Kategorie: Frauenbefreiung |
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Wem nützen Frauenunterdrückung und Sexismus? |
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Für die Arbeiterklasse bedeutet der Sexismus und die strukturelle Unterdrückung der Frau die Spaltung ihrer kollektiven Macht. Trotz oberflächlicher Scheinemanzipation haben sich die geschlechtlichen Rollenideale im 21. Jahrhundert verschärft, was die Ausbeutung der Arbeiterklasse für unfassbar hohe Profite zementiert. Das müssen wir bekämpfen! |
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Seit dem Jahr 2008 liegt der Anteil der Niedriglohnbeschäftigten in Deutschland konstant bei etwa einem Viertel aller abhängig Beschäftigten. Derzeit arbeiten knapp neun Millionen Beschäftigte im Niedriglohnsektor. Sie erhalten einen Lohn unter der Niedriglohnschwelle von 11,05 Euro brutto pro Stunde. Mit den Hartz-Reformen stieg der Druck für Arbeitssuchende, Arbeitsstellen mit Niedriglohn anzunehmen. Deutschland führt in der EU die Niedriglohnquote an, sie lag 2019 bei 24,5 Prozent. Fast jede dritte beschäftigte Frau arbeitet zum Niedriglohn und insgesamt sind knapp zwei von drei Beschäftigten im Niedriglohnsektor Frauen. Außerdem waren 2019 rund zwei Drittel der erwerbstätigen Mütter mit minderjährigen Kindern, aber nur etwa jeder 15. Vater, in Teilzeit beschäftigt. 90 Prozent der Alleinerziehenden sind Frauen. Sie haben kaum Möglichkeiten, einen Job außerhalb des Niedriglohnsektors zu finden. Sie kümmern sich um die Kinder, den Haushalt, unterstützen die ältere Generation und erledigen viele weitere Arbeiten. Zudem sind sie oft gezwungen, mehrere Jobs anzunehmen, wenn ein einziger Lohn nicht reicht. Generell verdienen Frauen in allen Berufsklassen weniger als Männer. Vor allem die Löhne in sogenannten „Frauenberufen“ sind noch immer deutlich geringer als die der „Männerberufe“. In vergleichbaren Tätigkeiten und Qualifikationen erhalten Frauen einen sechsprozentig niedrigeren Lohn als Männer. Deutschland steht mit einem unbereinigten Gender-Pay-Gap von 20 Prozent im Jahr 2019 an der Spitze der EU. In „Frauenberufen“ verdienen Männer durchschnittlich 27 Prozent mehr als ihre Kolleginnen, in den „Männerberufen“ liegt der Lohnunterschied bei 13 Prozent.
Die Stundenlöhne auf oder unter der Niedriglohnschwelle sind überwiegend im Dienstleistungssektor, in den „Frauenberufen“ zu finden. Diese Berufe gehören in der Pandemie zu den systemrelevanten Berufsgruppen. Rund 75 Prozent des Gesundheitspersonals sind Frauen. Sie behandeln derzeit in deutschen Krankenhäusern die an Covid-19 Erkrankten und leisten tagtäglich drei bis vier Überstunden. Die Pandemie legt die starke strukturelle Ungleichheit zwischen den Geschlechtern offen. Da in „Frauenberufen“ niedrigere Löhne gezahlt werden und es eher möglich ist, die Arbeitszeit zu verkürzen, hat bereits jede vierte beschäftigte Frau in Folge der Covid-19-Pandemie ihre Arbeitszeit verkürzt. Sie übernehmen die Betreuung der Kinder und Pflegebedürftigen, den Haushalt und weitere Reproduktionsarbeit. Besonders Mütter und alleinerziehende Frauen arbeiten zumeist viele Jahre in Minijobs und haben gerade in der Pandemie ihre Einkommen verloren. Minijobs sind nicht versicherungspflichtig und bieten nicht die Voraussetzung, um Kurzarbeitergeld zu erhalten. Zudem erhalten viele nur einen befristeten oder gar keinen Arbeitsvertrag und somit keine Form der Sicherheit. 76 Prozent der heute in einem Minijob arbeitenden Frauen hatten seit ihrem aller ersten Minijob nicht eine einzige sozialversicherungspflichtige Beschäftigung. Dies zeigt, dass es fast unmöglich ist, aus der Armutsspirale heraus zu kommen.
