Kategorie: Geschichte

Geschichte der Internationalen

Internationalismus ist nichts, was ein Marx oder ein Engels erfunden haben, sondern hat seine Wurzeln im Kampf der Arbeiterklasse selbst. Die erste Manifestation eines internationalen Klassenbewusstseins fällt eigentlich mit den ersten politischen Kämpfen der ArbeiterInnen zusammen.


Als 1834 in Lyon die französischen ArbeiterInnen einen Aufstand organisieren, schicken englische GenossInnen eine Grußbotschaft, in der sie sich mit dem Kampf der französischen Proletarier solidarisieren. Schon die ersten revolutionären Organisationen der Arbeiterklasse (die sich bereits vor dem Herausbilden des modernen Proletariats gründeten und hauptsächlich Handwerker vereinigten), wie der Bund der Kommunisten, versuchten Ansätze einer internationalen Organisation aufzubauen.

Vom "Manifest" zu den ersten Anfängen

Dieses internationalistische Bewusstsein der Arbeiterklasse entwickelt sich spontan und unbewusst aus der Notwendigkeit der ArbeiterInnen, im Klassenkampf gegenseitig Solidarität zu üben. Damit dieses Bewusstsein jedoch in konkrete Aktionen umgesetzt werden kann, muss eine revolutionäre Führung entwickelt werden. Dieser Aufgabe stellten sich die Revolutionäre von Anfang an. Schon im "Kommunistischen Manifest" formulierten Marx und Engels die Losung "Proletarier aller Länder, vereinigt Euch!". Außerdem arbeiten die KommunistInnen "überall an der Verbindung und Verständigung der demokratischen Parteien aller Länder", und sie "unterstützen überall jede revolutionäre Bewegung gegen die bestehenden gesellschaftlichen und politischen Zustände".

Die wahren InternationalistInnen waren in dieser Anfangsphase der internationalen Arbeiterbewegung eine kleine Gruppe ohne großen Einfluss auf die Massen des jungen Proletariats. In der Revolution von 1848 gelang es Marx, Engels & Co. noch nicht, die Geschehnisse maßgeblich zu beeinflussen. Durch die Konterrevolution wurde ihre Organisation, der Bund der Kommunisten, völlig zerschlagen. Marx und Engels mussten emigrieren. Die InternationalistInnen waren wieder auf eine Handvoll reduziert. Im Mittelpunkt ihrer politischen Arbeit stand nun vor allem wissenschaftliche Arbeit.

Anfang der 60er Jahre des 19. Jahrhunderts kam es zu einem Wiederaufleben der Arbeiterbewegung. In England kämpften die Arbeiter für das Wahlrecht; der polnische Aufstand von 1863 löste große Sympathie unter den englischen und französischen Arbeitern aus. In England protestierten die ArbeiterInnen gegen die reaktionäre Kriegspolitik der britischen Regierung im amerikanischen Bürgerkrieg und brachten dabei ihre Sympathie für den Kampf der Nordstaaten und die im Süden unterdrückten Sklaven zum Ausdruck. Marx würdigte diese Haltung in einem Artikel aus dem Jahre 1863: "Die englische Arbeiterklasse hat dadurch unsterbliche geschichtliche Ehre geerntet, dass sie den wiederholten Versuch der herrschenden Klassen zur Intervention für die amerikanischen Sklavenhalter durch enthusiastische Massenmeetings niederschlug, obgleich die Fortdauer des Amerikanischen Bürgerkriegs einer Million englischer Arbeiter die furchtbarsten Leiden und Entsagungen aufbürdet." Auch in Deutschland kam es zur Gründung erster Arbeiterorganisationen. Und im September 1864 wurde dann in London die Internationale Arbeiter-Assoziation (IAA), die sogenannte Erste Internationale, ins Leben gerufen. Bei der Gründungskonferenz waren Vertreter englischer, deutscher, französischer und italienischer Arbeiterorganisationen anwesend. Die Führungsrolle in der Internationale übernahm Karl Marx, der auch ihr erstes Manifest (die "Inauguraladresse") schrieb. Marx versuchte dabei folgende Grundgedanken mehrheitsfähig zu machen: Organisation des Proletariats zur selbständigen Partei, Ausbau der Arbeiterschutz- und Fabrikgesetzgebung, Kampf gegen die völkerverhetzende Diplomatie, Zusammenschluss der Proletarier aller Länder, Vernichtung der Klassenherrschaft und ökonomische Befreiung der Arbeiterklasse.

Auf dieser Gründungsversammlung kam es auch zu einer Auseinandersetzung mit der reaktionären Außenpolitik der herrschenden Mächte in Europa. Während einige Delegierte dafür eintraten, der "Macht der Despoten" eine "großartige Verbrüderung der Völker" entgegenzusetzen, um so die Kriegsgefahr zu bannen, entwickelte Marx eben die Position eines proletarischen Internationalismus, d.h. dass die Arbeiterklasse einen von ihrer nationalen Bourgeoisie unabhängigen Klassenstandpunkt in außenpolitischen Fragen einnehmen müsse.

Die 1. Internationale war ein Versuch, alle Strömungen der Arbeiterbewegung gemeinsam zu organisieren. Marx und Engels versuchten jedoch von Anfang an, die Internationale für eine wissenschaftlich-sozialistische Linie zu gewinnen. Ihr Ziel war nicht eine prinzipienlose Einheit mit den anderen Strömungen, sondern sie suchten permanent die politische Auseinandersetzungen mit den Proudhonisten oder Bakunisten (den Anarchisten). Eine wesentliche Frage war schon damals die Orientierung auf die Arbeiterklasse, da die Anarchisten voller Ungeduld immer wieder Abkürzungen auf dem Weg zur Revolution suchten. Marx und seine Anhänger nutzten jedes Ereignis, um die Korrektheit ihrer Ideen gegen die ihrer Gegner in der Internationale zu testen.

