Kategorie: Deutschland |
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Wer sind die Verbündeten im Kampf gegen Hartz IV? |
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Gut zwei Wochen nach der „Wasch- und Frisieraktion“ von Erwerbsloseninitiativen vor der Mainzer Staatskanzlei erwarten Teilnehmer des viel beachteten „Happenings“ in diesen Tagen Post vom rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten und SPD-Vorsitzenden Kurt Beck. Sie hatten Becks Büroleiter Martin Stadelmaier am 2. Januar 2007 ihre Bewerbungsmappen überreicht und wollten damit den SPD-Chef beim Wort nehmen. Dieser hatte bei einem Auftritt auf dem Wiesbadener Weihnachtsmarkt dem lautstark über Hartz IV schimpfenden Erwerbslosen Henrico Frank empfohlen, sich zu waschen und zu rasieren, dann könne er ihm in drei Wochen einen Arbeitsplatz besorgen. | |||
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Die Staatskanzlei hat nun ihrerseits den Erwartungsdruck an die zuständigen Arbeitsagenturen bzw. Regionaldirektionen weitergegeben und fordert von ihnen eine zügige Vermittlung bzw. Unterstützung der Bewerber. Martin Behrsing vom Erwerbslosenforum Deutschland, der die Aktion in Mainz angemeldet und als Betroffener selbst seine Bewerbungsunterlagen abgegeben hatte, will sich indes nicht mit Vertröstungen hinhalten lassen: „Sollten wir erkennen, dass diese Menschen einfach nur irgendwelche sinnlosen Trainingsmaßnahmen, 1 Euro-Jobs oder Niedriglohnsektorjobs angeboten bekommen, hat Kurt Beck ein dickes Problem.“ Denn dies käme einem Eingeständnis gleich, dass die SPD „keine Perspektive“ habe, wie die Leute von ihrer Arbeit angemessen leben könnten. Hartz IV sei genauso gescheitert wie sein Namensschöpfer, der ehemalige VW-Arbeitsdirektor Peter Hartz, der sich diese Woche vor Gericht verantworten müsse. Behrsing begrüßte das starke Medienecho der letzten Woche, weil dadurch auch die skandalöse Praxis von Sanktionen für Hartz IV-Betroffene öffentlich deutlich geworden sei. Mit „revolutionär denkenden“ Unternehmern „Deutschland verändern“? Unüberbrückbare Differenzen zwischen Erwerbsloseninitiativen traten auch in den letzten Tagen deutlich zu Tage. Behrsing und sein Verband legen ausdrücklich Wert auf Zusammenarbeit mit Gewerkschaftern und abhängig Beschäftigten und gemeinsame Ziele wie einen gesetzlichen Mindestlohn. Beim Mainzer „Happening“ kamen auch Gewerkschafter und Vertreter von Linkspartei und WASG zu Wort. Demgegenüber bezeichnete Henrico Franks „Managerin“ Brigitte Vallenthin Gewerkschafter und Linke als „die wahren Trittbrettfahrer“, die sich „längst von denen verabschiedet haben, die nicht im Besitz von Arbeit sind“. Von Forderungen nach gesetzlichem Mindestlohn oder Arbeitszeitverkürzung will sie nichts wissen. Anfang der Woche verteilte Vallenthin mit einer Handvoll Anhänger der von ihr gegründeten „Hartz IV-Plattform“ in der Wiesbadener Innenstadt Informationsblätter, in denen Gewerkschaften und Linke als vermeintliche Unterstützer von Hartz IV und Lohnarbeit scharf kritisiert werden. „Deutschland verändern“ will Vallenthin im Schulterschluss mit dem „revolutionär denkenden“ Unternehmer Götz Werner von der dm-Drogeriemarktkette, der sich für ein „Bedingungsloses Grundeinkommen“ (BGE) einsetzt. Dass in Götz Werners Deutschland für Gewerkschaften kein Platz mehr wäre, zeigt ein von der Hartz IV-Plattform an Passanten ausgeteiltes Faltblatt des Unternehmers. Werner will demnach eine „Steuer- und Investitionsoase“ mit „niedrigen Lohnstückkosten“ schaffen und dabei „Arbeitsmarktregulierungen wie Tarifrecht und Kündigungsschutz weitgehend überflüssig“ machen und „flexiblen Arbeitseinsatz auf der Basis von Individualvereinbarungen“ ermöglichen. Das Erwerbseinkommen könne „um den Betrag des Grundeinkommens gesenkt werden“. Kritik des Bedingungslosen Grundeinkommens Solche Vorschläge stoßen bei engagierten Gewerkschaftern auf Ablehnung. Einer der profiliertesten BGE-Kritiker ist der Frankfurter Sozialwissenschaftler Rainer Roth. Zu Vallenthins Propaganda für Götz Werner erklärte er: "Von seiner inneren Logik her ist das Bbedingungslose Grundeinkommen darauf angelegt, alle Tagesforderungen nach Mindestlohn und Regelsatzerhöhungen zu ersetzen bzw. in den Hintergrund zu drängen. denn es verspricht ja ein alternatives Gesellschaftsmodell, in dem Erwerbslose und Erwerbstätige aufgrund "armutsfester" Bezüge aus Steuermitteln keine Existenzunsicherheit mehr kennen. Das BGE wirkt als Tröstung und Hoffnung, dass das Kapital sich doch noch auf eine "soziale Verantwortung" besinnen könnte. Hoffnung auf einen Kapitalismus, in dem der Mensch im Mittelpunkt steht, tritt an die Stelle konkreter Kämpfe gegen das Kapital und für die reale Verbesserung der Lebensverhältnisse. |