Kategorie: Amerika |
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Venezuela: Fünf Hebel im Aufbau des Sozialismus, Arbeiterräte und die Rolle der Arbeiterklasse |
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Dies ist die deutsche Übersetzung eines Artikels von Luis Primo, einem führenden Vertreter der UNT, in dem er die kommenden Aufgaben der venezolanischen Arbeiterklasse und der revolutionären Gewerkschaftsbewegung beleuchtet. Ausgehend von den jüngsten Vorschlägen von Chávez betont er dabei die zentrale Rolle der Arbeiterklasse im Kampf für den Sozialismus. | |||
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Was sind die unmittelbaren Aufgaben der UNT? Es gibt vier sehr wichtige Elemente in den jüngsten Reden und Handlungen von Präsident Chávez. Das erste ist die Einheitspartei - die PSUV (Sozialistische Einheitspartei Venezuelas). Die Revolutionär-Marxistische Strömung (CMR) stimmt mit dem Gedanken überein, dass eine Partei aufgebaut werden muss, um die Bolivarische Revolution zu führen. Es wird somit ein Weg eingeschlagen, der zur Überwindung der bisherigen Regierungsparteien beiträgt, die als reine Wahlmaschinerien fungieren und die eine Parteiorganisation als Selbstzweck verstehen und nicht als Mittel, um das politische Bewusstsein der ArbeiterInnen und des Volkes weiter zu entwickeln. Das Bewusstsein in Richtung muss weiter in Richtung Enteignung der Kapitalisten und Überwindung der kapitalistischen Gesellschaft hin zu einer sozialistischen Gesellschaft entwickelt werden. Außerdem kann die Sozialistische Einheitspartei Venezuela den ArbeiterInnen eine breitere Plattform für eine Diskussion über konkrete Fragen im Zusammenhang mit den Aufbau des Sozialismus bieten. Die PSUV muss durch die BasisaktivistInnen von unten her aufgebaut werden, die die Führung der Partei wählen sollen. Das bedeutet nicht, dass diese Maßnahme alleine schon die Kontrolle über die Bürokratie garantiert. Die bürokratische Gefahr wird immer existieren und nur eine partizipative Demokratie innerhalb der Organisation selbst kann das Problem der Bürokratie und der Korruption lösen. Verstaatlichung und der Aufbau des Sozialismus Der zweite Punkt, der vom Präsidenten vorgeschlagen wurde, betrifft die Verstaatlichung von strategischen Industrien und Betrieben wie CANTV (Telekommunikationskonzern) und anderen. Das ist eine richtige Entscheidung, aber sie bedarf auch der aktiven Mitwirkung der ArbeiterInnen und der ganzen Gesellschaft an der sozialen Kontrolle und an der Führung dieser verstaatlichten Betriebe. Ansonsten würden wir nur eine Art Staatskapitalismus errichten, über den nur eine kleine Schicht von Technokraten die Kontrolle hätte und daraus Nutzen ziehen würde. Der Präsident schlug vor, diejenigen Betriebe zu verstaatlichen, die zuvor privatisiert worden sind. Dies bedeutet, dass SIDOR (Stahlindustrie, Anm.) und andere Betriebe auch unter Arbeiterkontrolle verstaatlicht werden müssen. Das muss auch für alle Betriebe gelten, die entweder geschlossen wurden, sich in einer Krise befinden oder von den ArbeiterInnen besetzt worden sind, wie Sanitarios Maracay, Transportes Caroni, SelFex und andere. Eine andere Frage, mit der sich die Regierung bis jetzt noch nicht befasst hat, die aber geklärt werden muss, ist die Frage nach der Verstaatlichung der Banken, die für die Entwicklung unseres Landes und den Aufbau des Sozialismus entscheidend ist. Der dritte Punkt, der von Chávez vorgeschlagen wurde, hat mit der Entwicklung der kommunalen Räteorganisationen als Element einer echten Beteiligung des Volkes an den gesellschaftlichen Entscheidungen zu tun. Der vierte Punkt, den wir für außerordentlich wichtig erachten, betrifft die Gehälter der Staatsbeamten. Hier geht es nicht nur um die Ausrottung der Armut, sondern auch um das Bedürfnis nach Gleichheit in der Gesellschaft. Es geht nicht darum, die Gehälter der Beamten zu begrenzen, sondern es geht darum, die Gehaltsunterschiede quer durch die venezolanische Gesellschaft zu überprüfen und eine fortschrittliche Lösung vorzuschlagen. Dies ist nicht ein Problem, das mit einem Federstrich gelöst werden kann. Aber die Geschichte zeigt, dass die Arbeiterbewegung z.B. in der Pariser Kommune von 1871 bereits in der Vergangenheit solche Maßnahmen getroffen hat:
