„1968“ war nicht nur in der Bundesrepublik ein Wendepunkt in der Nachkriegsgeschichte. Auch anderswo gärte es: In den USA gab es eine schwarze Massenbewegung unter der Führung von Martin Luther King und Malcom X. In der Tschechoslowakei marschierte der „Warschauer Pakt“ ein, um aus Angst vor einer „außer Kontrolle“ geratenen Massenbewegung den „Prager Frühling“ zu unterdrücken. Studierendenproteste fanden auch in Italien, Polen, Japan, Mexiko und weiteren Ländern statt. In Mexiko wurden Anfang Oktober auf dem Höhepunkt der Studierendenproteste viele hundert Studierende von den Staatsorganen getötet. In Pakistan besetzten Arbeiter die Betriebe und Bauern das Land der Großgrundbesitzer, die Jugend rebellierte auf den Straßen. Am weitesten jedoch war die Bewegung im Frühjahr 1968 in Frankreich fortgeschritten. Hier mündete die allgemeine gesellschaftliche Unzufriedenheit mit den Zuständen unter dem seit 10 Jahren autoritär regierenden Präsidenten Charles de Gaulle im Mai in einen revolutionären Generalstreik.
Seit Anfang der 1950er Jahre befand sich Westdeutschland in einem wirtschaftlichen Aufschwung mit einem jährlichen Wachstum von 6-7 Prozent. Während 1950 der Anteil am Weltexport noch 3,5 Prozent betrug, steigerte er sich 1964 auf 10 Prozent. In dieser Zeit konnten fast 10 Millionen Flüchtlinge und Einwanderer bis Mitte der 1960er Jahre in den Produktionsapparat aufgesogen werden. Die Arbeitslosenquote lag unter 1 Prozent und der Lebensstandard stieg. Dies führte zu einer relativen Stabilität, sodass die anfänglich niedrigen Reallöhne der Arbeiter erhöht werden konnten. Weitere Zugeständnisse gab es auch durch gewerkschaftlichen Druck in Form von Arbeitszeitverkürzung und einer erhöhten Anzahl von Urlaubstagen.
CDU-Staat und „Sozialpartnerschaft“
Die herrschende Klasse konnte die Gewerkschaften durch Einbindung in die sogenannte „Sozialpartnerschaft“ ruhigstellen. Die 15 Jahre relative Stabilität in der Bundesrepublik waren durch die Propaganda des militanten Antikommunismus geprägt, die auch zum KPD-Verbot 1956 führte. Die Adenauer-Ära 1949-63 weckte Illusionen in die Marktwirtschaft und eines immerwährenden Wirtschaftsaufschwungs bei der Bevölkerung, die sich in den Wahlergebnissen ausdrückten. Denn die CDU/CSU regierte stets mit klaren Mehrheiten, 1957 hatte sie sogar die absolute Mehrheit. Auch die herrschende Moral, die konservative Werte wie Pflichtbewusstsein, Vaterland, Treue und Redlichkeit propagierte, war im Leben allgegenwärtig. So musste es zwangsläufig zu Konflikten mit der späteren Generation kommen, die sich mit diesen Werten nicht mehr identifizieren konnte.
Rechtsruck der SPD
Angesichts des sogenannten Wirtschaftswunders sah sich die SPD-Führung in einer Phase der Neuorientierung. Mit dem „Godesberger Programm“ 1959 vollzog die SPD eine programmatische Anpassung an das kapitalistische Wirtschaftssystem und die Abkehr vom programmatischen Ziel einer sozialistischen und klassenlosen Gesellschaft. Kurzsichtigkeit und die Illusionen in eine immer blühende Wirtschaft machten die SPD endgültig zu einer staatstragenden Partei. Schließlich befürwortete sie 1960 die NATO-Mitgliedschaft. 1964 unterstützte sie den CDU-Kandidaten und Ex-Nazi Heinrich Lübke für die zweite Amtszeit als Bundespräsident. Parteien und Wirtschaft integrierten nach dem Zweiten Weltkrieg zahlreiche Ex-Nazis, die dort führende Positionen innehatten und die Gesellschaft mitprägten.1965 erklärte die SPD unter Führung Willy Brandts ihre volle Unterstützung der USA im Vietnamkrieg.
