Kategorie: Europa |
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Slowenien: Regierung stürzt, Proteste halten an |
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Das einstige Musterland unter den Nachfolgestaaten von Ex-Jugoslawien steckt in einer tiefen gesellschaftlichen Krise. Bereits seit Monaten erschüttert eine Protestbewegung, die sich „gegen das System“ richtet, das Land. Nicht mal eine Generation lang währte die Idee eines prosperierenden kapitalistischen Kleinstaates zwischen Alpen und Adria. |
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Heute ist das Schreckgespenst der Revolution wieder in aller Munde. Die liberale Tageszeitung ‚Dnevnik’ beschreibt die heutige Situation so: „Man kann ohne Übertreibung behaupten, dass Slowenien nach fünf Jahren Krise fast ‚klinisch tot’ ist. Die Rezession, begleitet von den menschlichen und ethischen Ausschreitungen der Eliten in Politik und Wirtschaft, führte zur Ernüchterung der Bevölkerung, die jede Hoffnung aufgegeben hat. In einem Staat, in dem man früher innerhalb von fünf Minuten einen Kredit aufnehmen konnte, schießen heute Goldankaufstellen wie Pilze aus dem Boden. Sie sind zum Symbol der schleichenden Armut geworden. Die großen regionalen Arbeitgeber schließen einer nach dem anderen ihre Pforten, während die Krankenhäuser kein Geld mehr für Medikamente haben. Die Jungen verlassen das Land, die Alten haben es immer schwerer, am Monatsende über die Runden zu kommen, die Mittelklasse ist im Begriff, zu verschwinden.“
Wirtschaftlicher Niedergang
Bis vor fünf Jahren sah alles anders aus. Der Umstieg von der jugoslawischen ("marktsozialistischen") Planwirtschaft hin zu einer privatwirtschaftlichen Dienstleistungsökonomie schien in Slowenien zu klappen. Die Wachstumsraten waren überdurchschnittlich, und „es wie die Slowenen machen“ war in allen anderen Nachfolgerepubliken Jugoslawiens ein geläufiger Slogan.
Die Gründe dafür waren vielfältiger Natur: Einerseits verzichtete die nach 1991 neu entstandene Elite auf wirtschaftliche Schocktherapien. Industrie, soziale Sicherungssysteme wurden zwar gestutzt, blieben aber weitestgehend intakt. Dies war nicht das Resultat eines progressiven Charakters der entstehenden slowenisch-nationalen Bourgeoisie, die – wie sich heute offen zeigt – seit ihrer Geburt einen ebensolchen reaktionären Charakter wie die anderen Neo-Bourgeoisien Ost- und Mitteleuropas hatten.
Der Unterschied der slowenischen Entwicklung lag vielmehr darin begründet, dass die Arbeiterbewegung in Form starker Gewerkschaften intakt blieb. Diese erzwangen die Festschreibung starker demokratischer Elemente in der neuen Verfassung (was nun in der Krise „repariert“ wird), was die Durchsetzung neoliberaler Schocktherapien behinderte. Der Beitritt zur EU und die Einführung des Euro führten zu zunehmenden Exportproblemen in der produzierenden Wirtschaft. Gleichzeitig konnten sich die Banken im Eurosystem nun billig refinanzieren. Aufgrund dieses Überangebotes von Finanzkapital setzte die slowenische Bourgeoisie im vergangenen Jahrzehnt immer stärker auf den Finanz- und Immobiliensektor. Slowenische Banken, die meist mehrheitlich in Staatseigentum stehen, verschuldeten sich im Ausland und investierten das Geld hauptsächlich im Immobilienbereich (Shoppingcenter, Luxuswohnungen). So wurden hohe Wachstums- aber auch Verschuldungsraten erzielt – solange die spekulationsgetriebenen Preise stiegen. Die Effekte dieser Spekulation haben sich nun in ihr Gegenteil verkehrt und ziehen Slowenien ökonomisch über die Klippen.
