Kategorie: Europa

Italienische Kommunisten in der Krise

Claudio Bellotti von unserer Schwesterströmung FalceMartello, Mitglied im 280köpfigen Vorstand (Comitato Politico Nazionale) der italienischen Kommunistischen Partei PRC. Falcemartello ist dort mit 9 Mitgliedern vertreten und kann sich als viertgrößte von fünf anerkannten Strömungen auf die Unterschriften von 3,2 Prozent der Parteimitgliedschaft stützen. Im April erlebte das von der PRC getragene „Regenbogen“-Linksbündnis eine herbe Wahlniederlage. Die Partei ist nun nicht mehr im Parlament vertreten, nachdem sie zwei Jahre lang an einer Koalitionsregierung unter dem bürgerlichen Professor Romano Prodi mitgewirkt hatte.



2004 trat der damalige PRC-Generalsekretär Fausto Bertinotti bei einer PDS- Veranstaltung zur Europawahl in Frankfurt auf und erklärt: Wenn wir nicht in die nächste Regierung gehen und damit die Regierung Berlusconi stürzen, dann wird man uns steinigen. Jetzt haben die Wähler bei der letzten italienischen Parlamentswahl nach knapp zwei Jahren Regierungsbeteiligung die PRC und Bertinotti gesteinigt, so dass die italienische Linke keinen einzigen Parlamentsabgeordneten mehr stellt. Was ist da schief gelaufen?

Im Grunde alles. Der PRC-Parteitag 2005 beschloss mit Mehrheit, dass sich die Partei aus zwei Gründen an der Regierung beteiligen solle: um Berlusconi zu verhindern und um eine nützliche Politik zu betreiben. Folge davon ist jetzt, dass die kapitalismusfreundliche Politik der Regierung Prodi der Linken geschadet hat und Berlusconi nach den Neuwahlen wieder Regierungschef geworden ist. Falsche politische Beschlüsse der Partei von 2005 hatten fatale Konsequenzen. Hauptfehler war die Auffassung, dass es so etwas wie einen „fortschrittlichen“ Teil der Kapitalistenklasse gebe, der an einer loyalen Zusammenarbeit mit der Linken interessiert sei.

Welche Alternative zur Regierungsbeteiligung hat FalceMartello damals vertreten?

Wir lehnten jeglichen Ansatz zur Mitwirkung an einer Koalition auf der Grundlage der Klassenkollaboration und die Bildung eines festen Wahlbündnisses mit bürgerlichen Kräften ab. Wir sagten: durch politische Eigenständigkeit könnte die Partei schlimmstenfalls ein paar Parlamentssitze und Posten weniger erlangen verlieren, dafür aber ihre Stärke und Unabhängigkeit bewahren.

Welche Schlussfolgerungen zieht die PRC-Basis jetzt aus der Wahlniederlage?

Beim letzten Parteitag Ende Juli gab es eine erbitterte Auseinandersetzung sowohl in der Parteiführung wie auch unter den Delegierten und im Vorfeld unter den Mitgliedern insgesamt. Eine Mehrheit der Mitglieder ist sehr kritisch geworden und zieht aus den Erfahrungen mit der sogenannten „Mitte-Links-Regierung“ unter Prodi ihre Schlussfolgerungen. Die Idee des rechten Parteiflügels, die kommunistischen Traditionen der PRC völlig über Bord zu werfen und sich in einer – wie auch immer gearteten – unverbindlichen linken Sammlungsbewegung aufzulösen, wurde von der Mehrheit auf dem Parteitag abgelehnt.
Der rechte PRC-Flügel hätte am liebsten die Partei mit den Grünen, einer anderen kleineren kommunistischen Partei, einem Überrest der ehemaligen Linksdemokraten und anderen verschmolzen und argumentierte, die deutsche LINKE sei die einzige wachsende Linkspartei in Europa und insofern ein Vorbild für Italien. Dabei sagen sie aber nicht, dass die deutsche LINKE auch deswegen so stark ist, weil die SPD in der Großen Koalition sitzt. In Italien hingegen haben sich alle diese Parteien durch die Regierungsbeteiligung diskreditiert.