Eine der ersten Protestbewegungen nach dem Krieg entstand 1950 wegen der aufkommenden Diskussion über die Wiederbewaffnung der Bundesrepublik, was 1954 zur Bildung der Friedensbewegung führte.
Der harte ostpolitische Kurs der CDU/CSU führte unter dem Druck der Vertriebenenverbände zu zunehmenden Nachteilen gegenüber Ländern, die Wirtschaftsbeziehungen mit dem Osten hatten. Die starre antikommunistische Haltung bewirkte hohe finanzielle Einbußen, wobei andere westliche Industrienationen wie die USA und Frankreich erfolgreich Handel mit den nichtkapitalistischen Staaten betrieben. Der Ruf nach einer neuen Ostpolitik wurde so in der Bundesrepublik immer lauter. Auch die liberale Wirtschaftspolitik des Kanzlers Ludwig Erhard geriet 1966 in die Kritik, weil die sich verschlechternde Wirtschaftslage den Ruf nach staatlichen Eingriffen aufkommen ließ. Die Unzufriedenheit mit dem autoritären Charakter der Adenauer-Ära machte sich auch in der Mittelschicht bemerkbar, was sich in einem Koalitionsstreit zwischen CDU/CSU und der FDP äußerte.
Große Koalition ab 1966
Aus diesem Grund sah die SPD die Möglichkeit, aus der Oppositionsrolle herauszukommen, nachdem sie sich 1959 an die herrschende Klasse angepasst hatten. Noch 1965 hatte die SPD in der Bundestagswahl mit nur 39,3 Prozent der Stimmen eine Niederlage erlitten, während CDU/CSU und FDP zusammen knapp unter 60 Prozent lagen. Doch die Staatsverschuldung und die für damalige Begriffe hohe Zahl von rund 750.000 Arbeitslosen führten nur ein Jahr nach dem Wahlsieg zum Zwist und Bruch der bürgerlichen Koalition.
Diese Ereignisse ermöglichten 1966 die Große Koalition, die massive Angriffe auf den Lebensstandard der Arbeiter führte. So wurde die Steuerlast auf die Arbeiterhaushalte abgewälzt und die Lohnquote gesenkt, während sich die Arbeitsintensität steigerte. Es kam zu einer ersten spontanen Streikwelle. Vor allem an der Ruhr radikalisierten sich die Proteste gegen die Schließung von Kohlebergwerken. „Wenn es an der Ruhr brennt, gibt es im Rhein bei Bonn nicht genug Wasser, das Feuer zu löschen, auch wenn man die Donau hinzunimmt“, erklärte der damalige Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Rainer Barzel (Der Spiegel 24/1966).
Zwischen 1967 und Anfang 1968 kam es in der Metallindustrie zu annähernd 200 spontanen Arbeitskämpfen. Im Zuge dieser Klassenkämpfe entstand auch die größte Lehrlingsbewegung, als Zehntausende für bessere Ausbildungsbedingungen demonstrierten. Im September 1969 brach eine Welle von „Wilden Streiks“ für einen Inflationsausgleich aus, in der die Gewerkschaftsführung zeitweise die Kontrolle über ihre Mitglieder verlor. Die Bildung der Großen Koalition im Dezember 1966 war auch der Versuch, durch Einbindung der SPD in die Regierung die Arbeiterklasse zu beschwichtigen.
APO und SDS
Durch die Große Koalition gab es keine linke Opposition mehr im Parlament. Zum Sprachrohr außerparlamentarischer Opposition wurde der „Sozialistische Deutsche Studentenbund“ (SDS), die ehemalige Studierendenorganisation der SPD. Aufgrund der Kritik des SDS am „Godesberger Programm“ hatte die SPD im Februar 1960 den Bruch vollzogen. Auch andere Linke, die den sozialistischen Anspruch bewahren wollten, wurden ausgeschlossen. Die Ausgeschlossenen bildeten die ersten Organisationszentren der „Außerparlamentarischen Opposition“ (APO).
