Bei der Geschichte der Menschheit handelt es sich keineswegs um einen linearen und gleichförmigen Prozess. Immer wieder kommt es zu ruckartigen und qualitativen Sprüngen, die die bisherige Gesellschaftsordnung völlig auf den Kopf stellen. Die Rede ist natürlich von den großen Revolutionen, die Marx zurecht als „die Lokomotiven der Geschichte“ bezeichnete.
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In revolutionären Zeiten, wo Ideen von Emanzipation und Freiheit aufblühen, haben auch Frauen ihre Rechte immer eingefordert und eine sprunghafte Verbesserung ihrer Lage erzielt. Ein frühes historisches Beispiel dafür ist die Pariser Kommune (1871), das leuchtende Ereignis in der Geschichte der ArbeiterInnenbewegung.
Die Kommune, die leider nach wenigen Monaten von den Herrschenden blutig niedergeschlagen wurde, war der erste Versuch ein sozialistisches Zusammenleben zu etablieren. In den 72 Tagen ihres Bestehens wurden viele Verbesserungen, die von den „Frauenklubs“ gefordert wurden, durchgesetzt. Es wurde ein Recht auf Arbeit und eine gleichzeitige Garantie auf den gleichen Lohn unabhängig des Geschlechts eingeführt. Die Erwerbstätigkeit der Frauen war und ist ein entscheidender Faktor für ein selbstbestimmtes und unabhängiges Leben. Deshalb wurden in der Kommune Industrieberufsschulen und Fabrikarbeitsplätze speziell für Frauen geschaffen.
Ein weiteres wichtiges Anliegen der Frauen, aber auch der Kommune im Allgemeinen, war das Zurückdrängen der Kirche. Es wurden die ersten säkularen Bildungseinrichtungen und zahlreiche Kinderbetreuungsstätten eingerichtet, um die Frauen zu entlasten. Auch im Familienrecht wurde der alte christliche Staub abgeschüttelt: Eheliche und uneheliche Kinder wurden im Gesetz gleichgestellt, damit Frauen auch bei unehelichen Kindern auf die Unterstützung der Männer zahlen konnten. Außerdem wurde das Scheidungsrecht dahingehend geändert, dass nun auch Frauen die Scheidung einreichen konnten. Die Frauen wurden zu einem aktiven Teil des politischen Geschehens, was natürlich auch die Einführung des Frauenwahlrechts implizierte. Die Pariser Kommune war somit eine der Pioniere im Frauenwahlrecht. In anderen bürgerlichen Ländern, wie der Schweiz, wurde dieses Recht erst 100 Jahre später einheitlich durchgesetzt.
Ein viel bekannteres und mindestens genauso beeindruckendes Beispiel der Frauenemanzipation ist die Russische Revolution (1917). In kürzester Zeit wurde aus einem der rückständigsten Ländern der Welt ein Staat mit der modernsten und fortschrittlichsten Frauenpolitik. Vor der Revolution litten besonders die Frauen unter der starken Unterdrückung durch das zaristische Regime und waren innerhalb der Familie völlig rechtlos. Doch schon in den ersten Wochen nach der Oktoberrevolution wurden zahlreiche Gesetze zur Gleichberechtigung erlassen: Völlige politische Gleichsetzung von Mann und Frau, Recht auf gleiche Entlohnung und zahlreiche Maßnahmen im Mutterschutz. Auch das Ehe- und Familienrecht wurde genau wie in der Pariser Kommune reformiert. Russland wurde das erste Land der Welt, in dem das Recht auf einen kostenlosen und sicheren Schwangerschaftsabbruch gesichert war. Außerdem wurde erstmals erkannt, dass die Vergesellschaftung der Hausarbeit und Kindererziehung der wichtigste Faktor ist, um den Frauen ein wirklich unabhängiges berufstätiges Leben zu ermöglichen. Zu diesem Zweck wurden (bis zum Burgerkrieg) zahlreiche Volksküchen, Waschküchen und Kinderstätten erbaut. Auch wenn mit dem Aufkommen des Stalinismus viele dieser Errungenschaften zurück genommen wurden, bleibt die Russische Revolution, wie auch die Pariser Kommune, ein Vorbild für den Kampf um Gleichberechtigung. Sie zeigen deutlich, dass der Kampf gegen Frauenunterdrückung untrennbar mit dem Kampf gegen jegliche ökonomische und gesellschaftliche Unterdrückung verbunden ist.
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