Kategorie: Frauenbefreiung |
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Frauen und die Sackgasse Minijobs |
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„Ich habe gemerkt, dass ich in einem Entwicklungsland lebe und wütend geworden bin.“ Dies war die spontane Reaktion einer Gewerkschafterin in Mainz auf zwei Vorträge über die Auswirkungen von Minijobs auf Frauen und Alternativen zur zunehmenden Prekarisierung der Arbeit. Eingeladen hatten die Gewerkschaft ver.di und der Landesfrauenrat Rheinland-Pfalz. | |||
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2003 hatte die SPD-Grüne-Regierung mit ihrem damaligen Wirtschafts- und Arbeitsminister Wolfgang Clement im Rahmen der Hartz-Gesetze Minijobs bis 400 Euro stark aufgewertet. Damit sollte angeblich eine „Brücke“ und ein „Sprungbrett“ für Erwerbslose in den ersten Arbeitsmarkt entstehen. Doch mit derzeit bundesweit 7,4 Millionen Minijobs – das ist ein Fünftel aller Arbeitsverhältnisse – wurde die Brücke zur Sackgasse und zerstörte viele reguläre, sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze. Zwei Drittel sind Frauen, viele müssen „aufstocken“. Im Handel ist jeder dritte, in Gastgewerbe und Gebäudereinigung bereits jeder zweite Arbeitsplatz ein Minijob. Besonders betroffen sind sehr junge und ältere Menschen. Minijobs verhindern den Aufbau einer selbständigen sozialen Absicherung und bremsen die Gleichstellung von Frauen in der Arbeitswelt. Viele wollen aus dem Minijob in ein sozialversicherungspflichtes Normalarbeitsverhältnis und finden keines. Die Diskussion brachte aber auch zu Tage, dass es mit der geforderten gesetzlichen Abschaffung von Minijobs nicht getan ist. So zeigt ein Blick in die skandinavischen Länder, dass zwischen starken Gewerkschaften, einem starken öffentlichen Sektor mit existenzsichernden Löhnen, geringer Privatisierung und einer besseren Frauen-Gleichstellung ein enger Zusammenhang besteht. In Dänemark arbeitet jede zweite erwerbstätige Frau im Öffentlichen Dienst, in Deutschland nur jede siebte. Dort ist die Einkommenskluft zwischen Männern und Frauen geringer und der Anteil voll erwerbstätiger Frauen deutlich höher. Unterschiede sind besonders im Pflegebereich deutlich. Weil die Skandinavier bisher erschwingliche kommunale Pflegedienste als öffentliche Aufgabe betrachten und überwiegend nicht privaten Trägern überlassen, bestehen hier viel mehr annehmbare Vollzeitjobs und eine höhere Arbeitszufriedenheit als in Deutschland oder Osteuropa. Im privaten Pflegemarkt hingegen ist Lohndumping viel leichter durchzusetzen als im öffentlichen Dienst. „Ich schäme mich für unser Land. Warum geht keiner auf die Barrikaden?“, fragte eine Teilnehmerin: „Ich war früher stolz auf die soziale Errungenschaften. Jetzt werden Aufstocker werden als Loser dargestellt, aber niemand prangert die Arbeitgeber als Ausbeuter an.“ |