Die PRC hat alle Parlamentssitze verloren. Wie soll die Partei jetzt wieder und weiter aufgebaut werden?

Der Verlust aller Parlamentsmandate ist ein Rückschlag für die Partei. Aber Tatsache ist auch, dass in den vergangenen beiden Jahren das ganze Parteileben ausschließlich an der Arbeit und den Bedürfnissen der Parlamentsfraktion ausgerichtet wurde. Die Fraktion war Machtzentrum und Schaltzentrale der Partei. Jetzt kommt es darauf an, die Verankerung der Partei in der Arbeiterklasse aufzubauen. Ihr Rückhalt war hier in der Vergangenheit sehr groß und hat in den letzten Jahren ständig abgenommen. Die Partei hat sich immer mehr vom Alltag der Arbeiterklasse und von den Gewerkschaften abgehoben.

Es kommt vor allem auf eine Richtungsänderung der Partei an. Sie muss sich aus der politischen Umklammerung durch die bürgerliche Demokratische Partei (DP) befreien, die in der abgewählten Regierung den Ton angab. Die PRC muss ihre aktive Oppositionsrolle stärken – gegenüber Berlusconi und der Rechten, aber auch gegenüber der Demokratischen Partei.

Welches Echo hat FalceMartello in der Partei gefunden?

Wir haben seit Jahren unsere eigene politische Plattform und stehen dazu. Wir suchen gleichzeitig aber auch den Schulterschluss mit anderen linken Strömungen in der Partei, wenn es klare Gemeinsamkeiten gibt. Der Parteitag hat die Idee der Auflösung der Partei abgelehnt, strategische Unterschiede zur DP betont und den Kampf in der Arbeiterklasse gegen Sozialpartnerschaft und Klassenkollaboration unterstrichen. Diese Idee haben wir schon vor Jahren – damals nahezu alleine – vertreten und diese Ideen werden jetzt von vielen anderen geteilt. Dadurch sind Bündnisse mit anderen Strömungen möglich geworden. Freund und Feind der PRC reden jetzt vom Linksruck der Partei. Das ist richtig und auch dringend nötig.

Während die deutsche LINKE sich klar gegen den Afghanistan-Krieg positioniert, hat sich die PRC an einer Regierung beteiligt, die diesen Krieg aktiv mit betreibt.

Die PRC stimmte zweimal im Parlament der Finanzierung des Krieges in Afghanistan zu. Zudem hat die Prodi-Regierung auch in den Libanon Truppen entsandt und den Militärhaushalt erhöht. Zur Raketenstationierung in Osteuropa hat sie Geheimabkommen mit den USA abgeschlossen. In Vicenza wird ein neuer US-Luftwaffenstützpunkt eingerichtet. Die ganze Außenpolitik widerspricht jedem Grundsatz der PRC und ist nichts anderes als eine imperialistische Politik.

Was ist Deine Botschaft an die LINKE in Deutschland?

Die Krise der PRC in Italien ist nicht einzigartig. Auch in Spanien und Frankreich haben die Kommunistischen Parteien für ihren politischen Opportunismus einen hohen Preis bezahlt. Jede Illusion in angeblich „progressive Regierung“ mit „fortschrittlichen“ Teilen der herrschenden Klasse muss heutzutage scheitern. Eine Anpassung an eine solche Regierung kommt die Linke sehr teuer zu stehen.
Dabei geht es nicht nur um eine formale Regierungsbeteiligung und wichtige taktische Fragen, sondern um den langen Prozess der Schwächung und Verwässerung sozialistischer Ideen. Man ist immer mehr abgerückt von Ideen einer Klassengesellschaft, von Klassenkampf, Marxismus und sozialistischer Veränderung. Diese Ideen sind jedoch aktuell geblieben. Ein ernsthafter politischer Kampf setzt eine ernsthafte Auseinandersetzung mit sozialistischen Ideen voraus, mit Ideologie und Geschichte. Man muss wissen, warum wir in der heutigen Epoche Sozialisten sind. Nur so ist eine wirkliche Wiedergeburt der Linken und des Marxismus in der europäischen Arbeiterklasse möglich.

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