Frauen sind im Alter überwiegend finanziell abhängig von ihren Ehegatten. 76,2 Prozent der Rentner und nur 2,3 Prozent der Rentnerinnen in den alten Bundesländern erhielten 2017 eine Rente von 1.500 Euro und weniger. Und fast 40 Prozent der Rentnerinnen und nur 18,3 Prozent der Rentner erhielten eine Rente unter 450 Euro im Monat. Die Höhe der Renten in Deutschland ist gekoppelt an die Einkommenshöhe und die Dauer des Erwerbslebens. Je länger Teilzeit gearbeitet wird, desto weniger Rente. Geringfügige Beschäftigungsverhältnisse wie Minijobs können auf Antrag von der Versicherungspflicht befreit werden. Dies geschieht in den meisten Fällen, da jeder Euro zum Überleben gebraucht wird. Das wirkt sich negativ auf die Rentenhöhe aus. Altersarmut ist die Folge und das trifft überwiegend Frauen. So werden die Ungleichheit und die Abhängigkeit der Frau vom Mann strukturell und steuerrechtlich unterstützt. Denn ihre zumeist besserverdienenden Ehegatten erhalten Steuererleichterungen. Somit werden Frauen automatisch gezwungen, ihre Arbeitszeiten zu verkürzen oder ihre Tätigkeiten aufzugeben und sich um die Reproduktionsarbeit im Haushalt zu kümmern. Im Rentenalter gehören sie oft zu den Arbeiterinnen, die ihr Leben lang zusammen mit der Hausarbeit sogar mehr als ihre Ehegatten gearbeitet haben und diesen den Rücken freihielten und dennoch Renten um die Armutsrisikoschwelle erhalten.
Die Zahlen zeigen, dass es im Kapitalismus für die Frauen der Arbeiterklasse schwer bis unmöglich ist, finanzielle Unabhängigkeit von einem Partner zu erreichen. Die Wirtschaftskrisen erschweren dies zusätzlich. Das hat direkte Auswirkungen auf das soziale Gefüge innerhalb von Partnerschaften. Durch die finanzielle Abhängigkeit ist es oft nahezu unmöglich für Frauen, Beziehungen zu beenden, in denen sie Gewalt erfahren. Mehr als acht von zehn Opfern häuslicher Gewalt in Partnerschaften sind Frauen. Mehr als einmal pro Stunde wird statistisch gesehen eine Frau durch ihren Partner körperlich verletzt. Es ist davon auszugehen, dass mehr als jede dritte Frau in Deutschland mindestens einmal in ihrem Leben einer Gewaltform ausgesetzt ist. Da aber nur in äußerst seltenen Fällen die Täter strafrechtlich verfolgt werden, gehen in Folge ihrer Abhängigkeit nur 15 Prozent der Frauen zur Polizei. Derzeit ist davon auszugehen, dass sich die Gewaltdelikte in Haushalten während der Pandemie fast verdoppelt haben. Frauen halten den Laden einerseits am Laufen, andererseits werden sie vielfach belastet und strukturell gedemütigt. Während in den vergangenen zehn Jahren Männer im Durchschnitt rund 9 Stunden pro Woche länger als Frauen gegen Entgelt arbeiteten, sind Frauen neben ihrer Voll- oder Teilzeitarbeit in weitaus größerem Umfang zur Reproduktionsarbeit in den eigenen vier Wänden gezwungen. Laut der Internationalen Arbeitsorganisation leisten Frauen in Deutschland jeden Tag durchschnittlich 4,5 Stunden Hausarbeit, Erziehung und Pflege in der Kleinfamilie. In Haushalten, in denen beide Partner in Vollzeit arbeiten, kümmert sich die Frau laut WSI Report 19, im Durchschnitt 3 Stunden, der Mann hingegen etwa 1,4 Stunden um die Kinderbetreuung. In Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigten-Haushalten liegt der Unterschied bereits bei 5,1 Stunden zu etwa 2 Stunden. In einem Alleinverdiener-Haushalt kümmert sich der Mann etwa 2,5 bis 4 Stunden um die Kinderbetreuung, die Frau jedoch bis zu 8,4 Stunden täglich im Wochendurchschnitt. Hinzu kommen noch Haus- und Pflegearbeiten von Angehörigen, welche auch zumeist von Frauen übernommen werden.
