Kategorie: Frauenbefreiung

Leihmutterschaft: Ausbeutung von Frauen für das patriarchale Recht auf Nachkommen

Als Marxisten analysieren wir die Unterdrückung der Frau als direkte Folge der Entstehung der Klassegesellschaft: Das private Eigentum an den Produktionsmitteln setzte sich durch und damit einhergehend die Verdrängung der Frau als Oberhaupt des Haushaltes und Verwalterin des gemeinsamen Besitzes. In seinem Werk “Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staats”, hat Friedrich Engels diese Entwicklung klar herausgearbeitet.

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Die urkommunistische Gesellschaft

Ursprünglich wurde die Arbeit gesellschaftlich organisiert und es gab ein kollektives Eigentum an den beschränkten vorhandenen Produktionsmitteln, d.h. auch die Erträge wurden geteilt und alle damit versorgt. Auch wenn es bereits Arbeitsteilung gab, wie Sammeln, Jagen, primitives Kultivieren von Nutzpflanzen, Kleidungsherstellung, Nahrungsverarbeitung und andere Aufgaben wie Kinder groß- und erziehen und Kranke und Alte pflegen, bot dies dem Einzelnen keine Möglichkeit, sich an der eigenen oder gar der Arbeit anderer zu bereichern. Überleben war nur in der Gemeinschaft möglich, wenn alle Ressourcen möglichst effizient ausgenutzt wurden und alle Arbeiten und jedes Gruppenmitglied waren dazu notwendig.

Des Weiteren herrschte keine strikte Aufgabenverteilung nach Geschlecht, viel mehr beteiligten sich alle dort, wo es notwendig war Frauen gingen mit auf die Jagd und Männer sammelten essbare Pflanzen und Pilze. Auch Nachfahren zu zeugen war keiner monogamen Regelung unterworfen, Kinder stammten von unterschiedlichen Paaren und wurden gemeinschaftlich aufgezogen. Um Inzucht zu vermeiden und notwendige Nachvollziehbarkeit zu gewährleisten, war die einzige mögliche Erblinie die maternale, da die Mutter immer feststand. Daraus ergab sich die Stellung der Frau als Oberhaupt der Gruppe, die ältesten Frauen waren die gemeinsamen Vorfahren ganzer Stämme und ihr Wissen war maßgebend für die Regelung des Zusammenlebens. Gleichzeitig waren Frauen durch ihre biologische Funktion in der Reproduktion zumindest zeitweise mehr als Männer an den Haushalt gebunden. Während der Schwangerschaft mussten sie geschützt werden und konnten so vermehrt die wichtige Aufgabe übernehmen, den gemeinschaftlichen Haushalt zu überschauen. Dies war damals aber gleichbedeutend mit der Herrschaft über den gesamten gemeinschaftlichen Besitz einer Gruppe und somit mit Ansehen und Respekt verbunden.


Privateigentum und Klassengesellschaft

Erst mit der Sesshaftwerdung, der Entwicklung der Produktionsmittel und der Möglichkeit, Viehzucht und Ackerbau zu betreiben war es erstmals möglich, durch die eigene Arbeit wesentlich mehr zu erzeugen, als für den eigenen Erhalt unmittelbar notwendig war. Das private Wirtschaften wurde dadurch möglich und auch attraktiver, als immer jegliches Mehrprodukt an die Gemeinschaft abzugeben. Gleichzeitig ging damit unmittelbar das Entstehen von Klassen, Besitzende von Land, Nutztieren und verarbeitenden Produktionsmitteln, Händlern, Handwerkern und Sklaven einher.

Zum zentralen Ort, an dem der Privatbesitz gehütet und verwaltet wird, wurde die Kleinfamilie. Der eigene Besitz sollte durch familiäre Beziehung auch im fortgeschrittenen Alter zum eigenen Nutzen gesichert werden, gleichzeitig sichert die Aussicht auf das Erbe die Treue der Nachkommen und den Zusammenhalt im engen Kreis der Kernfamilie. Die Arbeitsteilung, die vorher gemeinschaftlich stattfand, wurde nun privat organisiert. Die Rolle des Mannes in der Familie wurde geprägt durch die Zuständigkeit für Angelegenheiten außerhalb des Haushalts, die Produktionsmittel standen unter seiner Kontrolle, er wurde zum Schöpfer des Mehrwerts und damit dessen Eigentümer. Die Erbfolge richtete sich fortan nach ihm, durch strikte Monogamie für die Frau wurde sichergestellt, dass nur seine eigenen Nachfahren an den familiären Privatbesitz gelangen konnten.

