Kategorie: Deutschland |
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Landtagswahlkampf in Hessen: Koch muss weg! |
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Dreieinhalb Wochen vor der hessischen Landtagswahl am 27. Januar 2008 muss der amtierende Ministerpräsident Roland Koch um seine Wiederwahl bangen. Dabei droht ihm nach Meinungsumfragen nicht nur der Verlust der absoluten CDU-Mehrheit; selbst zusammen mit seinem Wunschpartner FDP könnte es nicht mehr zu einer bürgerlichen Wunschkoalition reichen, falls die hessische Linke mit über 5 Prozent in den Wiesbadener Landtag einzieht. | |||
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Nachdem Koch den Überfall auf einen Rentner in der Münchner U-Bahn zum Anlass für Äußerungen gegen „kriminelle Ausländer“ und für deren Abschiebung genommen hat, fühlen sich viele Hessen jetzt wieder an Kochs Unterschriftenkampagne gegen die „Doppelte Staatsbürgerschaft“ im Januar 1999 erinnert. Damit hatte der relativ unbekannte Herausforderer Koch in der Endphase des hessischen Landtagswahlkampfes von sich reden gemacht. Er hatte die von der gerade erst ins Amt gekommenen Bundesregierung aus SPD und Grünen anvisierte Reform des Ausländerrechts zum Anlass genommen, um mit einer landesweiten Unterschriftskampagne dumpfe Fremdenfeindlichkeit zu schüren und Stimmen zu fangen. Augenzeugen erinnern sich daran, wie Menschen seinerzeit zu CDU-Infoständen kamen, um „gegen die Ausländer“ zu unterschreiben. Mit Hilfe der FDP, die damals äußerst knapp die 5-Prozent-Hürde nahm, konnte Koch 1999 die „rot-grüne“ Landesregierung unter Hans Eichel, dem späteren Bundesfinanzminister, ablösen und sich als neuer rechter Star und Hoffnungsträger der Bundes-CDU etablieren, dem es gelungen war, das tendenziell „rote“ Hessen zu erobern. Koch wäre nicht Koch, würde er, um von der weit verbreiteten Unzufriedenheit mit dem neoliberalen Umbau in Hessen an allen Fronten abzulenken, jetzt nicht wieder mit fremdenfeindlichen und Law-and-Order-Parolen seine verunsicherten und enttäuschten bisherigen Anhänger zu mobilisieren versuchen. Ob die Neuauflage einer fremdenfeindlichen Kampagne auch diesmal wieder den Ausschlag geben wird, ist offen. Selbst der konservative Wiesbadener Kurier kritisierte am Wochenende den neuen Anlauf des Ministerpräsidenten, Politikern, die die „kochende Volksseele weiter anzuheizen“ versuchten, müssten Grenzen gesetzt werden, so das Blatt. Koch kam 1999 allerdings neben seinen gezielten fremdenfeindlichen Parolen auch eine weit verbreitete Unzufriedenheit mit der Bildungspolitik im Lande zu Gute, nachdem die Regierung Eichel zuvor durch Ausgabenkürzungen im Schulbereich Lehrer, Eltern und Schüler verärgert hatte. Im Gegensatz dazu ist die hessische CDU heute, nach neun Jahren Koch, durch offenkundige Missstände an den Schulen wie auch durch Studiengebühren bildungspolitisch in die Defensive geraten und hat selbst konservative Lehrerverbände gegen sich aufgebracht. So wurde auch bei einer Podiumsdiskussion mit Parteienvertretern in einem Wiesbadener Gymnasium kurz vor Weihnachten deutlich, dass auch im Bildungsbürgertum große Unzufriedenheit mit Koch und seiner Kultusministerin Karin Wolff vorherrscht. Der CDU-Kreisvorsitzende und Landtagsabgeordnete Horst Klee fand sich in der Defensive und versuchte erst gar nicht, Wolff zu verteidigen. SPD-Spitzenkandidatin Andrea Ypsilanti, die – ähnlich wie Koch vor 9 Jahren – als „chancenlose“ Außenseiterin im Kampf um die Staatskanzlei gilt, möchte den heutigen Amtsinhaber zumindest in der Form mit seinen Waffen schlagen und setzt mit einer Unterschriftensammlung zu einem populären Thema in der heißen Phase des Wahlkampfes zur Aufholjagd an. So wird die Sozialdemokratin am Mittwoch, 2. Januar, in Wiesbaden und Darmstadt vor laufenden Kameras eine SPD-Unterschriftenaktion für einen gesetzlichen Mindestlohn unter dem Motto „Gerechter Lohn für gute Arbeit“ starten. Der Landtagswahlkampf verspricht trotz kalter Außentemperaturen eine heiße Auseinandersetzung zu werden, in der für alle Beteiligten viel auf dem Spiel steht. Denn neben den bundespolitischen Ambitionen Kochs geht es auch um die Frage, ob die schwächelnde Bundes-SPD unter Kurt -Chef Beck wenigstens in einem wichtigen Bundesland frühere Verluste wieder wettmachen kann. Die Linke braucht für den Einzug in den Landtag mindestens fünf Prozent und will am 27. Januar zeigen, dass sie endgültig im Westen angekommen und etabliert ist. Siehe auch: Wie soll sich die Linke Hessen gegenüber der SPD verhalten? Mitregieren, Tolerieren oder Opponieren? |