Kategorie: Deutschland

Schuldenbremse ausbremsen!

Zeitgleich mit den hessischen Kommunalwahlen am 27. März steht eine politische Grundsatzentscheidung an, die noch wichtiger ist als die Zusammensetzung der Kreistage und Gemeindevertretungen: die Volksabstimmung über die Verankerung einer Schuldenbremse in der Landesverfassung. Zentraler Inhalt ist das Verbot einer Neuverschuldung des Landeshaushalts ab 2020.



Die Volksabstimmung eingeleitet hat der Hessische Landtag Mitte Dezember mit den Stimmen von CDU, FDP, SPD und Grünen. Nur die Linksfraktion stimmte dagegen. Hessen ist das einzige Bundesland, in dem das Volk bei einer Veränderung der Landesverfassung das letzte Wort hat.

Die bundesweite Verankerung einer Schuldenbremse mit gleicher Zielsetzung im Grundgesetz hatte der Bundestag auf Vorschlag der damaligen Großen Koalition aus CDU/CSU und SPD mit Zweidrittel-Mehrheit bereits im Frühjahr 2009 beschlossen – damals unter dem Eindruck der milliardenschweren Rettungsaktionen für die Großbanken nach Ausbruch der Wirtschaftskrise im Herbst 2008. Dagegen hat das Land Schleswig-Holstein beim Bundesverfassungsgericht Klage eingereicht. Der Ausgang des Verfahrens gilt als offen, so dass diese Regelung durch Richterspruch eventuell noch kippen könnte. Sollte das hessische Wahlvolk jedoch den vier großen Landtagsparteien folgen und mit „Ja“ stimmen, so wäre die Schuldenbremse hier fester Bestandteil der Verfassung.

Gegen dieses Vorhaben hat sich eine Gegenbewegung formiert, die unter der Parole „Für ein handlungsfähiges Hessen“ der Bevölkerung die Ablehnung der geplanten Verfassungsänderung empfiehlt. Darin haben sich der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften, Sozialverbände, Beamtenbund, Schüler und Studierendenvertretungen, Naturfreunde, Attac und andere Organisationen zusammengeschlossen. Sie warnen davor, dass die „Schuldenbremse“ zu Ausgabenkürzungen in nie gekannter Höhe bei öffentlicher Infrastruktur, Bildung, Sozialeinrichtungen und Kultur führen wird. Sie befürchten einen „Blankoscheck für die Politik des Aushungerns der öffentlichen Hand, des Sozialabbaus und Privatisierens“ und zunehmenden Druck in Richtung Privatisierungen und Arbeitsplatzabbau bei Land und Kommunen. Erster Vorbote ist die jüngste Ankündigung von Finanzminister Thomas Schäfer (CDU), 1200 Stellen in der Landesverwaltung zu streichen.

Während CDU und FDP behaupten, wir alle hätten „über unsere Verhältnisse gelebt“ und müssten „im Interesse nachfolgender Generationen sparen“, macht Kai Eicker-Wolf vom hessischen DGB eine ganz andere Rechnung auf: „Allein 2010 fehlten durch die zurückliegenden Steuersenkungsorgien gut 50 Milliarden Euro in den öffentlichen Kassen. Die Einnahmen des Landes Hessen fielen um zwei Milliarden Euro höher aus, wenn im Steuerrecht noch der Rechtsstand des Jahres 1998 gelten würde.“ So fordern Gewerkschafter und LINKE eine Rücknahme der Steuergeschenke an Reiche, Großverdiener, Banken und Großkonzerne, wie sie von Regierungen aus SPD, Grünen, CDU/CSU und FDP seit 1998 beschlossen wurden. Damit wäre ein wichtiger Teil der staatlichen Defizite schlagartig aus der Welt geschafft und stünden viele Kommunen nicht mehr am Rande des Bankrotts.

Verfassungsänderungen per Volksabstimmung gab es in Hessen bislang nur dann, wenn der Landtag dies einstimmig beschloss und keine maßgebliche gesellschaftliche Gruppe dagegen opponierte. CDU und FDP hatten die Verfassungsänderung pro Schuldenbremse schon im Sommer angeregt und eingefädelt und die Grünen rasch ins Boot gezogen. Nach langem Zögern ließ sich im November auch die SPD-Landtagsfraktion darauf ein. Viele führende Gewerkschafter mit SPD-Parteibuch nehmen dies der SPD-Spitze übel. So ist der hessische DGB-Landesvorsitzende Stefan Körzell höchst verärgert darüber, dass er als Gast auf einem SPD-Landesparteitag Ende November in Gießen keine Gelegenheit bekam, in einem Grußwort an die Delegierten seine Kritik darzustellen. Auch die SPD-Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen (AfA), die Jusos und SPD-nahe Verbände wie die Arbeiterwohlfahrt engagieren sich gegen die Schuldenbremse. Viele kreiden SPD-Landeschef Thorsten Schäfer-Gümbel an, dass er im parlamentarischen Tauziehen um einzelne Formulierungen zum jüngsten Landtagsbeschluss wenig Standfestigkeit bewiesen habe und von dem Wunsch beseelt sei, um jeden Preis einmal auf der „Gewinnerseite“ zu stehen.

Dass DGB-Gewerkschaften und SPD in Hessen in einer wichtigen Frage demonstrativ getrennte Wege einschlagen, ist eine neue Erfahrung. Der letzte von CDU, FDP und Grünen initiierte Versuch, einen Großteil der fortschrittlichen und gewerkschaftsfreundlichen Inhalte aus der 1946 verabschiedeten Landesverfassung zu streichen, scheiterte 2005. Damals hielt sich die SPD unter dem Druck des DGB von diesem Projekt fern. So bekam der damalige Regierungschef Roland Koch (CDU) kalte Füße, weil ihm das Risiko einer polarisierten Kampagne gegen SPD und DGB als unkalkulierbar erschien.

Funke-Redaktionsmitglieder und Unterstützer in Hessen treten engagiert gegen die Schuldenbremse ein. Statt unsozialer Einsparungen bei Infrastruktur, Bildung, Sozialeinrichtungen und Kultur fordern wir einen gesamtgesellschaftlichen Kassensturz und ein Zinsmoratorium, d.h. die Einstellung der üppigen Zinszahlungen an Banken und Vermögende. Wer die öffentlichen Kassen entlasten will, muss sich das Geld von den Großkonzernen, Banken, Finanzgesellschaften, Millionären und Milliardären holen. Die Banken gehören in öffentliche Hand und unter demokratische Kontrolle.

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