Neben der Kritik am „Godesberger Programm“ gab es Kontroversen über die atomare Aufrüstung der Bundesrepublik. Dies äußerte sich seit 1960 als außerparlamentarischer Protest in der Ostermarschbewegung. Während 1960 die Teilnehmerzahl 1.000 betrug, stieg sie bis 1963 auf 3.000 und 1967 zählte man sogar 300.000.
Aber diese Bewegung blieb zunächst isoliert, da sie nur moralische Kritik an den modernen Massenvernichtungsmitteln übte. Die zuvor in der Anti-Atom-Bewegung integrierte SPD unterstützte nun die Atompolitik von CDU/CSU. Die 1963 einsetzende Diskussion über die Notstandsgesetze radikalisierte die Bewegung, die nun ein Sammelbecken gesamtgesellschaftlicher Opposition wurde.
Teile der Studierendenschaft radikalisierten sich seit Anfang der 1960er Jahre und protestierten gegen autoritäre Strukturen im Staatsapparat, an den Universitäten und in den Schulen. Die Hochschulpolitik war durch konservative und autoritäre Werte bestimmt („Muff unter den Talaren“ - damit war die Amtstracht der Professoren gemeint). Ein Mitbestimmungsrecht der Studierenden gab es nicht. Aufgrund der Knappheit an Akademikern forderten Unternehmer eine Verkürzung der Studiendauer, was verschlechterte Studienbedingungen zur Folge hatte.
Während in den USA Studierende generelles Versammlungsverbot erhielten, waren die deutschen Studierenden weit weg von solchen Konfrontationen. Ein Faktor, der zur Studierendenpolitisierung beitrug, war die Anfang der 1960er Jahre einsetzende Diskussion über den Vietnamkrieg. Die Studierenden solidarisierten sich mit den Befreiungskämpfen in der „Dritten Welt“. Damit traten die Studierenden aus dem Rahmen der studentischen Forderungen heraus, argumentierten gesamtgesellschaftlich, übten Kritik am Imperialismus und gewannen neues Selbstbewusstsein.
Proteste gegen den Vietnamkrieg
Im Sommersemester 1964 startete der SDS eine intensive Aufklärungskampagne über die US-amerikanische Intervention in Vietnam. Das Wintersemester 1965/66 wurde zum „Vietnamsemester“, das imperialistische Zielsetzungen der USA aufdeckte. Der Besuch des kongolesischen Ministerpräsidenten in Berlin, Moise Tschombé, der mit diktatorischen Mitteln herrschte, führte im Dezember 1964 zu den ersten gewaltsamen Auseinandersetzungen mit der Polizei.
Von nun an gehörten Demonstrationen und gewalttätige Auseinandersetzungen mit der Polizei zum täglichen Erscheinungsbild der Bundesrepublik. Im Juni 1966 reagierten die Studierenden der Freien Universität (FU) Berlin mit einem Sitzstreik („Sit-in“) und mit einer anschließenden Demonstration (3.000 Studierende) auf die allgemeine Zwangsexmatrikulation bei Studienzeitüberschreitung. Kontrollen und Durchsuchungen studentischer Büros lenkten die Aufmerksamkeit der Medien vollends auf den SDS. Aufgrund der beginnenden Wirtschaftskrise 1966/67 versuchte der Staat, jede Art von Opposition im Keim zu ersticken.
Der Höhepunkt polizeilicher Willkür wurde erreicht, als der Student Benno Ohnesorg bei einer Demonstration am 2.6.1967 in Berlin anlässlich des Besuchs des Schahs von Persien, Reza Pahlewi, von einem Polizisten erschossen wurde. Sein Tod löste in der gesamten Bundesrepublik Studierendenproteste aus. Die Verabschiedung der Notstandsgesetze im Mai 1968 bewirkte eine weitere Radikalisierung. Die Notstandsgesetze sollten dem Staat ermöglichen, die Bundeswehr zur „Abwehr innerer Notstände“ einzusetzen und das Post- und Fernmeldegeheimnis aufzuheben.
