Auf engstem Raum, der für 2.800 Menschen ausgelegt war, mussten über Monate mehr als 13.000 Menschen ausharren, darunter mehr als 4.000 Minderjährige. Als vor wenigen Tagen 35 Menschen positiv auf Covid-19 getestet wurden, rief die rechtskonservative Regierung in Athen eine Zwangsquarantäne aus. Die Ärmsten und Schwächsten der Gesellschaft wurden hiermit willentlich der Ausbreitung der Pandemie ausgesetzt.
Die Katastrophe in Moria zeigt dabei nicht das „Scheitern“ der „europäischen Idee“, sondern deren Verwirklichung im real existierenden Kapitalismus. Die EU ist kein „Friedensprojekt“ und war es nie. Sie ist eine imperialistische und rassistische Institution, die den freien Warenverkehr und bürgerliche Rechte im Innern durch die Abschottung nach außen verwirklicht. Menschen, die vor Krieg, Terror und Hunger fliehen, lässt sie im Mittelmeer sterben oder steckt sie bei Ankunft in Lager. Wären die Menschen in dem Lager EU-Bürger, dann hätte man sie unter Verweis auf „humanitäre Hilfe“ sofort und selbstverständlich ausgeflogen.
Seit den 1990er Jahren wurden deutsche und NATO-Kriegseinsätze in aller Welt immer wieder heuchlerisch mit „humanitären“ Motiven gerechtfertigt. Man wolle angeblich leidenden und geflüchteten Menschen helfen, hieß es. Jetzt läuft längst ein Krieg der EU gegen Geflüchtete. Anstatt mit Lebensmitteln, Wasser, Ärzten und dem Allernotwendigsten zum Überleben zu helfen, lässt Athen jetzt die Staatsgewalt mit Wasserwerfern gegen die Geflüchteten aufmarschieren.
Das Verhalten der Bundesregierung und der Herrschenden in der BRD angesichts des Ausbruchs des Feuers ist nichts als blanker Hohn und Heuchelei. Anstatt sofort etwas zu unternehmen, unterbindet Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) das Vorhaben von 174 deutschen Städten, Gemeinden und Landkreisen sowie der Länder Berlin, Bremen und Thüringen, Geflüchtete aufzunehmen. Man wolle keine „nationalen Sonderwege“ eingehen. Das ist purer Zynismus, auch mit Verweis, es auf „EU-Ebene“ regeln zu wollen.
Wie Entscheidungen auf „EU-Ebene“ aussehen, erleben wir tagtäglich: Sterben im Mittelmeer, illegale Push-Backs an den Grenzen zur EU, Kooperationen mit autokratischen Regimes wie der Türkei, Sudan oder Libyen, um Menschen daran zu hindern, zu fliehen. Dass die Fluchtursachen ein Produkt der Politik der Herrschenden der EU sind, ist dabei nicht zu leugnen. Ob durch Lieferung von militärischen Gütern in Krisengebiete, durch Ausplünderung der Länder oder direkte Durchsetzung imperialistischer Interessen wie in Nahost.
Die Katastrophe ist real, sie findet in diesem Moment statt. Die EU und Deutschland müssen unverzüglich und ohne Wenn und Aber alle Flüchtlingslager evakuieren und den Geflüchteten ein bedingungsloses Bleiberecht gewähren. Die Argumentation, es gäbe keinen Platz oder keine finanzielle Mittel, ist angesichts der Spendierfreude der herrschenden Klasse an Unternehmen wie Lufthansa während der Coronapandemie und der Weltwirtschaftskrise nicht zu halten. Allein durch Steuererschleichungsmodelle im Rahmen von sogenannten Cum-Ex-Geschäften haben Banken und Konzerne europaweit der öffentlichen Hand mindestens 55 Milliarden Euro geraubt.
Die EU und besonders Deutschland kann und muss problemlos Geflüchtete aufnehmen und ihnen Zugang zu Wohnung und Arbeit gewähren. Reichtum ist in diesem Lande genug vorhanden, um allen Menschen – ob Einheimische oder Migranten – ein menschenwürdiges Leben ohne Not zu garantieren.
Doch das kann nur der erste Schritt sein. Dreckige Flüchtlingsdeals müssen aufgekündigt, der militaristische Charakter der EU abgebaut und letztlich diese herrschende Politik überwunden werden, denn die Ursache all dessen ist im Kapitalismus verwurzelt. „Krieg den deutschen Zuständen“, wie es Karl Marx 1844 in der „Kritik zur Hegelschen Rechtsphilosophie“ formulierte, muss heißen: Krieg dem deutschen und EU-Imperialismus! Überwindung des Kapitalismus! Vereinigte Sozialistische Staaten von Europa!
Schon am Mittwochabend gab es bundesweit und europaweit erste spontane Protestdemonstrationen gegen die Zustände in Moria. Wir rufen dazu auf, sich weiter an den Demonstrationen in den kommenden Tagen zu beteiligen und die Kräfte zu bündeln.
- Solidarität mit der Gefängnisrevolte in Moria!
- Für eine sofortige Auflösung des Lagers!
- Arbeit, guter Lohn, Bleiberecht und demokratische Rechte für alle, die hier leben oder hier leben wollen!
- Für die Vereinigten Sozialistischen Staaten von Europa!
Hoch die internationale Solidarität!
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