Doch warum reden wir heute über jenen Mai 1968 – abgesehen von der Tatsache, dass sich dieses Ereignis zum fünfzigsten Mal jährt?
Frankreich war im Jahr 1968 das Land mit der viertgrößten Volkswirtschaft weltweit und stand im Mai jenes Jahres fast vor dem revolutionären Ende des Kapitalismus. Nach Jahren des kapitalistischen Nachkriegsaufschwungs erlebte Frankreich ab 1967 eine wirtschaftliche Krise. Die Revolution im Mai 1968 hatte ihren Anfang bei den sich nach links politisierenden und radikalisierten Studenten. Sie protestierten damals gegen die konservativen autoritären gesellschaftlichen Verhältnisse in einem Land, das seit 1958 von dem Staatspräsidenten und ehemaligen Weltkriegsgeneral Charles de Gaulle regiert wurde. Auf diese Proteste reagierte die Polizei mit aller Härte und es kam auf der Straße zu Barrikadenkämpfen zwischen den Studierenden und der Polizei.
Die Arbeiter Frankreichs, deren Lebensstandard sich durch die Rezession verschlechtert hatte, solidarisierten sich mit den Studierenden, die der Repression durch die Polizei ausgesetzt waren. Es kam zu landesweiten Streiks und Betriebsbesetzungen. Dieser revolutionäre Generalstreik erfasste breite Teile der arbeitenden Bevölkerung und der bürgerliche Staat war vorerst machtlos. Die revolutionäre Bewegung wäre damals in der Lage gewesen, den Kapitalismus in Frankreich zu stürzen und mit dem Aufbau einer sozialistischen Gesellschaftsordnung zu beginnen. Doch weder die Spitze der damals sehr starken und noch voll stalinistischen Kommunistischen Partei Frankreichs (PCF) noch die Führer der Gewerkschaften CGT und CFDT waren daran interessiert und trieben die Bewegung zurück. Sie beschränkten sich nur auf einige Sozialreformen und Lohnerhöhungen und forderten Parlamentsneuwahlen. Diese fanden schließlich statt, nachdem die Bewegung abgeflaut und die Luft raus war. Sieger waren die Gaullisten, während die linken Parteien verloren. Etliche Arbeiter, die im Mai mit gestreikt hatten und umso schwerer über das Verhalten der PCF enttäuscht waren, wählten die Gaullisten.
Im Anschluss an das Referat diskutierten wir ausführlich über das Scheitern der Revolution in Frankreich 1968, das Versagen der damaligen kommunistischen Führung sowie über die aktuelle Weltlage und die damit verbundene heutige Krise des Kapitalismus.
Doch was bleibt heute vom Mai 1968? Angesichts aktueller Klassenkämpfe in Frankreich, in denen sowohl die Arbeiterklasse als auch die Studierenden gegen die neoliberalen "Reformen" der Regierung kämpfen, ist es für Marxisten wichtig, sich mit der Geschichte auseinanderzusetzen. Die herrschende Klasse in Frankreich fürchtet ein erneutes Ereignis wie jenes vor 50 Jahren. Wir müssen unsere Lehren aus dem französischen Mai 1968 ziehen, damit in Zukunft nicht erneut eine Revolution verpasst wird wie vor 50 Jahren.
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