Nach dem Einsatz mussten die Behörden zugeben, dass bis auf zwei Geiseln (darunter viele Frauen und Kinder) alle durch das Giftgas und nicht durch die Geiselnehmer ums Leben kamen. Marxisten (insbesondere russische Marxisten in der Tradition von Lenin und Trotzki) haben stets den individuellen Terrorismus als Mittel im Befreiungskampf abgelehnt. Die Nutzlosigkeit und der kontraproduktive Charakter individueller Terrortaten wurde durch diese jüngsten Ereignisse wieder unter Beweis gestellt. Weder hat sich die Lage der Tschetschenen verbessert noch konnte der Hass zwischen Tschetschenen und Russen abgebaut werden. Im Gegenteil: Putin wurde nur ein weiterer Vorwand für brutale Unterdrückung und den Abbau demokratischer Rechte geliefert. Putin ist weder zum Abzug seiner Truppen aus Tschetschenien noch zum Dialog mit dem Tschetschenen-Führer Maschadow bereit, wie es die tschetschenischen Theater-Besetzer gefordert hatten und was ein Blutvergießen möglicherweise hätte vermeiden können. Der willkürliche Einsatz von Giftgas bei der "Verbrechensbekämpfung" ist ein Schlag ins Gesicht von Russen und Tschetschenen gleichermaßen. Die Oberkommandierenden haben damit bewusst den Tod vieler Menschen herbeigeführt. Besonders erschütternd ist obendrein die Tatsache, dass die russischen Behörden den die Überlebenden behandelnden Ärzten nicht einmal mitteilten, welche Art von Nervengas eingesetzt wurde. Dies verhinderte in vielen Fällen eine effektive Behandlung durch die Toxikologen. Mit dem Vorwand "Schutz militärischer Geheimnisse" wurde der Tod weiterer überlebender Schwerverletzter in Kauf genommen. George W. Bush und Tony Blair begründen den Truppenaufmarsch am Golf damit, dass angeblich im Irak lagernde Massenvernichtungswaffen eine tödliche Bedrohung darstellten. Doch über den realen tödlichen Einsatz von Giftgas mitten in der Metropole Moskau sind sie weder empört, noch fordern sie den Einsatz internationaler Inspekteure oder die Beseitigung solcher Massenvernichtungswaffen. Im Weißen Haus schwieg man sich aus, und Tony Blair zeigte sogar volles Verständnis für Putin. Das Motiv ist klar: Putin darf nicht vergrätzt werden, denn er soll beim Irak-Krieg ins Boot gezogen werden. Der Preis dafür: Putin hat freie Hand in Tschetschenien, und der Westen schaut weg. Es zeigt sich: Die künstliche Entrüstung von Bush und Blair über den "globalen Terrorismus" ist pure Heuchelei. Großmachtpolitik, ob in Washington oder Moskau, nimmt keine Rücksicht auf Menschen und tritt das Selbstbestimmungsrecht unterdrückter Nationen mit Füßen. Wenn schon Zerstörung von Massenvernichtungswaffen, dann bitte global - angefangen mit den USA, Russland, Pakistan, Indien, Saudi-Arabien... Diese Aufgabe dürfen wir nicht den bürgerlichen Staatschefs, Diplomaten oder der UNO anvertrauen. Regimewechsel müssen von unten kommen - indem die arbeitende Bevölkerung in aller Welt die Herrschaft der Kriegstreiber, Diktatoren und Kapitalisten beendet.
Redaktion Der Funke
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