Die Arbeiterklasse ist der wichtigste Bestandteil der kapitalistischen Produktionsweise. Sie besitzt mit ihrer Arbeitskraft eine Ware, die wie jede andere Ware auf dem Markt verkauft wird. Die Kapitalisten kaufen diese Ware, in dem sie den Arbeitern einen Lohn zahlen. Der Lohn deckt aber nur einen gewissen Teil des Arbeitstages ab. Der Teil des Arbeitstages, der nicht vom Lohn abgedeckt ist, ist die Quelle des Mehrwerts, aus dem sich die Kapitalistenklasse ihren Profit zieht. Der Wert der Ware Arbeitskraft ist bestimmt, wie jede andere, durch ihre Produktionskosten. Die Kosten für die Reproduktion der Arbeitskraft, umfassen die Waren für den Konsum sowie die Reproduktionsarbeit, wie z.B. Kochen, Waschen, Erziehen, Pflegen und andere Tätigkeiten. Der Ort, an dem das verrichtet wird, ist die Kleinfamilie. Deshalb muss der Lohn der Arbeiterfamilie die Familiengründung ermöglichen, damit sich die Arbeiterklasse reproduzieren kann. Die Reproduktionsarbeit dient also der Instandsetzung der Arbeitsfähigkeit des individuellen Arbeiters und der Arbeiterin, so wie der Erneuerung der Arbeiterklasse insgesamt. Die Kleinfamilie bildet also eine ökonomische Einheit, in der alle Arbeiten erledigt werden, die der Reproduktion der Arbeitskraft und der Arbeiterklasse dienen, soweit sie nicht vergesellschaftet sind. Die in der Kleinfamilie ausgeführte Reproduktionsarbeit ist also ein notwendiger Bestandteil der kapitalistischen Produktion und der Aufrechterhaltung der Klassengesellschaft. Frauen leisten den Großteil dieser Familienarbeit. Innerhalb der Kleinfamilie wird die Frau und insbesondere die Hausfrau ihrer Tätigkeit nach auf eine Stufe mit einer antiken Haussklavin herabgedrückt, auch wenn sie im Gegensatz zu ihr formal frei ist. Die Hausarbeit produziert nur Gebrauchswerte, also Dinge und Leistungen für den eigenen Konsum. Weil die Reproduktion nicht ohne Arbeit erfolgen kann, ist die Hausarbeit, Erziehung und Pflege soweit sie in der Kleinfamilie erfolgt, im Lohn inbegriffen. Diese erniedrigte Position der Frau gegen über dem Mann in der Familie, ist ein zentraler Pfeiler der Frauenunterdrückung und der sexistischen Ideologie der bürgerlichen Klassengesellschaft.