Die Pariser Kommune von 1871 war zweifelsohne das bedeutendste Ereignis in der Geschichte der 1. Internationale. Als Frankreich im Krieg gegen das Bismarcksche Preußen den kürzeren zog, erhob sich Paris, stürzte die Monarchie und proklamierte die Republik. In Paris entwickelte sich eine Situation der "Doppelherrschaft" zwischen der Republik einerseits und der Nationalgarde und den Überwachungsausschüssen andererseits. Die Niederschlagung des Pariser Aufstandes demoralisierte die Arbeiterklasse enorm, und es war nur eine Frage der Zeit, bis auch die 1. Internationale auseinanderbrechen sollte. Durch ihre Arbeit in der Internationalen konnten Marx und Engels den Marxismus weiterentwickeln (z.B. vertieften sie aus den Erfahrungen der Pariser Kommune die marxistische Staatstheorie), als sie aber sahen, dass kleinbürgerliche Kräfte in diesem Umfeld allgemeiner Demoralisierung die Oberhand bekamen, entschieden sie sich, die Internationale 1872 aufzulösen, um zumindest das Vermächtnis der IAA zu retten.

Die anderen Strömungen der 1. Internationale (Lassalle, Blanqui, Bakunin.....) werden heute bestenfalls noch in Fußnoten in Geschichtsbüchern behandelt. Die inhaltliche Konfrontation mit ihnen nutzten Marx und Engels zur Schärfung ihrer Ideen, wie ein Schmied den Amboss zur Härtung seines zu bearbeitenden Stückes Eisen nutzt.

Die Zweite Internationale

Die nun folgende Phase der kapitalistischen Expansion führte aber schon bald zu einem raschen Anwachsen des Proletariats. In ganz Europa kam es zu einem Wiedererstarken der Arbeiterbewegung. In allen Ländern bildeten sich riesige Gewerkschaftsorganisationen und Arbeiterparteien. Vor allem in Deutschland wurde die Soziademokratie zu einer echten Massenkraft. In ihrem Programm stellte sie sich auf die Grundlage des Marxismus, aber.....

Die 2. Internationale ist auch ein Produkt der imperialistischen Entwicklung. Alle imperialistischen Mächte waren bestrebt, möglichst viele Absatzmärkte, Rohstoffreservoirs, usw. unter ihre Kontrolle zu bringen. Dies musste zwangsläufig die Spannungen zwischen diesen Staaten erhöhen. Kein Wunder, dass die damit verbundene Kriegsgefahr wie ein Damoklesschwert über der internationalen Arbeiterbewegung hing.

Bei ihrer Gründung zum 100. Jahrestag der Französischen Revolution im Jahre 1889 in Paris beschlossen die Delegierten der verschiedenen sozialdemokratischen Parteien, den 1. Mai 1890 als Tag einer "großen Manifestation" für den Achtstundentag zu begehen. Der Kampf für eine Verkürzung und Regelung des Arbeitstages stand damals im Mittelpunkt der Arbeit aller Parteien. Die Idee dieses Kampftages wurde von den Massen begeistert aufgenommen. 1890 versuchte das Militär noch allerorten, die ArbeiterInnen an der Demonstration zu hindern. Demonstrierende Arbeiter wurden oft sogar gekündigt. Aber wie August Bebel, der Führer der deutschen Sozialdemokratie, schrieb: "Die Demonstration am 1. Mai hat durch ihre Einheitlichkeit unter den Arbeitern der ganzen Welt in den gegnerischen Kreisen einen tiefen, wohl kaum zu verlöschenden Eindruck gemacht." Der 1. Mai wurde nun zum internationalen Kampftag für die wichtigsten Forderungen der Arbeiterbewegung, wie den Achtstundentag, das Wahlrecht und den Frieden. Dieser Tag gilt bis heute als Symbol für die internationale Solidarität in der Arbeiterbewegung.

Mit den ersten sozialdemokratischen Parlamentariern und dem Aufbau einer eigenen Partei- und Gewerkschaftsbürokratie trat aber ein neues, für die Arbeiterbewegung bis zu diesem Zeitpunkt unbekanntes Phänomen auf. In den Arbeiterorganisationen etablierte sich eine nicht unwesentliche Schicht von Bürokraten, die aufgrund ihrer eigenen materiellen Interessen für "revolutionäre Abenteuer" nicht mehr zu haben war. Vor allem in Deutschland, wo die Partei Millionen Wählerstimmen, fast 100 Tageszeitungen und einen riesigen Apparat hatte, wurde diese Bürokratie zu einer gewaltigen Bremse für den Kampf um eine sozialistische Revolution. In Worten blieb die deutsche Sozialdemokratie zwar dem Marxismus verbunden, aber es kam immer mehr zu einer Diskrepanz zwischen Programm und Realität. Eduard Berstein versuchte als erster, Theorie und Praxis wieder zu vereinen, indem er die Bewegung über das Ziel stellte und für einen klar reformistischen Weg plädierte. Seine Ideen fielen nicht vom Himmel, sondern waren Produkt eines starken Wirtschaftsaufschwungs, der die Bedingungen schuf, durch schrittweise Reformen den Lebensstandard vieler ArbeiterInnen zu heben. Sein Reformismus fiel daher gerade in den Gewerkschaften auf sehr fruchtbaren Boden. Nach dem Zweiten Weltkrieg werden in der Phase des langen Wirtschaftsaufschwungs die sozialdemokratischen Führer wieder vom Ende der Krisen im Kapitalismus und von der Auflösung der Klassen durch das Reformprojekt Wohlfahrtsstaat sprechen - um, wie schon Bernstein, bei der nächsten Krise wieder auf den Boden der kapitalistischen Realität zurückgeholt zu werden.

