Am 3. Mai 1908 ergriff die Federation of Chicago Socialist Women's Clubs in den Vereinigten Staaten die Initiative, einen Frauentag zu organisieren. Dieser erste nationale Frauentag wurde 1909 von der North American Socialist Party in verschiedenen Städten und zu verschiedenen Terminen veranstaltet.
Die Feierlichkeiten im darauffolgenden Jahr, 1910, waren durch eine stark gestiegene Beteiligung gekennzeichnet. Die Schneiderinnen der Stadt hatten einen langen Streik für das Recht auf Anerkennung ihrer Gewerkschaft beendet. Der Streik dauerte vom 22. November 1909 bis zum 15. Februar 1910, also fast bis zum Vorabend des Frauentags. Es war ein langer, harter Streik mit starken Streikposten, die von der Polizei mit Gewalt unterdrückt wurden. Mehr als 600 Personen wurden verhaftet. Nach dem Streik beteiligten sich die Schneiderinnen aktiv an der Vorbereitung und Durchführung des Frauentags, der wieder von der North American Socialist Party einberufen wurde. Diese schlug der Sozialistischen Internationale vor, diesen Kampftag innerhalb der Arbeiterbewegung als weltweiten Aktionstag einzuführen.
Der erste Frauenkampftag
Auf Initiative der Sozialistin Clara Zetkin wurde 1910 ein jährlich stattfindender internationaler Frauenkampftag bei der II. Internationalen Sozialistischen Frauenkonferenz beschlossen. Ein einheitliches wiederkehrendes Datum wurde allerdings noch nicht festgelegt. Es wurde aber immer ein Sonn- oder Feiertag gewählt, um mehr Frauen für die Demonstrationen zu erreichen.
Der erste internationale Frauenkampftag fand dann schließlich am 19. März 1911 statt. Dieses Datum sollte den revolutionären Charakter des Frauenkampftages betonen, denn er fand einen Tag nach dem Gedenktag der Gefallenen der Märzrevolution von 1848 statt. 1911 beteiligten sich Dänemark, Deutschland, Österreich, die Schweiz und die USA. In den folgenden Jahren schlossen sich weitere Länder an.
Proletarischer Kampftag
Die Hauptforderung des Frauenkampftages war – im Gegensatz zur bürgerlichen Frauenbewegung – das Wahlrecht für alle Frauen, also das allgemeine Wahlrecht. Clara Zetkin und ihre marxistischen und revolutionären Genossinnen und Genossen sahen die Frauenbefreiung als grundlegenden Bestandteil der sozialen Frage und daher war für sie auch die bürgerliche und proletarische Frauenbewegung fundamental verschieden.
Wie Zetkin in ihrem Artikel „Für die Befreiung der Frau“ betont:
„Die Länder, in denen das angeblich allgemeine, freie und direkte Wahlrecht existiert, zeigen uns, wie gering der wirkliche Wert desselben ist. Das Stimmrecht ohne ökonomische Freiheit ist nicht mehr und nicht weniger als ein Wechsel, der keinen Kurs hat. Wenn die soziale Emanzipation von den politischen Rechten abhinge, würde in den Ländern mit allgemeinem Stimmrecht keine soziale Frage existieren. Die Emanzipation der Frau wie die des ganzen Menschengeschlechtes wird ausschließlich das Werk der Emanzipation der Arbeit vom Kapital sein. Nur in der sozialistischen Gesellschaft werden die Frauen wie die Arbeitet in den Vollbesitz ihrer Rechte gelangen.“
Deswegen sah Zetkin das Endziel des Kampfes um die Befreiung der Frauen nicht in der freien Konkurrenz mit den Männern. Und ihr war klar, dass dies kein Kampf aller Frauen gegen alle Männer sein konnte. Im Gegenteil betonte sie, dass ein internationaler gemeinsamer Kampf der arbeitenden Frauen mit den Männern ihrer Klasse gegen die Klasse der Kapitalisten und die gesamte kapitalistische Gesellschaft nötig ist.