„Springerpresse, halt die Fresse!“
Nach dem Attentat auf den APO-Führer Rudi Dutschke markierte die Anti-Springer-Kampagne den Höhepunkt der Revolte. Denn der Springer-Konzern, vor allem die „Bild“-Zeitung, war der Wortführer der weitangelegten Hetzkampagne gegen die Studierenden, die eine Solidarisierung der Arbeiter mit den Studierenden verhindern sollte. Weil Dutschke von einem Bild-Leser angeschossen wurde, nannte man als Hauptschuldigen für den Mordanschlag den Großverleger Axel Springer, dessen Zeitungen erst die Voraussetzungen für eine solche Tat geschaffen hätten. Rudi Dutschke starb 1979 an den Spätfolgen des Attentats. Die Arbeiterklasse stand der Studierendenbewegung eher distanziert bis feindlich gegenüber, da die APO ihr keine Perspektiven bot.
Die 1966/67 einsetzende Wirtschaftskrise war auf die Bundesrepublik begrenzt. Durch verstärkte Exporte wurde die Krise schnell überwunden. Im Gegensatz zu heutigen Krisen bestand damals noch die Möglichkeit, entlassene Bergarbeiter in der wachsenden Stahlindustrie sowie in der Metall- und Automobilindustrie unterzubringen. Die Arbeitslosenquote konnte somit bis 1970 bundesweit wieder auf durchschnittlich 0,7 Prozent gesenkt werden. Der wirtschaftliche Aufschwung von 1968-1973 brachte den Arbeitern schnelle Zugeständnisse von Seiten der Kapitalisten, die sich einer Streikbewegung mit vorübergehenden Betriebsbesetzungen gegenübersahen.
Die APO war insgesamt nicht in der Lage, die vorhandene Kampfbereitschaft der Arbeiter zu erkennen und zu politisieren. Arroganz der Studierenden und die Propaganda der herrschenden Klasse gegen die Studierenden machten ein Zusammenarbeiten dieser beiden Gruppen weitgehend unmöglich. In Frankreich dagegen bekam die Studierendenrevolte eine andere Sprengkraft, nachdem sich die Arbeiter mit den Studierenden solidarisierten und 10 Millionen Menschen an einem revolutionären Generalstreik teilnahmen. In dieser explosiven Lage flüchtete sogar Frankreichs autokratisch herrschender General und Staatspräsident de Gaulle nach Süddeutschland in ein französisches Regiment (siehe Artikel auf S.12). Doch von dieser gesellschaftlichen Stärke war in der Bundesrepublik nie etwas zu spüren.
Höhepunkt und Niedergang der APO
Am 11. Mai 1968 fand der letzte Massenprotest der APO in Bonn statt. 70.000 Menschen demonstrierten gegen die Verabschiedung der Notstandsgesetze im Bundestag. Doch im Frühjahr 1968 begann der Zerfall der Studierendenrevolte. Die APO spaltete sich in verschiedene politische Richtungen. So entstanden zum einen die „marxistisch-leninistische“ Bewegung, die aufgrund der Befreiungskämpfe in der „Dritten Welt“ maoistisch geprägt war. Rudi Dutschke und andere vertraten die Linie vom „Marsch durch die Institutionen“. Viele engagierten sich nun in SPD und DGB-Gewerkschaften, um dort linke politische Inhalte populärer zu machen. Davon konnte die SPD ab 1969 profitieren. Sie integriere große Teile des jugendlichen Protestpotentials. Die Jusos vollzogen einen Linksschwenk. Aber auch das Ende der Großen Koalition und das Zustandekommen einer SPD/FDP-Regierung nach der Bundestagswahl im Herbst 1969 führten zu einem Umschwung und steigerten die Popularität der SPD.