Sloweniens Ökonomie brach im Jahr 2009 um 8% ein, nach zwei Jahren der Stagnation ging es im letzen Jahr um weitere 2,3% nach unten. Die Sachgüterinvestitionen haben sich seit der Krise beinahe halbiert, und so lebt Slowenien heute von seiner akkumulierten industriellen und infrastrukturellen Substanz. Die Arbeitslosigkeit stieg von 7 auf 12 %, jeder vierte Jugendliche ist heute arbeitslos. 20% der Bevölkerung gelten heute als arm. Seit dem Ausbruch der Krise beträgt das jährliche Budgetdefizit über 6% des BIP. Der IWF erwartet, dass sich nun die Staatsschuldenquote von einem sehr niedrigen Ausgangspunkt (2008: 22%) auf 70% des BIP verdreifachen wird. Nach der Pleite der US-amerikanischen Großbank Lehmann Brothers im August 2008 erstarrte auch der slowenische Kreditmarkt. Die großen slowenischen Banken gelten, als klinisch tot. Ihr Eigenkapital ist niedriger als die Summe der faulen Kredite. In ihren Bilanzen wird ausgewiesen, dass bis zu 20% der vergebenen Kredite faul sind. Es wird damit gerechnet, dass für eine Sanierung der Banken ein Fünftel der Wirtschaftsleistung des Landes (7 Mrd. €) aufgebracht werden muss – was einfacher errechnet als gesellschaftlich und politisch durchgesetzt werden kann.
Sozialabbau
Unter Anleitung der Troika (EU, IWF, EZB) sollen nun alle Elemente einer neoliberalen Schocktherapie zur Anwendung kommen: Lohnkürzungen im öffentlichen Dienst (-5 oder -7,75%, Regierung und Gewerkschaften beziffern das nun in Kraft tretende Programm unterschiedlich), Reform des Renten- und Sozialsystems, Kürzungen im Bildungssystem und in der Gesundheitsversorgung im zweistelligen Prozentbereich, Liberalisierung des Arbeitsmarktes, Privatisierungen (Energieversorgung, Versicherungen, Eisenbahn, Supermarktkette,…), Steuererleichterungen für Reiche und Unternehmen. Gleichzeitig leiden schon jetzt viele Angestellte und ArbeiterInnen der Privatwirtschaft darunter, dass die Löhne und Gehälter oft monatelang nicht ausbezahlt werden.
Die konservative Regierung Jansa ist an der Umsetzung dieser Politik gescheitert, nun tritt mit Alenka Bratusek eine linksgerichtete Regierungschefin an, um das Wunder von finanzpolitischer Sanierung und gleichzeitigem Wachstum zu ermöglichen. Auch sie wird scheitern. Für die Arbeiterbewegung ist allerdings entscheidend, woran sie scheitert.
Aufstand in Maribor
Maribor ist die zweitgrößte Stadt des Landes. Während die Hauptstadt Ljubljana sich noch im Schein des Spekulationsglitters sonnte, litt die oberslowenische Industriestadt schon geraume Zeit unter der Deindustrialisierung in der Region. Außerdem betrieb die Stadtverwaltung eine aggressive Privatisierungspolitik - alle städtischen Versorgungsbetriebe von der Fernwärme über die Wasserversorgung bis hin zum Begräbnisinstitut sind heute in privater Hand. Dies führte dazu, dass die Preise in diesen Bereichen in Maribor heute doppelt so hoch sind wie in der Hauptstadt. Als der damalige Bürgermeister Franc Kangler im Oktober die Radarkontrollen privatisierte – was zu einer Vervielfachung der Anzahl und der Höhe der Strafzahlungen, die zu 92 % beim privaten Investor blieben, führte – kam es in Form von Brandanschlägen gegen die neuinstallierten Radarboxen zu ersten Protesten. Gleichzeitig ist Kangler, wie andere Spitzenpolitiker des Landes, angefangen vom Präsidenten über den Premierminister, immer öfter mit zwielichtigen Machenschaften und Korruption in Verbindung gebracht worden. Mit einer Blockade des Amtshauses der Stadt Ende November vergangenen Jahres protestierten 1000 Menschen gegen den Bürgermeister und seine Politik. Kangler reagierte damit, dass er eine maskierte Schlägerbande, die von einem kickboxenden Stadtratskollegen angeführt wurde, gegen die friedlichen DemonstrantInnen losschickte, um diese zu terrorisieren. Dies führte zu einer Ausweitung der Proteste in dutzende (!) andere Städte und Ortschaften.
„Gegen Korruption und das System“
Der Damm war gebrochen. Selbst Polizeigewalt konnte die Bewegung nicht mehr stoppen, sondern befeuerte diese nur noch mehr. Täglich kam es im Dezember zu Demonstrationen und Straßenaktionen. Um die Proteste nicht noch mehr eskalieren zu lassen, verschob der größte Gewerkschaftsdachverband ZSSS, der sozialpartnerschaftlich ausgerichtet ist, einen geplanten Generalstreik um einen Monat in den Jänner. Basisgewerkschaften zeigten sich aber kämpferischer. Als etwa das Management des Haushaltsgeräteherstellers Gorenje die Reduktion des Weichnachtsgeldes auf 150€ verkündete, trat die Frühschicht des Hauptwerkes am 12. Dezember in einen spontanen Streik, der innerhalb von vier Stunden zum Sieg der Streikenden und den ArbeiterInnen 300€ Weihnachtsgeld brachte.
