Kategorie: Deutschland |
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Landtagswahl in Hessen: Bürgerliche Mehrheit verhindert – Die Linke im Landtag |
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Die Linke hat ihre Wahlziele erreicht. Sie hat mit 5,1 Prozent den Einzug in den Hessischen Landtag geschafft. Dieses Wahlergebnis verhinderte darüber hinaus eine schwarz-gelbe Mehrheit aus CDU und FDP. Somit konnte durch ein Erstarken der Linken Roland Koch (CDU) de facto abgewählt werden. | |||
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Ministerpräsident Koch war zu Beginn des Wahlkampfes im Dezember 2007 noch als Favorit ins Rennen gegangen. Roland Koch regierte in Hessen seit der letzten Landtagswahl 2003 und in seiner zweiten Amtsperiode mit absoluter Mehrheit. Die SPD befand sich im bundesdeutschen Negativtrend und in einem schlechten Zustand, was sich in stetig sinkenden Umfragewerten äußerte. Niemand zweifelte an einen Sieg Kochs, der Hessen als Wirtschaftsmacht Deutschlands darstellte. Trotz Filz und Korruption in der Hessen-CDU sonnte sich Koch und seine Truppe in Arroganz und Übermut. Aufholjagd der SPD Die SPD musste nun handeln. Eine Kehrtwende musste her. Der Niedergang der Partei musste gestoppt werden. SPD-Spitzenkandidatin Andrea Ypsilanti, bis dahin noch weitgehend unbekannt, startete Anfang Januar 2008 eine Unterschriftenkampagne zur Einführung von Mindestlöhnen und stellte soziale Themen in den Mittelpunkt ihres Wahlkampfes. Die SPD hat sich in Hessen als „linke Volkspartei“ positioniert und Themen wie soziale Gerechtigkeit in den Vordergrund gestellt. Andrea Ypsilanti ging vorsichtig auf Distanz zur Agenda 2010. Auch die Bundespartei unter Beck wandte sich traditionellen sozialdemokratischen Themen zu und konnte dadurch in der Öffentlichkeit einen „Linksruck der SPD“ vortäuschen, ohne politisch danach zu handeln. Strategisch erreichte er aber in der Partei einen Rückenwind, der für den Wahlkampf benötigt wurde. Das Ziel war die Mobilisierung der eigenen Anhängerschaft, um einen Regierungswechsel herbeizuführen, und das Verhindern des Einzugs der Linken in den Landtag. Nun hat Ypsilanti mit ihrer rasanten Aufholjagd zwar viele Erwartungen übertroffen, doch ein selbst gestecktes Ziel hat sie nicht erreicht: die Hoffnung, mit einem linken Profil die Linke aus dem Landtag heraushalten zu können. Und das war ein wichtiger Zweck des Projekts Ypsilanti. Koch unter Zugzwang Nachdem Ypsilanti am 2. Januar ihre Mindestlohnkampagne eröffnet hatte, stand Roland Koch unter Zugzwang. Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten. Koch setzte auf Provokation und stellte das Thema „Ausländerkriminalität“ in den Vordergrund. Doch eine Wiederauflage der ausländerfeindlichen Kampagne, wie sie Koch bereits als Oppositionsführer 1999 mit dem Thema „Doppelte Staatsbürgerschaft“ siegreich führte, wollte diesmal nicht gelingen. Zu offensichtlich waren seine Motive. Nach neun Jahren Koch-Regierung wurden sich immer mehr Menschen bewusst, was im Land vor sich geht. Brutalstmöglicher Sozialabbau, Privatisierungsorgien und eine desolate Schulpolitik haben eine breite Widerstandsfront gegen ein Weiterregieren von Koch (Bulldozer des Sozialabbaus) aufgebaut. Auch die plumpe Antikommunismuskampagne der Hessen-CDU („Wenn die Kommunisten in den Landtag kommen, dann schaffen sie hier Verhältnisse wie in der DDR“) in den letzten beiden Wochen des Wahlkampfes mobilisierte nicht die bürgerliche Anhängerschaft, sondern war ein Rohrkrepierer und machte vielmehr die Linke landesweit noch bekannter. Reale Probleme Für die Hessen standen Themen wie die Kritik an der Verkürzung der Gymnasialschulzeit von neuen auf acht Jahre (G8) und die Arbeitsmarktproblematik im Mittelpunkt. Die Innere Sicherheit wurde von weniger als jedem vierten Wahlberechtigten als vordringlich zu lösende Aufgabe betrachtet. Die SPD hat im Wahlkampf auf Polarisierung gesetzt und dadurch auch die kleinen Parteien, insbesondere den Wunschpartner GRÜNE, in Bedrängnis gebracht. In der Endphase des Wahlkampfes wurde die Personalisierung immer deutlicher. Es reduzierte sich alles auf die Alternative Ypsilanti oder Koch. Da musste auch die Linke erfahren, dass sich viele ArbeitnehmerInnen nach wie vor an der SPD orientieren und ihr – auch die größten – Vergehen (Hartz IV, Agenda 2010...) schnell verzeihen, wenn sie mit einem frischen Gesicht Besserung gelobt. Durch die Polarisierung im Wahlkampf konnte aber nicht die Wahlbeteiligung gesteigert werden. Im Gegenteil. Mit einer Wahlbeteiligung von 64,3 Prozent haben wir einen neuen historischen Tiefpunkt in Hessen erreicht. Roland Koch erlebte am 27.1. sein Waterloo. Er verlor seine absolute Mehrheit und seine bürgerliche Mehrheit. Zwar blieb die CDU am Ende mit 36,8 Prozent knapp stärkste Partei (SPD 36,7 Prozent), doch ob Koch weiterhin Ministerpräsident bleiben kann, ist unklar. Die Linke im hessischen Landtag Trotz der Freude über den Einzug der Linken in den hessischen Landtag enthält das Ergebnis aber auch ein Warnsignal. Die SPD ist nach wie vor die größte traditionelle linke Partei, die auf die ArbeitnehmerInnen ausstrahlen kann und je nach politischer Handlung diese abschreckt oder anzieht. Wie wir in früheren Artikeln schrieben, werden sich Teile der SPD zur Abgrenzung von der Agenda-Politik einen linken Anstrich geben. Die Linke muss daher jetzt in Hessen die SPD beim Wort nehmen und sie zu Taten schreiten lassen. Gesetzesinitiativen zum Mindestlohn, zur Abschaffung der Studiengebühren sowie zur Einführung der Gemeinschafts- bzw. Ganztagsschulen sollten schnellstmöglich vorbereitet werden und in den Landtag eingebracht werden. So muss die SPD, die jetzt auf die stramm neoliberale und konservative hessische FDP als Koalitionspartner schielt, in der Öffentlichkeit an ihre Wahlversprechen erinnert werden und dazu gezwungen werden, Farbe zu bekennen. Ein Wermutstropfen ist, dass es der hessischen Linken, im Unterschied zur niedersächsischen, nicht gelungen ist, die Zahl der WählerInnen gegenüber Bundestagswahl 2005 zu steigern. Bei der Bundestagswahl 2005 erreichte die Linke in Hessen einen Stimmenanteil von 5,3 Prozent und 178.913 WählerInnen, am letzten Sonntag erreichte die Linke bei den Landtagswahlen einen Stimmenanteil von 5,1 Prozent und 140.488 WählerInnen. Dies muss kritisch analysiert werden. Woran lag es, dass nicht das Wählerpotenzial voll ausgeschöpft wurde? Fortsetzung folgt. |