Schon sehr früh begann sich gegen diesen Versuch, "Marx auf den Kopf zu stellen", Opposition zu regen. Vor allem Rosa Luxemburg verteidigte in ihrer Schrift "Sozialreform oder Revolution" die sozialistische Idee. Luxemburg, die tagtäglich mit den Bürokraten und Karrieristen in der deutschen Sozialdemokratie zu tun hatte, erkannte als erste die Gefahren, die von dieser Bürokratie ausgingen. Sie versäumte es jedoch, die linke Opposition in der SPD auch wirklich zu organisieren. Dies lässt sich mit ihrem falschen Verständnis von der Rolle der Arbeiterklasse in einer revolutionären Situation erklären. Luxemburg hat einen unerschütterlichen Glauben an die Spontaneität des Proletariats und unterschätzte so die Notwendigkeit einer revolutionären Führung.

Lenin und die russischen Bolschewiki, die erst viel später die Gefahr einer bürokratischen Degeneration erkannten, entwickelten unter den Bedingungen der Illegalität schon viel früher die Idee von der Notwendigkeit des Aufbaus einer straff organisierten, revolutionären Partei, wobei die Zeitung "Iskra" (= Der Funke) das Mittel zum Aufbau dieser revolutionären Führung sein sollte.

Kriegsgefahr

War die 1. Internationale noch als zentral gelenkte Weltpartei zum Sturz des Kapitalismus konzipiert worden, so war die 2. Internationale nicht viel mehr als ein informeller Zusammenschluss zwischen den einzelnen sozialdemokratischen Parteien. Die Hauptachse der Internationale waren die deutsche und die französische Partei. Sie symbolisierte auch das große Ziel der Internationale: einen Krieg zwischen Frankreich und Deutschland zu verhindern. Die Resolutionen auf den internationalen Kongressen warnten zwar vor einem Krieg, aber die Internationale war nicht fähig eine wirkliche antimilitaristische Strategie zu entwickeln. Maßnahmen wie der Massenstreik gegen Krieg, oder gar ein Aufstand, wurden als nicht durchführbar bezeichnet. Als der Erste Weltkrieg 1914 ausbrach, vergaßen die sozialdemokratischen Führer von einem Tag auf den anderen ihre Absichtserklärungen, den Krieg mit allen Mitteln verhindern zu wollen. Jetzt sprach man von "einem großen Tag für die deutsche Nation" oder von der Notwendigkeit "die Französische Republik zu verteidigen". Die sozialdemokratischen Abgeordneten stimmten nahezu überall für die Kriegskredite. Die 2. Internationale brach auseinander. Die gegen den Krieg gerichteten Resolutionen wurden von der militaristischen Stimmung in den meisten Ländern hinweggefegt. Die Arbeiterklasse erlitt somit wie 1848 und 1871 eine schwere Niederlage - aber diesmal eine noch viel schlimmere, weil sie das Produkt des Verrats ihrer eigenen Führer war!

Die Kräfte des Marxismus und Internationalismus waren wieder auf eine Handvoll Einzelkämpfer reduziert. Rund um Lenin, Trotzki, Luxemburg und Liebknecht stand nur noch eine kleine Gruppe von echten RevolutionärInnen, die den Kampf weiterzuführen bereit waren. Ihr Verdienst ist es, auch in Zeiten des Krieges auf internationaler Ebene am Aufbau einer marxistischen Kraft gearbeitet zu haben.

Im Krieg

Während die Mehrheit der sozialdemokratischen Bewegung eine Politik des Burgfriedens verfolgte (d.h. Streiks und Konflikte mit der eigenen Bourgeoisie wurden vermieden), arbeiteten die Bolschewiki und andere Linke an der Sammlung der verbliebenen internationalistischen Kräfte. 1915 und 1916 trafen sich dann in Zimmerwald bzw. Kienthal revolutionäre und unabhängige Sozialisten und formulierten eine Politik des Klassenkampfes gegen den Krieg ("der Feind steht im eigenen Land"): Im von Trotzki geschriebenen "Zimmerwalder Manifest" lesen wir: "In dieser unerträglichen Lage haben wir, die wir nicht auf dem Boden der nationalen Solidarität mit der Ausbeuterklasse, sondern auf dem Boden der internationalen Solidarität des Proletariats und des Klassenkampfes stehen, uns zusammengefunden, um die zerrissenen Fäden der internationalen Beziehungen neu zu knüpfen und die Arbeiterklasse zur Selbstbestimmung und zum Kampfe für den Frieden aufzurufen. Dieser Kampf ist der Kampf für die Freiheit, für die Völkerverbrüderung, für den Sozialismus." Das Manifest schließt mit den bereits bekannten Worten "Proletarier aller Länder vereinigt Euch!"

Mit Fortdauer des Krieges schlug die Kriegshysterie rasch in eine klare Anti-Kriegs-Stimmung um. In allen Ländern gewannen die oppositionellen Strömungen eine Massenbasis. In Deutschland gründeten Liebknecht, Luxemburg und Mehring den "Spartakusbund" und kritisierten scharf die verräterische Politik der Sozialdemokratie. Die Februarrevolution 1917 in Russland beschleunigte den Prozess rasant. Mehrere Abgeordnete spalteten sich im April 1917 von der SPD ab und gründeten die USPD, die rasch zu einer Massenpartei wurde. In der österreichischen Sozialdemokratie kam es unter dem Druck der Massen zu einem Linkruck, in den Jugendorganisationen formierte sich eine "linksradikale" Strömung, die gegen den Krieg mobil machte und im Jännerstreik (Januarstreik) von 1918 eine sehr bedeutende Rolle spielte. In Frankreich bildeten sich ebenfalls eine starke linke Opposition.