Gleichzeitig verdichteten sich die Beweise, wonach sich Spitzenpolitiker illegitim bereicherten. Premier Jansa, der bereits wegen dieser Vorwürfe in Erklärungsnotstand war, sah sich nun mit wachsender Ungeduld von Seiten der EZB einerseits und dem Druck der Protestbewegung andererseits konfrontiert. Seine Fünf-Parteien-Regierungskoalition geriet immer mehr ins Wanken und trat schließlich unter anhaltend starken Protesten am 28. Februar dieses Jahres zurück. Zentrale Projekte, an denen Jansa scheiterte, waren einerseits die Schaffung einer Bad-Bank (also die Verstaatlichung der faulen Kredite in den Banken) und die Errichtung einer Privatisierungsagentur. Die Wirtschaftspolitik Sloweniens wird von der Troika diktiert, die verhindern möchte, dass das nächste Land unter den Euro-Rettungsschirm schlüpfen muss. Anstatt Neuwahlen auszurufen, wurde unter der Führung von Bratusek eine neue Regierung angelobt. Angesichts des Zorns auf der Straße und der notwendigen Eile zur Beruhigung der Finanzmärkte setzt man auf parlamentarische Umgruppierungen.
Das Programm der Märkte
Der anhaltende soziale Widerstand sorgt seit Jahren für Verzögerungen und rasch wechselnde Regierungskoalitionen. Demokratische Elemente in der Verfassung, insbesondere das Recht auf eine Volksabstimmung, wenn 40.000 Unterzeichnende dies fordern, haben sich in den letzten Jahren als ein wichtiger Hemmschuh für die neoliberale Umgestaltung herausgestellt. Die Gewerkschaft ZSSS etwa strebte einen Volksentscheid über die Rentenreform an. Am 5. Juni 2011 stimmten 72 % der WählerInnen gegen eine Erhöhung des Renteneintrittsalters auf 65 Jahre. Die ‚Financial Times’ kommentierte: „In Essenz wünschen sich viele Menschen die paternalistische Sozialversorgung der jugoslawischen Ära zurück, ohne dabei zu realisieren, dass die dadurch entstehenden Kosten ohne eine hochproduktive Wirtschaft unbezahlbar sind.“
Auch zur Frage der Einrichtung der Privatisierungsagentur sowie zum Budgetgesetz 2013/2014 (das Lohnkürzungen vorsieht) haben unterschiedliche Gruppierungen (darunter die Partei „Positives Slowenien“, der die jetzige Premierministerin Bratusek angehört) und Gewerkschaften eine Volksabstimmung angestrebt. Am 19.12.2012 urteilte der Oberste Gerichtshof Sloweniens jedoch, dass die Verabschiedung dieser Gesetze entscheidend für die finanzielle Stabilität des Landes und eine Verzögerung der Inkraftsetzung verfassungsschädigend sei, und es in diesen Fragen daher keine Volksabstimmungen geben dürfe. Angesichts des gesamten Panoramas wird die Wut der slowenischen Bevölkerung immer nachvollziehbarer: Verarmung, Polizeigewalt, korrupte Politiker in allen Parteien und die Aussetzung demokratischer Rechte zum Schutz der Interessen der Kapitaleigner.
Wie weiter?
Die neue Regierungschefin Alenka Bratusek verfügt im Parlament über eine Mehrheit von nur 2 Stimmen. Sie sieht sich nun gezwungen eine Politik umzusetzen, die sie noch vor einigen Wochen per Volksabstimmung zu verhindern suchte. Erstes zentrales Gesetzesprojekt ist die Refinanzierung der slowenischen Banken mit 4 Mrd. € an staatlichen Geldern. Ohne diese Kapitalspritze würden große Banken, nach eigenen Angaben noch in diesem Halbjahr bankrott gehen. Angesichts der Parallelen zur Zypernkrise ist die Nervosität in Ljubljana und Brüssel riesengroß.
