Kategorie: Geschichte |
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Aus der Geschichte lernen: Niedergang und Verbot der KPD |
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Vor 50 Jahren - im August 1956 - wurde die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) durch das Bundesverfassungsgericht verboten. Ihr Niedergang hatte allerdings viel früher eingesetzt. Was lernen wir aus ihrer Geschichte?
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Der 50. Jahrestag des Verbots der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) durch das Bundesverfassungsgericht am 17. August 1956 wurde in der bürgerlichen Öffentlichkeit eher beiläufig oder wohlwollend kommentiert. Die Linksfraktion im Bundestag hingegen möchte den Jahrestag zum Anlass für eine Gesetzesinitiative und Anträge im Bundestag nehmen. So will sie auf eine Änderung des Bundesentschädigungsgesetzes drängen, damit Kommunisten, die bereits während des Faschismus 1933-45 politisch verfolgt und aufgrund des KPD-Verbots in der Bundesrepublik erneut inhaftiert wurden, ihre Rentenansprüche durchsetzen können. Ebenso soll durch einen Entschließungsantrag der Bundestag die Beschädigung der Demokratie durch das KPD-Verbot anerkennen, so Die Linke. Das ist auch gut so. Das KPD-Verbot muss aufgehoben und seine Opfer müssen entschädigt werden. Denn „da sind Menschen ihre Renten aberkannt worden wegen jahrelanger Freiheitsberaubung, ja, es sind sogar Rückzahlungen angeordnet worden von bereits geleisteten Entschädigungszahlungen für Leute, die schon bei den Nazis jahrelang inhaftiert waren und nun auch noch von ehemaligen Nazirichtern wieder verurteilt worden sind in Verfahren, die höchst fragwürdig waren“, erklärt Heinrich Hannover, der damals als junger Anwalt die KPD verteidigte. Wie schon in der Weimarer Republik und im Nazi-Regime, so stand auch im Westdeutschland der Nachkriegszeit der Feind wieder links. Während in der neu gegründeten Bundesrepublik Anfang der 1950er Jahre Kommunisten zunehmend ausgegrenzt und teilweise auch wirtschaftlich ruiniert wurden, konnten rund 150 000 belastete Beamte und Angestellte, ehemalige Wehrmachts- und Arbeitsdienstangehörige ab 1951 wieder in den Staatsdienst treten oder sie erhielten ihre vollen Versorgungsbezüge. Selbst Nazi-Richter und ehemalige Angehörige des berüchtigten "Volksgerichtshofes" konnten wieder den alten Beruf ausüben. Das KPD-Verbot 1956 wurde nach seiner Verkündung rasch vollzogen. Polizeieinheiten durchsuchten Parteibüros, beschlagnahmten Druckereien, zogen das Parteivermögen ein und verhafteten führende KPD-Funktionäre, sofern sich diese nicht bereits eiligst in die DDR abgesetzt hatten. Zwar war die KPD schon von den Organen der Weimarer Republik 1918-33 mehrfach (vorübergehend) verboten worden und hatte sich immer wieder rasch davon erholt. Doch das Verbot von 1956 wirkt(e) nachhaltig Der öffentliche Protest war im August 1956 sehr gering. Der Niedergang der KPD hatte ja auch viel früher eingesetzt. Was lernen wir aus der Geschichte der Partei, die Ende 1918 von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht gegründet wurde, zeitweilig Millionen Anhänger hatte und in den 1950er Jahren ohne Widerstand in die Illegalität gedrängt werden konnte. Haben Generationen kämpferischer Arbeiter in ihrem Engagement für eine sozialistische Zukunft umsonst Blut, Schweiß und Tränen geopfert? RückblickIn den 1920er Jahren war die KPD die wichtigste und stärkste Partei der Kommunistischen Internationale (Komintern) außerhalb der Sowjetunion. Allerdings ist ihre Geschichte auch kein romantischer Siegeszug mit roten Fahnen, sondern eine rasante Abfolge von Hoffnungen, Krisen, Spaltungen und Verfolgungen. Schon beim Gründungsparteitag Ende 1918 – die KPD war zu diesem Zeitpunkt noch eine winzige Minderheit in der