Kategorie: Frauenbefreiung

Der Oberste Gerichtshof der USA greift das Abtreibungsrecht an – Mit Klassenkampf zurückschlagen!

Eine weitere beispiellose Bombe platzte in der ohnehin schon polarisierten US-amerikanischen politischen Landschaft und dem Klassenkampf. Eine interne Notiz des Richters am Obersten Gerichtshof Samuel Alito wurde geleaked.

Bild: Fibonacci Blue, Flickr


Darin argumentiert die Mehrheit des Gerichts für die justizielle Korrektur des Urteils im Fall Roe v. Wade. In diesem Urteil aus dem Jahr 1973 wurde festgelegt, dass die Verfassung der USA das Freiheitsrecht einer schwangeren Frau schützt, eine Abtreibung ohne übertriebene staatliche Beschränkung durchzuführen. Heutzutage will ein Teil der herrschenden Klasse in einem zynischen Manöver der Umleitung des Klassenkampfs in einen „Kulturkampf“ dieses fundamentale demokratische Recht schlicht abschaffen.

Das Argument von Alito ist einfach: Weil die Verfassung der USA die Abtreibungsfrage nicht explizit als Machtbereich der Bundesebene anführt, liegt diese im Machtbereich der Bundesstaaten. Das Urteil im Fall Roe v. Wade sei daher „auffallend schlecht“, „außergewöhnlich schwach“ und vor allem verfassungswidrig, unabhängig von der persönlichen Haltung der Richter für oder gegen Abtreibung. Das also ist die Bedeutung des juristischen Präzedenzfalls!

Die Tatsache, dass eine derart brisante Meinung, ein gut gehütetes Geheimnis, durch unbekannte Personen herausgespielt wurde, ist eine deutliche Illustration der tiefen Differenzen innerhalb der Führungselite der Gesellschaft, während sich die herrschende Klasse beim Versuch der Quadratur des Kreises der inhärenten Widersprüche ihres Systems selbst zerlegt. Dies ist ein Zeichen der Schwäche, nicht der Stärke der Verteidiger des kapitalistischen Status Quo. Aber das ändert nichts an der Tatsache, dass Dutzende Millionen in der Mehrzahl der US-Bundesstaaten lebende Frauen über Nacht in die Barbarei eines früheren Jahrhunderts gestoßen würden.

Ohne Garantie dieses Grundrechts auf Bundesebene werden Frauen, die sich für eine Abtreibung entscheiden, gezwungen sich auf unsichere und staatlich unregulierte Anbieter zu verlassen und ihre Leben, Existenzgrundlagen und Ersparnisse zu riskieren. Natürlich könnten reichere Frauen einen Weg finden, eine Schwangerschaft durch eine Reise in einen anderen Bundesstaat oder ins Ausland zu einem hochqualitativen Privatarzt zu beenden. Für arme und lohnabhängige Frauen sieht die Sache wie für Milliarden Frauen in aller Welt anders aus. Aber selbst im reichsten Land der Welt drohen die die Kräfte der kapitalistischen Reaktion die Gesellschaft in ein dunkles Zeitalter zurückzuwerfen.

Während dies einen unerhörten Angriff auf die Frauen der Arbeiterklasse darstellt, ist es ein grundlegender Angriff auf alle Arbeiterinnen und Arbeiter sowie alle Grundrechte. Wenn wir unser Schicksal in die Hände der gegnerischen Klasse legen, kann sich die die Mehrheit stellende Arbeiterklasse absolut nichts mehr sicher sein. Wir müssen diese harte Lektion lernen und zur Grundprämisse der Arbeiterbewegung zurückkehren – Solidarität!

Trotz ihres Posierens zur Frage der Frauenrechte haben die Demokraten in den letzten paar Jahrzehnten eine schädliche Rolle bei der Ermöglichung des Rückgängigmachens der Abtreibungs-Rechte und -Zugänge gespielt. Zum Beispiel hat Joe Biden im Jahr 1973 gesagt, dass er nicht glaube, dass „eine Frau das alleinige Recht der Bestimmung über ihren eigenen Körper hat.“ Im Jahr 1977 hat er sein politisches Gewicht dazu benutzt, um Gelder der Bundesebene für Abtreibungen nach Vergewaltigungen und Inzest zu blockieren. In ihren Präsidentschaftskampagnen haben sowohl Obama wie auch Biden das Versprechen abgegeben, dass sie das Abtreibungsrecht gesetzlich absichern würden – und haben dieses Versprechen selbst dann nicht eingehalten, als die Demokratische Partei das Repräsentantenhaus, den Senat und das Weiße Haus kontrolliert haben.