Die Arbeiterräte müssen Entscheidungs- und Vollzugsorgane der ArbeiterInnen über alle wichtigen Fragen werden. Das ist das Wesen des neuen revolutionären Staates. Diese Arbeiterräte müssen jede Fabrik und jeden Betrieb organisieren, auf einer lokalen, regionalen und nationalen Ebene, und in Verbindung mit den kommunalen Räten müssen sie die Struktur des neuen sozialistischen Staates bilden. Wir müssen bei den Arbeiterräten genauso wie im Fall der kommunalen Räte Maßnahmen treffen, die einen Zugriff des Staates verhindern, weil sonst die Räte eine leichte Beute der Bürokratie wären. Die ArbeiterInnen müssen die politische Kontrolle und die Kontrolle der Produktion in jedem einzelnen Arbeiterrat ausüben. Diese hätten schon längst in allen Betrieben, die geschlossen wurden oder nicht im vollem Umfang produzieren, aufgebaut werden müssen. Es existiert bereits eine Erhebung von 700 Betrieben, die geschlossen wurden und die von den ArbeiterInnen in Hinblick auf eine mögliche Besetzung überprüft werden sollen. Die UNT muss bei der Organisierung dieser Besetzungen und der Entwicklung von Arbeiterräten eine wichtige Rolle spielen. Arbeiterräte und Arbeiterkontrolle Was das Arbeitsministerium bemerkte ist richtig: Die Arbeiterkontrolle muss in der Nahrungsmittelindustrie errichtet werden, insbesondere wenn man bedenkt, dass in diesem Industriezweig die Anzahl der Betriebe zwischen 2001 und 2005 um 12,21% zurückgegangen ist. Aber die Arbeiterkontrolle muss auch in allen anderen Branchen ausgeweitet werden. Die grundlegende strategische Linie muss die der Arbeiterverwaltung sein. Diese Linie muss von den Basisaktivisten der Gewerkschaften und den ArbeiterInnen umgesetzt werden. Die Arbeiterräte haben fünf entscheidende Aufgaben:
Die Arbeiterräte sind genau das Instrument, das die Überwindung des alten bürgerlichen Apparates einleiten kann. Der Aufbau des "Sozialismus des 21 Jahrhunderts" geschieht durch die sozialen Beziehungen der kapitalistischen Produktion, das heißt der Produktions-, der Macht- und Herrschaftsbeziehungen und der geistigen Beziehungen, die von der gesellschaftlichen Arbeitsteilung durchdrungen sind. Wenn diese Beziehungen umgestaltet werden, können die ArbeiterInnen und die Masse der Bevölkerung ihr eigenes Schicksal selbst bestimmen und die Produktionsmittel dazu benutzen, neue kollektive soziale Beziehungen zu schaffen. Die Rolle der Arbeiterklasse ist entscheidend für die erfolgreiche Durchführung der Revolution. Das ist kein Pessimismus oder Fatalismus gegenüber anderen revolutionären Schichten der Gesellschaft. Die Arbeiterklasse ist vielmehr die einzige Klasse, die in der Lage ist, sich selbst und die anderen, mit ihr verbündeten Schichten der Gesellschaft mit zu befreien und den Kapitalismus zu überwinden. Gleichzeitig hebt sie sich damit selbst als Klasse auf, indem sie die gesellschaftliche Arbeitsteilung endgültig aufhebt und die Menschen von der Entfremdung emanzipiert. Die Aufgaben der UNT Die UNT könnte in diesem Augenblick das entscheidende Element im Aufbau der PSUV, der Arbeiterräte, des revolutionären Staates und im Kampf für die Enteignung der Kapitalisten werden. Die Revolutionär-Marxistische Strömung (CMR) macht die folgenden Vorschläge:
Die FührerInnen der UNT dürfen die Gewerkschaft nicht als Selbstzweck betrachten. Die UNT, die organisierten ArbeiterInnen und ihre Führerung müssen entschieden vorgehen und nach Möglichkeit den revolutionären Prozess vorwärts bringen. Sie müssen verstehen, dass wir die Gesellschaft von Venezuela und von Lateinamerika verändern können. Vor allem brauchen wir eine kollektive, koordinierte Anstrengung der Arbeiterklasse und das entsprechende notwendige Verständnis ihrer Führung. |