Die Kommunistische Internationale (Komintern, KI)

Die Oktoberrevolution 1917 in Russland markierte nun einen Wendepunkt in der Geschichte der Arbeiterbewegung. Zum ersten Mal gelang es der Arbeiterklasse, erfolgreich den Kapitalismus in einem Land zu stürzen und die Diktatur des Proletariats zu etablieren. Für die Bolschewiki war die Russische Revolution aber nur der Beginn einer revolutionären Welle, die ganz Europa den Sieg des Sozialismus möglich machen sollte. Die Kette war an ihrem schwächsten Glied gebrochen, und nun galt es vor allem in den entwickelten Industriestaaten die Revolution durchzuführen. Ansonsten würde die Revolution auch in Russland scheitern. Die Bolschewiki setzten sich nun das Ziel, auch in den anderen Ländern kommunistische Parteien zu gründen und diese in der Dritten Internationale zusammenzufassen.

Diese Spaltung der Arbeiterbewegung war in dieser Situation absolut notwendig, weil die sozialdemokratischen Führer alles unternahmen, um die von Russland ausgehende revolutionäre Welle zu stoppen und den Kapitalismus zu retten.

Diese "Arbeiterführer" hatten vor einer revolutionären, einmal in Bewegung geratenen Arbeiterklasse genauso viel Angst wie die herrschenden Klassen. Angesichts der Massendemonstrationen, Streiks, Meutereien usw. war der Kapitalismus de facto am Rande des Abgrunds. Die Monarchien stürzten, und das Kapital legte die Macht in die Hände der Sozialdemokratie. Und diese taten nun alles, um die Revolution zu stoppen. Einmal stellten sie sich durch radikale Phrasendrescherei an die Spitze der Bewegung, um sie dann durch einige erkämpfte Reformen zu besänftigen, oder, wie in Deutschland und Großbritannien, sie spielten den "Bluthund des Kapitals" und unterdrückte die Revolution mit Waffengewalt. Luxemburg, Liebknecht oder der irische Revolutionär James Connolly starben auf Befehl von "Genossen" wie Noske, Ebert oder Henderson.

Die Komintern Lenins und Trotzkis

Als die Komintern im März 1919 ihren ersten Kongress abhielt, war sie nicht viel mehr als die Bolschewistische Partei. Und die Geschichte der 3. Internationale sollte auch in all den Jahren ganz eng mit dem Schicksal der Bolschewiki zusammenhängen. und der Komintern, brachte die Aufgabe des 1. Kongresses - nämlich "das kommunistische Banner zu entfalten und die Idee der Kommunistischen Internationale zu proklamieren" - auf den Punkt.

Die Kongresse wurden nun jährlich abgehalten und wurden zu einer Bühne für Diskussionen über Taktik, Strategie und Programm der Kommunisten. Diese Internationale stellen eine neue Qualität in der Geschichte der internationalen Arbeiterbewegung dar. Hier kann man wirklich von einer revolutionären Weltpartei mit einer gewaltigen Massenbasis sprechen. In Form des Exekutivkomitees (EKKI) und einem ganzen Netz von Beauftragten bauten man eine zentralistische Struktur auf, deren Aufgabe es war, die Beschlüsse der Weltkongresse in allen Mitgliedssektionen auch umzusetzen.

Die Komintern analysierte die Periode nach dem Ersten Weltkrieg als Epoche des kapitalistischen Niedergangs, in der sich Perioden der Revolution und der Konterrevolution ablösen würden. In dieser Phase rascher politischer und gesellschaftlicher Veränderungen zeigte sich die Notwendigkeit klarer Perspektiven, auf deren Grundlage man seine Taktik und seine Forderungen immer wieder an die jeweilige Situation anpassen konnte.

Die Oktoberrevolution und die Sowjetmacht in Russland übten auf Millionen Arbeiter eine enorme Anziehungskraft aus. In Ungarn, Österreich, Italien und Deutschland lag die Staatsmacht auf dem Servierteller und wartete nur noch darauf, von der Arbeiterklasse abgeholt zu werden. Die Kommunistischen Parteien Westeuropas waren aber noch zu unerfahren und zu schwach, um die Revolution siegreich zu Ende zu führen.

Die Komintern musste sich nun unter den Bedingungen einer wieder verebbenden revolutionären Welle und eines sich stabilisierenden Kapitalismus in Westeuropa eine neue Taktik erarbeiten. Jetzt ging es kurzfristig gesehen nicht mehr um die Bildung von Räten und den Kampf um die Staatsmacht, sondern darum, die Massen für die Komintern zu gewinnen. Vor allem die Arbeit in den Gewerkschaften wurde jetzt von großer Bedeutung. Die Komintern formuliert nun die Politik der Arbeitereinheitsfront, was nichts anderes als die theoretische Verallgemeinerung der Politik der Bolschewiki im Jahre 1917 darstellt. Prinzip dieser Einheitsfronttaktik ist es, alle ArbeiterInnen zu vereinen, die entschlossen sind, gegen den Kapitalismus zu kämpfen. Die reformistischen Parteien werden aufgefordert, mit der Bourgeoisie zu brechen und gemeinsam mit den Kommunisten den Kampf zu organisieren. Auf dem IV. Weltkongress der Komintern wurde die Einheitsfront folgendermaßen definiert: "Die Taktik der Einheitsfront ist das Angebot des gemeinsamen Kampfes der Kommunisten mit allen Arbeitern, die anderen Parteien oder Gruppen angehören, und mit allen parteilosen Arbeitern zwecks Verteidigung der elementarsten Lebensinteressen der Arbeiterklasse gegen die Bourgeoisie. Jeder Kampf um die kleinste Tagesforderung bildet eine Quelle revolutionärer Schulung, denn die Erfahrungen des Kampfes werden die Werktätigen von der Unvermeidlichkeit der Revolution und der Bedeutung des Kommunismus überzeugen."

