. 

Aufgrund der Stärke der CDU hätte die derzeitige schwarz-grüne Koalition eine Mehrheit im Landtag und könnte wie bisher weiterregieren. Von der Unzufriedenheit mit der Politik der Ampelkoalition im Bund und der Rezession konnten vor allem CDU und AfD profitieren und bei einem großen Teil der abstimmenden Arbeiter und Jugendlichen punkten. Besonders stark verloren die Grünen bei der Jugend. Aus Umfragen geht hervor, dass vor allem die Themen wirtschaftliche Situation sowie Klimaschutz und Migration wahlentscheidend waren. Es gilt jedoch zu beachten, dass Wahlen lediglich Momentaufnahmen sind und in Hessen die Wahlbeteiligung bei nur 66 % lag. Die stärkste Partei sind die Nichtwähler; sie vertrauen keiner der zur Wahlstehenden Parteien, die in der einen oder anderen Form nur die Interessen des Kapitals vertreten und keinen Ausweg aus der kapitalistischen Krise aufzeigen.

Besonders sticht das Ergebnis der reformistischen Partei DIE LINKE hervor. Sie flog mit nur noch 3,5 % nach 15 Jahren aus dem Wiesbadener Landtag. Von der Unzufriedenheit mit der Ampel konnte sie gar nicht profitieren. Ihr gelang es nicht ansatzweise Themen wie Wohnungsnot, Arbeitsplatzabbau, Inflation oder die unsoziale Klimapolitik der Bundesregierung in Form des Heizungsgesetzes aufzugreifen. Die Wahlplakate unterscheiden sich kaum von denen der SPD und Grünen. Die Eigentums- und Systemfrage wurde überhaupt nicht gestellt. Die Anpassung an die liberale Medienöffentlichkeit und ihr Versuch von den bürgerlichen Parteien akzeptiert zu werden hat die Partei ruiniert. 

Landtagswahlen in Bayern 

Nicht nur in Hessen, sondern auch in Bayern wurden am Sonntag neue Fakten geschaffen. Die CSU setzte ihren Negativtrend fort und fuhr ihr schlechtestes Ergebnis seit 1950 mit 37 % der Stimmen ein. Für die SPD war es dieses Mal wieder ein absoluter Tiefpunkt, nachdem sie ihren Negativrekord von 2018 mit 9,7 % nun mit 8,4 % unterboten hatte – ihr schlechtestes Ergebnis seit 1893 unter Kaiser Wilhelm II.

Klare Sieger der Landtagswahl sind, wie wir es in unserer Voranalyse schon erahnt hatten, Freie Wähler und AfD. Die Süddeutsche Zeitung schreibt: „Bayerns politische Landkarte hat eine neue Farbe: Orange.“ So gehen die Freien Wähler als zweitstärkste Kraft mit 15,8 % aus der Landtagswahl hervor – noch vor der AfD mit 14,6 %. Die Grünen verlieren ihren Status als Oppositionsführer mit 14,4 %; die FDP fällt mit 3,0 % klar aus dem Maximilianeum. Die LINKE halbiert ihr Ergebnis von 3,2 % auf 1,5 % und wird somit nur mehr in eine noch tiefere Krise stürzen.

Aus der Schwäche der Grünen heraus gewann die CSU um mehrere tausend Stimmen in den Groß- und Mittelstädten, während sie auf dem Land gewaltig abstürzte: Insbesondere im agrarisch geprägt Niederbayern als auch Teilen Oberbayerns gingen die Freien Wähler in etlichen Gemeinden als Wahlsieger hervor und überholten die CSU klar. So gingen in absoluten Zahlen auch mehrere Stimmkreise an die Freien Wähler über: Beispielsweise errang Hubert Aiwanger (FW) in Landshut sein Direktmandat mit 32,5 % noch vor dem Gegenkandidaten der CSU mit 26,9 %. Laut infratest-dimap verlor die CSU landesweit 140.000 Stimmen an die Freien Wähler.

Ebenso verlor die CSU in mittleren Städten wie Dingolfing, Straubing oder Waldkraiburg ihre lokale Präsenz an die AfD. Stimmenanteile von 30% bis 40% in Arbeitervierteln und Plattenbausiedlungen der Nachkriegszeit sind dort nicht mehr die Ausnahme, sondern Normalität. Die „ostdeutschen Zustände der Politikverdrossenheit“, vor denen viele Politikwissenschaftler westdeutsche Bundesländer stets ausgeschlossen hatten, sind nun auch im Westen spürbar.

