Kategorie: Europa

Ukraine: Weißer Terror und sozialer Protest

Faschistische Übergriffe stehen in der Ukraine auf der Tagesordnung, im Osten des Landes herrschen bürgerkriegsähnliche Zustände. Doch der Widerstand nimmt immer mehr soziale Formen an. „Gewalt und Betrug sind die zwei Haupttugenden im Kriege“, sagte einst der englische Philosoph Thomas Hobbes. Betrachten wir die aktuellen Ereignisse in der Ukraine, die mittlerweile durchaus den Charakter eines Bürgerkrieges haben, dann können wir Hobbes Beschreibung nur zustimmen.


 

Neben der Gewalt faschistischer Pogrome und staatlicher Repression zeigt sich auch die verzerrte Berichterstattung der Medien über die Ereignisse. Die Schlacht um die Wahrheit begleitet stets den verschärften sozialen Prozess.

 

Gerade was die Rolle der extremen Rechten in der neuen Regierung in Kiew anbelangt, nehmen es die EU und die USA nicht so genau. Der US-amerikanische Präsident Barack Obama und Bundeskanzlerin Angela Merkel schweigen dazu bzw. versuchen mit der Androhung weiterer Sanktionen gegen Russland von den Hauptverantwortlichen der Eskalation abzulenken. Sie sind blind gegenüber den faschistischen Umtrieben in der Ukraine, da sie nur Profitinteressen und geostrategische Machtspiele mit Russland im Kopf haben.

 

Doch zeigt sich immer deutlicher, dass sich das Kiewer-Regime im Kampf gegen jegliche Opposition – vor allem in der Ostukraine – auf faschistische Kräfte stützt. Acht Tage vor dem Massaker verkündete der Chef des Rechten Sektors (einem Bündnis aus verschiedenen neonazistischen und rechtsextremen Gruppen und Parteien) Dmytro Jarosch noch: „Wir koordinieren unser gesamtes Vorgehen mit der Führung des Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrats der Ukraine, dem Innenministerium und dem Sicherheitsdienst der Ukraine“. Diese Kräfte werden auch zunehmend direkt in den Staatsapparat integriert und offen geduldet. So wurde im März zur Verstärkung von Polizei und Militär die neue Nationalgarde gegründet. Außerdem werden überall paramilitärische Verbände gegründet, die vor allem von Oligarchen finanziert werden, wie z.B. die „Spezialeinheit Charkow 2“ von Geschäftsmännern aus Charkow oder „Dnjepr-1“ von dem Multimilliardär Ihor Kolomoisky. Diese Verbände werden ebenso wie die Faschisten-Banden toleriert, da die Regierung einerseits mit dem Überlaufen von Teilen der Polizei zur Opposition und mit einem seit Jahren vernachlässigten und relativ schwach aufgestellten Militär zu kämpfen hat. Des Weiteren ist noch die neue Eliteeinheit der „Schwarzen Männer“ zu nennen, die „Anti-Terror“-Operationen durchführt und hierbei gezielt Oppositionelle tötet und vor kurzem den Verteidigungsminister der neuen Volksrepublik Donezk entführte. In dieser Einheit dominiert der „Rechte Sektor“.

 

All diese neuen Einheiten gehen immer brutaler gegen die Zivilbevölkerung vor. In Mariupol wurden etwa von den „Schwarzen Männern“ zwei ZivilistInnen erschossen. Ebenso nimmt der Konflikt in der Stadt Slawjansk, die vom ukrainischen Militär umstellt ist, den Charakter eines Bürgerkrieges an. Eine Lösung des Konflikts scheint nicht in Sicht.