Bratuseks deklariertes Ziel, unter Beibehaltung aller sozialen Rechte die Banken zu retten und den Staatshaushalt zu sanieren, ist ein Wunschgedanke, der in keinerlei Bezug zur Wirklichkeit im realen Kapitalismus steht. Wirtschaftsprofessor Igor Masten kommentiert das Regierungsprogramm so: „Während das neue Kabinett gleichzeitig die Banken rekapitalisieren und das Budget sanieren möchte, ist es völlig unklar, wie sie das machen wollen.“ Bratusek hat sich insofern dazu positioniert, als dass sie von vornherein deklarierte, dass diese Regierung nur für ein Jahr bestehen solle. Damit entspricht sie nicht nur den Meinungsumfragen, die der Regierung keine lange Lebenszeit einräumen, sondern auch dem Agieren anderer sozialdemokratischer Parteien in der ökonomischen Peripherie Europas: Selbstaufopferung für die Aufrechterhaltung des Kapitalismus. Papandreu, Zapatero und Co. lassen grüssen.
Der Widerstand
Die Protestbewegung in diesem Winter stellt jedoch einen Wendepunkt in der jüngeren Geschichte Sloweniens dar. Die Illusionen in die bürgerliche Demokratie und die kapitalistische Wohlstandschöpfung haben sich explosionsartig ins Nichts aufgelöst. Das Neue betritt die Arena der Geschichte immer als Ablehnung der bestehenden Verhältnisse. Dies ist auch in Slowenien der Fall. Von zentraler Bedeutung ist jedoch das Ausmaß und die Tiefe der Protestbewegung: In den großen Demonstrationen reihten sich Gruppen von Jugendlichen an organisierte Belegschaften und Gewerkschaftsblöcke, Veteranenverbände aus dem Unabhängigkeitskrieg 1991, organisierte Linke und massenhaft Menschen, die unorganisiert sind und nur über Social Networks mobilisiert wurden. Eine Schwäche der Protestbewegung lag darin, dass es de facto zwei unterschiedliche Mobilisierungen gab, die nur zeitweise ihre Kraft gemeinsam auf die Straße brachten. Einerseits die beschriebenen spontanen Straßenproteste „gegen das System“, andererseits die Gewerkschaftsmobilisierungen, die politisch auf den Erhalt der Sozialpartnerschaft ausgerichtet waren. Bemerkenswert auch, dass rote und alte jugoslawische Fahnen mit auf den Demos waren, ArbeiterInnenlieder gesungen wurden, und gerade auf den Großdemos in Ljubljana die Polizei plötzlich sehr defensiv agierte und von DemonstrantInnen überreichte Nelkenspenden auf ihren Uniformen und Schutzschilden duldete.
Die Slogans richteten sich gegen die Politiker und das politische System an sich: „Das Parlament ist ein kriminelles Nest“, „Heute ist ein neuer Tag“, „Ihr seid flexibel und gefeuert“, „Geht mit den Menschen, nicht über ihre Köpfe“, „Diebe“, „Nein zum Ausverkauf unserer Stadt“, „***** you, Kreditratten“, „Direkte Demokratie“ etc. Ihr unmittelbares Ziel hat die Bewegung erreicht: Jansa wurde gestürzt! Doch die Politik blieb. Die Neuwahlen in Maribor haben einen Vertreter der Protestbewegung ins Amt gehievt. Dessen politisches Programm besteht darin, durch die Herrschaft des Gesetzes und die aktive Einbeziehung von Unternehmerverbänden Investments in die Stadt zu lotsen. Der Gewerkschaftsdachverband ZSSS hat der neuen Regierung Bratusek öffentlich Unterstützung angeboten und erwartet sich, dass diese Regierung mit dem IWF brechen wird. Weder parlamentarische Umgruppierungen noch der neue Bürgermeister in Maribor werden einen Umschwung der sozialen Situation herbeiführen. Das Scheitern dieser politischen Hoffnungen ist vorprogrammiert. Eine lange Periode der politischen Instabilität zeichnet sich ab. Aufgabe der Linken ist es nun, ein Programm, das an den unmittelbaren sozialen und demokratischen Bedürfnissen der Menschen ansetzt, mit der Perspektive der Überwindung des Kapitalismus zu verknüpfen.
Die slowenische Linke
Sloweniens Linke war in den letzten Jahren immer lebendiger als jene in anderen Ländern der Region. Einerseits fanden internationale Bewegungen wie Occupy hier einen sichtbaren Niederschlag, andererseits machte insbesondere die slowenische Gewerkschaftsbewegung in Massenkampagnen immer wieder auch international auf sich aufmerksam. Zudem wenden sich Teile der Linken wieder verstärkt der sozialen Frage und Klassenthemen zu. Erst Mitte März etwa wurde auf der „Arbeiter- und Punks-Universität“ eine Neuübersetzung des ersten Bandes des Kapitals von Karl Marx vorgestellt.
