Kategorie: Jugend |
|||
Bildungsstreik in Baden-Württemberg |
|||
|
|||
Mitte Mai haben im Rahmen des Bildungsstreiks 2014 bundesweit dezentrale Protest-Aktionen gegen Unterfinanzierung und Entdemokratisierung von Hochschulen stattgefunden. Dem vorausgegangen waren zwei Vernetzungstreffen in Halle und Frankfurt am Main, bei denen HochschulaktivistInnen den Aufruf zum Bildungsstreik 2014 formuliert haben. Ein weiterer Aktionstag findet am 25. Juni 2014 statt. Desweiteren sind zwei Demonstrationen im November 2014 in Frankfurt/Main und Berlin in Planung. |
|||
|
|||
Der Solidarpakt 2, welcher bislang die Finanzierung der Hochschulen in Baden-Württemberg regelte; läuft Ende 2014 aus. Ersetzen wird ihn der Solidarpakt 3, über den zur Zeit verhandelt wird. Gelten wird er bis 2020 und es werden Kürzungen zwischen 10 und 15 %, vor allem in der Lehre, erwartet.
Für die Aufstellung des Solidarpakt 2 wurde eine Prognose der Studierendenzahlen gemacht und auf deren Grundlage die Finanzierung für die Universitäten errechnet. Diese Prognose hat sich jedoch als falsch herausgestellt. Die Zahl der Studierenden steigt nämlich kontinuierlich an und sinkt nicht, wie prognostiziert. Dennoch wird die Finanzierung nicht angepasst. Die Grundfinanzierung der Universität Tübingen (und anderer Hochschulen in Baden-Württemberg) ist im Zuge des Solidarpakt 2 nicht gewährleistet, da sie seit rund 15 Jahren nicht mehr erhöht wurde. Auch der Inflationsausgleich ist nicht garantiert. Dazu kommen die steigenden Energiepreise. Energie und Betriebskosten sind daher sehr hoch. Trotzdem gibt es nicht mehr Mittel als vor rund 20 Jahren.
Frei werdende Stellen können an der Uni Tübingen nicht neu besetzt werden, da das gesparte Geld zur Grundfinanzierung gebraucht wird. Personalstellen müssen gestrichen und Gehälter gekürzt werden, um Defizite auszuräumen. Rund 300 Stellen drohen dadurch wegzufallen. Dies trifft in besonderem Maße alle Studierenden, da vor allem solche Betreuungspersonen, mit denen sie in Seminaren direkt zu tun haben, nicht mehr bezahlt werden können. Außerdem können wegen mangelnden Geldes Beurlaubungen während des Auslandssemesters nicht mehr gewährt werden.
Zusätzlich gibt es in ganz Baden-Württemberg einen Sanierungsstau. Gebäude und Technik können dadurch nicht auf dem neuesten Stand gehalten werden. In Tübingen geht das so weit, dass an Gebäuden Sicherheitsnetze angebracht werden müssen, um herunterfallende Gebäudeteile zu sichern. Schon ohne die neuen Kürzungen des Solidarpakt 3 müssen aufgrund der fehlenden Grundsicherung Kürzungen im Personalbereich gemacht werden. „Der bisherige Solidarpakt hat uns an den Rand des Ruins gebracht“, sagte der Rektor der Universität, Professor Bernd Engler.
Nun soll noch einmal gekürzt werden. Es droht in Tübingen die Schließung kleiner Einrichtungen und ganzer Institute. Das bisher exzellente Niveau im Bereich der Forschung und der Lehre droht einzubrechen. Die Antwort der Professoren und Studierenden auf die Bildungskürzungen war ein landesweiter Aktionstag der Universitäten in Baden-Württemberg am 21. Mai. In Tübingen begannen die Proteste unter dem Motto „Weiter sparen heißt schließen“ am 20. Mai um18 Uhr mit einer 24 Stunden langen Vorlesung zu verschiedenen Themen. Diese wurde auch live im Online-Portal der Universität übertragen. Dennoch war die Vorlesung auch nachts sehr gut besucht.
Der Aktionstag am 21. Mai begann um 15 Uhr mit einer Kundgebung vor der neuen Aula mit einer Rede von Rektor Professor Bernd Engler, in der er die Dramatik der Situation schilderte: „Wir sind knapp davor, in Tübingen in eine Bildungskatastrophe zu schlittern.“
Das finanzielle „Ausbluten“ der Universität wurde symbolisch durch rot gefärbtes Wasser in den Brunnen vor der neuen Aula dargestellt. Anschließend gab es einen Demonstrationszug durch die Tübinger Innenstadt. Beteiligt waren daran schätzungsweise 2000 Menschen. Darunter vorwiegend Studierende und Professoren. Begleitet von Musik und Parolen rufend wie:„Solidarpakt 2, Schweinerei“ oder „Wir sind hier, wir sind laut, weil man uns die Bildung klaut“ war ihnen eine große Aufmerksamkeit sicher. Die Stimmung unter den Teilnehmern war ausgelassen, aber auch kämpferisch.
Bei der Abschlusskundgebung auf dem Marktplatz wurde unter sehr großem Zuspruch der Studierendenschaft dann auch der Kern des Problems noch einmal angesprochen. Das Problem liegt im System! Der Kapitalismus stößt hier mal wieder an seine Grenzen. Wenn versucht wird, mit Bildungseinrichtungen Profite zu machen, kann dabei nichts Gutes herauskommen. Ein schlechtes Bildungsniveau, soziale Ungerechtigkeit und schlechte Arbeitsbedingungen folgen. Das Wirtschaftssystem in Deutschland sorgt für die Umschichtung des Geldes von unten nach oben und im Bereich der Bildung ist dies besonders ersichtlich. |