Arbeiterbewegung – wurden Luxemburg und Liebknecht von einer ungeduldigen, ultralinken Minderheit überstimmt, die vor lauter revolutionärer Ungeduld eine Überzeugungsarbeit in den bestehenden Gewerkschaften und Kandidaturen für das Parlament ablehnte. Aus der ersten Abspaltung 1919 entstand die KAPD. Erst der Mehrheitsbeschluss der (1917 von der SPD abgespaltenen) USPD im Herbst 1920 für die Mitgliedschaft in der Komintern machte ab Dezember 1920 die KPD zu einer ansehnlichen Massenkraft mit Millionen Anhängern. Doch bald darauf erschütterten neue scharfe Konflikte um Strategie und Taktik die Partei und brachen neue Führungskrisen und Reibungsverluste auf. Unter dem ab 1925 amtierenden Parteivorsitzenden Ernst Thälmann orientierte sich die politische Linie der Partei zunehmend an der Moskauer Komintern-Zentrale und deren Kursschwenks. So verfolgte die KPD ab Ende der 20er eine ultralinke Linie, die von einer bevorstehenden „Endkrise“ des Kapitalismus ausging und mit ihrer „Sozialfaschismus“-These die Sozialdemokratie als „linken Flügel des Faschismus“ darstellte, der vorrangig zu bekämpfen sei. Damit trug – neben dem Opportunismus der SPD-Führung und ihrer vergeblichen Hoffnung auf Rettung durch den Staat – auch die KPD mit einer falschen Theorie und entsprechenden Praxis maßgeblich dazu bei, dass 1933 in einem Land mit einer so starken, stolzen und traditionsreichen Arbeiterbewegung Hitler und seine Nazi-Banden an die Macht kamen, die Arbeiterbewegung zertrümmern und die klassenbewusstesten Arbeiter töten konnten, ohne dass eine Fensterscheibe zu Bruch ging. Thälmann, nach dem in der späteren DDR zahlreiche Straßen und Plätze benannt waren, wurde im August 1944 im KZ Buchenwald ohne Gerichtsverfahren auf Hitlers Befehl erschossen und war – wie sehr viele andere Kommunisten – ein Opfer der Nazis und seiner eigenen Politik zugleich. Nach dem Zusammenbruch der Nazi-Herrschaft strebte die KPD-Führung nicht einmal die sozialistische Revolution an. In ihrem Aufruf vom 11. Juni 1945 wurde das Ziel verkündet, „die Sache der Demokratisierung Deutschlands, die Sache der bürgerlich-demokratischen Umbildung, die 1848 begonnen wurde, zu Ende zu führen“ und den „Weg der Aufrichtung eines antifaschistischen, demokratischen Regimes, einer parlamentarisch-demokratischen Republik“ zu begehen. Demgegenüber sprach der damalige SPD-Vorsitzende Kurt Schumacher 1945 vom „Sozialismus als Tagesaufgabe“, was allerdings in der Praxis der Sozialdemokratie folgenlos blieb. Zwischen 1945 und 1948 waren führende KPD-Mitglieder in einer Reihe deutscher Landesregierungen zusammen mit Vertretern von SPD, CDU und Liberalen Minister, weil die Besatzungsmächte zunächst nach politisch unbelasteten Persönlichkeiten suchten und dabei auf alte Kader der Arbeiterbewegung stießen. Die Masse der Arbeiterklasse orientierte sich wieder auf ihre traditionellen Parteien – SPD und KPD. Auch wenn die SPD eine Mehrheit der Arbeiterklasse ansprach, verzeichnete die KPD in ihren alten Hochburgen und Industriegebieten erneut starken Zulauf. Sie hatte zeitweilig über 300.000 Mitglieder und errang in den ersten Landtagswahlen 1946/47 beachtliche Ergebnisse: so etwa 14 Prozent in NRW, 11 Prozent in Bremen, 9,3 Prozent in Hessen. Die Partei stellte in NRW mehrere Oberbürgermeister. In Betriebsräten von Großbetrieben und in Gewerkschaften hatten KPD-Mitglieder Einfluss und wichtige Positionen. Die 1946 in der Sowjetischen Besatzungszone vorgenommene Verschmelzung von KPD und SPD zur Sozialistischen Einheitspartei (SED) war auch keine reine „Zwangsvereinigung“ und entsprach dem Willen viele Arbeiter, die Spaltung der Bewegung zu überwinden und aus der Niederlage von 1933 zu lernen. In den von der Sowjetunion besetzten Gebieten einschließlich der DDR wurde ab 1945 ein Prozess der sozialen Revolution eingeleitet