Durch die Losung der "Arbeiterregierung" wird die Einheitsfronttaktik auf dem IV. Weltkongress ergänzt. Koalitionen mit bürgerlichen Parteien werden strikt abgelehnt, statt dessen fordert die Komintern eben die Bildung einer Koalition aller Arbeiterparteien, wobei "die elementarsten Aufgaben einer Arbeiterregierung müssen darin bestehen, das Proletariat zu bewaffnen, die bürgerlichen, konterrevolutionären Organisationen zu entwaffnen, die Kontrolle der Produktion einzuführen, die Hauptlast der Steuern auf die Schultern der Reichen abzuwälzen und den Widerstand der konterrevolutionäre Bourgeoisie zu brechen".

Lenin und Trotzki führen rund um diese vier Kongresse einen ständigen Kampf gegen die "ultralinken" Tendenzen in den jungen Parteien der Komintern. Durch eine korrekte Politik und das Prestige der Oktoberrevolution konnte die 3. Internationale 1921 bereits ungefähr 3 Millionen Mitglieder in fast 60 Sektionen zählen.

Die Komintern und die Sowjetunion

Trotzdem blieb die Kommunistische Internationale ganz eng mit der Entwicklung in der Sowjetunion verbunden. Es ist hier leider nicht der Platz, um eine ausführliche Geschichte der Jahre nach der Revolution zu liefern. Durch den Bürgerkrieg und die Isolation des Landes schlitterte Russland in eine tiefe innenpolitische Krise. Die Arbeiterklasse hatte im Bürgerkrieg große Verluste hinzunehmen und die Wirtschaft war völlig zerrüttet. Die Bolschewiki mussten in immer größerem Ausmaß auf ehemals zaristische Beamte zurückgreifen. Die Arbeiterdemokratie war unter den Bedingungen des Bürgerkriegs nicht mehr aufrechtzuerhalten. Schon Lenin erkannte Anfang der 20er Jahre, dass der noch junge Arbeiterstaat völlig zu bürokratisieren drohte. Die Sowjetbürokratie, die nun die eigentliche politische Macht in Händen hielt, zeigte immer weniger Interesse an der Perspektive der Weltrevolution, sondern versuchte, in Russland die nötige ökonomische Basis aufzubauen, die ihre eigene Machtposition sicherstellen sollte. Stalin wurde immer mehr zum Vertreter dieser Bürokratie. 1923 eröffnete sich für die deutschen Kommunisten noch einmal die Chance zum Aufstand. Die durch Wirtschaftskrise und Hyperinflation ausgelöste politische und soziale Krise hätte die von Lenin und Trotzki langersehnte Revolution in Deutschland möglich gemacht.

Mangels Unterstützung durch die KI-Führung unter Sinowjew endet der Aufstand allerdings in einer Niederlage, die sowohl für die Sowjetunion wie auch für die KI zu einem historischen Wendepunkt werden sollte. In der KPdSU bricht nun ein heftiger Kampf Trotzkis und seiner Anhänger gegen Stalin, Sinowjew und Kamenew aus. Stalin hat mittlerweile den Parteiapparat mehrheitlich unter seine Kontrolle gebracht. Als Lenin stirbt, hat der Degenerationsprozess der KP bereits voll begonnen. Die Troika um Stalin versucht nun mit allen Mitteln, den Einfluss von Trotzki, der sich als Führer der Oktoberrevolution und der Roten Armee im Bürgerkrieg großer Beliebtheit in der KP-Anhängerschaft erfreute, auch in den anderen Sektionen der KI zu brechen. Es beginnt die Phase der "Bolschewisierung" der KI - nichts anderes als der Versuch Sinowjews, alle Sektionen unter Kontrolle der russischen Partei zu bringen. Unliebsame Führungen in den nationalen Sektionen werden auf Druck Sinowjews und Stalins einfach abgesetzt und durch Marionetten ersetzt. Die Kommunisten (selbst diejenige, die den Entartungsprozess der KPdSU erkannten) ließen die sowjetische Bürokratie und deren Handlanger in der KI aber nahezu widerstandslos werken, da die Partei, welche die Oktoberrevolution geführt hatte, in der KI eben uneingeschränktes Vertrauen genoss.

Die Komintern als "Grenzwächter der Sowjetunion"

Stalin entwickelt nun die sogenannte Theorie des "Sozialismus in einem Lande", die den Bruch mit den Traditionen der Bolschewiki vollzieht. Die NEP (neue Ökonomische Politik) stärkt immer mehr die Großbauern und privaten Händler und Spekulanten. Die Bürokratie versucht, die Bolschewistische Partei völlig unter ihre Kontrolle zu bringen und geht radikal gegen die von Trotzki geführte Linke Opposition vor (,der sich später auch Sinowjew und Kanenew anschließen). Die Linke Opposition, die weiterhin für eine internationalistische Politik plädiert und in Russland einen wirtschaftspolitischen Kurswechsel hin zur Industrialisierung und zu einer zentralen Planwirtschaft fordert, wird aus der Partei ausgeschlossen und auch physisch verfolgt.

Außenpolitisch setzen Stalin und sein neuer Präsident der KI, Bucharin (der Vertreter des rechten Parteiflügels), auf einen gemäßigteren Kurs. Mit England versucht die Sowjetbürokratie nun über das sogenannte Anglo-russische Komitee zwischen den Gewerkschaftsverbänden der beiden Länder bessere Beziehungen aufzubauen. In China, wo die Revolution nun ebenfalls auf der Tagesordnung steht, ordnet die KI der KPCh an, sich der bürgerlich-nationalistischen Kuomintang (Partei von Tschiang-Kai-Tschek) unterzuordnen und anders als im Oktober 1917 die Revolution auf ihre bürgerlichen Ziele zu beschränken. Ergebnis dieses "rechten" Kurses: in England endet der Generalstreik von 1926 in einer schweren Niederlage und in China richtet Tschiang-Kai-Tschek unter den Kommunisten ein wahres Massaker an.

