Kategorie: Frauenbefreiung

100 Jahre internationaler Frauentag – ein Grund zu feiern?

Heute vor hundert Jahren wurde zum ersten Mal der internationale Frauentag begangen. Er geht auf Aktionen und Streiks der ArbeiterInnenbewegung zurück, die schon Mitte des 19. Jahrhunderts begannen. Wo stehen wir heute, 100 Jahre danach? Sind wir also am Ziel angekommen?
So wurde in Nordamerika von Arbeiterinnen schon am 20.2.1909 ein nationaler Frauentag angesetzt, nachdem Näherinnen mit einem zweimonatigen Streik ihre Forderungen nach Verbesserung der Arbeitsbedingungen durchsetzen konnten.



Auf Initiative von Clara Zetkin (siehe Foto mit Rosa Luxemburg) wurde auf der II. Internationalen Sozialistischen Frauenkonferenz am 27.8.1910 in Kopenhagen die Einführung des internationalen Frauentages beschlossen. 1911 wurde dieser Tag dann erstmals in wenigen Ländern, zu denen auch Deutschland gehörte, begangen – und zwar am 19. März. Dieses Datum sollte den revolutionären Charakter dieses Tages betonen, da am 18. März der Gedenktag für die Gefallenen der Märzrevolution von 1848 abgehalten wurde.
Zentrale Forderung anlässlich des Frauentages 1911 war das Wahlrecht für Frauen. In den folgenden Jahren konnte sich der Frauentag in immer mehr Ländern etablieren.

1921 wurde dann das Datum des Frauentages auf den 8. März festgelegt. Dieses Datum sollte daran erinnern, dass am 8. März 1917 zahlreiche Frauen in St. Petersburg demonstrierten und Arbeiterinnen, Soldatenfrauen und Bauernfrauen in den Streik traten. Der Streik weitete sich stark aus, erfasste schließlich 90.000 Menschen und mündete in die Februarrevolution, die den Zaren zum Abdanken zwang. So sollte die Rolle der Frauen in dieser Revolution mit dem Datum des Frauentages geehrt werden.

Seitdem wird der Frauentag in zahlreichen Ländern begangen und von Frauen genutzt, um auf ihre Benachteiligung aufmerksam zu machen und für das Thema Gleichberechtigung zu sensibilisieren.

Aber wo stehen wir heute, 100 Jahre danach?

Der Forderung nach dem Frauenwahlrecht wurde in Deutschland 1919 entsprochen – unter dem Druck der deutschen Novemberrevolution. In den letzten Jahrzehnten gab es viele rechtliche Verbesserungen für die Frauen; die Gleichberechtigung wurde sogar in das Grundgesetz der BRD aufgenommen. Viele Frauen in Deutschland empfinden sich nicht als benachteiligt, vor allem im Vergleich mit anderen Ländern. Tatsächlich ist es für FeministInnen nicht mehr so einfach, die diskriminierenden Faktoren zu entlarven. Das war für die Frauen früher einfacher, die sich noch das Recht erkämpfen mussten, an politischen Veranstaltungen teilzunehmen oder in Parteien eintreten zu dürfen.

Sind wir also am Ziel angekommen? Als scheinbaren Beweis hierfür wird oft unsere Kanzlerin angegeben. Allerdings sollte hier beachtet werden, wie Angela Merkel überhaupt an die Macht gelangt ist und dass sie Kanzlerin wurde obwohl weiblich. (Es kann nicht behauptet werden, dass ihr Geschlecht keine Rolle gespielt hätte.) Außerdem ist eine Frau, die keine Frauenpolitik macht, kein Fortschritt in feministischer Hinsicht, genauso wie eine afroamerikanische Politikerin in einer Spitzenposition keine Verbesserung für die schwarze Bevölkerung bedeutet, solange sie sich nicht für deren Belange einsetzt.

Es ist aber tatsächlich schwierig, anhand von Gesetzestexten die reale Benachteiligung und Diskriminierung von Frauen aufzuspüren. Schon Clara Zetkin wies allerdings darauf hin, dass volle Emanzipation nicht allein durch Rechte ermöglicht werden kann, da die ökonomische Abhängigkeit der Frau als Problem bestehen bleibt. Damit kritisierte sie die damalige Forderung nach dem Frauenwahlrecht als nicht ausreichend und verwies auf die Realität für Frauen in Ländern, die das Frauenwahlrecht schon eingeführt hatten. Diese Kritik an der Unzulänglichkeit hielt sie allerdings nicht davon ab, sich später dieser Forderung anzuschließen.