und Großgrundbesitz wie auch große Industriebetriebe und Banken verstaatlicht. Dies war populär, geschah allerdings von oben und mit bürokratischen Kommandomethoden. Der von Stalin und der Sowjetbürokratie gelenkte Wiederaufbau der Verwaltung in der SBZ und späteren DDR brachte eine Welle von Säuberungen mit sich, der bis in die 1950er Jahre auch viele kritische Kommunisten und Anhänger anderer oppositioneller politischer Strömungen zum Opfer fielen. Andere wiederum, darunter auch etliche engagierte kommunistische Arbeiter, die vom Westen in den Osten übersiedelten, um dort beim Neuanfang mitzuhelfen, wurden in den neu gebildeten Staats- und Regierungsapparat der DDR integriert. Die SED wandelte sich zunehmend von einer Arbeiterpartei zu einem Instrument der Staatsbürokratie. „Agenten Moskaus“Auch die westdeutsche KPD-Führung orientierte sich stramm an der Staatsführung in Berlin (Ost) und Moskau und grenzte kritische Geister mit bürokratischen Methoden aus. Im Zuge des einsetzenden „Kalten Krieges“ zwischen Ost und West machten sich nun die westdeutschen Kapitalisten, bürgerlichen Politiker, staatlichen Stellen und sozialdemokratischen Partei- und Gewerkschaftsfunktionäre daran, die KPD als „Agenten Moskaus und Ost-Berlins“ an den Rand zu drängen. Bis 1948 verloren kommunistische Minister in den Landesregierungen ihre Posten. Der Zustrom von Flüchtlingen aus dem Osten, die nicht alle eingefleischte Antikommunisten waren, sondern teilweise als Arbeiter mit der stalinistischen Bürokratie in Konflikt geraten waren, und der einsetzende Aufschwung des westdeutschen Kapitalismus kamen der antikommunistischen Grundstimmung zugute. Bei der ersten Bundestagswahl 1949 errang die KPD noch 5,7 Prozent der Stimmen und 15 Mandate. In den Landtagswahlen ab 1950 scheiterte sie dann zumeist an der neu eingeführten 5-Prozent-Hürde; in NRW sank ihr Anteil von 14,0% auf 5,5%. In den Gewerkschaften wurden kommunistische Funktionäre gezielt abgesetzt. Der Gewerkschaftsapparat nahm die vom KPD-Parteitag 1951 im Rahmen einer Entschließung verabschiedete beschlossene „These 37“ zum Anlass, um Kommunisten die Pistole auf die Brust zu setzen und zu einer schriftlichen Loyalitätserklärung zu zwingen. Diese These warf den Gewerkschaftsführern vor, gemeinsam mit den westdeutschen Monopolherren neue Kriegsvorbereitungen zu treffen und forderte Streiks „auch gegen den Willen rechter Gewerkschaftsführer“. KPD-Mitglieder, die sich nicht schriftlich davon distanzierten, verloren ihre Gewerkschaftsfunktionen. Wer – wie der spätere Stuttgarter IG Metall-Bezirkssekretär Willi Bleicher – unterschrieb, konnte nicht mehr KPD-Mitglied bleiben. So schwand der KPD-Einfluss in den Gewerkschaften rasch. Aber auch durch innerparteiliche Säuberungen schwächte sich die Partei zunehmend selbst. So wurden Anfang der 1950er Jahre Parteifunktionäre abgesetzt, die nach dem Bruch des jugoslawischen Staatschefs Tito mit Stalin des „Titoismus“ verdächtigt wurden. Andere wiederum wurden der Sympathie mit dem 1929 aus der Sowjetunion ausgewiesenen und 1940 von einem stalinistischen Agenten ermordeten Leo Trotzki oder mit Heinrich Brandler beschuldigt, der in den 1920er Jahren KPD-Vorsitzender und ein Kopf der 1929 entstandenen KPO (Kommunistische Partei-Opposition) war. Ein Fall von vielen: Kurt Müller, Ende der 1920er Jahre Vorsitzender des Kommunistischen Jugendverbandes (KJVD) und als Nazi-Gegner von 1934 bis Kriegsende in Gefängnissen und KZ eingesperrt, wurde 1950 vom Staatssicherheitsdienst der DDR festgenommen, des Trotzkismus bezichtigt und verurteilt, in die Sowjetunion gebracht und erst 1955 wieder freigelassen. Müller betätigte sich – wie viele andere Ex-KPD-Mitglieder auch – später in der SPD. Der hessische KPD-Landesvorsitzende Oskar Müller wurde 1951 durch den KPD-Bundesvorstand