Die "ultralinke Wende"

Innen- und außenpolitisch machen die Stalinisten nun einen radikalen Ruck nach links. In der Sowjetunion kommt es nun zur Zwangskollektivierung der Landwirtschaft, und die Industrialisierung im Rahmen des ersten Fünf-Jahres-Plans wird mit unvorstellbaren menschlichen Opfern durchgepeitscht. Die KI wird nun auf die Basis der "Sozialfaschismustheorie" und der "Einheitsfront von unten" gestellt. Die Sozialdemokratie wird nun in dieser Phase zunehmender Widersprüche zwischen den Klassen und drohender Kriegsgefahr als Zwillingsbruder des immer stärker werdenden Faschismus gesehen, was eine Zusammenarbeit mit den reformistischen Arbeiterparteien und Gewerkschaften unmöglich macht. Die Kommunisten betreiben in dieser sogenannten "dritten Periode" nun eine völlig sektiererische Politik.

Durch die Weltwirtschaftskrise von 1929 spitzt sich in Europa die Krise der gesamten kapitalistischen Gesellschaft radikal zu. Das Kapital sieht in der bürgerlichen Demokratie keine Chance zur Aufrechterhaltung seiner Macht und setzt immer mehr auf bonapartistische und faschistische Kräfte. In Deutschland finden die Nazis im krisengeschüttelten Kleinbürgertum eine soziale Basis, die sie als Rammbock gegen die Arbeiterbewegung einsetzen. Das Ziel des Faschismus ist die völlig Zerstörung aller Arbeiterorganisationen - auch der Sozialdemokratie! Durch die Sozialfaschismustheorie irregeführt, lehnt die KPD, die größte kommunistische Partei außerhalb der Sowjetunion, eine Einheitsfront mit der SPD ab. Die KI-Führung geht sogar davon aus, dass Hitler sich nur sehr kurz an der Macht halten werde, und dann die KPD die Revolution machen könne. Die KI-Politik dieser Jahre zeichnet sich durch eine komplett falsche Faschismusanalyse aus, was die deutsche Arbeiterbewegung entwaffnet und Hitler den Weg zur Macht ebnet, ohne dass sich die deutsche Arbeiterklasse dagegen wehrt. Die Organisationen der Arbeiterklasse werden zerschlagen, eine ganze Generation von kommunistischen und sozialistischen ArbeiterInnen muss im KZ für den Verrat ihrer Führer büßen, der Zweite Weltkrieg fordert Millionen Menschenleben.

Zentrismus

Durch den Sieg des Faschismus in Deutschland und Österreich kam es in den meisten sozialdemokratischen Parteien zu einer Radikalisierung an der Basis. Je mehr sich die Gesellschaft polarisierte, desto schneller wuchsen linke Massenflügel und sogenannte Zentristische Strömungen in diesen Organisationen. Unter Zentrismus verstehen wir Strömungen, die irgendwo zwischen linksreformistischen und wirklich revolutionären Positionen stehen. In England spaltete sich die Independent Labour Party (ILP) von der Labour Party ab und hatte etwa 100.000 Mitglieder. Ähnlich Entwickelungen gab es in Frankreich und Spanien. In Spanien trieb die Radikalisierung unter den jungen Arbeitern die Jungsozialisten (JSE) immer weiter nach links. Die JSE brach mit der 2. und 3. Internationale und sprach sich für den Aufbau einer neuen revolutionären Internationale aus. Die Zentristen waren jedoch der Meinung, dass man unter Bedingungen der Defensive, in der sich die Arbeiterklasse überall befand, keine neue, demokratisch-zentralistisch organisierte Internationale aufbauen könnte. Zweifelsohne wurde hier eine große Chance vertan.

Zeit für eine neue Internationale

Schon seit Mitte der 20er Jahre organisierte Trotzki die linke Opposition gegen diese stalinistische Entartung des Bolschewismus, gegen die Bürokratisierung der Sowjetunion und auch der Komintern. Nicht von ungefähr nannten sie sich auch Bolschewiki-Leninisten, um so zu zeigen, dass sie und nicht die Clique um Stalin, auf den Traditionen Lenins und der Bolschewiki standen. Trotzki machte lange Zeit den Fehler, seine Oppositionsarbeit auf die Sowjetunion zu beschränken (wobei er durch zu langes Akzeptieren der "Parteidisziplin" ebenfalls große Fehler machte), wodurch der günstigste Zeitpunkt zum Aufbau einer internationalen Opposition versäumt wurde. Erst als Trotzki ins Exil in die Türkei geschickt wurde, begann dieser mit dem systematischen Sammeln aller linksoppositionellen Kräfte. Bis 1933 glaubte er jedoch an eine mögliche Reform der KPdSU, der Sowjetunion und der Komintern. Erst angesichts des Versagens der KI, dem widerstandslosen Kapitulieren der KPD vor Hitler (wobei die KI unfähig war, diese verheerenden Niederlagen auch als solche anzuerkennen und die nötigen Lehren daraus zu ziehen), entschließt er sich zum Bruch mit der 3. Internationale. Die einzelnen KPen waren längst nur noch willfährige Werkzeuge in der Hand der sowjetischen Bürokratie.

Die Komintern zieht erst 1935 auf ihrem VII. Weltkongress die Lehren aus der Niederlage in Deutschland. Die von Dimitroff entwickelte neue Taktik sollte aber schon bald den Weg zu neuen Niederlagen bereiten. Stalin erkannte mittlerweile, dass Nazi-Deutschland den Krieg gegen die Sowjetunion plante, und suchte deshalb das Bündnis mit den bürgerlichen Demokratien Frankreich und Großbritannien. Um die neuen Partner, die in der Sowjetunion und in der Komintern noch immer den Hort der Weltrevolution sahen, nicht zu vergraulen, gab man nun den einzelnen KPen eine äußerst gemäßigte Linie vor. Ziel sei es nun, gemeinsam mit der Sozialdemokratie und allen liberalen, ja selbst konservativen bürgerlichen Kräften die bürgerliche Demokratie gegen den Faschismus zu verteidigen. Eine Verbindung von antifaschistischem Kampf und der Perspektive einer sozialistischen Revolution wurde in dieser von Dimitroff, dem neuen Helden der Komintern, kreierten "Volksfronttaktik" abgelehnt. Als die Wahl der Volksfronten in Frankreich und Spanien zum Auslöser einer revolutionären Situation wird, tun die kommunistischen Führer (in Spanien unterstützt von der sowjetischen Geheimpolizei) alles, um die revolutionären Massen zu stoppen.