Die Grünen verschlechtern ihr Wahlergebnis um 3,2 % auf 14,4 %, da sie vor allem auf dem Land beim kleinbürgerlichen Milieu Vertrauen verloren hatte, zugleich sich aber in den Großstädten festigen konnten. Ihr Image als liberale Reichenpartei konnte sich erneut bestätigen, da sie sich insbesondere in den teuren Stadtbezirken in München Mitte-Altstadt als auch Schwabing/Maxvorstadt bei 44 % bzw. 34 % unverändert halten konnte. Laut einer Umfrage von infratest-dimap gaben 92 % der Grünen-Wähler an, dass ihre „wirtschaftliche Situation“ gut sei – der Höchstwert neben allen anderen Parteien. 

Niedergang der SPD und Linkspartei

Neben Grüne und FDP wurde auch die Sozialdemokratie von ihrer unpopulären Arbeit in der Bundesregierung abgestraft. Des Weiteren konnte ihr relativ unbekannter Spitzenkandidat Florian von Brunn neben Wahlkampfthemen wie „Kostenlose Kitaplätze für 780.000 Kinder“ oder „Faire Mieten für 7 Mio. Mieter“ nicht mit seinem sozialpartnerschaftlich motivierten „10-Punkte-Programm“ punkten, worin der Aufbau einer Batterieindustrie als auch ein Industriestrompreis im Fokus standen. Von Brunn kämpfte für das Ziel „15 Prozent plus x“, während die SPD lediglich 8,4 % der Wählerstimmen erreichte und in absoluten Zahlen 170.000 Wähler verloren hatte. 

Die Krise des Reformismus setzt sich vor allem in der LINKEN fort, die mit 1,5 % wenig Aussicht darauf haben wird, wieder in der Landespolitik präsent zu sein. Neben der Landtagswahl fanden zeitgleich auch die Bezirkswahlen statt, in der die LINKE in vier von allen sieben Bezirkstagen rausgeflogen ist, in denen sie vorher vertreten war. In Städten wie München, Nürnberg oder Schweinfurt bauten sie ihre Präsenz noch deutlicher ab. Wie in Hessen auch waren ihre Wahlplakate insbesondere von der SPD wenig zu unterscheiden, zumal ihr Konkurrent vergleichsweise konkretere Forderungen geklebt hatte.

Polarisierung

Beide Wahlen machen deutlich, dass sich die Krise des Parlamentarismus in Deutschland vertieft und die Polarisierung unablässig zunimmt. Die sogenannte „Mitte“ erodiert weiter, weil die liberal eingefärbte Bundesregierung (SPD-Grüne-FDP) keinen Fortschritt bringt, sondern die Krisenlasten auf die Arbeiterklasse abwälzt, während sie die Profite und Interessen des Kapitals mit verschiedensten Subventionen sichert.

Außerdem gewinnen im Parlament die konservativen und rechten Parteien, weil der Reformismus in einer tiefen Krise steckt und abgestraft wird. Die reformistischen Parteien, vor allem die LINKE, bieten keine sozialistische Alternative, sondern haben sich völlig dem bürgerlichen Establishment angebiedert. Das stößt die politisierten Schichten der Jugend und der Arbeiterklasse ab. Ein Teil versucht ihren Frust über die Wahl von rechten Parteien, wie der AfD, die sich als Systemopposition verkleiden, abzulassen. Ein gewaltiger Teil geht lieber gar nicht erst wählen. Weil die reformistischen Parteien keine Alternative sind, drückt sich diese Polarisierung im Parlament nun nach rechts aus.

Aber es gibt auch eine Gegenbewegung nach weit links, die noch keinen Ausdruck bei Wahlen findet, aber dafür immer wieder auf der Straße zu sehen ist. Sei es die Zunahme von Streiks oder von Protesten - vor allem aber die offene Hinwendung zu sozialistischen und kommunistischen Ideen in der Jugend.

Für alle, die gegen die rechten Parteien, gegen Diskriminierungen und all die Ungerechtigkeiten des kapitalistischen Systems ankämpfen wollen, kommt es heute darauf an, sich hier und jetzt in der marxistischen Strömung zu organisieren und rote Zellen aufzubauen, als Vorbedingung für eine neue kommunistische Massenbewegung und Partei, die der Arbeiterklasse einen Ausweg hin zur sozialistischen Revolution bieten kann.

 

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