 

Auch die Referenden über die Selbstbestimmung der Region Donezk und Lugansk heizen den Konflikt nur weiter an. 89 bzw. 96 Prozent stimmten für die Selbstbestimmung gegenüber der Westukraine. Vom Westen wurde die Abstimmung als illegal bezeichnet und Wahlmanipulation vorgeworfen. Es ist jedoch klar, dass unter den gegenwärtigen Bedingungen eine korrekte Wahl abzuhalten kein Leichtes ist. Des Weiteren wurde in den Medien schon seit Beginn der Proteste das Bild gezeichnet, wonach jegliche oppositionellen Ausdrücke in der Ostukraine bloß von Moskau gelenkte und organisierte Erscheinungen seien. Dies zeigt nur das Unverständnis des Westens für die Situation der Menschen in der Ostukraine.

 

Der „Borotba“-Aktivist Sergej Kirichuk beschreibt den Charakter der Proteste folgendermaßen: „Im Kern sind die Aufstände im Osten sozialer Natur, die Menschen sind es leid, von Oligarchen ausgebeutet zu werden. Natürlich haben die meisten, die in diesen Gebieten leben, Sympathien für Russland – und dass sie gegen eine enge Anbindung an die EU sind, hat den einfachen Grund, dass sie um ihre Jobs fürchten.“ Der soziale Charakter der Proteste zeigt sich an der Erklärung der „Volksrepublik Donezk“, wo neben demokratischen auch ökonomische Forderungen eine Rolle spielen, wie die Kontrolle über lokale Ressourcen und Industrien. In Donezk, Mariupol, Enakievo, etc. kam es zur Zerstörung mehrerer Gebäude, die ein Symbol für die Herrschaft der Oligarchen sind, etwa die Industriellenvereinigung von Donbass und Büros des von Kiew eingesetzten Gouverneurs und Oligarchen Kolomoisky. Außerdem kam es zur Besetzung eines Stahlwerks des wichtigsten Oligarchen und früheren Unterstützers des gestürzten Ex-Präsidenten Wiktor Janukowitsch, Rinat Achmetow. Die Bergarbeiter von Makeevka, Ugledar und Skochinski marschierten außerdem nach Donezk, um dort ihre Unterstützung für die Volksrepublik auszudrücken. Die Bewegung im Osten der Ukraine lebt von einer breiten Unterstützung in der Arbeiterklasse. Nachdem Rinat Achmetow, mit einem Vermögen von über 11 Mrd Dollar der reichste Mann der Ukraine, der einen Großteil der Industrie im Osten der Ukraine kontrolliert, zu einem „Streik gegen die Separatisten“ aufrief, folgten seinem Ruf in das Stadion von Schachtjor Donezk nur 300 Menschen. Der Betriebsrat eines seiner Stahlwerke, in dem die ArbeiterInnen gegen Mittag zu einer verpflichtenden Betriebsversammlung zusammen kommen mussten, fasste die Stimmung so zusammen: „99% der Arbeiter sind gegen die Machthaber in Kiew. Manche wollen ein Teil Russlands werden, andere bei der Ukraine bleiben, wieder andere wollen unabhängig werden. Aber jeder ist gegen die Regierung in Kiew, absolut jeder.“ Als Gründe nannte er das angestrebte Verbot der russischen Sprache und die wirtschaftliche Richtung, in die das Land gehe. So tauchte auch in Sloviansk ein Flugblatt auf, das verkündete: „Wie lange warten wir auf ein besseres Leben? Vielleicht ist es Zeit, die Macht selbst in die Hände zu nehmen, anstatt auf gekaufte Politiker zu hören? Wir haben die Möglichkeit unser Leben zum Besseren zu verändern.“ Nichtsdestotrotz sind noch einige Illusionen z.B. bzgl. Russlands vorhanden, auf dessen Hilfe gehofft wird. Dieser widersprüchliche Charakter des Bewusstseins, das sowohl fortschrittliche als auch rückschrittliche, nationalistische Elemente enthält, ist Resultat des Mangels einer unabhängigen und kämpferischen Arbeiterbewegung in der Ukraine. Dies birgt die Gefahr, dass der Konflikt auf einer nationalistischen Ebene ausgetragen wird. Jedoch kann das Bewusstsein schnell auch in eine noch fortschrittlichere Richtung umschlagen, wenn die Klassenfrage in den Vordergrund gestellt wird. Weder ein Verbleib bei der Ukraine noch eine Annexion durch Russland ist für die Arbeiter ein Ausweg aus den Problemen, solange der Kapitalismus bestehen bleibt. Deswegen gilt es, den gemeinsamen Kampf der ukrainischen und russischen Arbeiter für den Erhalt der Arbeitsplätze und Lohnerhöhungen zu forcieren. Für die Enteignung der Oligarchie und die Vergesellschaftung der Banken und der Schlüsselindustrien!