Der Spanische Bürgerkrieg wird trotz alledem auch immer mit ganz konkreter und heldenhafter internationaler Solidarität in Zusammenhang gebracht werden. Unter den kommunistischen und sozialdemokratischen Arbeitern war der Hass gegen den Faschismus derart lebendig, dass Zehntausende Aktivisten nach Spanien gingen, um mit der Waffe in der Hand gegen den Faschismus zu kämpfen. Gerade viele Deutsche, Österreicher und Italiener, die am eigenen Leib die Verbrechen des Faschismus schon erleiden mussten, gingen ganz spontan nach Spanien und kämpften in den Milizen oder in den Interbrigaden.

Einer revolutionären Perspektive beraubt, endet der antifaschistische Kampf in Spanien mit einer schweren Niederlage, Franco gewinnt den Bürgerkrieg, und Hitler sieht so die Zeit gekommen, auch anderswo seine militärische Stärke zu demonstrieren. Der Spanische Bürgerkrieg wird zum Übungsplatz des Zweiten Weltkriegs.

In der Sowjetunion selbst wird inzwischen jegliche Opposition verfolgt und physisch liquidiert. In den vier großen "Moskauer Prozessen" lässt Stalin das gesamte ehemalige Politbüro Lenins (Sinowjew, Kamenew, Radek, Bucharin, usw.) ermorden. Stalinismus und Bolschewismus werden hier durch einen gewaltigen Strom von Blut endgültig getrennt. Mit diesen Schauprozessen sollte der revolutionäre Geist der Dritten Internationale ein für allemal ausgerottet werden. 1943, mitten im Krieg, löst Stalin als freundliche Geste gegenüber den kapitalistischen Alliierten die Komintern auf. Dabei bildeten sich gerade zu dieser Zeit im illegalen antifaschistischen Kampf neue kommunistische Massenparteien (Italien, Frankreich), und mit Ende des zweiten Weltkrieges konnte mit einer neuerlichen revolutionären Welle gerechnet werden.

Die Vierte Internationale

Und genau mit dieser Perspektive wurde 1938 in Paris die Vierte Internationale gegründet. Die Zahl jener, die hier rund um Trotzki das Erbe des revolutionären Internationalismus hochhielten, war einmal mehr äußerst gering. Die Vierte Intentionale war organisatorisch sehr schwach und hatte in nur sehr wenigen Ländern eine wirkliche Verankerung in der Arbeiterklasse. Diese Handvoll von Marxisten war einem unvorstellbaren Druck ausgesetzt. In der Sowjetunion und in den faschistischen Staaten wurden die "Trotzkisten" physisch liquidiert, in den "demokratischen" Staaten wurden sie von der Polizei ebenfalls verfolgt. Und sie waren mit einer durch die jahrelange stalinistische Hetze genährten Feindschaft selbst der fortgeschrittensten Schichten der Arbeiterklasse konfrontiert. Die Illusionen in die Sowjetunion waren derart groß, dass die Massen der Arbeiter wirklich glaubten, ein Schlag gegen den Trotzkismus sei ein Schlag gegen die Reaktion. Kein Wunder, dass etliche Unterstützer der linken Opposition und der Vierten Internationale (darunter auch viele führende Genossen, wie Rolmer, Serge oder Nin) diesem Druck nachgaben und Zentristische Positionen einnahmen. Das bekannteste Beispiel ist vielleicht die spanische POUM, die anfangs in der linken Opposition mitwirkte und im Spanischen Bürgerkrieg dann die Volksfrontregierung unterstützte (bis sie dann selbst von dieser unterdrückt und ihr Führer Nin ermordet wurde).

Trotzdem entwickelte Trotzki eine sehr optimistische Perspektive für die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg. Es kam auch tatsächlich 1945 zu einer revolutionären Welle in Europa. Trotzki konnte aber nicht vorhersehen, dass der Stalinismus aus diesem Krieg gestärkt hervorgehen und ganz Osteuropa unter seine Kontrolle bringen konnte. Die stalinistischen und sozialistischen Arbeiterführer verhinderten 1945 den Sieg der sozialistischen Revolution, was die Basis für den längsten Wirtschaftsaufschwung in der Geschichte des Kapitalismus ermöglichte.

Trotzki erkannte, dass die Krise der Menschheit (Faschismus, Krieg, Massenarbeitslosigkeit) eine Krise der Führung der Arbeiterklasse war. Die Arbeiterklasse hatte zwar mächtige Organisationen geschaffen, und ausgestattet mit einem klaren, revolutionären Programm und einer wirklich marxistischen Führung wäre der Sturz des Kapitalismus absolut möglich. Die Vierte Internationale wurde wie gesagt unter Bedingungen gegründet, die es ihr unmöglich machten, eine wirkliche Massenverankerung zu bekommen. Das Verdienst von Trotzki und seinen Anhängern liegt aber in der Verteidigung und der Weiterentwicklung des marxistischen Programms. Rund um dieses Programm sollte eine neue revolutionäre Führung aufgebaut werden.