„In frühen egalitären Gesellschaften gab es keine Frauenunterdrückung, da es kein Privateigentum und keine Klassen gab, die ihr Eigentum schützen und Arbeiter ausbeuten mussten. Mit der Entstehung von Privateigentum und der Klassengesellschaft entwickelte sich die Unterdrückung der Frau. Die Haushaltsführung wurde von einem gesellschaftlichen zu einem Privatdienst. Die Frau wurde mit ihrer Mehrfachbelastung aus der Teilnahme an der gesellschaftlichen Produktion verdrängt und zur Haussklavin degradiert. Sexismus und sexistische Rollenbilder untermauern die Haussklaverei weiterhin ideologisch.“
Seit die Frau in die Lohnarbeit gezogen wurde, dient sie dem Lohndruck innerhalb der Arbeiterklasse. Als Teil der Reservearmee, übt sie einen permanenten Druck auf die Löhne aus. Infolgedessen ist der sogenannte „Familienlohn“, also der Lohn des Mannes, der die gesamte Familie ernährt, längst ein Relikt aus vergangenen Tagen. Heute reicht das Haushaltseinkommen von zwei in Vollzeit beschäftigten oft gerade so aus, um eine Familie zu ernähren. Jedoch ist es ein gewaltiger Fortschritt, wenn Frauen aus der Kleinfamilie und aus dem Dasein als Hausfrau herausgerissen werden und lohnabhängig beschäftigt sind. Dadurch überwinden sie den Ausschluss aus dem gesellschaftlichen Leben und können sich als Teil der Arbeiterklasse, mit ihren Kolleginnen und Kollegen organisieren und den Kampf gegen Ausbeutung und Unterdrückung antreten. Sie können also ihre Befreiung von der Dreifachbelastung durch Lohnarbeit, Hausarbeit und Kindererziehung in ihre eigenen Hände nehmen. Ein Blick in die Geschichte zeigt, dass in revolutionären Bewegungen Frauen an den Spitzen der Bewegungen stehen und der vorantreibende Teil sind.
Obwohl alle Frauen als Frauen unterdrückt werden, hat auch diese Unterdrückung einen Klassencharakter. Denn die Frauen der herrschenden Klasse sind nur so lange für die Gleichstellung der Geschlechter, bis beispielsweise die Lohnerhöhung der „Frauenberufe“ gefordert wird. Und spätestens, wenn es an die Wurzeln der Frauenunterdrückung geht, nämlich das Privateigentum an Produktionsmitteln, werden die Klassenlinien für die bürgerlichen Frauen unüberwindbar. Der Kampf um die Gleichstellung der Geschlechter ist kein Kampf zwischen Mann und Frau, sondern ein Klassenkampf zwischen der Arbeiterklasse und der Kapitalistenklasse. Die materielle Grundlage der Frauenunterdrückung und des Sexismus ist die ökonomische Rolle der Familie im kapitalistischen System. Um beides zu beseitigen, muss die Familie als ökonomische Einheit aufgehoben werden. Für die Gleichstellung der Geschlechter bedarf es der materiellen Unabhängigkeit der Frau vom Mann durch die Vergesellschaftung der ökonomischen Aufgaben der Kleinfamilie. Ein Programm sollte folgende Eckpunkte aufweisen:
Eine sozialistische Revolution wird das Privateigentum an Produktionsmitteln abschaffen und damit die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen beseitigen. Das wird die materielle Grundlage für das Ende von Ungleichheit und Unterdrückung legen. Dafür müssen wir die Banken und Konzerne, die Schlüsselindustrien und die Lebensmittelproduktion verstaatlichen und unter Arbeiterkontrolle planen. In einer Planwirtschaft wird der produzierte Reichtum allen zugutekommen. Die Arbeitszeit wird sofort gesenkt werden, was allen Menschen Zeit verschaffen wird, sich am öffentlichen Leben zu beteiligen. Die für das Sozialsystem notwendigen Ressourcen werden bereitgestellt. Forschung und Geld werden aufgewandt, um die Last der Haus-, Erziehungs- und Pflegearbeit zu beseitigen, indem beispielsweise Kindertagesstätten, Gesundheitsversorgung, Bildung, gemeinsame Verpflegung, Volksküchen, kommunale Pflegeeinrichtungen für Kranke und Behinderte, Wäschereien. Putzdienste, andere Dienstleistungen zur Verfügung gestellt werden. Dann werden Frauen wie Männer die tatsächliche Freiheit haben, ihr Potenzial frei von materiellen Zwängen zu verwirklichen. Wenn die materielle Basis für Ungleichheit und Unterdrückung beseitigt ist, wird die Grundlage für Chauvinismus und Sexismus ebenfalls absterben und endlich aufgehoben werden. Deshalb brauchen wir eine starke marxistische Strömung in den Kämpfen der Arbeiterbewegung und Jugend!
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