Kategorie: Deutschland

Einstieg in die Privatisierung: Hessischer Landtag verabschiedet neues Sparkassengesetz

Gegen den Rat der meisten Sachverständigen hat der Hessische Landtag Ende letzter Woche ein neues Sparkassengesetz verabschiedet, das über kurz oder lang die Tür für eine künftige Privatisierung der bisher öffentlich-rechtlich geführten Geldinstitute öffnen könnte. Gewerkschafter, die dagegen aufgetreten sind und landesweit 80.000 Unterschriften gegen die Gesetzesänderungen gesammelt haben, wollen den Widerstand jetzt auf der kommunalen Ebene fortsetzen.



Wie der zuständige ver.di-Sekretär Armin Schmidt mitteilte, lehnen Gewerkschaft und Personalräte die im Landtag beschlossenen neuen Regelungen strikt ab, wonach die Stadt- und Kreissparkassen künftig veräußerbares Stammkapital bilden können. Längerfristig drohe damit eine Zerschlagung des öffentlich-rechtlichen Sparkassensektors. Sobald die erste Sparkasse in Hessen Stammkapital bilde und dieses handle, erwartet Schmidt Klagen interessierter Großbanken aus dem In- und Ausland vor dem Europäischen Gerichtshof. Dies könne zur Folge haben, dass bei einer entsprechenden Gerichtsentscheidung dann auch private Banken die Sparkassen stückweise aufkaufen und damit das reine Gewinnstreben auch in den Sparkassen um sich greifen würde.

Die mit absoluter Mehrheit regierende CDU hatte das Gesetz im Wiesbadener Landtag mit Unterstützung der FDP-Fraktion und gegen das Votum von SPD und Grünen verabschiedet. Besonders verbittert sind die Gewerkschafter darüber, dass die Regierung Koch ihr Konzept stur durchzog und die fundierten Einwände von Kritikern quer durch die Bank völlig ignoriert hatte.
„Eine Landesregierung, die alle Warnungen in den Wind schlägt und keinen einzigen Veränderungsvorschlag aufnimmt, macht eine pure Machtpolitik gegen die Interessen der Bürger und Beschäftigten und entzieht sich der Verantwortung, für einen Ausgleich von Interessen zu sorgen“ kritisierte Elisabeth Schuchmann, Vorsitzende der ver.di-Landesfachgruppe Sparkassen.

In den letzten Wochen hatten sich Sparkassen- und Giroverband, Sparkassenvorstände, Städtetag, Städte- und Gemeindebund, Landkreistag, DGB, ver.di, betroffene Personal- und Betriebsräte, Handwerkskammern, Handwerkstag, SPD und Grüne gegen handelbares Stammkapital ausgesprochen und dies bei einer Anhörung im Landtag auch kundgetan. Zum allerersten Mal habe der Landtag somit auch ein Sparkassengesetz gegen den erklärten Willen des Sparkassen- und Giroverbandes geändert, bemängelt Armin Schmidt: „Die einzigen, die für die Linie der Landesregierung gesprochen haben, waren der Bundesverband deutscher Banken und die internationale Wirtschaftssozietät Freshfields Bruckhaus Deringer. Letztere ist über Beraterverträge mit den Großbanken eng verbunden und hat schon bei der Änderung des Berliner Sparkassengesetzes im Grunde dem Berliner Senat das Gesetz geschrieben. Jetzt berät sie auch die Hessische Landesregierung.“

Erhaltenswert an den Sparkassen in der derzeitigen Form ist für Gewerkschafter wie Armin Schmidt deren öffentlicher Auftrag für eine Grundversorgung in den Regionen. Shareholderinteressen privater Finanzinvestoren unter dem Deckmantel öffentlich-rechtlicher Strukturen zerstörten den Charakter der Sparkassen. Die Sparkassen seien nicht in erster Linie für die Gewinnmaximierung da, sondern müssten etwa ein Girokonto für Jedermann garantieren und Wirtschaft und Kleingewerbe vor Ort fördern. Ohne Sponsoring durch die Sparkassen könnten viele Vereine mit ehrenamtlichen Strukturen nicht existieren. Hätten erst Privatbanken Zugriff auf die Sparkassen, so würden sie unweigerlich das Filialnetz ausdünnen. Damit wären Zweigstellen in vielen kleineren Gemeinden und Stadtteilen und auch viele Arbeitsplätze gefährdet. Besonders die ländlichen Regionen in Nord- und Osthessen wären die Leidtragenden, warnt Armin Schmidt.

Nun will ver.di den Widerstand auf der regionalen Ebene fortsetzen und auf Entscheidungsträger in den Kommunen einwirken. Denn das neue Gesetz könnte verschuldete Kommunen oder Landkreise dazu verleiten, Teile der Sparkassen etwa kurzerhand an die Landesbank Hessen-Thüringen zu veräußern. Und dies könne dann die Privatbanken in ihrem Hunger auf lukrative Teile des Sparkassennetzes auf den Plan rufen. Commerzbank-Vorstandssprecher Klaus-Peter Müller, dem Insider gute persönliche Kontakte zu Hessens Ministerpräsident Roland Koch nachsagen, hatte in der Vergangenheit schon mehrfach Interesse am Aufkauf von Sparkassen bekundet.

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