In den 1970er Jahren erhoben Feministinnen den Anspruch auf die „Hälfte der Welt – nicht mehr und nicht weniger“. Also auch die Hälfte der Macht, die Hälfte der einflussreichen Ämter in Wissenschaft, Wirtschaft und Politik, um wirklich etwas verändern zu können. Die jetzige Realität sieht anders aus. Frauen haben zwar scheinbar alle Möglichkeiten, sich in Politik und Gesellschaft einzubringen, doch scheitern sie hierbei an so manchen Hürden. Frauen sind in Machtpositionen immer noch dramatisch unterbesetzt.

Die Lebensrealität vieler Frauen ist bestimmt durch einen arbeitsreichen Alltag, der oftmals die Lohnarbeit, die Führung des Haushaltes und die – häufig alleinige – Erziehung der Kinder beinhaltet. Hinzu kommt die Pflege von Angehörigen, z.B. der Eltern. Viele Frauen arbeiten in prekären Beschäftigungsverhältnissen. Frauen werden immer noch schlechter bezahlt als Männer und verdienen durchschnittlich rund 25% weniger. Die Teilzeitarbeit und die Elternzeit, die immer noch überwiegend von Frauen geleistet werden, gehen für viele Frauen einher mit einer Verschlechterung ihrer Arbeitsbedingungen und Aufstiegschancen. Nicht umsonst heißt es für viele Frauen: Kinder ODER Karriere – nicht UND. Außerdem sind Frauen von Armut stärker bedroht und betroffen als Männer.

Hier sind wir bei wichtigen marxistischen Themen angelangt: Im Kapitalismus sind die schlechter gestellten Subjekte (hier: Frauen) stärker von Ausbeutung bedroht und betroffen. Außerdem ist die Ausrichtung auf die klassische Kleinfamilie als Versorgungseinheit mit der Erledigung der Hausarbeit überwiegend durch die Frau äußerst problematisch, beinhaltet sie doch häufig die ökonomische Abhängigkeit der Frau vom Mann oder das allein gelassen werden mit den Problemen der Kinderbetreuung und Erziehung nach einer Trennung (manchmal auch schon in der Beziehung).

Deshalb müssen wir uns die Frage stellen: Wieviel Emanzipation der Frauen können wir im herrschenden kapitalistischen System tatsächlich erkämpfen? Die Geschichte zeigt, dass jede Verbesserung schnell zurückgenommen werden kann, wenn „Sachzwänge“ wie z.B. vorgeblicher „Geldmangel“ dies scheinbar erfordern (siehe der sog. „Backlash“ der letzten Jahre).

Ein System andererseits, das allen Frauen eine finanzielle Grundsicherung ermöglicht und besondere finanzielle Mittel für die Förderung der Kinder beinhaltet, würde viel verbessern. Zum Beispiel wäre eine Frau nicht mehr gezwungen, aufgrund der ökonomischen Abhängigkeit bei einem gewalttätigen Mann oder Partner zu bleiben. Eine solche Situation stellt heutzutage leider keinen Ausnahmefall dar.
Dieses System müsste eine flächendeckende Kinderbetreuung für jedes Kind ab den ersten Monaten mit pädagogisch qualifiziertem Personal in gut ausgestatteten Kindertagesstätten gewährleisten. Außerdem könnten alternative Lebensgemeinschaften und Wohnprojekte erprobt und etabliert werden, in denen die Pflichten und die Arbeit gemeinschaftlich organisiert sind, so dass die einzelne Frau entlastet werden würde. Darüber hinaus wäre es auch möglich die Hausarbeit komplett zu vergesellschaften.

Ebenso müsste ein ausreichendes Angebot von Ganztagsschulen geschaffen werden, so dass Frauen, besonders alleinerziehende, Beruf und Kinder besser vereinbaren könnten, und von gut ausgestatteten Einrichtungen für eine menschenwürdige, qualifizierte Pflege alter, kranker und behinderter Menschen.

Dies alles ist unser Staat nicht im Stande zu leisten und das in einem vergleichsweise immer noch reichen Land. Im Kapitalismus wird für solche Einrichtungen niemals genug Geld bereitgestellt werden, da sich diese Arbeit für KapitalistInnen nicht lohnt.
Deshalb ist die volle Emanzipation der Frau untrennbar verbunden mit einem Systemwechsel und alle FeministInnen sollten für den Sozialismus eintreten, denn: Keine Gleichberechtigung der Frau ohne Sozialismus!

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