Kategorie: Asien |
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Blackwater - Die Privatisierung des Irakkriegs |
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Nachdem Angehörige der US-Firma Blackwater in Bagdad wahllos auf Passanten schossen und 17 Zivilisten töteten, ist die Rolle der Söldner im Irak in den Blickpunkt der internationalen Medien gerückt. Obwohl die privaten Sicherheitsfirmen im Irak seit dem Fall Saddam Husseins eine Schlüsselrolle gespielt haben, ist es ihnen überwiegend gelungen im Schatten der US-Armee zu agieren. Bei der Diskussion über den Abzug US-amerikanischer Truppen aus dem Irak dreht es sich immer um die 160.000 Besatzungssoldaten. Was ist aber mit den schätzungsweise 185.000 Angehörigen privater Sicherheitsfirmen, die momentan im Irak stationiert sind? Während des Golfkriegs im Jahre 1991 war das Verhältnis von regulären Streitkräften zu Angehörigen der Sicherheitsfirmen ungefähr 60:1. Jetzt aber übertreffen diese die uniformierten Soldaten um das Doppelte. | |||
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Private Sicherheitsfirmen, die so genannten Contractors, erledigen im Irak die verschiedensten Aufgaben, sie bereiten Mahlzeiten zu, waschen Wäsche, fahren LKWs und bauen Brücken. Dieser großflächige Einsatz ist Teil der Privatisierung des Krieges und nicht nur politisch bequem, sondern auch für die beteiligten Firmen ein höchstprofitables Geschäft. Im Juli 2007 gab es 630 Contractors, die für die US-Regierung im Irak arbeiteten. Nicht nur die Zahl der uniformierten Streitkräfte ist erheblich angestiegen, sondern auch die der Söldner, die sich zu Tausenden auf den Weg in den Irak gemacht haben. Durch den Einsatz von Söldnern konnte das Pentagon die Zahl der am Boden stationierten Soldaten erhöhen, ohne neue einziehen zu müssen. Obwohl Großbritannien seine Truppenstärke kontinuierlich reduziert hat, sind viele Soldaten durch Angehörige privater Sicherheitsfirmen ersetzt worden, die allerdings bei der offiziell genannten Truppenstärke nicht aufgeführt werden, um der zunehmenden Antikriegsstimmung nicht zusätzliche Nahrung zu geben. Und da diese im Prinzip "Zivilisten" sind, tauchen die schätzungsweise 900 getöteten – von denen allein 200 Angehörige der Firma Blackwater waren - und 13.000 verwundeten Söldner in den offiziellen Opferstatistiken nicht auf. Blackwater USA wurde 1997 von dem ehemaligen Mitglied einer US-Eliteeinheit Erik Prince unter Mithilfe seiner milliardenschweren Eltern 1997 gegründet. Die Firma hat ihren Hauptsitz in North Carolina und ist eine der mindestens 28 privaten Sicherheitsfirmen, die im Irak agieren. Sie hat circa 1000 Beschäftigte im Irak stationiert und ist darauf spezialisiert, hochrangige Persönlichkeiten zu schützen. Die vier Söldner, die im März 2004 in Falludscha von einer aufgebrachten Menge getötet wurden, arbeiteten für Blackwater. Als Folge wurde die Stadt von US-Truppen dem Erdboden gleich gemacht, wie die baskische Stadt Guernica im Spanischen Bürgerkrieg durch deutsche Truppen der berüchtigten Legion Condor. Die Söldner sind Teil einer "Schattenarmee", die aus geschätzten 30.000 Sicherheitskräften besteht, die im Irak operiert und besser ausgerüstet, trainiert und finanziell ausgestattet ist als das Militär aus vielen Ländern. Auf der Blackwater-Homepage heißt es. "Wir sind nicht nur ein privates 'Sicherheitsunternehmen'. Wir sind ein professionelles Militär-, Strafverfolgungs-, Sicherheits-, Friedenswahrungs- und