Aus der vormals souveränen Position im Haushalt kehrte sich die Bindung an denselben für die Frau ins Gegenteil um und sie musste sich fortan um die Reproduktionsarbeit für die Familie kümmern. Diese sieht für den hauptsächlichen Teil den Erhalt der bestehenden Arbeitskraft vor, d.h. Erziehung, Ernährung, Pflege und Betreuung der Familienmitglieder, Alt und Jung. Ein nicht unwesentlicher Aspekt der Rolle der Frau ist aber auch die Erzeugung neuer Arbeitskräfte, durch das Austragen, Gebären und Aufziehen von Nachwuchs.


Patriarchales Recht auf Nachkommen

Die Leihmutterschaft repräsentiert bis heute wie kaum eine andere gesellschaftlich weitestgehend akzeptierte Praxis die ideologische Bedeutung der Vaterlinie. Männer, die es sich leisten können, haben die Möglichkeit Nachfolger zu erwerben und so der gesellschaftlichen Erwartung nachzukommen, eigene Kinder zu zeugen. Sie erfüllen damit eine Jahrtausende alte Tradition, die bereits zu Zeiten der Sklavengesellschaft sichergestellt hat, dass die männliche Erblinie aufrecht gehalten werden kann. Gleichzeitig wird dadurch die Rolle der Frau als Reproduktionswerkzeug ideologisch gefestigt.

Die ersten schriftlichen Aufzeichnungen, die auf das Prinzip der Leihmutterschaft hindeuten, gehen zurück auf das antike Mesopotamien. Funde rund 4.000 Jahre alter assyrischer Tonplatten, auf denen in Keilschrift unter anderem ein Ehevertrag verzeichnet ist, zeugen von der Sitte, die Ehefrau zu verpflichten, innerhalb der ersten zwei Jahre nach Eheschließung ein Kind des Ehemanns zu empfangen oder ihm stattdessen eine Sklavin als Leihmutter zu verschaffen. Auch im Codex Hammurapi ist das Zurückgreifen auf eine Leihmutter, Sklavinnen oder Tempelprostituierte, im Fall der Unfruchtbarkeit der Ehefrau vorgesehen. Selbst im Alten Testament der Bibel wird die außereheliche Kinderzeugung gestattet. Seitdem bietet die Geschichte zahlreiche Beispiele für Leihmutterschaft. Sowohl Herrscher vergangener Jahrhunderte als auch Prominente Vertreter heutiger Tage, wie Elton John oder Kim Kardashian nahmen diese Art der Ausbeutung in Anspruch.


Leihmutterschaft ist Menschenhandel

In Europa ist der Erwerb eines Kindes auf diesem Weg in den meisten Ländern verboten. In einigen jedoch dürfen private Vermittlungsunternehmen und Fruchtbarkeitskliniken zahlenden Kunden den Service bieten, sich um den kompletten Ablauf der Leihmutterschaft zu kümmern, um ihnen am Ende ein Kind zu liefern. Dabei ist klar, dass, ähnlich wie bei der Prostitution, vor allem Frauen in wirtschaftlicher Not und unsicherer Lebenssituation ihren Köper zur Verfügung stellen.

Aktuell kommen die meisten europäischen Leihmütter aus der Ukraine, die jährlich etwa 2.000 bis 4.000 Kinder zur Welt bringen und Schätzungen zufolge in den letzten Jahren bis zu einem Viertel des offiziellen globalen Marktes bedient haben. Dort kostet das Verfahren, sich bei einem privaten Anbieter ein Kind zu bestellen, rund 30.000 bis 60.000 Euro, im internationalen Vergleich ein durchschnittlicher Preis, der in den USA mehr als das Doppelte bis Dreifache, in anderen Ländern wie Indien dagegen etwa ein Drittel beträgt. Nur ein Bruchteil des Betrags kommt am Ende wirklich bei der Leihmutter an, sowohl Vermittlungsunternehmen als auch Kinderwunschkliniken und Anwälte verdienen gut mit.

