Kategorie: Kapital und Arbeit |
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Postbank-Streik: Bankenprotest von innen |
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Seit heute streiken bundesweit mehrere tausend Beschäftigte der Postbank. Worum geht es? Die Postbank war früher ein Teil der alten staatlichen Deutschen Bundespost und gehört nach einem jahrelangen Prozess der Ab- und Aufspaltung und der Privatisierung inzwischen mehrheitlich der Deutschen Bank, also der Nr. 1 unter den deutschen Privatbanken. Nun ist es erklärte Absicht der Postbank-Konzernzentrale und des Mutterkonzerns, im Zuge geplanter Umstrukturierungen und Ausgliederungen von Betriebsteilen in neue Gesellschaften den Angestellten Einkommenskürzungen um bis zu 30 Prozent aufzuhalsen. |
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Ebenso plant das Management eine unbezahlte Arbeitszeitverlängerung auf 42 Stunden in der Woche, eine Reduzierung der Urlaubsansprüche sowie die Streichung vermögenswirksamer Leistungen. Es drohen betriebsbedingte Kündigungen und Standortschließungen. Doch die Postbank-Beschäftigten wollen sich nicht zur Unterschrift unter neue Arbeitsverträge mit solchen Bedingungen zwingen lassen. Sie sind zu gut 80 Prozent in ver.di organisiert und wissen sich zu wehren. Dass Topmanager wie Deutsche Bank-Chef Josef Ackermann zu ihren Lasten Renditeziele von über zehn Prozent durchdrücken wollen, provoziert Widerstand. Die Gewerkschaft will Einkommen und Arbeitsbedingungen mit einem Überleitungstarifvertrag absichern. Auch wenn der Vorstoß des Managements zunächst nur den Geschäftsbereich Kreditabwicklung im mittlerweile durch Umstrukturierungen zunehmend aufgespaltenen und zerklüfteten Postbank-Konzern betreffe, sei er eine "Blaupause für den restlichen Konzern", so der ver.di-Vorsitzende Frank Bsirske. Für die Gewerkschaft gelte aber der Grundsatz “eine Postbank, eine Belegschaft, ein Kampf”. Eine "Salamitaktik" des Arbeitgebers werde man nicht zulassen. Weil die Postbank aus der alten Bundespost hervorgegangen ist, haben wir es hier auch mit einem besonderen Lehrstück in Sachen Privatisierung und Folgen für die abhängig Beschäftigten und die Allgemeinheit zu tun. Bei Post, Telekom oder im öffentlichen Personenverkehr laufen seit Jahren ähnliche Angriffe auf soziale und tarifliche Errungenschaften. Unterm Strich haben sich Qualität und Service in vielen Bereichen verschlechtert. Weil die alte Bundespost bis zum Einstieg in die Privatisierung 1994 eine Behörde war, haben noch viele aktive Postbänker einen Beamtenstatus. Sie sollten sich jetzt nicht von dem Hinweis einschüchtern lassen, dass sie als Beamte grundsätzlich “nicht streiken dürfen”. Dass Beamte streiken dürfen, wenn sie nicht gerade bei der Polizei oder der Bundeswehr tätig sind, haben mehrere Gerichte festgestellt. So etwa im Zusammenhang mit Lehrerstreiks in Hessen. Angesichts der weit verbreiteten gesellschaftlichen Kritik an der Rolle der Großbanken und der aktuellen Krise des Kapitalismus ist dieser Arbeitskampf gegen das Allerheiligste im bundesdeutschen Finanzkapitalismus ein Signal und eine wichtige gesellschaftliche Machtprobe. Gerade auch Inhaber eines Girokontos bei der Postbank dürften verstehen, worum es geht. Schließlich haben sich parallel zur Privatisierung auch manche Bestimmungen für Privatkonten verschlechtert. Alle Gewerkschafter und alle Beschäftigten anderer Banken ebenso wie alle Linken im Lande sollten diesen Arbeitskampf und “Bankenprotest von innen” voll unterstützen. Auch die Occupy-Bewegung sollte statt Abneigung gegenüber großen Organisationen und Gewerkschaftsfahnen den Schulterschluss mit den streikenden ver.di-Mitgliedern vollziehen. Sie campiert seit Mitte Oktober, also seit fast sieben Wochen, vor der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt. Zu ihren Zielen gehört die Forderung nach “Überwindung des neoliberalen Wirtschaftssystems” und die Rückkehr zu einer “echten sozialen Marktwirtschaft”. Gleichzeitig lesen wir auf ihrer Website, dass Occupy Frankfurt am gestrigen Mittwoch eine Diskussionsveranstaltung mit dem CDU-Politiker Oswald Metzger durchführte. Metzger war einst SPD-Mitglied, saß für die Grünen im Bundestag und galt schon dort als “Rechtsaußen”. Ob ausgerechnet er den Bankenprotest fördert? Ebenso vermeldet Occupy Frankfurt, dass Deutsche Bank-Chef Josef Ackermann zum Gespräch mit den Camp-Aktivisten bereit sei. Ob Ackermann durch solche PR-Gags und Gespräche vom Saulus wieder zum Paulus wird, Kreide frisst und sich im Umgang mit den Postbank-Beschäftigten auf die “Soziale Marktwirtschaft” besinnt? Wohl kaum. Die Ackermänner gehören entmachtet und nicht noch öffentlich aufgewertet. Die Privatbanken endlich gehören enteignet und unter demokratische Kontrolle der Beschäftigten und der Öffentlichkeit gestellt. |