Die Zeitenwende des Protestwinters 2012/2013 stellt die Linke nun vor die Herausforderung ihre gesellschaftliche Randexistenz zu überwinden und sich in der Arbeiterklasse zu verankern. Doch die in der Linken bisher dominanten Ideen, auf der einen Seite postmoderne Theorieansätze und auf der anderen Seite ein nostalgischer, die Vergangenheit verklärender Jugo-Patriotismus, sind dazu wenig hilfreich. Die Linke kann mit Recht auf die, im Vergleich zur heutigen Existenz der postjugoslawischen Staaten an der Peripherie der EU, höhere Lebensqualität in einem sozialistischen Staat hinweisen. Trotzdem muss es ihnen möglich sein, die Ursachen des Scheiterns des jugoslawischen Modells von einem marxistischen Standpunkt heraus erklären zu können. Die Linke kann noch heute auf die Geschichte der Partisanenbewegung stolz sein, aber es muss ihr gelingen dieses Erbe mit den konkreten politischen Fragen, die die Menschen heute bewegen, zu verknüpfen. Die Steigerung der gesellschaftlichen Relevanz der Linken wird von ihrer Fähigkeit abhängen Brücken zur aktuellen slowenischen Arbeiterbewegung und ihren Organisationen zu schlagen.
Wenn die jetzige Protestbewegung „das System“ für die Krise des Landes verantwortlich macht, ist es die Aufgabe der Linken, dieses System beim Namen zu nennen: Kapitalismus. Korrupte Politiker – die Hauptzielscheibe der Bewegung des Winters 2012/13 - sind nicht für diese Krise verantwortlich, sondern nur ein weiteres Symptom einer Produktionsweise, die global an seine Grenzen gestoßen ist, und deren Überwindung daher Ziel einer antikapitalistischen Linken sein sollte.
Dies geschieht nicht durch einfache Proklamation, sondern dadurch, dass die Linke ihr Programm entlang der tatsächlich stattfindenden gesellschaftlichen Auseinandersetzungen entwickelt. Die Umverteilung des gesellschaftlichen Reichtums weg von der Arbeiterklasse hin zu den Kapitalbesitzern beschreibt diesen Konflikt, der in abgewandelten Formen alle zentralen gesellschaftlichen Kämpfe ausmacht: Rettungspakete für Banken, Budgetsanierung, Reform des Arbeitsmarktes, Kürzungen in der Daseinsfürsorge, Nicht-Bezahlung von Löhnen…
Eine antikapitalistische Linke, die hier auf der Höhe der Zeit agiert, argumentiert und kämpft gegen jede soziale Verschlechterung für die Arbeiterklasse und die Mittelschicht. Für die Krise sollen die Kapitalbesitzer zahlen. Das heißt im Fall der slowenischen Banken, dass wir gegen den Bail-out durch den Steuerzahler auftreten und stattdessen das Vermögen der Eigentümer und Kapitalgeber zur Deckung ihrer bankrotten Geschäfte heranziehen. Wahrscheinliche Fehlbeträge führen zum Bankrott der Banken, wobei wir dafür eintreten, dass nur das notwendige Tagesgeschäft der Banken unter Kontrolle der Arbeiterbewegung weitergeführt wird. Eine Regierung der Linken würde außerdem die Auslandsschulden des Staates nicht anerkennen, und die Verstaatlichung der Produktions- und Handelsbetriebe unter Arbeiterkontrolle vorantreiben.
In Arbeitskonflikten argumentiert die antikapitalistische Linke gegen Lohnkürzungen und drohende Werksschließungen. Wir fordern die Öffnung der Geschäftsbücher! Die Unternehmer sollen beweisen, dass tatsächlich kein Geld vorhanden ist, um die geleistete Arbeit zu bezahlen. In Konflikten um Betriebsschließungen argumentieren wir für einen Kampf um die Verstaatlichung unter Kontrolle der Belegschaft.
Diese programmatischen Vorschläge sind hier nur grob skizziert und müssen an die konkreten Bedingungen der Auseinandersetzung und an die Traditionen der Arbeiterbewegung angepasst werden - ein Unterfangen, das nur von der antikapitalistischen Linken in Slowenien selbst geleistet werden kann. |