Die Leihmutterschaft ist nicht nur wie oben erwähnt historisch gesehen eine Form von Sklavenarbeit. Auch heute noch handelt sich nicht um Lohnarbeit, sondern, wie die Prostitution, immer noch um sklavenhafte Ausbeutung von Frauen als Ganzes – nicht ihrer Arbeitskraft. Es geht um Menschenhandel mit Frauen und Kindern. Diese Ausbeutung hat für die Betroffenen enorme Konsequenzen. Auf die körperlichen und psychischen Belastungen und Schäden, die mit einer Schwangerschaft und der Abgabe eines ausgetragenen Kindes einhergehen wird keine Rücksicht genommen. Auch werden die gesundheitlichen Risiken während und nach der Schwangerschaft nicht beachtet.

Das Geld, das die betroffenen Frauen als “Entschädigung” erhalten, ist gemessen an gewöhnlichen Lohnarbeitsverhältnissen extrem niedrig. Obwohl die Zahlen variieren kann man von einer durchschnittlichen Bezahlung ukrainischer Leihmütter von ungefähr 12.000 Euro pro Schwangerschaft ausgehen. Das entspricht bei normaler Schwangerschaftsdauer einem Stundenlohn von weniger als 1,90 Euro. Diese Zahl wird bei indischen Leihmüttern sogar noch um ein Vielfaches unterboten, die ungefähr 0,16 Euro€ pro Stunde an einer Schwangerschaft erhalten. Solche Beträge garantieren gerade mal das Überleben der Mutter und des Kindes für die Dauer der Schwangerschaft und sind aus Sicht der Ausbeuter das notwendige finanzielle Übel, das, wo es geht, umgangen wird.

Es ist klar, dass nur ein Teil der Leihmutterschaften auf legalem Weg ablaufen, es existiert dafür ein immenser Schwarzmarkt weltweit, der Menschenhandel, das Aussetzen ungewollter Kinder und die medizinische Misshandlung Schwangerer einschließt. Der komplizierte legale Status in Ländern wie Deutschland führt oft zu teuren und aufwändigen Prozessen, um Kinder ausländischer Leihmütter nach Deutschland zu bringen. Dabei spielen sowohl ausländische als auch heimische Gesetze eine Rolle. Vor allem im Zusammenhang mit der Pandemie, den Grenzschließungen und dem aktuellen Krieg in der Ukraine verschärfte sich die Situation nun um ein Vielfaches und es häufen sich die Fälle von Kindern, die ihr Ziel, die Käufer, nicht erreichen.


Wie positionieren sich Marxisten?

Auch wenn die Leihmutterschaft im besten Fall eine Möglichkeit bietet, für Menschen, die selbst keine Kinder bekommen können, ihren Kinderwunsch durch die Hilfe verwandter oder befreundeter Frauen zu erfüllen, wird die kommerzielle Umsetzung zum Verhängnis für die Rechte tausender Frauen weltweit. Die direkte Ausbeutung ihrer Körper ist dabei Ausdruck des patriarchalen Verständnisses der Frauenrolle als Reproduktionswerkzeug.

Als Marxisten lehnen wir deswegen die Leihmutterschaft ab, da sie im Kapitalismus unausweichlich zu extremer Ausbeutung, menschlicher Not und unermesslichem Leid von Frauen und Kindern führt. Stattdessen treten wir ein für die Befreiung der Menschheit von einem System, dass die Mehrheit zu Sklaven der Lohn- und Reproduktionsarbeit macht, die Aufhebung des Privateigentums an den Produktionsmitteln, gesellschaftlich organisierte und finanzierte Kindererziehung, kostenlose und leicht zugängliche Schwangerschaftsabbrüche und das Recht auf geschützte und gut bezahlte Arbeit für alle.

 

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