Kategorie: Europa |
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Warum hat Royal verloren? Opportunismus an die „Mitte“ stärkt das bürgerliche Original |
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Mit 53 Prozent der abgegebenen Stimmen hat der Konservative Nicolas Sarkozy am 6. Mai 2007 die französische Präsidentschaftswahl gewonnen. Die Kandidatin der Linken, Ségolène Royal (SP, Parti socialiste) von der Sozialistischen Partei, kam auf knapp 47 Prozent. Die Wahlbeteiligung war mit knapp 85 Prozent so hoch wie seit Jahrzehnten nicht mehr (zum Vergleich: bei der letzten deutschen Bundestagswahl betrug sie 77,7 Prozent). Nachfolgend ein erster Kommentar unserer französischen Schwesterzeitschrift La Riposte. | |||
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Zum dritten Mal in Folge hat die Linke die Präsidentschaftswahlen verloren. Gegenüber dem Demagogen Nicolas Sarkozy haben Ségolène Royal und die Führung der SP einen Wahlkampf gemacht, der sich auf das inhaltlich leerste und konservativste Programm in der Geschichte der sozialistischen Bewegung stützte. Dieses Programm enthielt nicht eine einzige konsequente Maßnahme, die die Lage der Opfer des Kapitalismus ernsthaft hätte verbessern und so ihre Begeisterung hätte wecken können. Folglich haben sich viele von ihnen täuschen lassen von dem vermeintlichen „Bruch“ mit dem bisherigen Präsidenten Chirac, den Sarkozy zu verkörpern vorgab. Diese Niederlage haben uns die führenden Persönlichkeiten der SP selbst eingebrockt. Sie sind bequem in die Institutionen des Staates integriert. Sie fühlen sich dort wohl und werden auch von den Kapitalisten geschätzt und haben viel Zeit für die Hervorhebung der gemeinsamen „Schnittpunkte“ mit der liberalen UDF-Partei verwandt. Mit Haut und Haaren dem Kapitalismus ergeben, waren sie unfähig, auch nur die geringste Maßnahme vorzuschlagen, die das kapitalistische System in Frage stellen könnte. Bei den in vier Wochen anstehenden Parlamentswahlen werden die Konservativen nicht nur von der Energie und Sogwirkung des Siegs Sarkozys profitieren, sondern auch vom politischen Bankrott der SP. Der rechte Demagoge Sarkozy erklomm den Gipfel der Lüge und der Heuchelei. Er wolle sich, hat er behauptet, selbstredend um die Armen kümmern, die benachteiligten „Hilfsarbeiter“ und „Handlanger“, die Unterdrückten, die Arbeitslosen, die Arbeiter. Jene, die diesen vollmundigen Versprechen Glauben schenkten, werden schnell enttäuscht sein. Sein Handeln wird ausschließlich die Forderungen der Kapitalistenklasse berücksichtigen. Die Rechten haben kein anderes Ziel als die gesamte Wirtschaft und die ganze Gesellschaft dem Gesetz des Profits unterzuordnen. Sie werden eine unerbittliche und systematische Offensive gegen die sozialen Errungenschaften, gegen die Rechte der ArbeiterInnen und die Arbeitsbedingungen führen. Sie werden dem Rassismus in die Hände spielen und die Belästigungen der „Ausländer“ durch Polizei und Verwaltung fortsetzen. Die Wahlstatistik versteckt mehr als sie offenbart. Das allgemeine Stimmrecht schenkt dem Trägen, Erstarrten und Demoralisierten in dieser Gesellschaft genauso viel Gewicht wie den bewusstesten und aktivsten Menschen und sozialen Kräften. Eine Wahl ist wie eine Momentaufnahme. Sie liefert einen Schnappschuss einer sich bewegenden Gesellschaft mit wachsender Instabilität. Das gesellschaftliche Bewusstsein und die Stimmung der verschiedenen sozialen Klassen sind nicht starr, sondern extrem beweglich und im Fluss. Die 17 Millionen Menschen, die Ségolène Royal gewählt haben, stellen eine Kraft dar, die fähig ist, jeglicher Regierung Widerstand zu leisten, ja sie zu stürzen. Die kommenden Jahre unter Sarkozy werden keine Phase der „nationalen Sammlungsbewegung“ (Sarkozy) werden, sondern eine Etappe, in der die Traditionen unserer Klasse wieder erwachen und in der die Kämpfe großen Formats auf der Tagesordnung stehen werden. Doch wir wissen, dass die Streiks und Demonstrationen, so massiv und beeindruckend sie auch sein mögen, dem Gegner bestenfalls nur eine vorübergehende, taktische Atempause auferlegen können. Denn die Lebensinteressen des Kapitalismus stehen auf dem Spiel. Eine grundlegende Änderung, ein revolutionärer Wandel ist notwendig. Seien wir also bei allen Kämpfen zur Stelle, nehmen wir an allen Konflikten zur Verteidigung der Arbeiterinteressen und an allen Kämpfen der Jugendlichen gegen die Angriffe der Unternehmer und der Staatsorgane teil. Aber vergessen wir nicht, dass diese Kämpfe einhergehen müssen mit dem Kampf für die Wiederherstellung des Programms und der Leitsätze des Sozialismus in unseren Organisationen. Denn nur der Sozialismus wird uns von den Krallen der Sarkozys dieser Welt und des Systems, das sie vertreten, befreien können. http://www.lariposte.com Übersetzung Tobias Baumann |