Der Frauenkampftag in den Kriegsjahren
In den Kriegsjahren waren in Deutschland, aufgrund des Burgfriedens – den die Spitzen von SPD und Gewerkschaften mit der Kapitalistenklasse und ihrem Staat eingegangen sind – Frauentags Demos verboten. Die Demonstrationen wurden dennoch vom Spartakusbund, dem auch Clara Zetkin und Rosa Luxemburg angehörten, illegal organisiert. Sie waren vor allem Aktionen gegen den Krieg. Die Forderung nach Frieden wurde die Hauptforderung in allen kriegsbeteiligten Staaten.
Seit 1913 wurde auch in Russland der internationalen Frauenkampftag von der sozialistischen Bewegung organisiert. Aufgrund massiver polizeilicher Repressionen waren die Bolschewiki jedoch gezwungen, den Frauenkampftag unter dem Deckmantel eines „wissenschaftlichen Morgens, der der Frauenfrage gewidmet ist“ zu begehen. Nichtsdestotrotz wurde er 1913 in fünf russischen Städten begangen. Bis 1917 wurden sogenannte „Blitzversammlungen“ abgehalten, um sich schnell zu versammeln und aufzulösen, damit die Polizei nicht eingreifen konnte.
Die revolutionäre Geburt des 8. März
Ein herausragendes Ereignis ist der Streik der Petrograder Textilarbeiterinnen am 8. März 1917 (nach aktuellem Kalender). Die Arbeiterinnen erhoben sich gegen die grauenvolle Ausbeutung in der Fabrik, gegen den Krieg und gegen Armut, Elend und Hunger, welche sie und ihre Kinder zu Hause ertragen mussten. Eine Betriebsversammlung beschloss in den Streik zu treten und schickte Arbeiterdelegationen in andere Fabriken. Die streikenden Frauen überzeugten die männlichen Arbeiter, ihren Kampf zu unterstützen. Immer mehr Belegschaften anderer Fabriken schlossen sich dem Streik und den Demonstrationen an.
Das war der Startschuss der Russischen Revolution, die im Oktober 1917 in eine erfolgreiche sozialistische Revolution mündete. Die werktätigen Massen in Stadt und Land nahmen unter Führung der Bolschewiki in den Arbeiterräten die politische Macht an sich und begannen damit, eine neue Gesellschaft aufzubauen. Die ersten Jahre des Arbeiterstaats brachten enorme rechtliche und soziale Verbesserungen für Frauen und es wurden große Ressourcen in die materielle Grundlage der Frauenbefreiung geleitet. Dieser heroische Kampf für eine sozialistische Gesellschaft inspirierte die werktätigen Frauen und Männer weltweit und spornte sie international zu Kämpfen und Revolutionen an. Deshalb wurde 1921 bei der II. Internationalen Konferenz der Kommunistinnen in Moskau der internationale Frauenkampftag auf den 8. März festgelegt.
Frauenkampf heißt Klassenkampf
In Deutschland wurde der Frauenkampftag während des Faschismus verboten. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der 8. März in der DDR wieder eingeführt, allerdings als verklärter Ehrentag für Frauen und nicht als Kampftag. In der BRD wurde der 8. März erst in den 60er Jahren von der Frauenbewegung wiederentdeckt und in den 90er Jahren zumindest in Worten zum Frauenstreiktag erklärt. Doch der Verrat des Stalinismus und des Reformismus im 20. Jahrhundert an der Arbeiterklasse und deren Ignoranz gegenüber den Kämpfen der Frauen für ihre Rechte hatten dafür gesorgt, dass die Verbindung zwischen Frauenbefreiung, Klassenkampf und sozialistischer Revolution gekappt wurde.
Das hinderte Frauen nicht daran, ihre Kämpfe zu führen, sodass die Frauenbewegungen in den letzten Jahrzehnten trotz ideologischer Verwirrungen wichtige Errungenschaften erkämpften. Doch bisher verbleiben sie bei einem Kampf gegen Symptome des verfallenden Kapitalismus, der diese Errungenschaften zunehmend in Frage stellt. Wir müssen den 8. März wieder zu seinen proletarischen Wurzeln zurückführen und den Kampf um Frauenbefreiung auf ein revolutionäres sozialistisches Programm gegen die Wurzel der Ausbeutung und Unterdrückung – Klassengesellschaft und Kapitalismus – stellen. Keine Befreiung der Frau ohne Sozialismus! Kein Sozialismus ohne Befreiung der Frau!
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