Das revolutionäre Programm

Dieses Programm der Vierten Internationale, das auch Übergangsprogramm genannt wird, sollte die Forderungen der ArbeiterInnen zur Lösung ihrer unmittelbaren Bedürfnisse (höhere Löhne, Kampf gegen Arbeitslosigkeit usw.) mit der Perspektive einer sozialistischen Revolution verbinden. Die Forderungen waren als Bündel gedacht, das als Ganzes bereits über den Kapitalismus hinauszeigte. Der Kampf um Reformen ging einher mit den Losungen nach Arbeiterkontrolle über die Produktion, der Gründung von Fabrikkomitees. Das Programm sollte eine Brücke darstellen zwischen dem Kampf um Reformen und dem Sturz des Kapitalismus und dem Aufbau einer Rätedemokratie.

Im Übergangsprogramm lesen wir: "Die strategische Aufgabe der Vierten Internationale besteht nicht darin, den Kapitalismus zu reformieren, sondern darin, in zu stürzen. Ihr politisches Ziel ist die Eroberung der Macht durch das Proletariat, um die Enteignung de Bourgeoisie durchzuführen. Die Lösung dieser strategischen Aufgabe ist jedoch undenkbar ohne die sorgfältigste Aufmerksamkeit gegenüber allen Fragen der Taktik, selbst den geringfügigen und partiellen.

Alle Teile des Proletariats, alle seine Schichten, Berufe und Gruppen müssen in die revolutionäre Bewegung hinzugezogen werden. Was die Besonderheit der gegenwärtigen Epoche ausmacht, ist nicht, dass sie die revolutionäre Partei von der prosaischen Arbeit des Alltags befreit, sondern dass sie erlaubt, diesen alltäglichen Kampf in unauflösbarer Verbindung mit den Aufgaben der Revolution zu führen. Die Vierte Internationale (...) verteidigt unermüdlich die demokratischen Rechte der Arbeiter und ihre sozialen Errungenschaften. Aber sie führt diese Tagesarbeit aus im Rahmen einer richtigen, aktuellen, d.h. revolutionären Perspektive."

1940 wurde Trotzki von einem stalinistischen Agenten ermordet. Mit ihm verlor die Vierte Internationale ihren politischen Kopf. In der Praxis konnte die Vierte Internationale nie die ihr von Trotzki zugedachte Rolle ausfüllen und degenerierte nach dem Krieg zu einer Reihe von mehr oder weniger großen Sektierergruppen.

Internationalismus heute

Ende des 20.Jahrhunderts entpuppt sich der Nationalstaat immer mehr als Hemmschuh für eine weitere Entwicklung der Produktivkräfte. Auf einer kapitalistischen Basis ist dieses Problem nicht zu lösen. Die Zukunft der Menschheit ist heute mehr denn je abhängig davon, ob es gelingen wird, dieser kapitalistischen Krise eine sozialistische Alternative, und zwar weltweit, entgegenzuhalten. Das Kapital spielt Belegschaften, Standorte und ganze Nationen gegeneinander aus. Das Kapital zerstört hemmungslos die natürlichen Ressourcen unseres Planeten. Ein großer Teil der Weltbevölkerung lebt in absolutem Elend ohne Zukunftsperspektiven. Selbst in den reichen Industriestaaten sind Massenarbeitslosigkeit und Armut wieder zum Problem Nummer eins geworden.

Die Arbeiterbewegung hat die Notwendigkeit eines internationalen Agierens und Organisierens noch nicht wirklich verstanden. Es wird weiterhin fleißig beim Wettlauf um den konkurrenzfähigen Standort mitgemacht. Die letzten großen Klassenkämpfe in Europa sowie in anderen Teilen der Welt zeigten jedoch, dass die Arbeiterklasse immer mehr erkennt, dass der Kampf gegen Entlassungen und Sozialabbau international geführt werden muss.

Wie schon oft in der Geschichte der Arbeiterbewegung sind die marxistischen und wirklich internationalistischen Kräfte eine kleine Minderheit. Dies sollte uns aber nicht daran hindern, diese wichtige Aufgabe des Aufbaus einer neuen, kämpferischen Internationale anzugehen. Die Reformisten der verschiedensten Spielarten sprechen zwar in Festtagsreden von internationaler Solidarität, mangels einer marxistischen Perspektive verfallen sie aber sofort wieder in die Illusion, den Kapitalismus nationalstaatlich oder auf europäischer Ebene regulieren zu können.

Wir sind davon überzeugt, dass die Klassenkämpfe, die wir heute in ganz Europa erleben, erst der Beginn einer Periode von Revolutionen und Konterrevolutionen ist. Die Arbeiterklasse wird immer wieder versuchen, die Errungenschaften aus der Phase des langen Wirtschaftsaufschwungs zu verteidigen. MarxistInnen müssen in diesen Bewegungen intervenieren und versuchen, diese Kämpfe für einzelne Verbesserungen zu verallgemeinern und die Brücke zu schlagen zwischen dem Kampf für die Befriedigung tagtäglicher Bedürfnisse und dem Kampf für eine sozialistische Gesellschaft. Und dieser Kampf muss zwangsläufig international geführt werden.

Aus der Geschichte der ersten vier Internationalen können wir sehr viel lernen für unseren zukünftigen Kampf. Es ist absolut notwendig, in der Arbeiterklasse und in den Jugendorganisationen aufzubauen. Unser Ziel muss es sein, in den traditionellen Organisationen der Arbeiterbewegung starke linke Flügel zu etablieren und gleichzeitig überall dort, wo sich Widerstand gegen dieses System und seine Auswüchse regt, diesen zu organisieren. In diesem Kampf sind wir nicht allein. In etlichen Ländern kämpfen ArbeiterInnen und Jugendliche in den Gewerkschaften, Arbeiterparteien und linken Jugendorganisationen ebenfalls für ein marxistisches Programm. Sie müssen unsere ersten Ansprechpartner im Kampf für eine wirklich internationalistische Arbeiterbewegung sein.

Denn der Schlusssatz aus dem Kommunistischen Manifest war noch nie so gültig wie heute:

ProletarierInnen aller Länder vereinigt Euch!

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