Stabilitätswahrungssunternehmen. …Wir verfügen über die effektivsten und kostengünstigsten Mittel, um das strategische Gleichgewicht zur Verteidigung von Sicherheit, Frieden, Freiheit und Demokratie überall auf der Welt herzustellen." Bei den Sicherheitsfirmen geht es, wie überall im Kapitalismus, in erster Linie um Profite. In einem erstaunlichen Bericht in der Zeitschrift Vanity Fair wird geschätzt, dass die im Irak beschäftigten privaten Contractors den Steuerbetrag aller US-Bürger, die weniger als 100.000 Dollar jährlich verdienen, erhalten. Jeremy Scahill, ein unabhängiger Journalist, der ausführlich über das Thema geschrieben hat, berichtet: "Einige Mitglieder des US-Kongress schätzen, dass bis zu 40 Cent von jedem US-Dollar, der für den Krieg ausgegeben wird, an die Contractors geht. Momentan geben die USA jede Woche zwei Milliarden Dollar für die Operationen in Irak aus." Er fährt fort: "RJ Hillinghouse, ein Online-Journalist, der über die verborgene Welt der privaten Contractors und des US-Geheimdienstes recherchiert, erhielt kürzlich Dokumente aus dem Büro des Directorate of National Intelligence (Der Director of National Intelligence - DNI- ist ein Amtsposten innerhalb der US-Regierung mit Kabinettsrang.), die aufzeigten, dass Washington privaten Geheimdiensten jährlich 42 Milliarden Dollar zahlt, im Jahre 2000 waren es noch 17,54 Milliarden. Das bedeutet, dass gegenwärtig 70% des gesamten Geheimdienstbudgets an private Firmen geht." Mit Verträgen in Höhe von 750 Millionen Dollar und mehr ist Blackwater ein klares Beispiel, wie Familienbeziehungen und die kräftige finanzielle Unterstützung für Politiker bei deren Wahlkämpfen zu einer Bereicherung durch Regierungsaufträge führen kann. Insgesamt erhielten Firmen wie DynCorp, Triple Canopy, Erinys und ArmorGroup milliardenschwere Aufträge. Diese und andere Söldnerfirmen operieren auch in Südamerika, Afrika und anderen Teilen der Welt. In Kolumbien erhalten private Sicherheitsfirmen unter dem Vorwand des "Kampfes gegen Drogen" die Hälfte der 630 Millionen Dollar von den USA gezahlten Militärhilfe, die als Teil des 'Plan Colombia' als Speerspitze des US-Imperialismus gegen die Revolution in Südamerika gesandt wurde. In afrikanischen Ländern wie dem Kongo, dem Sudan und Somalia kassieren Söldnerfirmen aus lukrativen Verträgen, die von den Vereinten Nationen für "Friedensmissionen" ausgegeben werden. Doug Brooks, ein Lobbyist der privaten Militärfirmen, erklärt stolz, dass die "Mitgliedsfirmen seiner Vereinigung mehr Personal bei den Friedensoperationen der UNO und Afrikanischen Union stellen als eine handvoll beteiligter Länder." Diese Söldner erhalten einen sehr hohen Lohn, weit mehr als die uniformierten Soldaten. Viele Soldaten scheiden aus der regulären Armee aus und arbeiten stattdessen für private Sicherheitsfirmen. Von einigen Kommentatoren wurde angemerkt, dass viele von ihnen mehr verdienen als der Verteidigungsminister. Es handelt sich dabei meistens um ehemalige Angehörige von Spezialeinheiten aus den USA und Großbritannien (die mit den Geldern der Steuerzahler ausgebildet wurden), aber auch um chilenische Spezialisten aus der Pinochet-Ära oder südafrikanische Söldner aus der Zeit der Apartheid. Es ist nicht ungewöhnlich, dass die erfahrensten "Guns-for-hire-Söldner" bis zu 1000 Dollar am Tag verdienen, wobei der durchschnittliche Verdienst bei circa 600 Dollar liegt. Im Gegensatz dazu verdient