Nach Jahren der Einhaltung der „Spielregeln“ sollte es nun klar sein, dass es sich von vornherein um ein abgekartetes handelt. Schon allein die Gefahr, dass Roe fallen könnte sollte jede Illusion in das Höchstgericht, die Verfassung, die Demokratische Partei und die ganze Struktur der amerikanischen bürgerlichen Demokratie zerstören. Es sind dies die Institutionen einer ausbeutenden und unterdrückenden Klasse, deren Interessen den Interessen der Arbeiterinnen und Arbeiter diametral entgegengesetzt sind. Es ist das Resultat eines Sichverlassens auf bürgerliche Legalität anstatt auf Klassenkampf. Es fließt direkt aus der Logik des „kleineren Übels“ und der Klassenkollaboration. Die Antwort darauf kann nicht sein, für das „kleinere“ Übel für die Arbeiterklasse zu kämpfen, sondern muss sein, alle Übel der Klassengesellschaft zu beseitigen! Die Zusammenarbeit zwischen den Klassen wird keinen Fortschritt bringen. Fortschritt wird nur durch Klassenunabhängigkeit und die Bildung einer Massenpartei der Arbeiterinnen und Arbeiter erreicht werden.

Das Recht über den eigenen Körper zu bestimmen, ist ein grundlegendes demokratisches Recht. In diesem Sinne verteidigen wir das Urteil Roe v. Wade. Aber dieses Recht sollte weder von ungewählten Richtern, Gerichten und anderen Staatsfunktionären noch von der subjektiven, sich ändernden Auslegung der Verfassung abhängen, die vor über 200 Jahren von reichen, männlichen Eigentumsbesitzern entworfen wurde, um einer Minderheit von Sklavenhaltern zu entsprechen. Das „Recht“, 12 Stunden zu nächstgelegenen Abtreibungsklinik zu fahren, um für einen teuren Eingriff zu bezahlen, nachdem man Lohn oder sogar den Job eingebüßt hat, ist kein echtes „Recht“. Deswegen kämpft die IMT nicht nur für volle Reproduktionrechte einschließlich des Abtreibungsrechts, sondern auch für allgemeinen Zugang zu dieser gewählten Dienstleistung unter sicheren Bedingungen in Spitälern, die Teil eines bundesweiten, vergesellschafteten Gesundheitssystem sein müssen.

Sollten protestieren und unseren Zorn auf die Straße tragen? Sollten die Führer der Arbeiterbewegung die Mitglieder mobilisieren um unsere unter Angriff stehenden Klassenschwestern zu unterstützen? Eindeutig ja. Aber protestieren reicht nicht aus. Rechte sind letztlich nur das Papier wert, auf das sie geschrieben werden, solange sie nicht mit Macht durchgesetzt werden – in diesem Falle Macht der mobilisierten Arbeiterklasse, die für ihre politische und ökonomische Macht kämpft. Wenn es den Führern der Arbeiterorganisationen ernst mit ihren Mitgliedern und dem Rest der Arbeiterklasse wäre, würden sie einen Generalstreik ausrufen und all ihre Ressourcen nutzen, um diesen in der Realität durchzuführen. Leider wird das nicht so bald passieren. Nichtsdestotrotz ist dies die Perspektive, für die wir kämpfen müssen.

Die Nachrichten von der Mehrheitsposition im Höchstgericht sind ein schroffer Aufweckruf für alle Arbeiterinnen und Arbeiter. Das ist die „neue Normalität“ des Lebens im Kapitalismus – in Wirklichkeit ist ein Zurückkehren zur „alten Normalität“. Dieses Leben wird von den Zuckungen eines todkranken Systems verschlimmert, das seinen Niedergang nur durch Zerschlagung aller Errungenschaften, die in früheren Kämpfen der Arbeiterklasse erreicht wurden, temporär aufhalten kann. Also ja, wir müssen protestieren. Vor allem aber sollten wir uns für den Klassenkampf, Klassenkrieg und die sozialistische Revolution vorbereiten. Es wird nicht leicht werden, aber es gibt keine wichtigere Aufgabe – und es gibt keine Alternative.


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