abgesetzt, weil er nicht hinreichend die Linie der sowjetischen Deutschlandpolitik vertreten habe und weil sich sich in seinem hessischen Landesverband durch seine Verfehlungen „der Opportunismus wie eine Seuche ausgebreitet“ habe. Auch KPD-Parolen wie die Forderung nach einem „revolutionären Sturz des Adenauer-Regimes“ trugen Anfang der 1950er Jahre zur hausgemachten gesellschaftlichen Isolierung der Partei bei. Die Bundestagswahl vom September 1953 stand im Zeichen des Wirtschaftsaufschwungs und war überschattet von der erst wenige Wochen zurückliegenden Niederschlagung des Arbeiteraufstands in der DDR am 17. Juni 1953. Zwar vergossen die Bürgerlichen und führenden SPD-Funktionäre Krokodilstränen über die Unterdrückung des Aufstands, doch sie konnten gut mit dessen Niederschlagung durch sowjetische Panzer leben, weil somit die „Gefahr“ eines Übergreifens des Aufstandes auf West-Berlin und Westdeutschland gebannt war. Diese Ereignisse nährten den staatlichen Antikommunismus der Bundesrepublik unter CDU-Kanzler Konrad Adenauer weiter. Die KPD sackte in der Bundestagswahl von 5,7 auf 2,2 Prozent (600.000 Stimmen) ab und verlor alle Sitze. Die CDU/CSU verfehlte mit über 45 Prozent nur knapp die absolute Mehrheit.
Nach dem Verbot bestand die KPD in der Illegalität weiter. Die 1968 gegründete Deutsche Kommunistische Partei (DKP) und die von einigen anderen ehemaligen KPD-Mitgliedern in jenen Jahren gegründeten K-Gruppen konnten in den 70er und 80er Jahren nie wieder auch nur annähernd an die Stärke und Einfluss der alten KPD nach 1945 herankommen, auch wenn die DKP in ihren besten Tagen immerhin über 40.000 Mitglieder zählte, mit je einem Vorstandsmitglied in drei Gewerkschaften (Druck und Papier, HBV, GHK) sowie in einigen Kommunalparlamenten vertreten war und über den Stamokap-Flügel einflussreiche Verbündete in Jusos und SPD hatte - darunter etwa Klaus-Uwe Benneter, der 1977 als frisch gewählter Juso-Bundesvorsitzender aus der SPD ausgeschlossen wurde (und später reumütig zurückgekehrt ist). Das Ende der DDR 1990 hatte auf viele DKP-Mitglieder und andere Linke eine demoralisierende Wirkung. Was haben wir gelernt?88 Jahre nach der Gründung der KPD und 16 Jahre nach der Auflösung der DDR sind wir noch lange nicht am Ende der Geschichte angelangt. Im Gegenteil: Das kapitalistische System hat uns eine Deindustrialisierung und Entvölkerung weiter Gebiete der ehemaligen DDR gebracht und bringt uns jetzt auch in den westdeutschen „Wohlstandsgebieten“ ständige Angriffe auf Arbeitsplätze, Lebensstandard und Lebensqualität. Der Stalinismus war keine neue Gesellschaftsform, sondern ein Irrweg der Geschichte. Leo Trotzki hat dies schon in den 1930er Jahren analysiert und festgestellt, dass eine Planwirtschaft mit abgehobener bürokratischer Herrschaft unvereinbar ist. Die Zerschlagung der Staatsbetriebe und die ungehemmte Privatisierung waren und sind ein großer Rückschlag. Mit der DDR ist somit auch nicht der Sozialismus schlechthin gescheitert, sondern seine stalinistische Entartung. Die Geschichte der kommunistischen Bewegung in Deutschland und das jähe Ende der DDR zeigen: Mächtige Apparate und starke Organisationen fallen in sich zusammen, wenn sie auf Sand gebaut sind und nicht auf ein starkes politisches und theoretisches Fundament. Dieses Fundament besteht in den Ideen des Marxismus, die im letzten Jahrhundert entscheidend von Lenin, Trotzki und Rosa Luxemburg geprägt wurden. Wer nicht aus der Geschichte lernt ist dazu verdammt sie zu wiederholen. Um den Kapitalismus im 21. Jahrhundert endgültig zu überwinden und weltweit eine sozialistische Demokratie zu erreichen, braucht unsere Bewegung aber keine Ja-Sager und loyalen Parteisoldaten ohne kritischen Verstand, sondern selbstbewusste, denkende und politisch geschulte, MitstreiterInnen. Hans-Gerd Öfinger |