 


 

Was in Odessa wirklich passierte

 

Neonazistische Fußball-Hooligans, bewaffnete rechtsextreme Maidan „Selbstverteidigungs“-Gruppen und weitere UnterstützerInnen des neuen Regimes in Kiew marschierten am 2. Mai 2014 für die „Einheit der Ukraine“ und riefen dabei ihre obligatorischen Sprechchöre „Ehre der Ukraine – Tod den Feinden“. Doch diesmal sollte es nicht bloß bei Sprüchen bleiben. „Pro-Russische“ AktivistInnen, die sich in einem Protestcamp vor dem Gewerkschaftsgebäude befanden, wurden von den faschistischen Banden in das Gebäude gejagt, welches anschließend von den Nazis mittels Molotowcocktails in Brand gesteckt wurde. Dort verbrannten die AktivistInnen dann bei lebendigem Leib oder erstickten. Einzelne Personen sprangen aus Verzweiflung aus den Fenstern des Hauses in die Tiefe, wo die faschistischen Mörder schon warteten und sie zu Tode prügelten. Unter den Leichen fanden sich auch Hinweise auf Strangulation (eine strangulierte schwangere Frau) und Kopfschüsse, weswegen es unklar bleibt, was sich wirklich während dieses Pogroms innerhalb des Gewerkschaftsgebäudes abspielte.

 

Während die Medien hierzulande von einer „Tragödie“ sprechen und die Schuld „beiden Seiten“ geben, sind die neuen Machthaber und ihre UnterstützerInnen in der Ukraine deutlicher: Julia Timoschenko sagte in einer Pressekonferenz am 3. Mai: „Ich möchte einen großen Dank an alle aussprechen, die gestern Odessa und die Ukraine verteidigt haben. […] Dass sie es nicht zugelassen haben, dass die gestrige terroristische Aktion mit einer Besetzung von Odessa enden konnte.“ Im Internet kursieren grausame Fotos von den verbrannten Leichen, die Rechtsextreme voller Stolz

über ihren „Sieg“ veröffentlichen. Der Youtube-Kanal „Euro-Maidan PR“ etwa veröffentlichte ein Video von den Toten mit dem Titel: „Russian Terrorists burnt alive in Trade Union Building“.

Wir schulden es den Opfern die Wahrheit über das „Massaker von Odessa“ zu erzählen. Was am 2. Mai geschah war kein Unfall, keine „Tragödie“. Es handelte sich um ein Pogrom, ein gezieltes Morden von politischen Feinden, um die Verwirklichung des Mottos der ukrainischen Faschisten „Tod den Feinden“, es handelte sich um Faschismus!

 

Linke verteidigen

 

Die ukrainische Linke ist längst im Visier der extremen Rechten. Selbst die sehr moderate Kommunistische Partei wurde Opfer von rechter Gewalt. Ihre Parteibüros wurden gebrandschatzt, auf ihren Vorsitzenden wurde ein Mordanschlag verübt, junge KommunistInnen entführt.

Die revolutionäre Organisation Borotba kann nur noch im Untergrund aktiv sein. Ihre Mitglieder werden von paramilitärischen Banden der Faschisten, die eng mit der Polizei kooperieren, offen verfolgt.

Borotba spielte nach dem Sieg der Maidan-Bewegung eine wichtige Rolle in der Organisierung von Protesten gegen die neue rechte Regierung in Kiew, ist aber auch ganz klar gegen russischen Nationalismus. Wir solidarisieren uns mit allen AntifaschistInnen in der Ukraine!

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