Ein anderer Teil der ehemaligen APO organisierte sich in „Basisbewegungen“ wie Frauen- und Antiimperialismusgruppen, die alternative und individuelle Lebensformen zu entwickeln versuchten. Die Wut und Hoffnungslosigkeit gegenüber dem Staatsapparat führte bei Teilen der APO zum individuellen Terrorismus. Im Juni 1971 legte die „Rote Armee Fraktion“ (RAF) ihre ersten Bomben gegen Einrichtungen der US-Army und Springer. Durch den individuellen Terror in den 1970er Jahren wurde die gesamte Linke kriminalisiert und in die Defensive getrieben. Der SDS löste sich am 21. März 1970 formell auf. In der Tradition des historischen SDS wurde im Mai 2007 im Zuge der Gründung der Partei DIE LINKE der Sozialistisch-Demokratische Studierendenverband (DIE LINKE.SDS) gegründet.
Warum scheiterte die APO?
Die meisten APO- und SDS-Aktivisten konnten aufgrund ihrer „bessergestellten“ Herkunft aus der Mittel- und Oberschicht die Bedürfnisse und Probleme der Arbeiter nicht erkennen. Die Bewegung war der Ansicht, dass die Arbeiterklasse aufgrund des steigenden Lebensstandards im Westen „verbürgerlicht“ und durch den „Konsumrausch“ in das System integriert sei. Sie zeigte sich deshalb den Arbeitern gegenüber arrogant und konzentrierte sich auf das Problem des Imperialismus in der „Dritten Welt“. Die moralische Solidarisierung suchte sie sich bei Che Guevara, Mao und Ho Chi Minh und setzte darauf, dass nicht das westliche Proletariat, sondern Befreiungsbewegungen und Guerillatruppen in der „Dritten Welt“ den Anstoß zur Weltrevolution bringen würden.
So richteten sich die Aktionen der APO auf Symbole der herrschenden Klasse, z.B. den Springer-Verlag. Außerdem lehnten sie jede Form von disziplinierter Organisation ab, da sie die bürokratischen Auswüchse in SPD und DGB sowie im osteuropäischen Stalinismus als negativ empfanden. Ihre Ideologie bestand in Antiautorität, was sich in den „Kommunen“ ausdrückte. Abgesondert von der realen kapitalistischen Welt wollten die „Kommunarden“ die ideale Lebensweise vorempfinden.
Hier lag eine zentrale politische Schwäche dieser Bewegung. Denn in den folgenden Jahren stellte die westeuropäische Arbeiterklasse immer wieder ihre Kampfkraft unter Beweis. Beispiele hierfür: Massenstreiks in Italien und Großbritannien wie auch „wilde Streiks“ und Tarifkämpfe in Westdeutschland ab 1969.
Was bleibt?
Dennoch hat die „68er-Bewegung“ die Bundesrepublik nachhaltig verändert. Krieg und Imperialismus traten wieder in das Bewusstsein der Jugend, und die verkrusteten Moral- und Sexualvorstellungen des Nachkriegsdeutschlands wurden langsam aufgeknackt. So konnten Männer laut Gesetz bis in die frühen 1970er Jahre ihren Frauen die Unterschrift unter einen Arbeitsvertrag und die Führung eines eigenen Kontos verbieten. Die „68er“ skandalisierten die Zusammenarbeit der Eliten in Staat und Wirtschaft mit Diktaturen in aller Welt und entdeckten, dass viele aus der Generation der Väter und Großväter ihre eigene Nazi-Vergangenheit jahrzehntelang vertuscht hatten. Die von Studierenden getragenen Proteste waren Ausdruck allgemeiner gesellschaftlicher Unzufriedenheit und ein Vorbote für Bewegungen der Arbeiterklasse. Schon oft in der Geschichte hatte sich eine Krise der Gesellschaft zuerst in Protesten von Jugendlichen, Studierenden und Intellektuellen ausgedrückt.
Heute, 50 Jahre danach, ist die Kluft zwischen Studierenden und der Arbeiterklasse viel kleiner als damals. Ein Hochschulabschluss ist schon längst kein Garant mehr für eine sichere Existenz und gesellschaftlichen Aufstieg. Linke Studierende müssen sich als Teil der Arbeiterbewegung begreifen und praktische Solidarität üben. Letztlich hat nur die arbeitende Bevölkerung die Kraft, die Machtverhältnisse zu verändern und eine sozialistische Gesellschaft aufzubauen.
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