Die Gewerkschaft fordert "professionelle Arbeitsbedingungen für professionelle Arbeit", eine Rücknahme der 2004 erfolgten Pflichtstundenerhöhung, eine fortgesetzte Altersteilzeitregelung und Besetzung der freiwerdenden Stellen durch voll ausgebildete Lehrkräfte sowie den Verzicht auf eine Anhebung des Rentenalters. "Nachdem die Gespräche und Verhandlungen mit der Landesregierung keine Fortschritte gebracht haben, kam es jetzt zum Streik“, begründete der hessische GEW-Landesvorsitzende Jochen Nagel den Arbeitskampf. Er forderte von der Landesregierung wirksame Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen an den hessischen Schulen. "Gemeinsam haben wir die Nase voll von den Sonntagsreden zur Bedeutung von Bildung, denen keine politischen Taten folgen. Deshalb werden wir auch weiterhin geschlossen für grundlegende Verbesserungen auf allen Ebenen des öffentlichen Bildungswesens streiten“, so Nagel.
Bei der Wiesbadener Kundgebung solidarisierte sich auch der hessische DGB-Chef Stefan Körzell mit dem Arbeitskampf. Er lobte den Mut der streikenden Lehrer und kommentierte die Drohung von Kultusministerium Dorothea Henzler (FDP) mit disziplinarrechtlichen Konsequenzen mit dem Satz: "Das Streikrecht ist ein Grundrecht und nicht etwas, was man von einem Kultusministerium zugeteilt bekommt". Abgeordnete der Regierungsparteien CDU und FDP kritisierten auch am Mittwoch in der Landtagsdebatte die Beteiligung von Beamten am Streik.
Demgegenüber verteidigte die hessische GEW-Sprecherin Barbara Dietz-Becker den Streik auch von verbeamteten Lehrern als "sehr bewusste Aktion". Die GEW orientiere sich an der Rechtssprechung des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofs, wonach "auch deutsche Beamte Menschen" seien, denen auch das Menschenrecht zu stehe, für berechtigte Forderungen zu streiken. "Es gibt meines Wissens in Hessen kein Gesetz, das explizit Lehrkräften verbietet zu streiken", so die Gewerkschafterin.
Zu Lehrerstreiks hatte die hessische GEW schon 1998 und 2003 aufgerufen. Die streikenden Beamten hätten damals "milde Reaktionen erlebt" - in Form von mündlichen Verweisen. Es seien damals "keine Abmahnungen dauerhaft in der Personalakte verblieben", so die Gewerkschaftssprecherin.
Am Dienstag waren nach einer Kundgebung mit über 8000 Lehrern, Studierenden und Schülern vor dem hessischen Kultusministerium mehrere hundert Schüler und Studierende in die Bannmeile um den Wiesbadener Landtag eingedrungen und hatten sich unmittelbar vor dem neu errichteten Plenarsaal postiert, in dem die Parlamentarier tagten. Während der Sitzung begaben sich Abgeordnete der LINKEN, Grünen und SPD, später auch Mitglieder der Regierungsfraktionen CDU und FDP, vor das Gebäude. Nach Augenzeugenberichten bemühten sie sich im direkten Gespräch mit den Demonstranten um eine Deeskalation der Situation und Verhinderung eines Polizeieinsatzes. Die Demonstranten kritisierten die bisherigen "Schein-Debatten" und verlangten "endlich konkrete Umsetzungen" ihrer Forderungen. LINKE-Fraktionschefin Janine Wissler und andere Oppositionsabgeordnete sicherten den Protestierenden Unterstützung für ihr Anliegen zu und versprachen, die Forderungen in der Plenardebatte einzubringen. Die Wiesbadener Polizei sprach von vier Festnahmen wegen "Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz" und "Sachbeschädigung". Nach rund zwei Stunden verließen die Veranstaltungsteilnehmer in Begleitung von Polizeikräften die Bannmeile und begaben sich zum Wiesbadener Hauptbahnhof. Dort kam es nach Angaben von Darmstädter Studierenden zur Einkesselung von Demonstrationsteilnehmern, bei der einzelne Personen in „Schnelleingriff-Aktionen“ der Polizei gewaltsam herausgezogen und abgeführt worden seien. Das Darmstädter "Komitee für freie Bildung" verurteilte den "unverhältnismäßigen und völlig willkürlichen Einsatz der Polizei" am Bahnhof und erklärte, seitens der Demonstranten habe es "keinerlei Ausschreitungen gegeben, die ein solches Eingreifen rechtfertigen würden".
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