Kategorie: Kapital und Arbeit

Flüchtlinge als billige und gefügige Arbeitskräfte?

Innerhalb kürzester Zeit erfüllte die Regierungskoalition den Wunsch der Wirtschaftsbosse und Arbeitgebervertreter, die Leiharbeit für Asylbewerber zu öffnen.


Die bisherige Sperrfrist wird gemäß der Koalitionsvereinbarung vom 6.September von bisher vier Jahren auf drei Monate herunter gesetzt. Dies entspricht dem Vorhaben der Wirtschaft, Flüchtlinge als billige und gefügige Arbeitskräfte auf dem Arbeitsmarkt einzusetzen – als Gastgeschenk sozusagen.

Seit Jahren stagnieren die Zahlen der Beschäftigten in der Leiharbeitsbranche, mit der Öffnung der Leiharbeit für Asylbewerber soll sich das nun ändern. Es begann im März, als Hergwarth Brune, Deutschlandchef von Manpower, erstmals in der „Welt“ Flüchtlinge ins Gespräch brachte, um ein Defizit an Facharbeitern auszugleichen. Schon wenige Wochen darauf verriet er auch in einem weiterem Interview für „Die Zeit“ welche Tätigkeiten angesprochen werden: „Schaltschrankverdrahter, Industriemechaniker und Gabelstaplerfahrer zum Beispiel.“.

Die Palette ist um den ungelernte Produktionshelfer ohne gravierende Berufskenntnisse zu erweitern: Daimler-Chef Zetsche reagierte prompt und ließ die Erweiterung der Leiharbeit in seinen Werken vom Betriebsrat absegnen – bis zum Jahr 2020 darf die produzierende Belegschaft bis zu acht Prozent aus LeiharbeiterInnen bestehen, in Ausnahmesituationen kann die Prozentzahl nach erneuter Zustimmung durch den Betriebsrat angehoben werden. Wenige Tage später verkündete er, verstärkt in Flüchtlingsheimen nach Mitarbeitern fischen zu wollen.
Daimler steht nicht alleine da. Auch Post-Chef Appel giert bereits nach der, seiner Meinung nach wohltätigen Geste, Flüchtlingen den Eintritt in das Berufsleben zu ermöglichen. Einen Vorgeschmack lieferte das Unternehmen bereits während des Poststreiks im Frühsommer 2015. Damals wurden LeiharbeiterInnen und BilliglohnarbeiterInnen aus Osteuropa angeheuert, um den Auswirkungen des Streiks entgegen zu wirken.
Der von der Regierung angeführte Fachkräftemangel wird damit zumindest in den Brief- und Paketverteilzentren sowie an unzähligen Fließbändern ein Ende finden, denn weitere Unternehmen werden diesem Beispiel sicherlich freudig folgen, um die Profitrate durch verminderte Lohnkosten noch weiter in die Höhe zu treiben.

Die Zeitarbeitsfirmen lassen sich die Personalkosten vom Entleihbetrieb im Verrechnungssatz teuer bezahlen. Somit sind die Kosten gegenüber einer Festanstellung erst einmal höher. Ganz perfide mutet die Tatsache an, dass Betriebe die entstehenden Ausgaben für das ausgeliehene Personal als Sachkosten steuermindernd bilanzieren können, wodurch sich der Einsatz von LeiharbeiterInnen letzten Endes doch rechnet – eine Win-Win-Situation für Betriebe und Zeitarbeitsfirmen. Auf der Strecke bleiben die ArbeiterInnen.
Von den aktuell etwa 880.000 LeiharbeiterInnen in Deutschland werden mehr als 80% in der Produktion eingesetzt, weitere beliebte Einsatzbereiche sind mit steigender Tendenz die Alten- und Krankenpflege. Die wenigen innerhalb der Zeitarbeitsbranche finanziell „erträglicheren“ Einsatzgebiete mit Stundenlöhnen oberhalb des Hungerniveaus finden sich im kaufmännischen und technischen Bereich, machen aber auch nur einen geringen Prozentsatz aus.

Der Missbrauch äußert sich für die Betroffenen unter anderem auf dem Lohnzettel. Bis zu 45% Lohnunterschied sind gerade im produzierenden Gewerbe keine Seltenheit. Trotz Vollzeitarbeit, Schichtzulagen und Überstundenzuschlägen ist die im Manteltarifvertrag verankerte „individuelle monatliche Arbeitszeit“ dafür verantwortlich, wie viele der geleisteten Stunden tatsächlich ausgezahlt werden. In der Regel wandert ab der 35. Stunde jede weitere geleistete Stunde auf ein Arbeitszeitkonto. Als Folge ist oftmals der Gang zum Jobcenter nötig, um ergänzende Sozialleistungen zu beantragen.

Von geleisteten Überstunden, um sich für den Betrieb als fest angestellter Mitarbeiter zu empfehlen, indem die Arbeitsbereitschaft unter Beweis gestellt wird, hat Mensch dann erst einmal nichts. Aber das ist auch nicht unbedingt notwendig – denn die reale Übernahmequote von LeiharbeiterInnen liegt bei gerade mal 7% und unterscheidet sich deutlich von den 40%, welche die Arbeitgeberverbände immer wieder angeben, um die Vorteile der Leiharbeit hervorzuheben.

Und jene Arbeitgeberverbände sind es, die nun um die Arbeitskraft der AsylbewerberInnen buhlen – dem wollen und müssen wir entgegenwirken, um eine fortschreitende Prekarisierung einerseits nicht weiter zu beschleunigen, andererseits um aufzuklären, damit die Spaltung der Belegschaft in Einheimische und Flüchtlinge im Sinne von „Teile und Herrsche“ zum gegeneinander Ausspielen der Arbeiterklasse nicht funktionieren wird. Leiharbeit gehört grundsätzlich abgeschafft.

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