ein US-Soldat gerade einmal 57 Dollar am Tag. Die Erschießung unschuldiger Zivilisten am 16. September ist nicht der erste derartige Zwischenfall, an dem Blackwater beteiligt war. Erst kürzlich wurde enthüllt, dass Blackwater-Wachmannschaften zuvor 21 Iraker getötet und 27 verletzt hatten. Das Außenministerium in Washington berichtete, dass Blackwater allein in diesem Jahr an 56 Schießereien im Irak beteiligt gewesen sei. Und doch bleibt unklar, ob die "souveräne" irakische Regierung die Befugnis hat, Blackwater aus dem Land zu weisen. Der ehemalige US-Prokonsul Paul Bremer, der Chef der Koalitions-Übergangsverwaltung, die den Irak nach dem Fall Saddams regierte, gab den "Befehl Nr. 17" heraus, bevor er den Irakern 2004 die "Macht übergab", ein Befehl der den privaten Contractors, einschließlich seiner Blackwater-Wachmannschaften, die Immunität vor einer Strafverfolgung garantierte. Der neueste Zwischenfall war selbst der Marionetten-Regierung von Al-Maliki zuviel. Aber anstatt Blackwater des Landes zu verweisen, musste die irakische Regierung den Rückzug antreten. Blackwater ist ein derart integraler Bestandteil der Besatzung, dass sich ohne die US-Firma die Sicherheitslage noch schneller verschlechtern würde. Die Regierung erklärt jetzt, dass Blackwaters Lizenz für Operationen im Irak am 2. Juni 2006 abgelaufen sei, was bedeutet, dass die Angestellten nicht länger gegen eine Strafverfolgung immun sind. Sie will, dass die USA alle Verträge mit Blackwater im Irak innerhalb von sechs Monaten beendet und den Familien der Opfer eine Entschädigung von 8 Millionen Dollar zahlt. Diese Situation unterstreicht das wahre Kräfteverhältnis im "neuen und demokratischen" Irak. Die irakische Regierung ist faktisch den US-Imperialisten und ihren Söldnern ausgeliefert. [Dazu passt folgende AP-Meldung vom 31.10.2007: " Gegen das umstrittene US-Sicherheitsunternehmen Blackwater kann wegen des Todes von 17 irakischen Zivilisten nicht umfassend ermittelt werden. Den Wachmännern wurde jetzt vom US-amerikanischen Außenministerium Immunität gewährt. Diese Immunität könne nun nicht mehr aufgehoben werden, erklärte ein mit der Sache befasster ranghoher Ermittler."] Wer kontrolliert nun diese privaten Streitkräfte? Selbst aus der Sicht der herrschenden Klasse ist der weit reichende Einsatz von Söldnern außer Kontrolle geraten. Der ehemalige US-Botschafter im Irak Joseph Wilson ist der Meinung, dass "es außerordentlich gefährlich ist, wenn ein Staat sein Monopol beim Einsatz von Streitkräften und Gewalt zur Unterstützung seiner Außenpolitik oder seiner Zielsetzung für die nationale Sicherheit auslagert. Das führt dazu, dass private Sicherheitsfirmen zu einer mächtigen Interessensgruppe in der US-amerikanischen Politik werden und dazu eine Interessensgruppe, die faktisch bewaffnet ist. Und eines Tages wird die Frage gestellt werden: Wem schulden sie ihre Loyalität?" Blackwater-Söldner, die darauf spezialisiert sind, Privateigentum durch die Anwendung überwältigender Gewalt zu schützen, gehörten zu den ersten, die nach der Katrina-Katastrophe nach New Orleans geschickt wurden. Die Privatisierung der Grenzbewachung ist derzeit ebenfalls in der Diskussion. Dabei handelt es sich nicht um Zukunftsmusik, sondern um die aktuelle politische Tagesordnung. Der Kapitalismus hat der Arbeiterklasse nichts zu bieten als die Unterdrückung der Mehrheit der Bevölkerung und Superprofite für eine verschwindend kleine Minderheit. |